Lothar Fischer: Mann und Frau, sich gegenübersitzend, 1983
Über das Kunstwerk
Beschreibung
Eingebettet zwischen den Gebäudeblöcken der Mensa und des Präsidiums wirkt die Plastik wie ein Ruhepunkt für die täglich strömende Flut von Studierenden. Eine männliche und eine weibliche Figur in rostfarbenem Eisenguss sitzen auf schmalen Betonsockeln sich gegenüber, den Blick aus leeren Augenhöhlen einander zugewandt, in stummer Gewissheit der Präsenz des anderen. Die Figuren sind lang und schlank, besitzen keine Arme, die Köpfe wirken helmartig. Ihr Geschlecht lässt sich durch reduziert angedeutete Merkmale voneinander unterscheiden. Die Figuren berühren einander nicht, doch sind sie miteinander verbunden, scheinen zu kommunizieren. Die gleichmäßige und symmetrische Ausformulierung ihrer Körper, sich gespannt nach oben entwickelnd, und der präzise als Negativform konstruierte Zwischenraum verstärken diesen Eindruck der Kommunikation. Ähnlich Adam und Eva scheint kein Zweifel an ihrer Zusammengehörigkeit.
Vertiefende Betrachtung
Die streng geometrisch angeordneten Betonsockel korrespondieren mit der umliegenden Architektur, der Wegführung und den Pflastersteinen. Zugleich kontrastiert und betont der Beton durch seine Schlichtheit die Lebendigkeit der Figuren in ihrer rostfarbenen Wärme und mit ihrer bewegten Oberflächenstruktur. Das Gusseisen verändert im Lauf der Zeit sein Aussehen. Darüber hinaus hat Fischer – als würde er Einblick in den Entstehungsprozess der Figuren geben – die ringartigen Nahtstellen beim Zusammenfügen der Eisengusselemente stehen gelassen. Die klare und straffe Strukturiertheit der Sitzenden, das Architektonische der Sockel und die gleichzeitig organische Wirkung der Körper erzeugt einen kontrastreichen Gegensatz, ein fruchtbares Spannungsverhältnis zwischen Material und Motiv, zwischen Mann und Frau. (Text: Claudia Liehr / Quellen)
Information über das Kunstwerk
Eisenguss, Stahlbeton, 2,60 x 1,60 x 0,30 m
Lage
Zwischen Präsidium und Mensa
Lothar Fischer
(*1933 Germersheim/Pfalz – †2004 Baierbrunn) wollte wie seine Eltern zunächst Kunstlehrer werden, wechselte
an der Münchner Akademie aber bald zur Bildhauerei. Als einziger Bildhauer gehörte er zur avantgardistischen Gruppe „Spur“. 1964 war er Teilnehmer an der DOCUMENTA. Von 1975 bis 1997 lehrte er als Professor an der Universität der Künste in Berlin. Für den als „traditionsbewusster Rebell“ charakterisierten Fischer war neben Pferden und Reitern der menschliche Körper ein bleibendes Thema. Unter Verzicht auf eine direkte Darstellung präsentierte er als provozierende Übertragung in Form einer Hülle dessen äußere Gestalt. Charakterisierend ist ein Satz von ihm: „Ich zeichne, was man nicht sehen kann.“ (Zitat aus der Eröffnungsrede des Lothar Fischer Museums vier Tage nach seinem Tod,
www.museum-lothar-fischer.de/er%C3%B6ffnungsrede.html) Sein Museum in Neumarkt, Oberpfalz, zeigt einen großen Teil seines Lebenswerks.