Pressemitteilung 47/22 - 23.05.2022

Wissen vermitteln – Inklusion mitdenken

Wissenschaftsminister Blume überreicht Lehrenden an der Universität Augsburg Zertifikate für inklusive Hochschullehre

Elf Zertifikate für inklusive Hochschullehre überreichte Wissenschaftsminister Markus Blume am 23. Mai 2022 an Hochschullehrerinnen und -lehrer der Universität Augsburg. Das Zertifikat ist Teil einer Reihe von Maßnahmen, die Menschen mit Beeinträchtigung das Studieren und Leben an der Universität Augsburg erleichtern und Teilhabe ermöglichen. Bereits 79 Lehrpersonen haben es seit dem Start 2019 abgelegt.

© Universität Augsburg

Das bundesweit einzigartige Zertifikat sensibilisiert Lehrende für das Thema Studieren mit Behinderung und gibt konkrete Handlungsansätze. Markus Blume, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, gratulierte den elf Lehrenden und überreichte gemeinsam mit Universitätspräsidentin Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel die Zertifikate. Er betonte: „Im Freistaat schreiben wir Toleranz und gesellschaftliches Miteinander groß. Vielfalt ist außerdem ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Das gilt ganz besonders für die Hochschulen als Schrittmacher des gesamtgesellschaftlichen Fortschritts. Mit dem neuen Hochschulinnovationsgesetz unterstreichen wir noch einmal, dass Inklusion eine wichtige Hochschulaufgabe ist: Nachteile von Hochschulmitgliedern mit Behinderung oder chronischer Erkrankung müssen bestmöglich ausgeglichen werden. Alle Lehrenden mit ProfiLehre-Zertifikat für inklusive Hochschullehre haben bewiesen, dass sie nicht nur über Inklusion reden, sondern sich auch aktiv dafür einsetzen. Dafür gilt Ihnen mein Dank und Respekt.“

Elf Prozent der rund 2,8 Millionen Studierenden in Deutschland haben laut der letzten Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes eine studienrelevante Beeinträchtigung oder chronische Krankheit. „Die Wahrscheinlichkeit, als Lehrperson beeinträchtigte Studierende in den Lehrveranstaltungen zu haben, ist also ziemlich hoch“, sagt Ingo Binder. Er ist Programmkoordinator für die hochschuldidaktische Weiterbildung ProfiLehre an der Qualitätsagentur der Universität Augsburg, Vertrauensperson der schwerbehinderten Beschäftigten und Initiator des 2019 ins Leben gerufenen „Zertifikats Inklusive Hochschullehre“.

Vier Kurse – ein Zertifikat

Vier Kurse werden besucht, um das Zertifikat zu erwerben: „Behinderte und chronisch kranke Studierende in meiner Veranstaltung – und jetzt?“, „Differenzierung – Umgang mit Heterogenität in Lehrveranstaltungen“, „Psychische Auffälligkeiten bei Studierenden“ sowie wahlweise ein Kurs zur Gestaltung barrierefreier Word- oder pdf-Dokumente in Lehre und Verwaltung. Neu hinzugekommen ist seit dem Sommersemester ein Kurs zu barrierearmer Online-Lehre.

Kursteilnehmer und -teilnehmerinnen erhalten einen Überblick über unterschiedliche Beeinträchtigungen und die Bedürfnisse der Studierenden, bekommen praktische Tipps, beschäftigen sich mit Nachteilsausgleichen und der aktuellen Inklusionsdebatte. Sie erweitern ihr Wissen über psychische Erkrankungen, bearbeiten Formen und Folgen von Heterogenität und erlernen Methoden zur differenzierenden Unterrichtsgestaltung. "Vor allem", sagt Binder, "dient das Zertifikat für inklusive Hochschullehre auch dazu, Berührungsängste abzubauen." Denn Barrierefreiheit werde häufig zwar in erster Linie mit baulichen und räumlichen Gegebenheiten assoziiert, für die meisten Studierenden mit Beeinträchtigung seien jedoch Schwierigkeiten bei der Organisation und Durchführung ihres Studiums sowie Lehr- und Prüfungssituationen die gravierenderen Barrieren.

Sensibilisierung schaffen

Das neue Zertifikat soll Lehrende für das Thema Studieren mit Behinderung stärker sensibilisieren. „Bei den meisten Menschen mit Beeinträchtigung ist diese auf den ersten Blick nicht erkennbar“, erklärt Prof. Dr. Bernd Oberdorfer, Beauftragter für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung an der Universität Augsburg. Bei gut zwei Dritteln der Studierenden mit Behinderung ist die Beeinträchtigung auch auf Dauer nicht sichtbar und mehr als 53 Prozent der studienrelevanten Beeinträchtigungen sind psychische Erkrankungen, so die Sozialerhebung des Studentenwerks. „Es ist gut, wenn Lehrende über diese Themen informiert und auf die Diversität vorbereitet sind, auf die sie in ihren Lehrveranstaltungen eventuell treffen“, sagt Oberdorfer.

Anna Weininger, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Juristischen Fakultät und Teilnehmerin an den Zertifikatskursen, sagt: „Ich gehe viel offener an die Thematik heran, biete den Studierenden in meinen Kursen mehr Möglichkeiten und weiß mehr über eventuelle Hilfs- oder Beratungsangebote, das ist sehr wertvoll und hilfreich.

Das Zertifikat „Inklusive Hochschullehre“ wurde von den Programmkoordinatoren der  ProfiLehre ausgearbeitet und mit den Mitgliedern des „Arbeitstreffens Inklusion“ abgestimmt. Zu diesem Forum lädt der zuständige Vizepräsident alle Stellen ein, die an der Universität Augsburg Studierende oder Beschäftigte mit Beeinträchtigung beraten und unterstützen. Das Forum arbeitet daran, inklusionshemmende Probleme zu identifizieren und inklusionsfördernde Strukturen zu implementieren, um so den Weg zur inklusiven Hochschule weiter zu ebnen. So ist u. a. ein über die Universität hinaus beachteter Lage- und Orientierungsplan zur Barrierefreiheit hier entstanden, ein zentraler Hilfsmittelpool für Mitarbeiter und Studierende mit Behinderungen wird derzeit eingerichtet. Die Universität Augsburg beteiligt sich an unterschiedlichen Förderprogrammen zur Inklusion von Menschen mit Handicap.

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