Was verursacht Rückfälle nach Stammzelltransplantation bei Blutkrebs?
Hochrangige Publikation der Augsburger Universitätsmedizin
Eine Publikation der Augsburger Universitätsmedizin hat es in die international höchst renommierte Zeitschrift Molecular Cancer geschafft: Die Autoren Dr. Tatjana Sauerer, Giuliano Filippini Velázquez und Prof. Dr. Christoph Schmid geben in ihrem Artikel einen Überblick über Mechanismen, über die sich Leukämiezellen der Kontrolle des Immunsystems entziehen und sogar nach der wirksamsten Therapie, der allogenen Stammzell-Transplantation, Rückfälle verursachen können, und stellen neue, individualisierte Therapieoptionen vor. Die akute myeloische Leukämie (AML) ist eine lebensbedrohliche Form von Blutkrebs, die durch ungebremstes Wachstum unreifer Knochenmarkszellen entsteht. Das Standardverfahren bei dieser Krankheit sieht eine sogenannte allogene Stammzelltransplantation vor, bei der den Patientinnen und Patienten Knochenmark- oder Blutstammzellen einer anderen Person übertragen werden. Mit diesen Zellen entwickelt sich im Körper der kranken Person ein neues Immunsystem, das sich auch gegen noch vorhandene bösartige Zellen der Leukämie richtet, der sogenannte Immun-Effekt. „Leider kann es aber auch nach einer Stammzell-Transplantation zu einem Rückfall kommen, der dann häufig mit einer schlechten Prognose einhergeht. Nach einer Transplantation ist das neue, gespendete Immunsystem zunächst in der Lage, die Leukämie zu kontrollieren. In einem späteren Stadium jedoch entwickelt die Krankheit oftmals Strategien, um dieser ‚Immunüberwachung‘ zu entkommen“, erklärt Prof. Dr. Christoph Schmid. „Dieses Phänomen heißt immune escape.“ Um sich der Kontrolle des Immunsystems zu entziehen, bedienen sich die Leukämiezellen verschiedener Strategien. Sie können beispielsweise die Eiweiße an ihrer Oberfläche so verändern, dass sie vom Immunsystem nicht mehr erkannt werden oder die Reaktion der Immunzellen bremsen können. Eine weitere Strategie ist das Absondern von Botenstoffen, die dämpfend auf das Immunsystem wirken oder den Stoffwechsel der Immunzellen beeinträchtigen. Schließlich können die Leukämiezellen auch ganze Teile ihrer Erbsubstanz abwerfen und so verhindern, das Erkennungsmerkmale für das Immunsystem überhaupt erst gebildet werden können. In der Publikation erklären die Autoren und die Autorin außerdem, inwieweit Kenntnisse über diese immune escape-Mechanismen bei einem Rückfall bereits für die Entwicklung von maßgeschneiderten Behandlungsstrategien genutzt werden. Momentan ist das zwar nur in klinischen Studien der Fall, weil die Forschung dazu noch am Anfang steht. Titel: Relapse of acute myeloid leukemia after allogeneic stem cell transplantation: immune escape mechanisms and current implications for therapy (Deutsch: Rezidiv einer akuten myeloischen Leukämie nach allogener Stammzelltransplantation: Immune escape Mechanismen und aktuelle Implikationen für die Therapie) Autor:innen: Dr. rer. nat. Tatjana Sauerer1, Giuliano Filippini Velázquez1, Prof. Dr. Christoph Schmid2 (1: Erstautoren, 2: Korrespondierender Autor
https://doi.org/10.1186/s12943-023-01889-6
E-Mail:
christoph.schmid@uk-augsburguk-augsburg.de ()
E-Mail:
corina.haerning@presse.uni-augsburgpresse.uni-augsburg.de ()
Der Onkologe hat eine Forschungsprofessur für Transplantation und Zelltherapie an der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg inne. Gemeinsam mit der Zellbiologin Dr. Tatjana Sauerer und seinem Kollegen Giuliano Filippini Velázquez von der II. Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Augsburg beschreibt er den immune escape umfassend in einer neuen Publikation, die jüngst im international höchst renommierten Journal Molecular Cancer veröffentlicht wurde.Wie kommt es zum immune escape?
Maßgeschneiderte Behandlungsstrategien
„Es ist aber schon eine große Anzahl an Mechanismen bekannt, die gute Anknüpfungspunkte für gezielte Eingriffe bieten, auch wenn unser Verständnis weiterwachsen muss, um die Therapien zu optimieren. Daher haben wir in unserem Artikel auch einen Ausblick darüber gegeben, wie neue Technologien zur Verbesserung der Therapie für diese Patientinnen und Patienten beitragen können, und zeigen zukünftige Behandlungsmöglichkeiten auf“, fasst Schmid den Beitrag zusammen. Ein Beispiel für mögliche künftige Therapien sei das Verabreichen von Antikörpern, die bremsende Oberflächeneiweiße neutralisieren. Ferne sei die Gabe von Medikamenten denkbar, die den Stoffwechsel der Immunzellen wiederherstellen oder solchen, die das Immunsystem insgesamt stimulieren. Auch die Gabe von Medikamenten, die bewirken, dass Gene „angeschaltet“ werden, die für das Bildung von Erkennungsstrukturen des Immunsystems verantwortlich sind, könne ein Ansatz sein. Zur Publikation:
Ansprechperson
Medienkontakt