Pressemitteilung 94/23 - 05.12.2023

Leuchtturm der quantenmechanischen Forschung

Beiratstreffen am Zentrum für Elektronische Korrelationen und Magnetismus der Uni Augsburg

Anfang der 1990er Jahre wurde an der Universität Augsburg das Zentrum für Elektronische Korrelationen und Magnetismus (EKM) ins Leben gerufen. Seitdem hat es sich zu einer Top-Adresse für dieses wichtige Teilgebiet der quantenmechanischen Forschung entwickelt. Das hat nun auch wieder ein Treffen des wissenschaftlichen Beirats international führender Experten bestätigt.

Quantenmechanische Forschung © Universität Augsburg

Das EKM erforscht Systeme von vielen quantenmechanischen Teilchen, die sich in ihrem Verhalten gegenseitig stark beeinflussen. In der Physik spricht man von Korrelationen. Das Gesamtsystem erhält durch sie neuartige Eigenschaften, da die Teilchen in ihm gemeinsam und kollektiv agieren. „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“, erklärt Markus Heyl, Professor für theoretische Physik und Mitglied des EKM. „Im Englischen sagt man auch: More is different.“ Diese Tatsache lässt sich unter anderem nutzen, um Materialien für innovative Anwendungen herzustellen - beispielsweise für neuartige Sensoren oder für Quanteninformationstechnologien.

Das EKM wurde Mitte der 1990er Jahre an der Universität Augsburg gegründet. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie der Freistaat Bayern wollten damit ein Kompetenzzentrum für diesen wichtigen Bereich der quantenmechanischen Vielteilchenphysik schaffen. Seit seiner Etablierung wird es durch einen unabhängigen wissenschaftlichen Beirat begleitet. Auch bei der gestrigen Sitzung fiel das Urteil der internationalen Experten positiv aus. „Wir haben uns auf unserem Forschungsgebiet inzwischen eine herausgehobene Stellung erarbeitet, auch im internationalen Vergleich“, betont Heyl.

Quanteninformationen verarbeiten

Ein Beispiel für eine spezielle Art quantenmechanischer Korrelationen ist die sogenannte Quantenverschränkung. Dieses Phänomen lässt sich am besten mit einem Beispiel veranschaulichen: Mal angenommen, zwei Spieler würfeln gleichzeitig mit einem Würfelbecher, der jeweils einen Würfel enthält. Spieler A schaut nach und sieht, dass er eine Sechs gewürfelt hat. Auf das Ergebnis von Spieler B hat das keinen Einfluss: Es lässt sich nicht vorhersagen, welche Augenzahl sein Würfel zeigen wird, wenn er seinen Becher lupft. In der Welt der kleinsten Teilchen ist das anders: Dort kann es sein, dass beide Würfel verschränkt sind. Sobald Spieler A sein eigenes Ergebnis kennt, weiß er damit auch, wie der Würfel von Spieler B gefallen ist. „Korrelationen eröffnen ein ganzes Universum von innovativen Materialien, das bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist“, erklärt Prof. Heyl.

Ein konkretes Beispiel sind stark korrelierte Materialien, die sich zum Speichern von Quanteninformationen eignen. Sie werden für neuartige Quantencomputer benötigt, mit denen sich bestimmte Probleme vieltausendfach schneller lösen lassen als mit herkömmlichen Rechnern. Quanteninformationen sind empfindlich; sie lassen sich durch äußere Einflüsse leicht zerstören. Sie lange zu speichern, ist daher äußerst schwierig. Korrelierte Teilchensysteme sind dafür ein möglicher Ausweg: Bei ihnen wird die Information gewissermaßen „verteilt“ abgespeichert. Da diese Speicher miteinander korrelieren, kontrollieren sie sich gegenseitig und verhindern so, dass die Information verloren geht. „Die Quanteninformationsverarbeitung ist aber nur ein Bereich, für den die von uns untersuchten Systeme relevant sind“, betont Heyl. „Wir betreiben Grundlagenforschung; unsere Ergebnisse sind aber prinzipiell für sehr viele Fragestellungen von großer Bedeutung.“

Mitglieder des EKM sind der Lehrstuhl für Theoretische Physik III (Prof. Heyl) sowie die Lehrstühle für Experimentalphysik V (Prof. Dr. István Kézsmárki) und Experimentalphysik VI (Prof. Dr. Philipp Gegenwart). Der große Erfolg des Zentrums dokumentiert sich unter anderem in einer Reihe von Großprojekten, an denen es in den letzten Jahrzehnten maßgeblich beteiligt war. Dazu zählte etwa kürzlich die Einwerbung eines sogenannten Transregio-Sonderforschungsbereichs zusammen mit der technischen Universität München und dem Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart. Das EKM ist zudem Mitglied des Munich Quantum Valley, einer Initiative, mit der die bayerische Landesregierung die quantenphysikalische Forschung in Deutschland vorantreiben möchte.

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