Pressemitteilung 79/24 - 10.07.2024

Neuer exotischer Quantenzustand

Entdeckung repulsiv gebundener Magnonen unter Augsburger Beteiligung in „Nature“ veröffentlicht

Physikerinnen und Physiker aus Augsburg, Bonn, Köln, Dresden, Genf und Prince George (Kanada) haben einen exotischen Quantenzustand der Materie in einer Festkörperverbindung entdeckt – sogenannte repulsiv gebundene Magnonen. Diese spektakuläre Beobachtung aus der quantenphysikalischen Grundlagenforschung wurde in der renommierten Fachzeitschrift Nature veröffentlicht. Hauptautor ist Prof. Dr. Zhe Wang von der Technischen Universität Dortmund.

Atome, Moleküle oder Festkörper, die durch Anziehungskräfte zwischen ihren Bestandteilen aufgebaut und strukturiert werden, sind in der Natur allgegenwärtig. Im Gegensatz zu diesen bekannten stabilen Objekten galten solche, die durch abstoßende Kräfte stabilisiert werden, aufgrund ihrer Instabilität lange Zeit als theoretische Konstrukte. Insbesondere in Festkörperverbindungen hielt man die Beobachtung abstoßend gebundener Teilchen für unmöglich. Kürzlich ist es einem internationalen Forscherteam um Prof. Zhe Wang gelungen, repulsiv gebundene Magnonen – ein exotischer Quanten-Vielteilchen-Zustand – experimentell zu beobachten. Aus Augsburg ist der Physiker Prof. Dr. Alois Loidl beteiligt.

„Die Beobachtung repulsiv gebundener Magnonen war äußerst überraschend“

Die Beobachtung erfolgte in der chemischen Verbindung BaCo2V2O8, in der eindimensionale Spinketten ausbebildet werden. Spins sind intrinsische magnetische Freiheitsgrade der Elektronen in einem Atom. Das Team nutzte Terahertz-Lichtwellen, um die Spins anzuregen und ihre Dynamik in starken äußeren Magnetfeldern zu untersuchen.

Kristallstruktur von BaCo2V2O8. Wesentliches Element dieser Struktur sind quasi-eindimensionale Ketten von Kobalt-Ionen (große rote Kugeln), die oktaedrisch von Sauerstoff-Ionen (kleine schwarze Kugeln) umgeben sind und atomare quantenmechanische Spins mit S = ½ tragen. Zhe Wang/ TU Dortmund

Dabei identifizierten die Forscher einerseits die bereits bekannten Magnonen, niederenergetische magnetische elementare Quasiteilchen-Anregungen. Andererseits entdecken sie aber auch repulsiv gebundene Zwei-Magnon- und Drei-Magnon-Zustände als hochenergetische zusammengesetzte Anregungen. BaCo2V2O8 ist eine Festkörper-Realisierung des Heisenberg-Ising-Modells, das seit über hundert Jahren für das Verständnis vieler physikalischer Phänomene von Bedeutung ist und verschiedene Zweige der Physik, von der kondensierten Materie, über kalte Atome bis hin zur Quanteninformation beeinflusst hat.

„Die Beobachtung repulsiv gebundener Magnonen war äußerst überraschend“ sagt Prof. Zhe Wang und  „unsere Studie liefert ein erstes Verständnis dieser komplexen Quanten-Vielteilchen-Zustände in einem repräsentativen Festkörpersystem. Die Existenz dieser exotischen Zustände in anderen, noch komplexeren Quantensystemen und ihre möglichen Anwendungen in der Quanteninformation sind herausfordernde Aufgaben für zukünftige Forschungsprojekte.“

 

Zur Veröffentlichung:

https://www.nature.com/articles/s41586-024-07599-3
 

Wissenschaftlicher Kontakt

Professor
Experimentalphysik V

Startseite:

E-Mail:

Medienkontakt

Corina Härning
Stellvertretende Pressesprecherin
Stabsstelle Kommunikation & Marketing

E-Mail:

Suche