Pressemitteilung 120/24 - 04.11.2024

Leichtbaumaterialien auf Knopfdruck

EXIST-Gründungsstipendium für Augsburger Start-up

Das Augsburger Start-up „fibclick“ revolutioniert den Leichtbau mit einer Planungssoftware für die Leichtbaubranche. Die drei Gründer sind Absolventen der Universität Augsburg und erhielten ein begehrtes EXIST-Gründungsstipendium des Bundes. Das KI-Produktionsnetzwerk an der Universität Augsburg unterstützt und berät seit zwei Jahren auf dem Weg zur Gründung.

Carbon- oder glasfaserverstärkte Kunststoffe sind vielfältig einsetzbar: Sie sind Hauptbestandteil von Rotorblättern bei Windkraftanlagen, helfen als Verstärkungselemente im Bausektor Emissionen einzusparen und senken durch Gewichtsreduktion den Treibstoffverbrauch bei Transportmitteln. Die Herstellung dieser faserverstärkten Materialien ist jedoch teuer und langwierig, da die Produktionsplanung größtenteils händisch erfolgt und vom Wissen der Mitarbeitenden abhängig ist. Ein hocheffizientes Herstellungsverfahren für faserverstärkte Leichtbauprofile, das durch die langwierigen Planungsprozesse zurückgehalten wird, ist die sogenannte Pultrusion. Für dieses Verfahren entwickelt das Augsburger Start-up fibclick eine Software, die die Planung – unter anderem durch den Einsatz von Methoden der künstlichen Intelligenz – übernimmt. So sparen Unternehmen Zeit, Geld und Ressourcen.

Das Team „fibclick“, in der Hand ein im Leichtbauverfahren gefertigtes Bauteil: Niklas Paprotta, Jonas Wilfert und Isa Taflan (v.l.n.r) © fibclick/Isa Taflan

Leichtbaumaterialien auf Knopfdruck

Der Name des Start-ups „fibclick“ setzt sich zusammen aus den Worten „Fiber“ (engl.: Faser) sowie „click“, und steht damit sinnbildlich für das Ziel der Neugründung: Leichtbaumaterialien auf Knopfdruck zu ermöglichen. „Von der Kundenanfrage bis zum Produktionsstart vergehen mehrere Monate und das bei Produkten, deren Herstellung nur wenige Tage benötigt. Unsere Software plant vollständige Produktionsabläufe innerhalb weniger Minuten, wobei wir uns zum Markteintritt auf das Pultrusionsverfahren fokussieren“, schildert Ingenieurinformatiker und Mit-Gründer Jonas Wilfert. Zusammen mit Niklas Paprotta, der ebenfalls Ingenieurinformatik studierte, sowie Betriebswirt Isa Taflan bilden sie das Gründungsteam. Alle drei sind Master-Absolventen der Universität Augsburg

100 bis 1.000 Faserbündel organisieren

Um den Bedarf der Industrie zu verstehen, muss man einen Blick auf das Fertigungsverfahren werfen: Für Stabilität in Verbundwerkstoffen sorgen sehr lange Glas- oder Carbonfasern. Abhängig von deren Anordnung im Bauteil erhält das Endprodukt unterschiedliche Eigenschaften, mal zugfest, mal verwindungssteif. „Für jedes neue Produkt planen ein oder mehrere Ingenieure individuell, wie hunderte bis tausende Faserbündel sowie mehrere Textilien am besten zueinander positioniert werden“, gibt Niklas Paprotta einen Einblick in den Stand der Technik. Dieses Vorgehen verursacht bei den Unternehmen durch die zeitintensive Bearbeitung hohe Personalkosten und bleibt fehleranfällig.

Mit KI und Augmented Reality zum Ziel

Die fibclick-Software übernimmt mittels künstlicher Intelligenz und Physiksimulationen die Planung und erstellt auf Basis eines 2D-Querschnitts des geplanten Produkts sowie Informationen zu Profileigenschaften die passende „Vorlage“. Ergänzend bietet fibclick den Unternehmen eine Augmented-Reality-Unterstützung für die Mitarbeitenden an. Sie projiziert einen Schritt-für-Schritt- Plan direkt an der Anlage in das Sichtfeld der Mitarbeitenden. Das Overlay zeigt an, wie die Faserbündel durch die Anlage verlaufen sollen. „Unsere Software unterstützt den gesamten zeit- und personalintensiven Planungs- und Aufbauvorgang. Die Unternehmen sparen somit Geld und Ressourcen. Da eine deutlich geringe Anzahl an Fehlversuchen entsteht, kann der Materialausschuss von wertvollen Fasern und Rohstoffen verhindert werden“, fasst Isa Taflan die Vorteile zusammen.

Ein Blick zurück

Bereits im Jahr 2019 begannen Jonas Wilfert und Niklas Paprotta neben ihrem Studium am Fraunhofer-Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik (IGCV) zu arbeiten und lernten so die Prozesse und Problemstellungen der Herstellung von Leichtbaumaterialien kennen. Hier entstand bereits 2020 der Wunsch, die Produktionsplanung im Leichtbausektor zu verbessern. „Meine Bachelor-Arbeit an der Universität Augsburg befasste sich mit einem Aspekt des Themas und hat uns seitdem nicht mehr losgelassen, sodass unsere Masterarbeiten darauf aufbauten“, schildert Jonas Wilfert. Was ihnen fehlte, war Erfahrung im Business-Bereich. Deshalb ergänzt seit 2022 Isa Taflan das Team, er absolvierte sein Masterstudium im Fach in BWL an der Universität Augsburg und übernimmt aufgrund seiner Erfahrungen im Automobilsektor die Bereiche Vertrieb und Finanzen. Mit fibclick ist auch für ihn ein Kindheitstraum wahr geworden.

EXIST: Der große Moment

„Eineinhalb Jahre arbeiteten wir an dem Antrag, immer neben der Arbeit bzw. dem Studium“, schildert Taflan den Weg bis heute. Mit der Förderzusage ist für die drei der „große Moment“ gekommen: Für den Zeitraum von einem Jahr, beginnend im Juli 2024, erhalten die drei Gründer ein Stipendium zur Sicherung des Lebensunterhaltes, wodurch sie nun in Vollzeit an ihrer Software arbeiten können.

Auf dem Weg zum Startup erfuhren die drei in den letzten zwei Jahren viel Unterstützung vom StartHub, dem Gründungs- und Innovationszentrum sowie dem KI-Produktionsnetzwerk, beide an der Universität Augsburg. Bei der Mitgründersuche, der Geschäftsmodellentwicklung, der Suche nach geeigneten Förderinstrumenten und schließlich der Antragserstellung für das EXIST-Gründerstipendium wurde das Team maßgeblich von beiden Einrichtungen unterstützt. Zudem engagiert sich Prof. Dr. Lars Mikelsons vom Lehrstuhl für Mechatronik in seiner Rolle als wissenschaftlicher Mentor für die Ausgründung. In den vergangen Monaten wurde fibclick darüber hinaus im Accelerator-Programm „now2next“ (ein sechsmonatiges Intensivprogramm für digitale Start-ups) des Digitalen Zentrums Schwaben (DZ.S) intensiv unterstützt.

Ein Blick nach vorne

Auch wenn fibclick noch vor der eigentlichen Gründung steht, verfügt das Team bereits über einen interessierten Kundenstamm. „Vielen Unternehmen sind die Probleme bei der Planung bekannt, aber sie haben keine Zeit oder Experten, um sie zu lösen. Deshalb sind sie begeistert, dass unser Produkt genau ihre Bedarfe adressiert“, freut sich Paprotta. Im Moment sucht fibclick nach weiteren Pilot-Kunden für die Betaphase ihrer Automatisierungssoftware. Zudem bezieht das Team jetzt schon eigene Büroräume im Digitalen Zentrum Schwaben, welche im Rahmen der Kooperation zwischen Universität und DZ.S zwölf Monate kostenfrei für das Team zur Verfügung gestellt werden

Das KI-Produktionsnetzwerk Augsburg

Das KI-Produktionsnetzwerk Augsburg ist ein Verbund der Universität Augsburg, des Fraunhofer-Instituts für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik (IGCV), des Zentrums für Leichtbauproduktionstechnologie (ZLP) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Augsburg sowie der Technischen Hochschule Augsburg. Beteiligt sind zudem regionale Industriepartner. Ziel ist eine gemeinsame Erforschung KI-basierter Produktionstechnologien an der Schnittstelle zwischen Werkstoffen, Fertigungstechnologien, datenbasierter Modellierung und digitalen Geschäftsmodellen. Das KI-Produktionsnetzwerk Augsburg wird mit 92 Millionen Euro aus der Hightech Agenda der bayerischen Staatsregierung gefördert.

Das EXIST-Gründungsstipendium

Das EXIST-Gründungsstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz unterstützt unter anderem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Studierende auf dem Weg zu Gründung. Gefördert werden Teams aus maximal drei Gründenden mit einem personenbezogenen Stipendium zur Sicherung des Lebensunterhalts, einem Budget für Sachmittel sowie Coaching für den Zeitraum von zwölf Monaten. Diese Zeit soll es ermöglichen, einen Businessplan zu erarbeiten und sich auf die Gründung eines eigenen Unternehmens vorzubereiten. Laut EXIST ist die wichtigste Voraussetzung, „dass es sich bei der geplanten Geschäftsidee um ein innovatives, technologieorientiertes oder wissensbasiertes Produkt mit signifikanten Alleinstellungsmerkmalen und guten wirtschaftlichen Erfolgsaussichten handelt.

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