Pressemitteilung 91/25 - 30.07.2025

Quantensiebe: Forscher trennen nahezu identische Wasserstoffisotope

Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Nature Communications

Augsburger Chemiker konnten zusammen mit einem Konsortium aus internationalen Kolleginnen und Kollegen einen bedeutenden Fortschritt bei der Trennung von Wasserstoff und Deuterium durch sogenanntes Quantensieben in einem metall-organischen Gerüstnetzwerk erzielen. Diese Ergebnisse sind wegweisend für die Entwicklung neuer und energieeffizienter Verfahren zur Gewinnung von Deuterium, einem bedeutenden Rohstoff der Zukunft. Sie wurden jüngst in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Stellen Sie sich ein Sieb vor, das Kugeln gleicher Größe, aber unterschiedlicher Farbe trennt – was in unserer sichtbaren Welt nicht möglich ist, funktioniert auf Quantenebene. © Universität Augsburg/Prof. Dr. Dirk Volkmer

Stellen Sie sich vor, es gäbe ein Sieb, das gleich große Kugeln nach Farben trennt – in unserer sichtbaren Welt ein unmögliches Vorhaben. In der Welt der Quantenmechanik jedoch ist genau das Realität: Die nahezu identischen Isotope Wasserstoff (H₂) und Deuterium (D₂) lassen sich voneinander trennen. Der Schlüssel liegt in der sogenannten Nullpunktsenergie – einem quantenmechanischen Effekt, der die Isotope unterscheidbar macht.

Forscher um Prof. Dr. Dirk Volkmer vom Lehrstuhl für Festkörper- und Materialchemie der Universität Augsburg haben in einer neuen Studie zusammen mit einem internationalen Forschungsteam gezeigt, dass dieser Effekt in Mangantriazolat (Mn(ta)₂), einem porösen metall-organischen Gerüstnetzwerk, besonders ausgeprägt ist. Diese Erkenntnis könnte künftig für eine energieeffizientere Produktion des Zukunftsrohstoffs Deuterium Anwendung finden.

Deuterium ist nicht nur bedeutend als zukünftiger Brennstoff in Fusionsreaktoren, sondern auch zur Anwendung in OLEDs, für gesteigerte Lichtausbeuten und Langlebigkeit. Es findet bereits vielfach Verwendung als Lösungsmittel bei der NMR-Spektroskopie, in der Biochemie als Marker oder als Moderator in Kernkraftwerken.

Anspruchsvolle Molekül-Trennung

Die Trennung von Wasserstoff und Deuterium ist äußerst anspruchsvoll, da beide Moleküle nahezu identische chemische Eigenschaften besitzen, in Form und Größe nahezu gleich sind und sich lediglich durch ein zusätzliches Neutron im Atomkern des Deuterium-Isotops – und damit durch ihre Masse – unterscheiden.

Dass eine Trennung dennoch möglich ist, zeigte Volkmer mit seiner Forschungsgruppe bereits in früheren Studien. Ein poröses metall-organisches Gerüstnetzwerk (MOF) agiert als molekulares „Sieb“ und interagiert durch Quanteneffekte unterschiedlich stark mit den Wasserstoff- und Deuterium-Molekülen.

Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten

MOF sind poröse Materialen, die durch Metallionen als Knotenpunkte und organische Liganden als Bindeglieder nach dem Baukastenprinzip zusammengebaut werden können. Durch Variation dieser Bausteine lässt sich eine schier unendliche Zahl verschiedenster Strukturen aufbauen, deren Eigenschaften wie die Porengrößen und Porenöffnungen aber auch die chemische Beschaffenheit der inneren Oberfläche zielgerichtet angepasst werden können. Dies führt zu einer Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten z. B. in der Medizin zur kontrollierten Wirkstofffreisetzung, der Katalyse, Sensorik, Gasspeicherung, aber insbesondere auch der Trennung von Gasen.

„Unsere Ergebnisse sind wegweisend, um den Einsatz von MOF für effiziente Trennungsverfahren von Deuterium und Wasserstoff voranzutreiben. Insbesondere mit der rapide steigenden Produktion von Wasserstoff könnten sich solche Trennverfahren als sehr lukrativ erweisen und einen Beitrag zur Rohstoff- und Energieversorgung der Zukunft liefern“, erklärt Volkmer.

Zur Studie

Linda Zhang, Richard Röß-Ohlenroth, Vanessa K. Peterson, Samuel G. Duyker, Cheng Li, Jhonatan Luiz Fiorio, Jan-Ole Joswig, Robert Dinnebier, Dirk Volkmer, Michael Hirscher. Isotopologue-induced structural dynamics of a triazolate metal-organic framework for efficient hydrogen isotope separation, Nature Communications 2025.
Die vollständige Studie ist frei zugänglich unter  https://doi.org/10.1038/s41467-025-61107-3

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