Pressemitteilung 109/25 - 15.10.2025

Neue Schizophrenie-Leitlinie in Augsburg koordiniert

Aktualisierte S3-Leitlinie verbessert Versorgung von Erkrankten

Unter Koordination des Augsburger Professors für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Alkomiet Hasan hat die medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN) eine neue Behandlungsleitlinie für Schizophrenie erarbeitet. Diese wurde heute veröffentlicht. Sie markiert einen wichtigen Schritt in der Versorgung der Patientinnen und Patienten. Es handelt sich um eine Leitlinie der höchsten Qualitätsstufe S3, die auf umfassenden systematischen Evidenzrecherchen basiert.

Unter der Koordination von Prof. Dr. Alkomiet Hasan konnte die DGPPN e.V. eine neue Leitlinie zur Behandlung von Schizophrenieerkrankungen entwickeln. Colourbox

Schizophrenien gehören zu den besonders schweren psychischen Erkrankungen. Etwa ein Prozent der Bevölkerung erkrankt im Laufe des Lebens daran. Die Erkrankung geht mit erheblichem persönlichem Leid und einem hohen Risiko für soziale und berufliche Beeinträchtigungen einher; Menschen mit einer Schizophrenie sterben durchschnittlich 15–20 Jahre früher als die Allgemeinbevölkerung.

Individualisierte Pharmakotherapie

Die neue S3-Leitlinie umfasst 154 Empfehlungen zu Diagnostik und Behandlung. Sie erweitert die medikamentösen, psychotherapeutischen und psychosozialen Möglichkeiten und eröffnet damit neue Perspektiven für Betroffene.

Während bislang im Rahmen der medikamentösen Therapie eine Monotherapie empfohlen wurde, öffnet die neue Leitlinie nun in bestimmten Konstellationen, insbesondere bei schwierigen Behandlungsfällen, die Tür für Kombinationstherapien. Prof. Dr. Alkomiet Hasan, Lehrstuhlinhaber für Psychiatrie und Psychotherapie an der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg sowie Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses Augsburg und Vorstand Krankenversorgung der Bezirksklinischen Schwaben, hat für die DGPPN das Erstellen der Leitlinie koordiniert. Er erläutert: „Mit den neuen Empfehlungen erweitern wir die Behandlungsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten, die auf eine Einzelmedikation nicht ausreichend ansprechen. Die Auswahl der Medikamente muss individuell erfolgen. Dabei müssen unbedingt die Nebenwirkungen berücksichtigt werden, denn diese sind häufig entscheidend dafür, ob eine Medikation auch langfristig eingenommen wird.“

Neue Psychotherapien

Sie stärkt zum Beispiel den Stellenwert von Psychotherapie in der Behandlung der Schizophrenien. Neu aufgenommen wurden unter anderem traumafokussierte Verfahren, die Patientinnen und Patienten mit komorbider Posttraumatischer Belastungsstörung wirksam unterstützen können, sowie moderne Verfahren der achtsamkeitsbasierten Psychotherapie. Zudem wurden erstmalig digitale Ansätze wie die Avatar-Therapie zur Behandlung von auditiven Halluzinationen in die Empfehlungen aufgenommen, auch wenn die Evidenz hier noch begrenzt ist.

Daneben betont die Leitlinie auch die Wichtigkeit psychosozialer Interventionen. Dazu zählen unter anderem Bewegungstherapien und die konsequente Einbindung der Angehörigen. „Entscheidend für eine wirksame Behandlung ist ein ganzheitlicher Behandlungsansatz. Die Kombination von Antipsychotika mit kognitiver Verhaltenstherapie und psychosozialen Verfahren ist nach aktuellem Stand der Forschung von zentraler Bedeutung. Auch die Förderung der somatischen Gesundheit muss unbedingt im Blick gehalten werden“, erklärt Alkomiet Hasan. Diagnostik und Therapie von Schizophrenien sind Forschungsschwerpunkte an seinem Lehrstuhl.

Klinische Entscheidungshilfen in digitalisierter Form

Entwickelt und auch veröffentlicht wurde die neue Leitlinie über die digitale nichtkommerzielle Plattform MAGICApp. „Wir konnten die S3-Leitlinie vollständig in ein echtes digitales Format überführen und damit die plattform- und endgeräteübergreifende Verfügbarkeit aller Inhalte ermöglichen“, sagt Dr. Theresa Halms, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Psychiatrie und Psychotherapie. Dieses digitale sogenannte Evidenz-Ökosystem ermöglicht den nahtlosen Fluss von Evidenz und klinischen Entscheidungshilfen zwischen Forschenden, Ärztinnen und Ärzten sowie politischen Entscheidungsträgern. Die Arbeit fügt sich so in den Forschungsschwerpunkt Medical Information Science der Medizinischen Fakultät ein. 

Living Guideline

Die Leitlinie wurde im Rahmen eines zweijährigen Konsensusprozesses unter Beteiligung von 41 Fachgesellschaften, Verbänden sowie Angehörigen- und Betroffenen-Organisationen erarbeitet. Es handelt sich um eine sogenannte „Living Guideline“, die künftig jährlich aktualisiert wird.

Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Präsidentin der DGPPN, die die Leitlinie federführend herausgibt, betont: „Eine frühzeitige Erkennung und eine konsequente leitliniengerechte Behandlung von Menschen mit Schizophrenie sind wichtig, damit Komplikationen und das Leid für die Betroffenen selbst und für andere minimiert werden. Die aktualisierte S3-Leitlinie Schizophrenie der DGPPN zeigt nun neue Wege für individuelle Therapien auf.“

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