Mehr Atemwegserkrankungen bei Hitze und bei Kälte
Augsburger Bevölkerung leidet unter Extremwetter
Der Klimawandel ist eine ernste Gefahr für die menschliche Gesundheit – nicht erst in der Zukunft. Bereits jetzt führen extreme Temperaturen in Augsburg zu mehr Atemwegserkrankungen. Das zeigt eine Studie, die an der Universität Augsburg mit Daten aus dem Universitätsklinikum Augsburg entstanden ist. Analysiert wurden die Jahre 2006 bis 2019. Anpassungen an den Klimawandel sind dringend nötig, zeigt die Studie. Der Klimawandel ist in vollem Gange. Auch in Augsburg kommt es immer häufiger zu extremem Wetter. Hitzewellen, also drei Tage am Stück Temperaturen über etwa 25 Grad, sind eine große Belastung für Menschen, Tiere und Pflanzen – und eine ernstzunehmende gesundheitliche Gefahr. Aber auch extreme Kälte macht den Menschen zu schaffen. Beides – extreme Hitze wie Kälte – schlägt unter anderem auf die Atemwege. Das zeigt eine Studie des Forschungsprojekts „Extreme“, das an der Medizinische Fakultät der Universität Augsburg angesiedelt ist: Das Risiko, notfallmäßig wegen einer Atemwegserkrankung behandelt zu werden, steigt demnach bei extremer Hitze innerhalb von drei Tagen signifikant – bei extremer Kälte innerhalb von drei Wochen. Extreme Kälte definierten die Forschenden als das kälteste eine Prozent der Tage. Für Augsburg waren das Tage, an denen die Durchschnittstemperatur auf etwa −7,8 °C fiel, weit unter die normalen Winterbedingungen der Stadt. Untersucht wurden Daten aus 14 Jahren in Süddeutschland, insbesondere von 2006 bis 2019 in Augsburg. Berücksichtigt wurden ambulante Notfallbehandlungen und Krankenhauseinweisungen in der Notaufnahme des Universitätsklinikums Augsburg. Die Ergebnisse der Studie sind soeben in der Fachzeitschrift „International Archives of Occupational and Environmental Health“ erschienen. Bemerkenswert ist: Wenn man den untersuchten Zeitraum in zwei Hälften aufteilt (2006–2012 und 2013–2019), dann zeigt sich, dass der Temperaturanstieg im zweiten Zeitraum einhergeht mit mehr Krankenhauseinweisungen. Dieser Effekt wird als starker Anstieg der geschätzten kurzfristigen kumulativen Wirkung extremer Hitze bezeichnet. „Steigende Temperaturen haben also bereits jetzt messbare Auswirkungen auf die Gesundheit der Atemwege. Das deutet darauf hin, dass sich die globale Erwärmung verheerend auf die menschliche Gesundheit auswirken kann“, sagt Plaza García. Das Projekt „Extreme“ untersucht pseudonymisierte Patientendaten aus dem Universitätsklinikum Augsburg sowie Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) und verschränkt diese mit den Wetterdaten der jeweiligen Tage aus Augsburg. cg
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Erhöhtes Risiko binnen Tagen
Um ein Drittel erhöhtes Risiko
„Von 2006 bis 2012 lag das relative Risiko, wegen einer Atemwegserkrankung ins Krankenhaus eingewiesen zu werden, während extremer Hitze um 8 Prozent höher als bei einer mittleren Referenztemperatur, also ohne Hitze. Im Zeitraum 2013–2019 war dieses Risiko sogar um 32 Prozent erhöht“, erklärt Dr. María Pilar Plaza García, Leiterin des Fachbereichs „Human Exposure Science“ am Institut für Umweltmedizin und Integrative Gesundheit der Universität Augsburg. Sie hat die Studie geleitet, gemeinsam mit Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann.Effekte des Klimawandels
Hitzewellen werden künftig länger dauern, intensiver ausfallen und häufiger auftreten – selbst wenn die Klimakrise eingedämmt wird. „Daher ist es wichtig, die gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze zu quantifizieren und zu verstehen. Wir möchten mit unseren Ergebnissen dazu beitragen, dass in der öffentlichen Gesundheitsversorgung gezielte Maßnahmen getroffen werden“, erklärt die Forscherin. Das können sehr konkrete Maßnahmen sein, neben Hitzeschutzplänen zum Beispiel auch der Einbau von Verschattungen, von Klimaanlagen oder auch das Anlegen grüner, kühlender Aufenthaltsorte.
Neben Hitze setzt auch extreme Kälte den Menschen zu: Sie erhöht das Risiko, eine notfallmäßige Behandlung der Atemwege zu benötigen, noch stärker als Hitze und deutlich messbar. Eine große Rolle spielt dabei die saisonale Grippe. Sie gilt in der Studie als so genannter Störfaktor. Das heißt, die Notfallbehandlungen gehen nicht ausschließlich auf die kalten Temperaturen zurück, sondern zumindest teilweise auch auf die Grippe.Über das Projekt
So möchte das Forschungsteam herausfinden, welche Erkrankungen von Hitze beeinflusst werden. Im Fokus stehen vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Komplikationen von Stoffwechselerkrankungen, Lungenerkrankungen oder Allergien.
Ziel ist es, ein Konzept für ein Hitzeregister zu erstellen, mit dem sich Dynamiken kommender Hitzewellen vorhersagen lassen, zum Beispiel der erwartbare Kapazitätsbedarf in der gesundheitlichen Versorgung. Zudem sollen Präventionsprogramme erarbeitet und implementiert werden.
Das Projekt soll dazu beitragen, die Anpassung an extremere Umweltbedingungen zu verbessern und letztlich Gesundheit zu erhalten.Zur Publikation
Die Publikation ist unter folgendem Link zu finden:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/41273383/
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