Rechtsanwendung und Haltung
Am 27. Januar 2025 sprach die ehemalige Staatsanwältin und „Cum-Ex-Jägerin“ Anne Brorhilker (nun Stiftung Finanzwende) im sechsten und letzten Termin der Reihe „Recht und Haltung“ der Augsburger Rechtsgespräche zum Thema „Rechtsanwendung und Haltung“. In ihrem Eingangsvortrag betonte Brorhilker dabei zunächst die vielfältigen Wege, auf denen persönliche Haltungen – so verschieden sie auch sein mögen – die Rechtsanwendung beeinflussten. Insbesondere beim Ausfüllen von Ermessensspielräumen müssten Berufsträger:innen ihre Grundhaltungen reflektieren, um sachfremde Gründe ausschließen zu können, aber auch um Beurteilungsspielräume frei von Verzerrungen sinnvoll zu nutzen. Auch bei Konflikten spiele Haltung eine Rolle. Im Bereich der Wirtschaftskriminalität ständen Strafverfolgerinnen und -verfolger unter großem Druck, weshalb gerade hier eine große Standhaftigkeit erforderlich sei, für die es auch auf die innere Haltung ankäme. Vor diesem Hintergrund kritisierte Brorhilker die aus ihrer zu wirkmächtigen Hierarchien innerhalb deutscher Behörden, die es Beamten erschwerten, eigene Haltung zu zeigen und die dadurch ein erhebliches Missbrauchspotenzial zugunsten autoritärer Kräfte biete. Denn gerade in solchen Situationen bedeute Haltung, mehr als nur Zahnrad in einem Verwaltungsapparat zu sein.