Ausgewählte Aktivitäten
75 Jahre Bund der Steuerzahler Bayern – Festveranstaltung u.a. mit Ministerpräsident Dr. Markus Söder und Prof. Dr. Gregor Kirchhof in Augsburg │ November 2024
Am 16. November 2024 feierte der Bund der Steuerzahler in Bayern seinen 75. Geburtstag in Augsburg. Rund 400 Gäste kamen in den Festsaal des Hotel Maximilian‘s. Im Mittelpunkt des Festes standen zwei Podiumsdiskussionen, die von zahlreichen Videoglückwünschen begleitet wurden. Zunächst stellte sich Ministerpräsident Dr. Markus Söder den Fragen von Anja Marks-Schilffarth über die Herausforderungen unserer Zeit, die aktuellen Entwicklung in der Bundespolitik und die Rolle des Bundes der Steuerzahler. Das zweite Podium, das ebenfalls von Anja Marks-Schilffarth geleitet wurde, ergänzte die Themen um nähere Blicke auf die Steuer- und Finanzpolitik und die Bedeutung des Bundes der Steuerzahler an. Es diskutierten der Präsident des Bundes der Steuerzahler Bayerns Rolf von Hohenhau, jüngst seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, der Präsident der Steuerberaterkammer Prof. Dr. Hartmut Schwab und Prof. Dr. Gregor Kirchhof. Im Anschluss trafen sich alle Teilnehmer zu einem festlichen Empfang.
Zeitwende und Schuldenbremse – Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof in Kolbermoor │ November 2024
Auf Einladung der Mittelstands-Union und der örtlichen Verbände der CSU hielt Prof. Dr. Gregor Kirchhof am 12. November einen Vortrag zum Thema „Die Zeitwende in Europa und die Schuldenbremse des Grundgesetzes.“ Die Begrüßung der rund 180 Zuhörer in Kolbermoor von Leonhard Sedlbauer und Fabian Artmann wurde durch digitale Botschaften von MdB Daniela Ludwig und MdEP Prof. Dr. Angelika Niebler ergänzt. Auf dem anschließenden Podium, das von Andreas Duschl geleitet wurde, nahmen neben Kirchhof auch Andreas Bensegger und Gerd Maas Platz. Diskutiert wurde – neben den Themen des Vortrags – insbesondere über die notwendige Wende in der Wirtschaftspolitik in Deutschland und der Europäischen Union.
Solidaritätszuschlag – Beitrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof für das Magazin FOCUS │ November 2024
Am heutigen Tag verhandelt das Bundesverfassungsgericht über den Solidaritätszuschlag. Das Verfahren wird bereits lange erwartet. Seit mehr als 15 Jahren halten Finanzrichter und zahlreiche Wissenschaftler den Zuschlag für verfassungswidrig. Würde das Bundesverfassungsgericht feststellen, dass der sogenannte Soli das Grundgesetz verletzt, würden sich die aktuellen Haushaltsprobleme deutlich verschärfen. Der Bund müsste ein Defizit von rund 12 Milliarden Euro ausgleichen.
Der Soli ist eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer (ESt) und Körperschaftsteuer (KSt, Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG). Solche Abgaben dürfen erhoben werden, wenn der Bund vorübergehend eine besondere Finanzlast tragen muss. Im Jahr 1995 wurde daher der bis heute geltende Zuschlag eingeführt. Nach seiner Gründungsidee steht er auf drei Säulen: Der Soli belastet alle ESt- und KSt-Pflichtigen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit (1.), um solidarisch (2.) den historischen Glücksfall der Wiedervereinigung zu finanzieren (3.). Seit der Reform aus dem Jahr 2021 wurde all das jedoch fraglicher. Der Zuschlag hat sich von allen drei Gründungssäulen gelöst.
Seit rund 15 Jahren mehren sich – erstens – kontinuierlich die Zweifel, ob die Wiedervereinigung viele Jahre nach diesem Großereignis weiterhin über eine Ergänzungsabgabe zu finanzieren ist. Der Bundestag signalisierte dies selbst, als er den Solidarpakt zur Finanzierung der Einigung Deutschlands auslaufen ließ. Der Bericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit aus dem Jahr 2021 ist noch deutlicher. Die „Unterschiede zwischen den neuen und den alten Ländern sind längst nicht mehr eine Folge vor allem von Teilung und nachfolgender Umbruchzeit“, sondern von aktuellen Herausforderungen. Gegenwärtig werden alle strukturschwachen Regionen in Deutschland unterstützt, „egal ob in der Stadt oder auf dem Land, ob in Ost oder West, Nord oder Süd“ (BT‑Drs. 19/31840, S. 8 f.).
Aus sozialen und konjunkturellen Gründen wurden ab dem Jahr 2021 nicht mehr alle entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit belastet, sondern rund 90 Prozent der Steuerpflichtigen im Bereich der Einkommensteuer befreit. Nur noch Spitzenverdiener müssen den Soli entrichten. Damit aber ist der Zuschlag – entgegen seiner Bezeichnung und zweitens – kein solidarisches Finanzinstrument mehr, das– drittens – nach der Leistungsfähigkeit belastet. Vielmehr teilt er die Gemeinschaft in wenige Helfende und in eine große Mehrheit von Menschen, die von der Solidargemeinschaft ausgeschlossen werden. Wer meint, durch eine solche unsolidarische Abgabe noch heute die Vollendung der Einheit Deutschlands finanzieren zu können, geht in einem doppelten Sinne von einer Teilung des Landes aus, die so nicht besteht.
Gegenwärtig sind unterschiedliche Aufgaben zu bewältigen. Der Angriffskrieg auf die Ukraine und der Konflikt im Nahen Osten dauern an. Die Sicherheit, der Klimawandel, die Migration, Demografie, Digitalisierung, das fehlende Wirtschaftswachstum und entsprechende Abhängigkeiten von anderen Staaten fordern die Politik und Gesellschaft in Deutschland heraus. So wird eines deutlich: In diesen herausfordernden Zeiten eine Ergänzungsabgabe noch mit den Kosten der Wiedervereinigung begründen zu wollen, ist geschichts-, realitäts- und verfassungsvergessen. Der Soli verletzt das Grundgesetz.
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Ein kurzes Statement von Gregor Kirchhof zum Soli in einem Beitrag des Deutschlandfunks vom heutigen Tag finden Sie hier:
"Verkappte Reichensteuer"? BVerfG verhandelt Soli
https://www.deutschlandfunk.de/verkappte-reichensteuer-bverfg-verhandelt-soli-dlf-857a2e55-100.html
Steuervielvalt, Erbschaftsteuer, Digitalisierung – Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof auf dem Steuerzahlerkongress │ November 2024
Der diesjährige Steuerzahlerkongress des Bundes der Steuerzahler (BdSt) fand am 6. November 2024 in Berlin statt und stand auch im Zeichen des 75jährigen Bestehens des Verbandes. Zunächst erinnerte der Verbands-Präsident, Reiner Holznagel, an die Ursprünge der Gemeinschaft, die Gründungsideen und an aktuelle Forderungen. Sodann entfaltete der Bundesvorsitzende der CDU Friedrich Merz die gegenwärtige (geo-)politische Lage insbesondere angesichts des Angriffskrieges auf die Ukraine, des Konfliktes im Nahen Osten und den Wahlen in den USA. Für Europa ginge es nun vor allem darum, die Freiheit und die Sicherheit zu verteidigen – in dieser Reihenfolge. Die Perspektive der Freiheit sei auch für die Entwicklung des Steuerrechts maßgeblich. Sodann diskutierten Friedrich Merz, Fabian Walter (Steuerfabi) und Prof. Dr. Gregor Kirchhof unter der Leitung von Franca Lehfeld (Bild).
Den zweiten Vortrag an diesem Abend hielt Prof. Dr. Gregor Kirchhof. Sein Impuls handelte von der Steuervielfalt, der Erbschaftsteuer und der Digitalisierung. Auf dieser Grundlage stellten die Präsidentin der Familienunternehmer Marie-Christine Ostermann, Staatssekretärin im BMF Katja Hessel (FDP), der finanzpolitische Sprecher der SPD Michael Schrodi sowie Sascha Müller von Bündnis 90/Die Grünen ihre steuerpolitischen Ideen vor. Die anschließende Diskussion, an der auch Prof. Dr. Gregor Kirchhof teilnahm, wurde erneut von Franca Lehfeld geleitet (Bild).
Trotz steuerlicher Rekordeinnahmen habe Deutschland – so Kirchhof in seinem Vortrag – ein Finanzproblem. Gegenwärtig werden rund 40 Steuern erhoben. Die fünf ertragreichsten Steuern – die Einkommen-, Umsatz-, Gewerbe-, Körperschaft- und Energiesteuer – bringen der öffentlichen Hand insgesamt 86 Prozent der Einnahmen. Zu den Top Ten der Steuerquellen, die rund 95 Prozent der Gesamteinnahmen erzielen, gehören zudem die Versicherungs-, Grund-, Tabak- und Grunderwerbsteuer sowie der Solidaritätszuschlag. Doch bereits diese Abgaben erfüllen - anders als die Top Five - ihren Auftrag, den Staat zu finanzieren, kaum. Sie steuern jeweils nur 1,3 bis 1,8 Prozent zu den Gesamteinnahmen bei. Die zwanzig Steuern mit den geringsten Einnahmen führen nicht einmal zu einem Prozent, die ertragsschwächsten Zehn nur zu 0,1 Prozent der Erträge. Doch Steuern, die ihren Finanzzweck nicht erfüllen, sind abzuschaffen. Dieser Befund greift in Deutschland für die Mehrzahl der Abgaben.
Zu den zehn ertragreichsten Steuern gehören vor allem Gemeinschaftssteuern und mit der Gewerbe- und Grundsteuer Abgaben, die den Gemeinden zufließen. Bund und Länder haben keine eigene kraftvolle Steuerquelle, die sie eigenständig bedienen können, um ihre Politik zu finanzieren. Doch braucht ein Parlament eine solche eigene Finanzhoheit. In dem Gewirr der 40 steuerlichen Belastungsgründe und Ertragswirkungen ist – so fuhr Kirchhof fort – nicht erkennbar, wie sich der Staat durch welche Steuern finanzieren will und wer welchen Anteil der Gesamtsteuerlast tragen soll. Das Ursprungsanliegen der Demokratie – no taxation without representation – wird daher in Deutschland nicht hinreichend erfüllt, nicht für die Bürger und auch nicht für die Parlamente. Die Steuervielfalt ist daher zu Gunsten von wenigen und eigenen Steuerquellen für jedes der Parlamente zu reduzieren. Hier bieten sich Zuschläge zu den ertragreichen fünf Steuern an.
Der Vortrag behandelte sodann die Erbschaftsteuer. Die zentralen Gerechtigkeitsprobleme dieser Abgaben seien, dass die Steuersätze zwischen sieben und 50 Prozent und damit zu stark variieren, kaum Erträge erwirtschaftet werden, die Abgabe der Gesellschaft aber viel abverlangt, sie durch Gestaltungen unter Lebenden vermieden werden kann und aufgrund der fehlgeleiteten Bewertung zuweilen eine Abgabenlast gefordert werde, die viele nicht entrichten können. Wer eine Wohnung oder ein Haus, ein wertvolles Bild oder ein Unternehmen erbt, hat oft nicht die Mittel, auch nur sieben Prozent des Verkaufswertes zu entrichten. Kirchhof schlug vor, diese Gerechtigkeitsprobleme dadurch zu beheben, die Abgabe abzuschaffen oder sie durch einen erbschaftsteuerlichen Zuschlag auf die Einkommensteuer zu ersetzen, der für eine gewisse Zeit erhoben würde. Wer eine Erwerbsquelle erbt, wer ein geerbtes Haus vermietet, den geerbten Picasso oder ein anderes Erbstück verkauft oder als Erbe ein Unternehmen weiter betreibt, müsste eine erhöhte Einkommensteuer entrichten. Die entsprechende Leistungsfähigkeit bewirken die Erträge. Die erhebliche Arbeitslast, die die Erbschaftsteuer beim Fiskus und vor allem bei den Menschen und Unternehmen erzeugt, würde so vermieden. Gleichzeitig würden die Steuereinnahmen steigen. Der neue Zuschlag würde die Steuerpflichtigen entlasten und die Steuererträge erhöhen.
Kirchhof endete mit dem Appel, dem Beispiel anderer Länder zu folgen und die Chancen der Digitalisierung stärker zu nutzen. In den ersten 20 Jahren dieses Jahrhunderts haben einige Staaten das Steuerrecht grundlegend vereinfacht. In Österreich wurde für kleinere und mittlere Unternehmen die Möglichkeit einer pauschalen Besteuerung eingeführt. Andere Staaten haben Vollzug der Einkommensteuer umfassend automatisiert. In vollständig vorausgefüllten Steuererklärungen stellen sie alle steuerlichen Informationen zur Verfügung, die sie haben oder ermitteln können. Die Steuerpflichtigen müssen die ausgefüllten Erklärungen nur noch prüfen. Werden keine Änderungen beantragt, reicht in Schweden eine SMS oder in Finnland das Schweigen, um die Erklärung abzugeben. Selbst einer Postkarte oder eines Bierdeckels bedarf es nicht. In Estland konnten die Steuerbehörden so 36 Prozent ihres Personals einsparen. Im Jahr 2015 wurden in Norwegen 83 Prozent der vorausgefüllten Steuererklärungen nicht geändert. In dieser neuen digitalen Steuerwelt werden die Menschen erheblich entlastet. Zudem liegt der Besteuerung ein ganz anderes freiheitliches Kooperationssystem zu Grunde: Der Staat prüft nicht primär die Steuerpflichtigen, sondern spielt mit offenen Karten.
Europäisches Steuerrecht – Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof auf dem Kammerfachtag │ Oktober 2024
Auf Einladung der Steuerberaterkammer München hielt Prof. Dr. Gregor Kirchhof am 25. Oktober 2024 einen Vortrag zum Einfluss des Europarechts auf das nationale Steuerrecht. Die Europäische Union fordert – so Kirchhof – einerseits Steuerhoheiten, die sie nicht hat, und droht andererseits, bestehende steuerliche Kompetenzen zu vernachlässigen. Die Gesamtbilanz gehe zu Lasten der Freiheit. Die EU würde an Autorität gewinnen und den Raum der Freiheit weiten, wenn sie ihre Hoheiten klar in den Rechtsgrenzen wahrnehmen und neue Kompetenzen Vertragsänderungen vorbehalten würde. Zuvor diskutierte Kirchhof mit Prof. Dr. Heiner Flassbeck, dem Präsidenten der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Bayern Reinhold Vollbracht sowie den Vizepräsidenten des Steuerberaterkammer München Raimund Mader und Dr. Ferdinand Rüchardt über die Entwicklung der Staatsverschuldung.
Grundsteuer – Beitrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof im ARD-Magazin plusiminus │ Oktober 2024
Am 23. Oktober 2024 äußerte sich Prof. Dr. Gregor Kirchhof in der Sendung plusminus der ARD zur Grundsteuer. Kirchhof wies auf die verfassungsrechtlichen Brüche des Bundesmodells hin, die insbesondere durch die Bodenrichtwerte bewirkt werden. Diese Werte seien, wie es der Name bereits sagt, reine Richtwerte, die allgemein über eine Lage in einer bestimmten Region informieren. Für eine steuerliche Bewertung seien sie aber in vielen Fällen zu ungenau, wenn z.B. große Gartenflächen oder Überschwemmungsgebiete als Bauland ausgewiesen werden, obgleich dort keiner bauen darf. Die Zeit für die notwendigen Korrekturen drängt. Die neue Grundsteuer soll ab dem 1. Januar 2025 erhoben werden. Die elf Bundesländer, die bisher das Bundesmodell anwenden, sollten sich daher – so Kirchhof – umgehend für ein anderes Grundsteuermodell der Länder Bayern, Hamburg, Hessen oder Niedersachsen entscheiden und entsprechende Übergangsregeln in Kraft setzen. Der Wechsel wäre dann noch möglich, auch weil die notwendigen Daten erhoben sind und die (digitale) Anwendung des Rechts vorbereitet ist.
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(Siehe für die Äußerungen Kirchhofs die Minuten 4:50 und 5:38)
Paradigm Lost? Europe's Path in a New World – Keynote von Prof. Dr. Gregor Kirchhof auf der "pemacom" im Bayerischen Hof in München │ September 2024
Am 24. September hat Prof. Dr. Gregor Kirchhof die englischsprachige Keynote der diesjährigen „pemacom“ gehalten. Auf der jährlich im Bayerischen Hof in München stattfindenden Konferenz trafen sich in diesem Herbst rund 450 Experten aus den Bereichen „Private Equity“ und „Mergers and Acquisitions“ (siehe auch unten den Link). Unter dem Titel „Paradigm Lost? Europe’s Path in a New World“ fragte Gregor Kirchhof, wie sich die Welt in den letzten 20 Jahren verändert hat und welche Rolle die Europäische Union und Deutschland in der neuen Welt spielen sollten.
Europa müsse insbesondere in der Sicherheit, der Medizin, der Digitalisierung, der Energieversorgung und bei weiteren Rohstoffen unabhängiger von anderen Regionen der Welt werden und eine größere Eigenständigkeit entwickeln. Enge Kooperationen mit Regionen und Staaten außerhalb der EU sind notwendig. Zentrale Anliegen seien ein funktionierender Energiebinnenmarkt, der über die Grenzen der Union hinausgreifen sollte, eine Finanzunion, ein freiheitlicher Weg zur Treibhausgasneutralität und neue Freihandelsabkommen.
Insgesamt müsse sich die EU wieder stärker auf ihre Kernanliegen konzentrieren. Die historischen Meilensteine der Integration spenden hier Orientierung, die Versöhnung nach dem Krieg, der Frieden, der Binnenmarkt, der Schengenraum, der Euro und die Osterweiterung. Fügt man diese Steine wie ein Mosaik zu einem Bild zusammen, wird deutlich, dass die europäischen Organe nicht ein eigenes politisches Programm durchgesetzt haben. Vielmehr wurden die Staaten und die Freiheit gestärkt. Die europäische Integration musste sich nicht besonders erklären oder über ein sog. Narrativ nachdenken, weil sie unmittelbar erlebt wurde. Das Bild weist einen Weg in die Zukunft: Die Union erreicht Großes, wenn sie nicht gegen oder neben den Staaten und Menschen, sondern für diese zentralen Kraftquellen Europas arbeitet.
Hinzu tritt eine transzendente Ebene, eine göttliche oder andere überweltliche Kraft, eine die Rationalität übersteigende Humanität. Diese Ebene ist kaum fassbar, doch gehört sie zum Leben, nicht nur in einem möglichen Glauben, sondern auch in Emotionen, der Inspiration oder einer Intuition. Wir sollten nicht zulassen, dass diese Ebene an Kraft verliert, sondern uns stärker um sie kümmern.
Den Vortrag finden Sie unter diesem Link – ab Minute 10:00
https://share.vidyard.com/watch/CxP8oUKguoAs5ttKEMtNzu?
Recht und Politik – Begleitaufsatz zur Staatsrechtslehrertagung von Prof. Dr. Gregor Kirchhof│September 2024
Die Staatsrechtslehrertagung, die in diesem Jahr in Luzern stattfindet, hat u.a. dieses Thema gewählt: Die Verantwortung der Staatsrechtslehre im Spannungsfeld von Recht und Politik. Den Begleitaufsatz zu dieser Fragestellung hat Gregor Kirchhof geschrieben. Der Wahlspruch der Universität Augsburg bildet den Ausgangspunkt seiner Überlegungen: Wissen und Gewissen, oder genauer: Scientia et Conscientia.
Dieses neuzeitliche Begriffspaar erwartet von Staatsrechtslehre und Politik, die jeweils geltenden Regeln und Grenzen sorgsam zu wahren, die gefundenen Ergebnisse durch eine innere Instanz zu kontrollieren und der gemeinsamen Verantwortung für das Recht gerecht zu werden. Diese Verantwortung erfasst den Dialog von Wissenschaft und Praxis vor allem auf Grundlage der Dogmatik, die gewissenhafte Beratung der Politik, die besondere Verpflichtung der Politik auf das Recht, den Entscheidungsraum des Gesetzgebers und weitere Grenzen der Konstitutionalisierung. Der gegenwärtige strukturell unbegrenzte Anspruch des EuGH, ein Verfassungsgericht zu sein, verlässt allerdings seinen Rechtsprechungsauftrag und gefährdet die Integration. In einer Gesamtverantwortung für das Recht sollten Staatsrechtslehre und Politik zudem der zunehmenden Übernormierung und auch neodirigistischen Tendenzen begegnen, in denen sich die soziale in eine gelenkte Marktwirtschaft wandeln könnte.
Im Bereich des zukunftsleitenden Verfassungsrechts könnten die gängigen prospektiven Maßstäbe einer Verfassung, die der Politik dauerhafte Leitplanken setzen (Grundrechte, Strukturprinzipien, Organe), von den präskriptiven Vorgaben des Grundgesetzes, die den Gestaltungsraum der öffentlichen Hände bewusst verengen, unterschieden werden (Schutzpflichten, intertemporale Freiheitssicherung, Art. 20a, Europaverfassungsrecht, Schuldenbremse, Identitätsklausel). Zwar stößt vor allem die Präskription durch Richterrecht auf sieben grundlegende Grenzen. Doch ergänzt das Bundesverfassungsgericht den gegenwartsbezogenen Individualrechtsschutz sachgerecht. Seine Rechtsprechung zum Europaverfassungs- und Klimarecht kann in zwei bewusst engen Voraussetzungen verallgemeinert werden (feststehende Entwicklung, schwerwiegende intertemporale Folgen). Werden heute Weichen gestellt, die morgen erhebliche Rechtseingriffe bewirken oder verhindern, ist das Grundgesetz bereits jetzt zu achten.
G. Kirchhof, Verantwortung der Staatsrechtslehre im Spannungsfeld von Recht und Politik – dargestellt am Beispiel des in die Zukunft greifenden Verfassungsrechts, DVBl. 2024, S. 1071 ff.
Zukunftssicherndes Verfassungsrecht – Sammelband bei Mohr Siebeck erschienen│August 2024
Im Juli 2023 fand an der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg ein Symposium zum zukunftssichernden Verfassungsrecht statt. Im Mittelpunkt standen die Fragen, ob und wie grundgesetzliche Gewährleistungen in der Zeit wirken. Setzt die Verfassung der Gegenwart Vorgaben, um Grundlagen der modernen Staatlichkeit temporal zu sichern? Die Zukunft ist stets ungewiss und der demokratische Entscheidungsraum ist in der Gegenwart zu wahren. Ein grundgesetzlicher Schutz in der Zeit muss daher stets maßvoll sein. Dennoch scheint sich das Verfassungsrecht angesichts der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Europaverfassungsrecht, zum Klimaschutz und auch zu den Schutzpflichten gegenwärtig temporal fortzuentwickeln.
Im Bereich des zukunftsleitenden Verfassungsrechts könnten die gängigen prospektiven Maßstäbe einer Verfassung, die der Politik dauerhafte Leitplanken setzen (Grundrechte, Strukturprinzipien, Organe), von den präskriptiven Vorgaben des Grundgesetzes, die den Gestaltungsraum der öffentlichen Hände bewusst verengen, unterschieden werden (Schutzpflichten, intertemporale Freiheitssicherung, Art. 20a, Europaverfassungsrecht, Schuldenbremse, Identitätsklausel). Zwar stößt vor allem die Präskription durch Richterrecht auf sieben grundlegende Grenzen. Doch wird der gegenwartsbezogene Individualrechtsschutz in diesen Grenzen sachgerecht temporal ergänzt. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Europaverfassungs- und Klimarecht kann in zwei bewusst engen Voraussetzungen verallgemeinert werden (feststehende Entwicklung, schwerwiegende intertemporale Folgen). Werden heute Weichen gestellt, die morgen erhebliche Rechtseingriffe bewirken oder verhindern, ist das Grundgesetz bereits jetzt zu achten.
Nun ist der Sammelband erschienen, der das Symposium dokumentiert und mit den Zusammenfassungen der Diskussionen insgesamt Perspektiven von 14 Autorinnen und Autoren vereint. Neben den Herausgebern haben Prof. T. Barczak, BVerfRi. a.D. Prof. G. Britz, Prof. Chr. Calliess, Prof. J. Froese, Prof. Th. Kingreen, Prof. M. Nettesheim und Prof. K. Schmalenbach eigene Beiträge verfasst.
Siehe für den Band:
https://www.mohrsiebeck.com/buch/zukunftssicherndes-verfassungsrecht-9783161637032/
Wahlrecht, Bundesverfasungsgericht, Schutz der Demokratie – Beitrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof, im NJW-Editorial │ August 2024
Das Bundesverfassungsgericht hat über die umstrittene Wahlrechtsreform 2023 entschieden und sie in Teilen für verfassungswidrig erklärt (Urteil vom 20. Juli 2024 – 2 BvF 1/23 u.a.). Die Politik sollte nun ein neues verständlicheres Wahlrecht mit einer verfassungsändernden Mehrheit beschließen, so die Kontinuität und das Vertrauen in die Demokratie stärken und diese vor möglichen zukünftigen Übergriffen extremer Kräfte schützen.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Wechsel des Wahlsystems gebilligt, nach dem Sieger von Wahlkreisen nicht verlässlich in den Bundestag einziehen. Die Erststimme für die Abgeordneten wurde der Zweistimme für die Parteien untergeordnet. Doch werden gem. Art. 38 Abs. 1 GG ausdrücklich die Abgeordneten und nicht primär Parteien oder Fraktionen gewählt. Der Senat hat sodann das Verständnis der Fünf-Prozent-Klausel geschärft. Parteien, die weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten, ziehen nicht in den Bundestag ein. Der Ausschluss von kleinen Parteien schützt das Parlament vor einer Zersplitterung der politischen Kräfte. Dieser Schutz greift ins Leere, wenn zwei Parteien wie die CDU und CSU parallele Ziele verfolgen, eine Fraktion im Bundestag bilden und keine Wettbewerber sind. Die CSU, die nur in Bayern antritt, darf daher nicht an der Klausel, die sich auf das Bundesgebiet bezieht, scheitern. Deshalb gilt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Grundmandatsklausel, die der Bundestag abschaffen wollte, fort.
Es ist nun an der Politik, das verfassungswidrige Wahlsystem erneut zu korrigieren. Hierin liegt eine große Chance für die Demokratie, wenn vier Grundsatzfragen bedacht werden. Erstens sollte das Wahlrecht so vereinfacht werden, dass es allen Wählern leicht verständlich ist. Zweitens ist eine Wahlrechtsreform heikel, weil die Mehrheit im Bundestag in eigener Sache entscheidet und dabei ihre Macht bei kommenden Wahlen sichern will. Drittens kündigen unterschiedliche demokratische Kräfte an, das Wahlsystem erneut ändern zu wollen. Doch darf das System nicht zum Spielball der Mehrheiten und Legislaturen werden. Viertens will man sich nicht vorstellen, dass in Zukunft extreme Kräfte mit einfacher Mehrheit das Wahlrecht zu ihren Gunsten ändern können.
Die Demokratie kennt einen Mechanismus, der das Wahlsystem schützt, dessen Kontinuität sichert, das Vertrauen der Wähler in das Parlament festigt und heiklen Entscheidungen in eigener Sache begegnet. Der Bundestag sollte in einem breiten demokratischen Konsens mit einer Zweidrittelmehrheit ein neues Wahlrecht beschließen. Gleichzeitig ist das Grundgesetz zu ändern, damit jede neue Wahlrechtsänderung dieser Mehrheit bedarf. Das schuldet das Parlament der Demokratie.
Den Text von Prof. Kirchhof finden Sie hier:
https://rsw.beck.de/aktuell/daily/magazin/detail/schutz-der-demokratie?bifo=port
Das steuerliche Demokratiedefizit beheben – Beitrag in der FAZ von Prof. Dr. Gregor Kirchhof, Gedicht als Reaktion │ Juli 2024
Die Gesamtsteuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden sind in den letzten zehn Jahren von rund 600 auf 900 Mrd. Euro gestiegen. Bald werden sie das Rekordhoch von 1.000 Mrd. Euro erreichen. Der Politik steht so viel Geld wie noch nie zur Verfügung. Dennoch hat Deutschland ein Finanzproblem. Dieses Problem wurzelt im deutschen Vielsteuersystem und in der Trennung der Steuergesetzgebung vom Steuerertrag: no taxation without representation.
Das demokratische Uranliegen wurde durch die nordamerikanische Unabhängigkeitsbewegung und die Boston Tea Party im Dezember 1773 zu einem weltweit wirksamen Demokratieprinzip. Hiernach dürfen nur Parlamente Steuern erheben. Das Prinzip kann auch gespiegelt werden: no representation without taxation. Ein Parlament bedarf einer frei verfügbaren Finanzkraft und daher einer einsetzbaren Steuerquelle, um gestalten und das Volk angemessen repräsentieren zu können. Geld ist Macht. Ohne hinreichende Mittel kann die öffentliche Hand die gegenwärtigen Herausforderungen der Sicherheit, des Klimawandels, der Digitalisierung, der Demographie und auch der Abhängigkeit von anderen Staaten nicht meistern.
In Deutschland werden rund 40 verschiedene Steuern erhoben. In dem Gewirr steuerlicher Belastungsgründe und Ertragswirkungen ist nicht erkennbar, wie sich der Staat durch welche Steuern finanzieren will und wer welchen Anteil der Gesamtsteuerlast tragen soll. Die fünf ertragreichsten Steuern – die Einkommen-, Umsatz-, Gewerbe-, Körperschaft- und Energiesteuer – bringen der öffentlichen Hand insgesamt 86 Prozent der Einnahmen. Zu den Top Ten der Steuerquellen, die rund 95 Prozent der Gesamteinnahmen erzielen, gehören zudem die Versicherungs-, Grund-, Tabak- und Grunderwerbsteuer sowie der Solidaritätszuschlag. Diese fünf Abgaben erfüllen aber ihren Auftrag, den Staat zu finanzieren, kaum. Sie steuern jeweils nur 1,3 bis 1,8 Prozent zu den Gesamteinnahmen bei. Die zwanzig Steuern mit den geringsten Einnahmen führen nicht einmal zu einem Prozent, die ertragsschwächsten Zehn nur zu 0,1 Prozent der Erträge. Das Vielsteuersystem lohnt nicht und ist bereits deshalb zu reformieren.
Auch das Fazit für die parlamentarische Demokratie ist ernüchternd: Weder der Bundestag noch die Landesparlamente haben eine verlässliche Steuerquelle, die sie eigenständig nutzen können und deren Ertrag ihre Politik in einer Verbindung zu den Wählern demokratisch ermöglicht und absichert. Zugleich sorgt die Steuervielfalt für Bürokratie. Ein Befreiungsschlag wäre nötig und möglich.
Den Beitrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof finden Sie hier:
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/das-steuerliche-demokratiedefizit-beheben-19886441.html
Ein Gedicht, das daraufhin Dr. Jürgen Schwarz verfasst und der FAZ gesandt hat, ist unter diesem Link abrufbar:
https://megastore.rz.uni-augsburg.de/get/7hY6tEfPsZ/
Digital aus dem Dschungel – Appell zur grundlegenden Vereinfachung und Digitalisierung des Steuerrecht von Prof. Dr. Gregor Kirchhof im FOCUS│ Juli 2024
Vor wenigen Tagen haben zwei Kommissionen Vereinfachungen des Steuerrechts vorgeschlagen, die alle Beteiligten entlasten würden. Die empfohlenen Maßnahmen könnte die Politik zeitnah umsetzen. Doch betonen die Kommissionen, dass so nur Zwischenetappen erreicht würden. An diese Befunde knüpft Prof. Dr. Gregor Kirchhof in einem Beitrag im FOCUS an. Die Digitalisierung bietet die Chance, die Steuerpflichtigen umfassend zu entlasten und gleichzeitig die Steuereinnahmen zu sichern. Andere Länder haben diese Chance bereits vor einigen Jahren genutzt. Das Steuerrecht wurde grundlegend vereinfacht und der Steuervollzug umfassend automatisiert. Zudem spielen die Staaten mit offenen Karten. In vollständig vorausgefüllten Steuererklärungen stellen sie alle Informationen zur Verfügung, die sie haben oder ermitteln können. Die Steuerpflichtigen müssen die Erklärungen nur noch prüfen. Werden keine Änderungen beantragt, reicht in Schweden eine SMS oder in Finnland das Schweigen, um die Erklärung abzugeben. In Estland konnten die Steuerbehörden so 36 Prozent ihres Personals einsparen. Im Jahr 2015 wurden in Norwegen 83 Prozent der vorausgefüllten Steuererklärungen nicht geändert. Sieben Erwägungen drängen Deutschland, diesen Beispielen zeitnah zu folgen und das Steuerrecht umfassend zu vereinfachen und zu digitalisieren.
Den Beitrag finden Sie hier:
https://www.pressreader.com/germany/focus-magazin-9BR1/20240726/282248080813298
Freiburg–Augsburger Gespräche zur Nachhaltigkeit – Online-Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof│ Juni 2024
Die Freiburg–Augsburger Gespräche zur Nachhaltigkeit sind eine interdisziplinäre Vortragsreihe, in der Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft ihre Sicht auf verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit vorstellen. Die Gespräche werden online durchgeführt und wurden von Prof. Dr. Wolfgang Kessler (Freiburg), Prof. Dr. Robert Ullmann (Augsburg) und Prof. Dr. Marcus Bravidor (Freiburg) ins Leben gerufen. Nach der Auftaktveranstaltung mit Prof. Dr. Dr. h.c. Lars Feld im April 2024 hielt Prof. Dr. Gregor Kirchhof am 18. Juni 2024 den zweiten Vortrag der Reihe zum Thema „Nachhaltige Gesetzgebung – verfassungsrechtliche Überlegungen“.
Die Klagen über die Flüchtigkeit des Rechts und die Normenflut sind so alt wie das Gesetzesrecht selbst. Doch scheint die Kritik angesichts des heutigen Zustandes der deutschen und europäischen Rechtsordnung eine neue Berechtigung gewonnen zu haben. Zu den unterschiedlichen und oft veränderten Detailvorgaben des sog. Green Deal traten jüngst – um nur zwei weitere Beispiele zu nennen – die kaum zu überblickenden Regeln der europäischen Lieferkettenrichtlinie und des sog. KI-Gesetzes. Es ist äußerst zweifelhaft, ob diese Feinregulierungen ihre selbst gesetzten Ziele erreichen werden. Doch muss die öffentliche Hand gegenwärtig langfristige Aufträge erfüllen, wenn die Sicherheit, der Klimaschutz, die Energieversorgung, die Digitalisierung und weitere Infrastrukturen zu gewährleisten sind oder auch der demografischen Entwicklung insbesondere in den Sozialsystemen und bei den Fachkräften angemessen zu begegnen ist. So stellt sich die Frage, wie eine nachhaltigere Gesetzgebung in Deutschland und Europa besser gelingen kann. Welche prospektive Rolle obliegt den Grundrechten, wenn in den genannten Feldern eine Gleichheit in der Zeit eingefordert wird und das Bundesverfassungsgericht in seinem berühmten Klimabeschluss eine neue intertemporale Freiheitssicherung entwickelt hat?
Weitere Informationen finden Sie hier:
https://www.zbl.uni-freiburg.de/gespraeche-zur-nachhaltigkeit
Dies academicus der Universität Augsburg │ Mai 2024
Am Freitag, 17. Mai 2024, fand die Akademische Jahresfeier der Universität Augsburg im großen Hörsaal der Juristischen Fakultät statt. In Vertretung von Vizepräsident Prof. Dr. Peter Welzel leitete Prof. Dr. Gregor Kirchhof nach einem Grußwort die Veranstaltung in seiner Funktion als Dekan der gastgebenden Fakultät.
Weitere Informationen finden Sie hier:
https://www.uni-augsburg.de/de/campusleben/neuigkeiten/2024/05/06/dies-academicus-2024/
Seminar in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen │ April/Mai 2024
Im April fand ein Seminar zu Grundsatzfragen des Steuerrecht in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Finanzen und für Heimat statt. Nach einer Begrüßung durch Herrn MDirg. Rossmeisl diskutierten die Studierenden aktuelle Rechtsfragen mit den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums, des Lehrstuhls und mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof. Das Seminar wurde in Räumen der Universität Augsburg und des Ministeriums in München durchgeführt.
Professor Dr. Gregor Kirchhof wird zum Senator h.c. des Europäischen Wirtschaftssenats berufen │ April 2024
Zusammen mit Maximilian Schoeberl, dem Leiter Konzernkommunikation und Politik der BMW Group, wurde Prof. Dr. Gregor Kirchhof im April 2024 zum Senator h. c. des Europäischen Wirtschaftssenat e.V. berufen.
Weitere Informationen finden Sie hier:
https://www.eu-wirtschaftssenat.eu/
Der offene Staat in der Krise - Kolloquium anlässlich des 70. Geburtstags von Udo Di Fabio │ April 2024
Am 26. und 27. April 2024 fand unter der Leitung von Prof. Dr. Frank Schorkopf und Prof. Dr. Gregor Kirchhof ein interdisziplinäres Kolloquium anlässlich des 70. Geburtstags von BVerfRi. a.D. Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio statt. Über den offenen Staat in der Krise diskutierten mit den rund 80 Teilnehmern, Generalanwältin am EuGH Prof. Dr. Dres. h.c. Juliane Kokott, der Vorsitzende der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Prof. Dr. Martin Nettesheim, Mitglied des Bundestages Dr. Norbert Röttgen, Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld, Prof. Dr. Andreas Rödder und Prof. Dr. Clemens Albrecht. Das Programm finden Sie hier:
Der offene Staat in der Krise – Kolloquium anlässlich des 70. Geburtstags von Udo Di Fabio
Steuern im föderalen System - Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof auf dem ZDH-Steuerforum 2024 in Berlin │ April 2024
Auf dem Steuerforum des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks hielt der Bayerische Staatsminister für Finanzen und für Heimat, Albert Füracker, das Auftakt Referat am 25. April in Berlin. Ebenfalls zum Thema „Steuern im föderalen System“ sprach sodann Prof. Dr. Gregor Kirchhof vor den rund 150 Teilnehmern. Unter der Leitung von Dr. Inga Michler wurden beide Impulse anschließend mit MD Dr. Nils Weith (Leiter der Steuerabteilung im BMF), MdB Sebastian Brehm, MdB Michael Schrodi und MdB Katharina Beck diskutiert.
Fehlt Europa die Energie für eine vitale Zukunft - Beitrag in der FAZ │ April 2024
Am 18. April ist in der FAZ ein Beitrag zur Zukunft der Energieversorgung in Deutschland und Europa erschienen. Katharina Albath, Jürgen F. Kammer, Stefan Kooths, Dorothea Mund, Sven Simon, Niklaus von Taysen und Gregor Kirchhof heben zunächst hervor, dass der Klimawandel ein weltweites Problem ist. Europa muss daher auf energiepolitische Strategien setzen, die – anders als weite Teile des Green Deal – über die europäischen Grenzen hinaus wirken können. Große Hoffnungen ruhen daher auf dem Emissionshandel. Der Preis für Emissionen würde steigen und klimafreundliche Investitionen würden sich im gleichen Maße zunehmend lohnen. Dabei sind die sozialen und wirtschaftlichen Folgen zu beobachten und ggf. auszugleichen. Ein wirksamer Emissionshandel vermag die gewählte kleinteilige europäische Regulierung zu ersetzen. So bietet er die Chance, die Menschen und Unternehmen von diesen bleiernen Gewichten zu befreien, die notwendigen Innovationen zu befördern und weitere Staaten für diese freiheitliche, soziale und damit europäische Lösung zu gewinnen. Der Emissionshandel wird das drängende Problem einer klimafreundlichen, verlässlichen und erschwinglichen Energieversorgung aber nicht lösen. Ohnehin sind die Bedingungen für eine treibhausgasneutrale Energiegewinnung in vielen Regionen besser als in der Europäischen Union. Die Union ist daher auf strategische Partnerschaften angewiesen und muss sich um diese bemühen. Innerhalb der Union ist der europäische Energiebinnenmarkt zeitnah zu vollenden. Die nötige Infrastruktur muss zügig ausgebaut werden. Der Energiebinnenmarkt sollte dabei Regionen, die außerhalb der Europäischen Union liegen, integrieren. Er wäre der erste Binnenmarkt, der über die Unionsgrenzen hinausreicht. Freihandelszonen im Energiesektor und in weiteren Bereichen würden hinzutreten – verbunden mit dem von den G7 gegründeten internationalen Klimaclub.
FAZ, Donnerstag, 18. April 2024, Nr. 91, S. 6.
Beitrag zur Privatisierung in Kahl/Ludwigs, Handbuch des Verwaltungsrechts, Band VI │ April 2024
Im sechsten Band des von Wolfgang Kahl und Markus Ludwigs herausgegebenen Handbuch des Verwaltungsrechts ist ein Beitrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof zur Privatisierung erschienen.
G. Kirchhof, Privatisierung: Begriff, Typologie, Rechtsfolgen – Aufgaben- und Organisationsprivatisierung, HVwR VI, 2024, § 168.
Kommentierung der Schuldenbremse und weiterer Artikel der Finanzverfassung im Huber/Voßkuhle - Kommentar zum Grundgesetz│ April 2024
Im April 2024 ist der Huber/Voßkuhle, Kommentar zum Grundgesetz (vormals v. Mangoldt/Klein/Starck) in der nunmehr achten Auflage erschienen. Prof. Dr. Gregor Kirchhof überarbeitete die Kommentierungen des Art. 109 GG [Haushaltswirtschaft in Bund und Ländern, Schuldenregel], des Art. 109a GG [Vermeidung von Haushaltsnotlagen] und des Art. 143d GG [Übergangsregelungen, Konsolidierungshilfen].
G. Kirchhof, in: Huber/Voßkuhle, Grundgesetz. Kommentar, 8. Auflage 2024, Art. 109, 109a, 143d.
Reform der Europäischen Verträge – Prof. Dr. Gregor Kirchhof bei der Anhörung des Ausschusses für konstitutionelle Fragen
des Europäischen Parlaments │ März 2024
Europäisches Parlament
Am 20. März 2024 war Prof. Gregor Kirchhof auf Einladung des Ausschusses für konstitutionelle Fragen des Europäischen Parlaments in Brüssel. Im Vordergrund standen dabei die möglichen Reformen der Europäischen Verträge und die entsprechenden Vorschläge des Europäischen Parlaments. Prof. Kirchhof betonte, dass die Europäische Union drei Kraftquellen habe, die wieder besser zu pflegen seien: die Europäischen Organe, die Mitgliedstaaten und vor allem die Menschen. Diesen Ausgangspunkt suchte er, in sieben Folgerungen für mögliche Vertragsänderungen zu konkretisieren. Die Europäische Union sei – so sein abschließender Befund – wieder stärker aus der Perspektive der Mitgliedstaaten und Menschen zu denken. Die Menschen erwarten vor allem drei Dinge von der Union, weniger Bürokratie, besseres Recht und ein größeres Freiheitsvertrauen. Wenn sich die europäischen sowie nationalen öffentlichen Hände und die Menschen nicht behindern, sondern an einem Strang ziehen, können Berge versetzt werden. Zudem sollten zentrale gemeinsame Anliegen wie die europäische Sicherheit oder eine Energieunion wieder stärker in den Vordergrund gerückt werden. Wenn zudem die drei Kraftquellen der Union sichtbar gepflegt werden, kann auch eine Vertragsreform gelingen, zu mehr innerer Einheit führen und ein neues europäisches Kapitel aufschlagen.
Weitere Informationen finden Sie hier:
Vom Binnenmarkt zur Steuerhoheit? – Zum Einfluss des Europarechts auf das nationale Steuerrecht.
Vortrag Prof. Dr. Gregor Kirchhof im Bundesfinanzhof │ März 2024
Bild: Bundesfinanzhof
Auf dem Achten Steuerwissenschaftlichen Symposium im Bundesfinanzhof hat Prof. Dr. Gregor Kirchhof den Eröffnungsvortrag zu folgendem Thema gehalten: „Vom Binnenmarkt zur Steuerhoheit? – Zum Einfluss des Europarechts auf das nationale Steuerrecht.“ Die Europäische Union fordere – so Kirchhof – einerseits Steuerhoheiten, die sie nicht hat, und drohe andererseits, bestehende steuerliche Kompetenzen zu vernachlässigen. Sie würde an Autorität und Überzeugungskraft gewinnen, wenn sie ihre Hoheiten strikt in den Rechtsgrenzen wahrnehmen und neue Kompetenzen Vertragsänderungen vorbehalten würde.
Obwohl der Europäischen Union die entsprechenden Kompetenzen nicht zustehen, fordert sie seit langem eigene Steuereinnahmen. Auch der Anspruch des EuGH, Verfassungsgericht zu sein, und die zu weiten Maßstäbe der steuerlichen Beihilfen- und Grundfreiheitskontrolle greifen über das Europarecht hinaus. Gleiches gilt für die zuweilen fehlende Rücksicht auf Entscheidungsräume der Mitgliedstaaten. Doch sind hinsichtlich der genannten Maßstäbe und Entscheidungsräume Rechtsprechungstendenzen des Luxemburger Gerichts auszumachen, die rechtlichen Vorgaben sachgerecht zurückzunehmen. Diese Rechtsprechung ist aber klarer zu fassen und zu verallgemeinern.
Die Europäische Union vernachlässigt gegenwärtig steuerliche Hoheiten, die ihr zugewiesen wurden, wenn der EuGH und die Kommission in der Kontrolle des Beihilfenverbotes und der Grundfreiheiten aufgrund der zu weiten Maßstäbe überfordert werden. Auch droht die aktuelle Reform der Verfahrensordnung des EuGH bestehende Hoheiten zu schwächen, wenn steuerliche Frage dem Gericht Erster Instanz ohne eine langfristige Spezialisierung zugewiesen werden.
Europa, was sonst? – Freiheitsvertrauen: Beitrag zur Zukunft der Europäischen Union im aktuellen Heft der Zeitschrift politicus
von Prof. Dr. Gregor Kirchhof │ März 2024
In einem Beitrag im aktuellen Heft der Zeitschrift politicus der Hanns-Seidel-Stiftung schreibt Prof. Dr. G. Kirchhof über die Zukunft der Europäischen Union. Die gegenwärtige Zeitenwende betrifft zahlreiche Bereiche und greift ersichtlich über das zentrale Anliegen, die Sicherheit zu gewährleisten, hinaus (Digitalisierung, Migration, demographische Wende, Klimawandel). Diese und weitere Herausforderungen bieten auch Chancen. Die Europäische Union wird gestärkt aus der Wendezeit hervorgehen, wenn sie ihre Paradigmen wieder stärker durchsetzt. Wichtige Entwicklungen schreiten gerade dadurch voran, dass Menschen ins Unbekannte und Unvorhergesehene aufbrechen. Wenn Europa und der Westen im wirtschaftlichen sowie kulturellen Wettbewerb bestehen wollen, sollten sie auf ihre eigenen, auf die westlichen Werte setzen. Das sind nicht Pläne und vorgezeichnete Wege, sondern die moderne soziale Staatlichkeit, Rechtsstaat und Demokratie, die europäische Integration mit ihren überstaatlichen Strukturen und Freiheiten sowie das zentrale Freiheitsvertrauen. Die größte Energie Europas ruht in den Menschen.
Das aktuelle Heft der Zeitschrift politicus mit dem Beitrag von Prof. G. Kirchhof finden Sie hier:
https://www.hss.de/publikationen/
Das Vertrauen in die Demokratie ist in Gefahr – die aktuelle Reform des Wahlrechts verletzt das Grundgesetz – Beitrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof in der FAZ │ März 2024
Der Bundestag hat im März letzten Jahres sein Wahlrecht grundlegend geändert und das Land so in ein Dilemma geführt. Das notwendige Vertrauen in die Demokratie ist in Gefahr. Das Bundesverfassungsgericht wird zeitnah über das neue Wahlrecht entscheiden. Folgt das Gericht den verfassungsrechtlichen Einwänden, wird die Entscheidung des Bundestags aufgehoben. Das Parlament hätte dann in einem zentralen Beschluss über die eigene Legitimation die Verfassung verletzt und so die Menschen enttäuscht. Bliebe das Wahlrecht in Kraft und würden die Wähler nach dem neuen Recht wählen, wäre das Vertrauen in die Demokratie ebenfalls erheblich beschädigt. Wie gewohnt würden zwei Stimmen abgegeben. Doch das Ergebnis könnte bei einem nur leicht veränderten Wahlverhalten aufgrund von zwei Neuerungen ein gänzlich anderes sein. Erstens bliebe Kandidaten der Einzug in den Bundestag versagt, obwohl sie Sieger des Wahlkreises sind. Zweitens wäre die CSU nicht mehr im Bundestag vertreten, auch wenn sie die Wahlen in Bayern mit deutlicher Mehrheit gewinnt, aber nicht fünf Prozent der Stimmen des gesamten Bundesgebietes erreicht. Die Repräsentation dieses Landes im Bundestag würde verfehlt. Der Wegfall der Grundmandatsklausel kann auch andere Parteien in besonderer Weise treffen. Die Wähler würden durch beide Neuerungen grundlegend getäuscht und enttäuscht.
Der Bundestag hat ein Wahlrecht beschlossen, das das Grundgesetz verletzt, die Wähler in einer Erststimme, die nicht zum Zuge kommen kann, täuscht und das nach den Ankündigungen der Parteien in naher Zukunft wieder geändert werden soll. Kontinuität und Vertrauenswürdigkeit beansprucht und vermittelt dieses Recht von vornherein nicht. Die Stabilität des Wahlsystems ist in Gefahr. Der Bundestag sollte daher nicht das Verfahren in Karlsruhe abwarten, sondern zeitnah eine Novelle des Wahlgesetzes mit einer Zweidrittelmehrheit beschließen. Das ist das Quorum, das in der heiklen Entscheidung in eigener Sache angemessen ist. Die breite Mehrheit wäre zudem für eine Grundgesetzänderung zu nutzen, nach der das Wahlrecht künftig nur mit einer Zweidrittelmehrheit geändert werden kann. Die Kontinuität des Wahlsystems und das Vertrauen der Menschen wären gesichert. Das schuldet das Parlament der Demokratie.
G. Kirchhof, Das Vertrauen in die Demokratie ist in Gefahr, FAZ, 7.3.2024, Nr. 57, S. 7.
Dein Beitrag finden Sie auch in der FAZ.NET:
https://www.faz.net/aktuell/das-vertrauen-in-die-demokratie-ist-in-gefahr-19568185.html
Die normative Kraft der Gesellschaft – Zum Selbstverständnis der EU in den gegenwärtigen Wendezeiten – Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof in Wien │ Februar 2024
Am 8. Februar 2024 hat Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag im Wien zur normativen Kraft der Gesellschaft und zum Selbstverständnis der EU in den gegenwärtigen Wendezeiten gehalten. Aktuell verdichtet sich – so Kirchhof – der Eindruck einer tieferen Zäsur in der Entwicklung der europäischen Integration und der internationalen Beziehungen. Daher soll das Selbstverständnis der Europäischen Union und ihrer historischen Meilensteine untersucht werden. Diese Meilensteine fügen sich wie ein Mosaik zu einem Bild der Union zusammen, dem der Vortrag unter anderem am Beispiel der nationalen und europäischen Verschuldung nachzuspüren suchte.
Weitere Informationen finden Sie hier:
Der Solidaritätszuschlag ist verfassungswidrig – Beitrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof in der Zeitschrift DER BETRIEB │ Februar 2024
Der Solidaritätszuschlag missachtet jedenfalls seit seiner grundlegenden Reform im Jahr 2021 die Verfassung. Zu diesem Ergebnis gelangt Prof. Dr. Gregor Kirchhof in einem gerade veröffentlichten Beitrag für die Zeitschrift DER BETRIEB. Die Wiedervereinigung ist nach dem aktuellen Bericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit finanziert. Sie kann daher eine Ergänzungsabgabe i.S.d. Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG nicht mehr rechtfertigen. Seit dem Jahr 2021 ist der Zuschlag zudem kein solidarisches Finanzinstrument mehr, weil er die Gemeinschaft in wenige Helfende und in eine große Mehrheit von Menschen teilt, die von der finanziellen Solidargemeinschaft gesetzlich ausgeschlossen werden. Wer in dieser Trennung der Gesellschaft noch heute die „Vollendung der Einheit Deutschlands“ finanzieren will, geht in einem doppelten Sinne von einer Teilung des Landes aus, die so nicht besteht. Einen Ausschnitt aus dem Text finden Sie hier:
Kirchhof, Der Solidaritätszuschlag 1995/2021 verletzt das Grundgesetz, DB 2024, S. 410 ff.
Aktivrente - wie geht es nach dem Arbeitsleben weiter? Beitrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof in der Forschungsbeilage der Augsburger Allgemeinen │ Februar 2024
Wenn das Erwerbs- oder Familienleben endet, beginnt für viele Menschen ein neuer Lebensabschnitt. Die einen freuen sich auf den wohlverdienten Ruhestand. Andere machen sich mehr Sorgen über die negativen Folgen, die der Film Pappa ante portas bereits vor mehr als dreißig Jahren karikierte. In dieser neuen Lebensphase setzt die sog. Aktivrente, die gegenwärtig von Politikern vorgeschlagen wird, einen besonderen Anreiz. Über diese Idee und über die Zukunft der Sozialsysteme hat Prof. Dr. Gregor Kirchhof in jüngerer Zeit eine Monografie, Aufsätze und ein Gutachten verfasst. In einem Beitrag für die Augsburger Allgemeine fasst er zentrale Überlegungen dieser Forschung zusammen.
Den gesamten Beitrag finden Sie hier:
Augsburger Allgemeine, Wissenschaft und Forschung, Ausgabe 22, Feb. 2024
Schuldenbremse – wahren statt reformieren! Das fordert Prof. Dr. Gregor Kirchhof in einem Internet-Beitrag │ Februar 2024
In einem Text für den "ÖkonomenBlog" der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft fordert Prof. Dr. Gregor Kirchhof, an der Schuldenbremse festzuhalten! Diese wurde vor rund fünf Jahren von Bundestag und Bundesrat jeweils mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit in das Grundgesetz aufgenommen. Die breiten Überzeugungen, die damals die Politik geleitet haben, sind heute wieder in Erinnerung zu rufen. Hohe Staatsschulden schlagen sich – so die Begründung des Entwurfs des verfassungsändernden Gesetzes – „dauerhaft in der Verengung staatlicher Handlungsmöglichkeiten sowie in Wachstums- und Beschäftigungsverlusten nieder.“ Öffentliche Kredite rechnen sich strukturell nicht. In den Jahren 1950 bis 2008, also in der Zeit vor der Niedrigzinsphase, hat Deutschland rund 1.600 Mrd. Euro an Krediten aufgenommen und etwa 1.500 Mrd. Euro für Zinsen ausgegeben. Der Staat hat letztlich kaum Finanzkraft gewonnen, aber die Gegenwart und die Zukunft mit erheblichen Zins- und Rückzahlungspflichten belastet. Diese Schuldenpolitik war gegenwarts- und zukunftsvergessen. Die Schuldenbremse und das europäische Stabilitätsrecht schützen die Freiheit, die Wirtschaftskraft und die Handlungsfähigkeit des Staates sowie der Europäischen Union. Diese Institutionen sind gerade in Zeiten der Krise von großer Bedeutung. Die Staatsverschuldung zu begrenzen, bedeutet auch, die nächste Generation zu schützen. Dieser wurden bereits zu hohe Lasten aufgebürdet - in den Tilgungs- und Zinspflichten, im Sicherheitsanliegen, im Klimawandel, in den Fragen nach Flucht und Vertreibung, der demographischen Entwicklung insbesondere in den Sozialsystemen und in erneuerungsbedürftigen Infrastrukturen. Der bereits schwer belasteten Zukunft sind keine weiteren Schulden zuzumuten. Es bedarf eines Umdenkens der Regierungen auf nationaler und europäischer Ebene.
Den gesamten Beitrag finden Sie hier:
Grundsteuer und Grundgesetz – Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof beim 20. Finanzgerichtstag │ Januar 2024
Auf dem 20. Finanzgerichtstag in Köln hielt Prof. Dr. Gregor Kirchhof am 22. Januar 2024 einen Vortrag zur „Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer“. Das Grundsteuergesetz des Bundes, das in elf Bundesländern gilt, sowie das Modell Baden-Württembergs sind hiernach verfassungswidrig. In jüngerer Zeit hat insbesondere das Finanzgericht Rheinland-Pfalz ganz vergleichbar grundsteuerliche Grundgesetzverletzungen ausführlich begründet (23.11.23 – 4 V 1295/23 & 1429/23).
Seit der Leitentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum alten Grundsteuergesetz aus dem Jahr 2018 wird die Abgabe breit diskutiert. Wir haben – so Kirchhof – viel über die Grundsteuer und die Bodenrichtwerte, die manchem Modell zugrunde liegen, gelernt. Auch deshalb sollten die zuständigen Gesetzgeber die Grundsteuergesetze nochmals nachdrücklich prüfen, bevor sie 2025 in Kraft treten. Insbesondere im steuerlichen Massenverfahren sind verfassungsrechtliche Zweifel zu vermeiden. Bereits die Rechtsunsicherheiten und der entstehende Handlungsbedarf für alle Steuerbetroffenen – die Steuerpflichtigen, die Steuerberater, die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte – sind kaum zumutbar. Die Bundesländer, die bisher das Bundesmodell anwenden, könnten sich noch in diesem Jahr für ein grundgesetzkonformes Grundsteuergesetz z.B. der Länder Bayern, Hamburg, Hessen oder Niedersachsen entscheiden. Der Wechsel wäre vergleichsweise einfach möglich, da die notwendigen Daten erhoben wurden und die umfassende digitale Anwendung des Rechts vorbereitet wird.
Kirchhof wünschte den Finanzrichtern, die über Grundsteuergesetze entscheiden müssen, eine glückliche Hand. Um die Rechtssicherheit zu gewährleisten wäre es wünschenswert, wenn das Bundesverfassungsgericht zeitnah über einen möglichen Verfassungsbruch entscheiden würde. Allerdings erschwert das Karlsruher Gericht den Weg zum eigenen Haus, wenn es zu hohe Begründungserfordernisse verlangt. Die Überlastung der Karlsruher Richter ist ein schwerwiegendes Problem, das aber nicht durch die Belastung der Rechtssuchenden zu lösen ist. Letztlich sind das Steuerrecht und das Verfassungsprozessrecht zu entbürokratisieren. In beiden Bereichen sind Befreiungsschläge notwendig.
Die Schuldenbremse schützt die Handlungsfähigkeit des Staates – Prof. Dr. Gregor Kirchhof bei der Anhörung des Haushaltsausschusses des Bundestages │ Januar 2024
Prof. Dr. Gregor Kirchhof hat am 11. Januar 2024 an der Anhörung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes teilgenommen. Ein Schwerpunkt seiner Stellungnahme und der Diskussion war die Frage, ob die Naturkatastrophe im Ahrtal aus dem Jahr 2021 gegenwärtig Bundeskredite von bis zu 2,7 Mrd. Euro rechtfertigen kann. Diese Kredite erlaubt – so Kirchhof – die Schuldenbremse nicht. Der Betrag entspricht rund 0,6 Prozent des Bundeshaushalts und beeinträchtigt die Finanzlage des Bundes daher ersichtlich nicht erheblich (Art. 115 Abs. 2 S. 6 GG). Ohnehin würde die grundgesetzliche Pflicht, Kredite in angemessener Zeit zurückzuführen (Art. 115 Abs. 2 S. 8 GG), bei solchen Bagatellschulden zu einer umgehenden Tilgung führen.
In den gegenwärtigen Krisenzeiten werden staatliche Kredite zuweilen als geeignetes und notwendiges Instrument verstanden, die öffentliche Hand zu finanzieren. Diese Befunde sind oft mit der Annahme verbunden, dass Staatsschulden nicht zurückgezahlt werden müssen. Darlehen sind aber keine Schenkungen mit Zinspflicht. Ohnehin schieben Art. 109 Abs. 3 und Art. 115 Abs. 2 GG dieser Diskussion einen rechtsverbindlichen Riegel vor. Staatsschulden sind zeitnah zu tilgen. Der hohe Schuldenstand und die damit verbundene Abhängigkeit vom Finanzmarkt dürfen langfristig nicht weiter steigen. Nimmt die öffentliche Hand heute Kredite auf, muss sie morgen Steuergelder einsetzen, um die Schulden und Zinsen zu begleichen. Der nächsten Generation sind keine weiteren Lasten aufzubürden, sondern Freiräume zu schaffen.
Insgesamt rechnen sich Staatskredite nicht. Der Bund gibt derzeit rund 40 Mrd. Euro und damit circa neun Prozent seines Haushalts für Zinszahlungen aus. Die Wähler stellen die berechtigte Frage, warum diese Mittel dem Finanzmarkt und nicht einer nachhaltigen Politik zugutekommen. In den Jahren 1950 bis 2008, also vor der Niedrigzinsphase, hat Deutschland rund 1.600 Mrd. Euro an Krediten aufgenommen und etwa 1.500 Mrd. Euro für Zinsen ausgegeben. Angesichts der gegenwärtigen Zinslasten ist die Entwicklung wieder vergleichbar. Der Staat gewinnt durch Schulden letztlich kaum Finanzkraft, belastet die Gegenwart und die Zukunft aber mit erheblichen Zins- und Rückzahlungspflichten.
Zu den erheblichen expliziten Staatsschulden von aktuell rund 2.500 Mrd. Euro treten gegenwärtig die deutlich höheren impliziten Staatsschulden, die auf zukünftige Leistungen in den umlagefinanzierten Sozialversicherungen und auf Versorgungsansprüche zurückzuführen sind. Auch angesichts dieses Schuldenstandes bedarf es der Schuldenbremse und des europäischen Stabilitätsrechts. Dieses Recht schützt die Handlungsfähigkeit des Staates und der Europäischen Union, die gerade in der gegenwärtigen Zeitenwende unerlässlich ist.
G. Kirchhof, Die Schuldenbremse schützt die Handlungsfähigkeit des Staates – öffentliche Kredite rechnen sich strukturell nicht, Stellungnahme für die öffentliche Anhörung am 11.1.2024 des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages.
Die Stellungnahme finden Sie hier:
Schuldenbremse, Grundsatzentscheidung des BVerfG – Aufsatz von Prof. Dr. Gregor Kirchhof in der NJW │ Dezember 2023
In der letzten Ausgabe der NJW des Jahres 2023 hat Prof. Dr. Gregor Kirchhof einen Aufsatz mit dem Titel „Die Schuldenbremse – eine Haushaltskrise als Chance in der Zeitwende“ veröffentlicht. Der Beitrag befasst sich zunächst mit der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom November 2023, in der das Gericht die Schuldenbremse des Grundgesetzes in vier Kernaussagen gestärkt hat. Erstens wird der Veranlassungszusammenhang zwischen dem außergewöhnlichen Ereignis, das die Kreditaufnahme rechtfertigt, und den Schulden intensiviert. Neues verfassungsrechtliches Terrain betreten die Richter, indem sie – zweitens – die haushaltsrechtliche Vorherigkeit kräftigen, drittens die Jährlichkeit auf die Schuldenbremse anwenden und – viertens – den Nachtragshaushalt nicht für unvereinbar mit dem Grundgesetz, sondern für nichtig erklären.
Die finanzpolitischen Folgen des festgestellten Verfassungsbruchs sind misslich. Diese hätte man der Politik gerne erspart. Doch ist die Haushaltskrise bereits angesichts der steigenden Gesamtsteuereinnahmen Deutschlands überwindbar. Diese Einnahmen haben sich in den letzten zehn Jahren von rund 600 auf 900 Mrd. Euro und damit um 50 Prozent erhöht. Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ prognostiziert bis 2028 jährliche Steigerungen zwischen 30 und 50 Mrd. Euro.
Die Haushaltskrise bietet auch angesichts dieser Entwicklung die Chance, grundsätzlich über die Rolle des Staates in der Zeitenwende nachzudenken. Die gegenwärtigen Herausforderungen erfordern kluge und kraftvolle Investitionen. Doch der Staat und die Europäische Union werden die drängenden Aufgaben allein nicht meistern. Wenn aber freiheitsberechtigte Menschen und eigenverantwortliche Unternehmen sich den Aufgaben annehmen, können Berge versetzt werden. Die öffentliche Hand garantiert keine Ergebnisse, sondern einen verlässlichen rechtlichen Rahmen für die Freiheit und Erwerbswirtschaft. Dabei schafft sie einen angemessenen sozialen Ausgleich. Die Zeitenwende wehrt sich gegen eine kreditfinanzierte öffentliche Hand und fordert ein erneuertes Freiheitsvertrauen.
G. Kirchhof, Die Schuldenbremse als Chance in der Zeitenwende, NJW 2023, 3757 ff.
Grundsteuer, Finanzgericht Rheinland-Pfalz – Interview der Sächsischen Zeitung mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof│ Dezember 2023
Anlässlich aktueller Entscheidungen des FG-Rheinland-Pfalz und eines Falles aus Moritzburg diskutiert Ulf Mallek von der Sächsischen Zeitung das Grundsteuermodell des Bundes mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof. Sachsen wendet dieses Modell mit leichten Modifikationen an. Doch ist die Steuerbemessung aufgrund von verschiedenen sehr ungenauen Parametern, die gesetzlich vorgeschrieben sind, gleichheitswidrig. In einem Fall in Moritzburg würde die Grundsteuer bei gleichem Hebesatz der Gemeinde von 40 auf 2500 Euro steigen, weil ein nicht bebaubares Grundstück allein für die grundsteuerliche Bemessung als Bauland eingestuft wird. Der Fall verdeutlicht die erheblichen Schwächen des Bundesmodells. So belegt er die klaren Befunde des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (23.11.23, Az. 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23), nach denen das Bundesmodell seinen Belastungsgrund nicht hinreichend verdeutlicht, fehlerhafte Parameter nutzt und den Gleichheitssatz auch aufgrund von Vollzugsdefiziten verletzen wird.
Das Interview von Prof. Dr. Gregor Kirchhof mit der Sächsischen Zeitung finden Sie hier:
G.Kirchof, Interview Meissner Zeitung, 14.12.23.pdf
Seminar im Allgäu – mit RA Ulrich Derlien und RA Dr. Markus Gotzens │ November 2023
Zusammen mit RA Ulrich Derlien (Sonntag & Partner) sowie RA Dr. Markus Gotzens (Wannemacher und Partner) führte Prof. Dr. Gregor Kirchhof ein Seminar zu aktuellen Fragen des Steuer- und Finanzrechts durch. Die zahlreichen Teilnehmer diskutierten die Schuldenbremse des Grundgesetzes, die im Laufe der Bearbeitung durch die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts neue Brisanz gewonnen hatte, sowie Fragen des Erbschaftsteuerrechts und des Steuerstrafrechts. Höhepunkte waren auch der Besuch des Weihnachtsmarktes in Lindau und Wintereinfall, der dem Jugendgästehaus in Lindenberg viel Schnee bescherte.
– Das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts – F.A.Z.-Podcast mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof │ November 2023
SchuldenbremseDas Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. November 2023 (2 BvF 1/22) eine Grundsatzentscheidung zur Schuldenbremse und zum Haushaltsrecht getroffen. Die Schuldenbremse des Grundgesetzes ist eng auszulegen. Öffentliche Kredite dürfen aufgenommen werden, um eine Naturkatastrophe oder eine außergewöhnliche Notsituation, die sich der Kontrolle der öffentlichen Hand entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, zu überwinden. Zwischen der Sondersituation und dem Überschreiten der Kreditgrenze muss - so das Gericht - ein sachlicher Veranlassungszusammenhang bestehen, den der Bundestag darzulegen hat. Zudem greifen das Gebot der Vorherigkeit und das Jährlichkeitsprinzip für die Schuldenbremse. Der Gesetzgeber muss jedes Jahr neu über eine Ausnahme, Schulden aufzunehmen, entscheiden. Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben widersprechen der gegenwärtigen Praxis von Sondervermögen wie dem Klima- und Transformationsfonds oder dem Wirtschatsstabilisierungsfonds.
Die Folgen des Karlsruher Richterspruchs, die gegenwärtig breit diskutiert werden, bespricht Prof. Dr. Gregor Kirchhof mit Stephan Klenner in der aktuellen Ausgabe des F.A.Z. Einspruch Podcast.
Den Podcast finden sie hier:
F.A.Z. Einspruch Podcast: Was folgt aus dem Karlsruher Urteil zur Schuldenbremse? (faz.net)
Schuldenbremse, Bürokratie, die notwendige Digitalisierung des Steuerrechts und die Erneuerung der EU – KlarText: Interview mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof │ November 2023
KlarText, das Magazin des Bundes der Steuerzahler in Bayern, hat Prof. Dr. Gregor Kirchhof für seine letzte Ausgabe des Jahres interviewt. Mit dem Chefredakteur Rudolf G. Maier sprach Gregor Kirchhof u.a. über die Zukunft der Europäischen Union und die Schuldenbremse des Grundgesetzes, die das Bundesverfassungsgericht in seiner aktuellen Entscheidung vor wenigen Tagen nachdrücklich im Sinne der Generationengerechtigkeit gestärkt hat. Weitere Themen waren die Vereinfachung und Digitalisierung des Steuerrechts, die Zukunft der Erbschaftsteuer sowie die überbordende Bürokratie in Deutschland und der Europäischen Union. Das Interview finden Sie hier:
G. Kirchhof, Interview, Klartext_12-2023.pdf
Wachstumschancengesetz – steuerliche Mitteilungspflichten, Besteuerung von Altersbezügen – Prof. Dr. Gregor Kirchhof bei der Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages │ November 2023
Am 6. November 2023 fand die öffentliche Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf der Bundesregierung eines Wachstumschancengesetzes statt (BT-Drs. 20/8628). Prof. Dr. Gregor Kirchhof hat an dieser Anhörung als Sachverständiger teilgenommen. Seine schriftliche Stellung konzentriert sich auf die vorgeschlagenen Mitteilungspflichten für innerstaatliche Steuergestaltungen und die Neuregelungen bei der Besteuerung von Altersbezügen.
Angesichts der ernüchternden Erfahrungen mit den entsprechenden europäischen Mitteilungspflichten gelangt Prof. Kirchhof zu dem Befund, dass die erwogene nationale Pflicht die Freiheitsrechte verletzt. Die übernationale Last war nach den Berichten der Bundesregierung letztlich erfolglos. Dieser Befund wird für die nationale Pflicht noch ernüchternder ausfallen, weil hier die notwendigen Informationen im Besteuerungsverfahren umfassend aufbereitet werden. Doch eine unnütze bürokratische Last ist ersichtlich freiheitswidrig.
Mit Blick auf die Besteuerung von Renten trug Prof. Kirchhof vor, dass der Entscheidungsraum des Gesetzgebers weiter ist, als zuweilen angenommen. Insbesondere fordert das Grundgesetz, eine Doppelbesteuerung „in jedem Fall“ (BVerfG), aber nicht für jeden Euro zu vermeiden.
Wahl zum Dekan │ Oktober 2023
Der 28. Fakultätsrat hat in seiner Sitzung vom 25. Oktober 2023 Prof. Dr. Gregor Kirchhof zum Dekan der Juristischen Fakultät gewählt.
Gesucht: Teamassistenz (Sekretariat) – 75 v. H. der regelmäßigen Arbeitszeit
Am Lehrstuhl von Prof. Dr. Gregor Kirchhof ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Stelle als Teamassistenz (Sekretariat) im Umfang von 75. v. H. der regelmäßigen Arbeitszeit zu besetzen. Zu den Aufgaben gehören insbesondere die Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhlinhaber, Verwaltungstätigkeiten, die organisatorische Führung des Lehrstuhls, der Kontakt zu den Studierenden sowie die Kooperation mit den Kolleginnen und Kollegen des Instituts. Wir bieten einen attraktiven und krisenfesten Arbeitsplatz auf dem parkähnlichen Campus der Universität, eine abwechslungsreiche Arbeit in einem freundlichen Arbeitsklima, das aufgeschlossene und anregende Umfeld einer modernen Universität, eine familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung, Homeofficeregelungen, umfangreiche Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die Möglichkeit der Kinderbetreuung auch in den Ferien, Jahressonderzahlungen, verschiedene universitäre Einrichtungen (z. B. Hochschulsport, Gesundheitsförderung, Sprachkurse, Mensa) und vieles mehr. Über Bewerbungen mit den üblichen Unterlagen (Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse) freuen wir uns per E-Mail unter bewerbung@jura.uni-augsburg.de.
Stellenausschreibung Teamassistenz / Sekretär/in (m/w/d), Juristische Fakultät
Klimapolitik – die rechtlichen Schranken und die Grenzen des Rechts │ Oktober 2023
Auf Einladung des Wirtschaftsbeirats Bayern hat der ehem. Richter des BVerfG Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio am 17. Oktober einen Vortrag zu den rechtlichen Schranken der Klimapolitik gehalten. Prof. Dr. Gregor Kirchhof leitete die Veranstaltung in einem Blick auf Grenzen des Rechts ein und moderierte die Diskussion. Dabei sprang er für Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans-Werner Sinn ein, der kurzfristig verhindert war.
Einführung und Vortrag von Prof. Di Fabio mit Diskussion (Beginn bei Min. 2:10)
Grundsteuer – Beitrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof im ARD-Magazin plusminus │ Oktober 2023
Am 11. Oktober äußerte sich Prof. Dr. Gregor Kirchhof in der Sendung plusminus der ARD zur Grundsteuer. Kirchhof wies auf die verfassungsrechtlichen Brüche des Bundesmodells hin und forderte die öffentliche Hand auf, das Modell zu korrigieren. Noch wäre hierfür Zeit. Die neue Grundsteuer wird erst ab dem Jahr 2025 angewandt. Die Bundesländer, die bisher das Bundesmodell anwenden, könnten sich noch eigenständig für ein anderes Grundsteuermodell z. B. der Länder Bayern, Hamburg, Hessen oder Niedersachsen entscheiden. Der Wechsel wäre vergleichsweise leicht möglich, weil die notwendigen Daten erhoben sind und die (digitale) Anwendung des Rechts vorbereitet wird.
Beitrag im ARD-Magazin plusminus (siehe für die Äußerungen Kirchhofs die Minuten 5:40, 9:00, 9:50)
Aktivrente – Pressekonferenz mit Bundesminister K.–J. Laumann und Generalsekretär C. Linnemann anlässlich einer verfassungsrechtlichen Stellungnahme von Prof. Dr. G. Kirchhof │ September 2023
Seit Anfang des Jahres schlägt der Generalsekretär der CDU Deutschlands Carsten Linnemann eine Aktivrente vor. Menschen, die Altersbezüge erhalten und zugleich erwerbstätig sein wollen, sollen durch einen Steuerfreibetrag in Höhe von 2.000 Euro im Monat entlastet werden. Der Freibetrag dient vier Pfeilern unseres Gemeinwesens. Erstens sollen Menschen für einen schonenden Übergang in die Zeit nach der Erwerbsbiographie, für das Selbstwertgefühl (Gebrauchtwerden) oder allgemein für eine auch gesundheitsfördernde Aktivität steuerlich entlastet werden. Zudem wäre ihre finanzielle Situation im Alter verbessert. So würden – zweitens – die umlagefinanzierten Sozialsysteme, die auf einen demographischen Abgrund zusteuern, unterstützt. Hiervon würden auch Menschen profitieren, die im Alter nicht erwerbstätig sein können oder wollen. Die Aktivrente will – drittens – erfahrene Arbeitskräfte jedenfalls partiell im Erwerbsleben halten, um so die Wirtschaft zu stärken und insbesondere dem erheblichen Fachkräftemangel zu begegnen. Die erhöhte Erwerbsquote könnte schließlich – viertens – trotz der Steuererleichterung die Einnahmen des Staates erhöhen, sei es aufgrund einer steigenden Kaufkraft oder weil die Aktivrente der Schwarzarbeit entgegenwirkt.
Die juristische Stellungnahme von Prof. Dr. Gregor Kirchhof, die dieser im Auftrag der CDU Deutschlands verfasst hat, kam zu dem Ergebnis, dass der Vorschlag verfassungskonform umgesetzt werden kann. Auf einer Pressekonferenz am 29. September 2023 im Konrad Adenauer Haus in Berlin wurden die Idee und die Stellungnahme mit (im Bild v.l.n.r.) dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW Karl-Josef Laumann, Carsten Linnemann und Gregor Kirchhof vorgestellt.
Weitere Informationen erhalten Sie in einem entsprechenden Beitrag in der FAZ, in der Stellungnahme von Prof. Dr. G. Kirchhof und in einem Video der Veranstaltung.
Bundesminister Dr. Volker Wissing erhält den Preis „Sparlöwe“ des BdSt Bayern – Prof. Dr. Gregor Kirchhof hielt die Laudatio │ September 2023
Am 27. September 2023 fand die diesjährige Preisverleihung des Bundes der Steuerzahler Bayern e.V. im Hotel Bayerischer Hof in München statt. Den Preis „Sparlöwe“ erhielt Bundesminister für Digitales und Verkehr Dr. Volker Wissing (Bild: erster von links). Die Laudatio hielt Prof. Dr. Gregor Kirchhof (auf dem Bild in der Mitte). Christoph Arnowski wurde mit dem Journalistenpreis des BdSt Bayerns ausgezeichnet.
Streitvermeidung und Streitbeilegung im Steuerrecht – der von Prof. Dr. Gregor Kirchhof herausgegebene 45. Tagungsband der DStjG ist erschienen │ August 2023
Anlässlich der 46. Jahrestagung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft (DStjG) kamen rund 150 Teilnehmer aus Wissenschaft und Praxis im September 2022 an die Universität Augsburg. Höhepunkte der Veranstaltung waren außerhalb des Fachprogramms die Empfänge durch die Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg Eva Weber im Goldenen Saal sowie durch den Bayerischen Staatsminister der Finanzen und für Heimat Albert Füracker im Schaezlerpalais. Nun ist der Tagungsband zum Thema „Streitvermeidung und Streitbeilegung im Steuerrecht“ erschienen, den Prof. Dr. Gregor Kirchhof herausgegeben und mit einem „Resümee und Ausblick“ inhaltlich abgeschlossen hat.
G. Kirchhof, Die Streitvermeidung geht der Streitbeilegung vor – über die Freiheit im Steuerrecht – Resümee und Ausblick, DStjG 45 (2023), S. 453–461.
Zukunftsicherndes Verfassungsrecht - Symposium in Augsburg │Juli 2023
Im Mittelpunkt des von Prof. Dr. Gregor Kirchhof und Prof. Dr. Daniel Wolff organisierten Symposiums „Zukunftsicherndes Verfassungsrecht“, das am 7. und 8. Juli 2023 an der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg stattfand, stand die Frage, ob und wie das Grundgesetz einen Schutz in die Zukunft entfaltet, d. h. der Gegenwart Vorgaben zeichnet, damit auch in Zukunft Menschen unter dem Grundgesetz in den Genuss von Grundrechten, Demokratie und Sozialstaatlichkeit kommen. Die Zukunft ist stets ungewiss und der demokratische Entscheidungsraum ist in der Gegenwart zu wahren. Zukunftsicherung durch Verfassungsrecht muss daher stets maßvoll sein. Dennoch könnte sich gegenwärtig angesichts der Klimaschutzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, der latenten Zukunftsvergessenheit der Politik sowie der erheblichen Krisen und Herausforderungen ein Fenster öffnen, die grundgesetzlichen Maßstäbe prospektiv fortzuentwickeln.
Nach einer Einführung durch Prof. Dr. Daniel Wolff skizzierte Prof. Dr. Kirsten Schmalenbach (Salzburg) völkerrechtliche Rahmenbedingungen sowie Impulse der Zukunftsicherung durch Verfassungsrecht, die durch entsprechende unionsrechtliche Ausführungen von Prof. Dr. Dr. Armin Steinbach (Paris) ergänzt wurden. Sodann sprach Prof. Dr. Gregor Kirchhof über Potenziale und Risiken der jüngst vom Bundesverfassungsgericht entwickelten intertemporalen Freiheitssicherung, bevor Prof. Dr. Judith Froese (Konstanz) die grundrechtlichen Schutzpflichten auf ihr zukunftsicherndes Potenzial hin untersuchte. BVerfRi. a.D. Prof. Dr. Gabriele Britz (Gießen) analysierte im Anschluss den Begriff der Gleichheit in der Zeit und damit einen gleichheitsrechtlich orientierten Ansatz des verfassungsrechtlichen Zukunftsschutzes in Kontrastierung zur stärker freiheitsrechtlich geprägten intertemporalen Freiheitssicherung, die die Referentin als Berichterstatterin im Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts seinerzeit mitentwickelt hatte.
Am zweiten Tag des Symposiums fragte zunächst Prof. Dr. Christian Calliess (Berlin) nach einem übergreifenden Verfassungsprinzip der Zukunftsicherung. Vor einer Politisierung des Grundgesetzes warnte darauffolgend Prof. Dr. Tristan Barczak (Passau), der sich kritisch gegenüber einem prospektiven Schutz demokratischer Selbstbestimmung zeigte. Am Ende des zweitägigen Symposiums erörterte Prof. Dr. Thorsten Kingreen (Regensburg), welche Rolle der verfassungsrechtlichen Zukunftsicherung mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip zukommt und welche Schlüsse der Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts auf diese ebenfalls langfristig angelegte Materie zulässt.
Die Referate sowie Berichte über die kontroversen Diskussionen werden zeitnah in einem Tagungsband bei Mohr Siebeck erscheinen. Das Symposium wurde vom ACELR und von der Kanzlei Sonntag & Partner großzügig unterstützt.
Doktorandenseminar in Bernried - zehnjähriges Dienstjubiläum von Frau Zöger │ Juli 2023
Im Juli fand das Doktorandenseminar von Prof. Dr. Gregor Kirchhof im Kloster Bernried am Starnberger See statt. Gemeinsam mit elf zum Teil ehemaligen Doktoranden wurden insgesamt fünf aktuelle Dissertationsthemen aus dem Steuer- und Staatsrecht diskutiert. Ein Höhepunkt war der Besuch des Buchheim Museums. Vor allem aber feierten alle an einem Abend das zehnjährige Dienstjubiläum von Bärbel Zöger.
Ausflug zum BFH und zu WTS │ Juni 2023
Am 28. Juni durften 30 Studentinnen und Studenten aus Augsburg eine Verhandlung des ersten Senats des BFH in München besuchen. Im Anschluss genoss die Gruppe die ebenfalls äußerst interessante und anregende Führung durch das höchste Finanzgericht durch den Richter am BFH Prof. Dr. Matthias Loose. Den Ausflug hat das Team von RA & Stb Dr. Ernst-August Baldamus von WTS organisiert. Die Gruppe mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof war daher nach dem Besuch des BFH auf der Dachterrasse der Kanzlei zu einer Diskussion der Verhandlung, einer Vorstellung steuerberatender Berufe sowie einem Imbiss eingeladen.
Grundsteuer - Podcast "Wohnen in Deutschland" mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof │ Juni 2023
"Die neue Grundsteuer hat" - so die Beschreibung der aktuellen Folge des Podcasts "Wohnen in Deutschland" - "Immobilieneigentümer in der letzten Zeit viele Nerven gekostet. Leider hört der Ärger nicht auf. Denn ein neues Gutachten von dem renommierten Verfassungsrechtler Professor Gregor Kirchhof kommt zu dem Schluss, dass die Grundsteuer in vielen Bundesländern verfassungswidrig ist. Warum Immobilieneigentümer jetzt Einspruch gegen Ihren Bescheid einlegen sollten, haben Haus & Grund Präsident Kai Warnecke und Professor Kirchhof herausgearbeitet. Und kommen zu dem Schluss: "Wer darauf verzichtet, dem könnten sogar Nachteile entstehen." Den Podcast unter der Moderation von Maximilian Flügge finden Sie hier:
https://www.hausundgrund.de/presse/wohnen-deutschland-podcast
Inflation und ihre Folgen - wirtschaftshistorische Betrachtungen │ Mai 2023
Am 3. Mai moderierte Prof. Dr. Gregor Kirchhof einen Vortrag von Prof. Dr. Werner Plumpe zum Thema "Inflation und ihre Folgen - wirtschaftshistorische Betrachtungen". Prof. Kirchhof sprang bei dieser Veranstaltung des Wirtschaftsbeirats Bayern für Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans-Werner Sinn ein, der kurzfristig verhindert war. Unter dem folgenden Link sind die Einführung und der Vortrag von Prof. Plumpe mit Diskussion abrufbar (Beginn bei Min. 4).
https://www.youtube.com/watch?v=4xGWC7TYRY0
Das Grundsteuergesetz des Bundes: kompetenzrechtlicher Konstruktionsfehler – verfassungsrechtlicher Reformauftrag │ Mai 2023
Im Herbst 2019 hat der Bund ein neues Grundsteuergesetz erlassen. Ab dem Jahr 2025 soll die neue Grundsteuer erhoben werden. Doch verletzt das Bundesgesetz – so Prof. Dr. Gregor Kirchhof – das Grundgesetz. Die elf Bundesländer, die sich für das Bundesmodell entschieden haben, müssen daher bis Ende 2024 eine verfassungskonforme Lösung finden. Vier Bundesländer weisen hier den Weg.
Das Gesetz des Bundes geht insgesamt in zehn Schritten einen steuerlichen Sonderweg, der das Grundgesetz verletzt. Das Gesetz wurde – erstens – in den engen und schwierigen Schranken der Fortschreibungskompetenz des Art. 125a Abs. 2 GG konzipiert, obwohl diese Schranken unmittelbar nach seinem Erlass nicht mehr bestanden. Die Regelungen und die Begründung des Gesetzentwurfs lassen – zweitens – entgegen den ausdrücklichen Forderungen des BVerfG und der Begründung des Gesetzentwurfs den Belastungsgrund der Grundsteuer und ein eigenes Bewertungssystem nicht erkennen. Anders als sonst im Steuerrecht können – drittens – die erheblichen Ungenauigkeiten der Bodenrichtwerte nicht durch einen Gegenbeweis eines niedrigeren gemeinen Werts in das Maß der Grundrechte geführt werden. Insgesamt nutzt der Bundesgesetzgeber – viertens – seinen Entscheidungsraum nicht, weil er keine gestaltende Systementscheidung trifft, sondern aus nicht mehr bestehenden kompetenzrechtlichen Gründen versucht, die Einheitswerte zu vereinfachen - das Ergebnis ist ein überkompliziertes Recht. Die gewählten Kriterien sind – fünftens – in Teilen zu grob und daher gleichheitswidrig (Bodenrichtwerte, pauschale Nettokaltmieten, Restnutzungsdauer, Alter des Gebäudes). Immobilienwerte sind – sechstens – entweder in zahlreichen Parametern genau zu ermitteln oder in vereinfachenden Typisierungen gleichheitsgerecht zu bewerten. Das Bundesgesetz entscheidet sich hingegen ohne System für eine halbherzige und daher verfassungswidrige Mischbewertung, die aufgrund der Ungenauigkeiten – siebtens – zu hohe Zahllasten bewirken wird. Achtens werden anstelle von bekannten Parametern (Kubikmeter) ohne hinreichenden sachlichen Grund unbekannte Werte (Brutto-Grundfläche) genutzt. Es ist – neuntens – ebenfalls nicht erforderlich und zumutbar, wenn die öffentliche Hand Daten, die ihr bekannt sind, von den Stpfl. erhebt und strafbewehrt prüft. Insgesamt wurde – zehntens – ein unnötig kompliziertes und daher freiheitswidriges Gesetz in Kraft gesetzt.
Das Grundsteuergesetz des Bundes: kompetenzrechtlicher Konstruktionsfehler – verfassungsrechtlicher Reformauftrag, DB 2023, 1116–1121.
Seminar in den Räumen des EuGH │ Mai 2023
Bei einer Exkursion nach Luxemburg besuchten RA Wolfgang Löhr, Prof. Dr. Stephan Rasch und Prof. Dr. Gregor Kirchhof gemeinsam mit Studenten der Fakultät und mit Mitarbeitern des Lehrstuhls eine Verhandlung am Europäischen Gerichtshof. Zudem fand zusammen mit den genannten Seminarleitern und mit Prof. Dr. David Hummel (Referent, Kabinett der Generalanwältin Prof. Dr. Dres. h.c. Juliane Kokott, EuGH) ein Seminar in den Räumen des EuGH statt. Zur Freude der Teilnehmer stellte sich auch die Generalanwältin den Fragen zur Entwicklung des Gerichtshofs und des europäischen Steuerrechts.
Prof. Dr. Gregor Kirchhof hält auf Einladung der Juristischen Gesellschaft Augsburg einen Vortrag zu der Frage nach einem zukunftsichernden Verfassungsrecht │ März 2023
Am 14. März hat Prof. Dr. Gregor Kirchhof auf Einladung der Juristischen Gesellschaft Augsburg einen Vortrag an unserer Fakultät gehalten. Das Thema „Intertemporale Freiheitssicherung und Gleichheit in der Zeit: Klimaschutz, Sozialsysteme, Staatsverschuldung – und die Frage nach einem zukunftsichernden Verfassungsrecht“ wurde nach dem Vortrag lange und rege diskutiert – auch noch auf dem anschließenden Imbiss, mit dem der Abend endete.
Beitrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof zur Zukunft der Erbschaftsteuer in der FAZ │ März 2023
Unter dem Titel "Erbschaftsteuer - abschaffen oder grundlegend reformieren" ist am 9. März 2023 ein "Standpunkt" von Prof. Dr. Gregor Kirchhof in der FAZ erschienen. Prof. Kirchhof kritisiert, dass die Erbschaftsteuer Gerechtigkeitsprobleme und Missverständnisse bewirkt. Das zentrale Gerechtigkeitsproblem sei, dass die Abgabe durch Gestaltungen unter Lebenden vermieden werden könne. Die daher notwendige Reform drohe aber, durch unterschiedliche Missverständnisse fehlgeleitet zu werden. So ist die Steuer, die den Staat zu einem sehr geringen Anteil finanziere, anders als oft vorgetragen kein taugliches Instrument, um der Schere zwischen Arm und Reich zu begegnen. Hier sind zielgerichtetere Maßnahmen außerhalb des Steuerrechts notwendig. Die Erbschaftsteuer erbringt lediglich 1,2 Prozent der Steuereinnahmen. Aufgrund der zahlreichen Gestaltungen und erheblichen Bewertungsprobleme verursacht sie den Steuerpflichtigen, den Steuerberatern, dem Fiskus und den Finanzgerichten aber einen erheblichen Aufwand. Dieser Aufwand steht in keinem angemessenen Verhältnis zu dem geringen Ertrag. So liegt es nahe, dem Beispiel zahlreicher Länder zu folgen und die Steuer abzuschaffen. Jedenfalls ist sie grundlegend zu reformieren.
Erbschaftsteuer - abschaffen oder grundlegend reformieren, FAZ, Nr. 58, 9. März 2023, S. 16
Beiträge von Prof. Dr. Gregor Kirchhof im Magazin plusminus der ARD zur Grundsteuer │ März 2023
Am 8. März kam Prof. Gregor Kirchhof im ARD-Magazin plusminus zur weiteren Entwicklung der Grundsteuer zu Wort. Kirchhof kritisierte die Modelle des Bundes und Baden-Württembergs verfassungsrechtlich. Er appelierte an die Politik, die neuen Erkenntnisse zu nutzen, die man in der Zwischenzeit gesammelt hat, um die in Teilen fehlerhaften Gesetze zu korrigieren. Insbesondere haben die Finanzbehörden bei der Erhebung der Grundsteuerdaten wertvolle Erfahrungen gewonnen. Daher sind die Friktionen in den Gesetzen nun klarer zu erkennen als im Gesetzgebungsverfahren. Die neue Grundsteuer wird erst ab dem Jahr 2025 angewandt. Die so eröffnete Chance, die Grundsteuermodelle noch zu korrigieren, sollte genutzt werden.
Der verfassungsrechtliche Auftrag zur Digitalisierung des Steuerrechts – Beitrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof in der DStR │ Februar 2023
Die Digitalisierung eröffnet gegenwärtig die große Chance, das Steuerrecht grundlegend zu vereinfachen und es sodann weitgehend automatisch anzuwenden. Das Grundgesetz zwingt den Gesetzgeber nicht zu einer solchen Reform. Doch drängt es, die Chance beherzt zu ergreifen. Werden Steuern in vorausgefüllten Steuererklärungen automatisch erhoben, wäre der Gewinn an Freiheit und Gleichheit, an Rechtsstaatlichkeit, an steuerlicher Effizienz, informationeller Waffengleichheit und Transparenz groß. Der weite Entscheidungsraum des Gesetzgebers weist hier den Weg in breiten Typisierungen und Pauschalierungen. Diese Vergröberungen sind verfassungsrechtlich nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Die Steuer rechtfertigt sich in ihrem Ertrag für den Staat, nicht aber in Beteiligungs- und Mitwirkungspflichten. Das Steuerverfassungsrecht ist sich dabei bewusst, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip für alle Steuern greift, die geforderte Gleichheit im Belastungserfolg am besten in einem digitalisierten Steuerrecht gelingt und sich Steuern von Verfassungs wegen zu unterscheiden haben. Die Freiheitsrechte verlangen, den jeweils schonendsten gleich wirksamen Eingriff zu wählen. Im Bereich der Steuern scheint dieses selbstverständliche Maß ermüdet. Würden andere Zahlungspflichten derart kompliziert geregelt, wären die Grundrechte ersichtlich verletzt.
G. Kirchhof, Der verfassungsrechtliche Auftrag zur Digitalisierung des Steuerrechts, DStR 2023, 355–362.
Interview des SPIEGEL mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof zu aktuellen Fragen der Grundsteuer und der Zukunft der Abgabe │ Februar 2023
In einem Interview mit dem SPIEGEL ruft Prof. Dr. Gregor Kirchhof die Politik auf, die aktuellen Grundsteuergesetze nochmals zu prüfen. Die neuen Erkenntnisse, die man in der Zwischenzeit gesammelt hat, seien zu nutzen und die fehlerhaften Gesetzesteile zu korrigieren. Nicht nur die breite Kritik aus der Wissenschaft und den Verbänden böten eine Chance. Insbesondere sollten die sehr aufschlussreichen Erfahrungen, die die Behörden bei der Erhebung der Steuerdaten gemacht haben, genutzt werden. Einige Probleme resultieren daraus, dass man vorher schwer einschätzen konnte, welche Friktionen die Gesetze in der Praxis erzeugen werden. Das ist nun anders.
Aufbruch nach der Zeitenwende – Podiumsdiskussion der Münchner Europa Konferenz mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof │ Februar 2023
Die Siebte Münchner Europa Konferenz (MEK) widmete sich am 16. Februar 2023 dem Thema „Aufbruch nach der Zeitenwende! Die Zukunft der europäischen Wirtschaft in einer veränderten Welt“.
Nach einem Grußwort des Bundesministers a.D. und Vorsitzenden der MEK Dr. Theo Waigel sowie einem Impuls des Kommissars für Budget und Administration Johannes Hahn diskutierten unter der Leitung von Dr. Stefan Leifert mit dem Kommissar Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest, Prof. Dr. Merith Niehuss, Magret Suckale, Dr. Ralf Wintergerst und Prof. Dr. Gregor Kirchhof.
Prof. Kirchhof betonte dabei, dass sich die Europäische Union wieder stärker als Garant einer überstaatlichen Freiheit profilieren sollte. So würde sie an ihre historischen Errungenschaften anknüpfen, den Binnenmarkt, den Euro- und Schengenraum sowie die Osterweiterung, in der die Freiheit in den östlichen Staaten gesichert wurde. Die Menschen würden dann die Vorteile der europäischen Integration wieder unmittelbar spüren. Es ginge um eine europäische Sicherheitsarchitektur, einen Energiebinnenmarkt, europäische Infrastrukturen, die überfällige breite Deregulierung, damit verbunden um freiheitliche Instrumente, um die Treibhausgasneutralität zu erreichen - Emissionsrechtehandel statt Bürokratie und Taxonomie - und letztlich darum, das verblasste Freiheitsvertrauen in der EU wieder zu stärken. Nur wenn Europa seine drei Kraftquellen entfaltet, wird es vital bleiben: die europäischen Organe, die Mitgliedstaaten und vor allem die Menschen, die unterschiedlichen Gesellschaften in Europa.
Der Abend endete mit einem Schlusswort des Fraktionsvorsitzenden der EVP Manfred Weber, MdEP. Rund 350 Gäste waren zu der Veranstaltung gekommen.
Intertemporale Freiheitssicherung in den Sozialsystemen – Diskussion auf dem Berliner Jahresrückblick der KAS mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof │ Januar 2023
Am 19. Januar fand der Berliner Jahresrückblick der Konrad Adenauer Stiftung statt. Mit dem sehr gut besetzten Plenum diskutierten der Präsident des Bundessozialgerichts Prof. Dr. Rainer Schlegel und Prof. Dr. Gregor Kirchhof unter der Leitung von Carolin Eschenfelder die intertemporale Freiheitssicherung in den Sozialsystemen. Die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung steuern – so Gregor Kirchhof – auf einen demographischen Abgrund zu. Diesen erreichen die Umlagesysteme spätestens, wenn die sog. Babyboomer von Beitragszahlern zu Leistungsempfängern werden. Steuerfinanzierte Zuschüsse können Finanzlücken der Systeme schließen, nicht aber die strukturellen Probleme lösen. Die Versicherungen sind daher von Verfassungs wegen vor dem drohenden Kollaps zu bewahren.
Seminar im Steuerrecht im Sommersemester 2023 │Januar 2023
Vom 23. bis 25. April 2023 bietet Prof. Dr. Gregor Kirchhof ein Seminar beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zu Grundsatzfragen des deutschen und europäischen Steuerrechts an.
Die Details zur Veranstaltung finden Sie in der Seminarankündigung.
23. Symposium des Augsburger Forums für Steuerrecht zum Thema „Next Generation EU“ mit Dr. Elena Waigel und Prof. Dr. Ulrich Hufeld │ Dezember 2022
Am 19. Dezember 2022 diskutierten Dr. Elena Waigel und Prof. Dr. Ulrich Hufeld unter der Leitung von Prof. Dr. Gregor Kirchhof mit rund 50 Zuhörern das aktuelle „Nikolaus-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts zu den neuen gemeinsamen europäischen Schulden. Der Schwerpunkt lag auf den Fragen, ob gemeinsame Schulden (sog. „Next Generation EU“) die Vorgaben des Europarechts und des Grundgesetzes wahren, wie die breite Finanzkraft nun zu nutzen ist und ob die EU in Zukunft weitere Schulden aufnehmen darf.
Interview mit Focus online über die Grundsteuermodelle des Bundes und Baden-Württembergs, die das Grundgesetz verletzen │ November 2022
In einem Interview mit Focus online betont Prof. Dr. Gregor Kirchhof, dass die Grundsteuermodelle des Bundes und Baden-Württembergs den Gleichheitssatz verletzen. Beide Modelle nutzen die zu ungenauen Bodenrichtwerte, ohne den sonst im Steuerrecht üblichen Gegenbeweis eines realitätsnäheren Wertes hinreichend zuzulassen. Das Bundesmodell bringt insgesamt die genutzten Parameter nicht in ein kongruentes System - es orientiert sich letztlich zu stark an den alten verfassungswidrigen Einheitswerten. Die Grundsteuer Baden-Württembergs lässt für die Bemessung die Immobilien außen vor. Bei gleich großen Grundstücken muss dieselbe Grundsteuer entrichtet werden, auch wenn auf einem Grundstück ein baufälliges Haus, eine Villa, ein Mehrfamilienkomplex oder ein Hochhaus steht. Es gehe nun nicht darum, keine Grundsteuer zu entrichten. Vielmehr sei noch Zeit, eine gleichmäßige Bewertung auf den Weg zu bringen.
Das Interview finden Sie hier:
Top-Jurist rät vielen Eigentümern: Wehren Sie sich gegen die Grundsteuer! - FOCUS online
Zwei Beiträge von Prof. Dr. Gregor Kirchhof im neuen vierbändigen Stern / Sodan / Möstl │ Oktober 2022
Im Oktober 2022 ist das bekannte Standardwerk von Prof. Dr. Dr. Dr. hc. Mult. Klaus Stern „Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland“ unter der Leitung von Prof. Dr. Helge Sodan und Prof. Dr. Markus Möstl neu erschienen. Prof. Dr. Gregor Kirchhof hat hierfür zwei Handbuchbeiträge verfasst:
G. Kirchhof, in: Stern / Sodan / Möstl, StaatsR IV, 2. Auflage 2022, Allgemeine Handlungsfreiheit (§ 109) / Schutz vor Arbeitszwang und Zwangsarbeit (§ 110).
Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof auf dem Stuttgarter Steuerkongress zum Thema „Die Entwicklung des Steuer- und Finanzrechts in Krisenzeiten“ │ Oktober 2022
Am 14. Oktober sprach Prof. Dr. Gregor Kirchhof vor rund 600 Zuhörern auf dem Stuttgarter Steuerkongress zur Entwicklung des Steuer- und Finanzrechts in Krisenzeiten. Der Kongress zeichnete sich durch ein abwechslungsreiches Programm aus. Auf dem Bild steht neben dem Präsidenten der Steuerberaterkammer Stuttgart Prof. Dr. Hartmut Schwab die weitere Referentin Petra Ehmann, Chief Innovation Officer der Ringier-Gruppe, die zum „Metaverse – Aufbruch in ein neues Zeitalter“ sprach.
Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof beim Sozialrechtsverband zur intertemporalen Freiheitssicherung in den Sozialsystemen │ Oktober 2022
Am 7. Oktober legte Prof. Dr. Gregor Kirchhof vor dem Verbandsausschuss des Sozialrechtsverbandes dar, dass die Sozialsysteme angesichts der demographischen Entwicklung von Verfassungs wegen zu reformieren sind. Die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung steuern auf einen Kipppunkt zu, in dem drei demographische Entwicklungen zusammenlaufen. Erstens werden die Beitragszahler weniger und die Leistungsempfänger mehr. Zweitens steigen mit der Lebenserwartung die Leistungsdauer und der Bedarf. Drittens werden die sog. Babyboomer von Beitragszahlern zu Leistungsempfängern. Steuerfinanzierte Zuschüsse können Finanzlücken schließen, nicht aber die strukturellen Probleme lösen. Letztlich sind die Systeme jetzt vor dem Kollaps zu schützen und zukunftssicher zu reformieren.
46. Jahrestagung der DStjG zum Thema „Streitvermeidung und Streitbeilegung im Steuerrecht“ in Augsburg │ September 2022
Am 12. und 13. September 2022 fand die 46. Jahrestagung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft (DStjG) in Präsenz an der Universität Augsburg statt. Das Thema „Streitvermeidung und Streitbeilegung im Steuerrecht“ wurde von unterschiedlichen Experten wissenschaftlich fundiert und praxisorientiert behandelt sowie ausführlich mit den rund 150 Teilnehmern aus Wissenschaft und Praxis diskutiert. Den Rahmen bildeten zur großen Freude der Gesellschaft Empfänge durch die Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg Eva Weber im Goldenen Saal (Bild) sowie durch den Bayerischen Staatsminister der Finanzen und für Heimat Albert Füracker im Schaezlerpalais (Bild). Auf den Empfängen sprachen auch der Vorsitzende der DStjG Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen (LMU München, Bild) sowie der Augsburger Gastgeber Prof. Dr. Gregor Kirchhof (Bild). Weitere Informationen erhalten Sie hier:
Interview mit Prof. Gregor Kirchhof über die NATO und die Zukunft der Europäischen Union │ Juli 2022
In einem Interview mit dem Chefedakteur Rudolf G. Maier von KlarText warnt Prof. Gregor Kirchhof, dass die Zeitenwende - anders als oft propagiert - über die Sicherheits- und Energiepolitik hinausreicht. Die Welt ändert sich. Die Rollen Chinas, Russlands und Indiens sind - wie die Entwicklung in Afrika und im mittleren Osten - nicht geklärt. Es gehe um eine Selbstbehauptung des Westens und der Europäischen Union. Die Union dürfe nicht - wie im Green Deal - auf planwirtschaftliche Ansätze, sondern müsse wieder stärker auf ihren Markenkern setzen: die überstaatliche Freiheit. Nicht nur aufgrund der drängenden Sicherheits- und Klimafragen beginne eine neue Phase des Multilateralismus.
Prof. Dr. Franz-Christoph Zeitler und Prof. Dr. Gregor Kirchhof diskutieren Thesen zur Zukunft der EU mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments in Straßburg │ Mai 2022
Anfang Mai haben Prof. Dr. Franz-Christoph Zeitler und Prof. Dr. Gregor Kirchhof Thesen zur Zukunft der Europäischen Union mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus unterschiedlichen europäischen Ländern in Straßburg diskutiert. Die Thesen sind in Kooperation mit Dr. Johann Schachtner vom Wirtschaftsbeirat Bayern entstanden (auf dem Bild ganz rechts). Gespräche haben insbesondere mit Prof. Dr. Angelika Niebler (auf dem Bild links) und dem EVP-Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber (Bildmitte) stattgefunden.
Grundsteuer – die neuen Gesetze erreichen die Praxis! 22. Symposium des Augsburger Forums für Steuerrecht │ April 2022
Am 28. April 2022 fand das 22. Symposium des Augsburger Forums für Steuerrecht in Präsenz statt. Der Präsident des Bayerischen Landesamtes für Steuern Volker Freund, RA und Stb Jan Geiger (KPMG) und der Ministerialrat des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen Karlheinz Konrad diskutierten mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof und rund 50 Teilnehmern die aktuellen Probleme der neuen Grundsteuergesetze, die gegenwärtig die Praxis erreichen.
Green Deal, Green Tax – Vortrag auf der digitalen Münchner Steuerfachtagung │ März 2022
Dieses Jahr fand die Münchner Steuerfachtagung am 30. März rein digital statt. Bis zu 900 Teilnehmern schalteten sich zu. Prof. Dr. Gregor Kirchhof hielt einen 30-minütigen Vortrag zum Thema „Green Deal, Green Tax – von einem ökonomischen zu einem ökologischen Finanzsystem?“, den Sie unter diesem Link abrufen können:
https://www.steuerfachtagung.de/copy-of-tagungsprogramm
Intertemporale Freiheitssicherung: Klimaschutz – Sozialsysteme – Staatsverschuldung – Monographie von Prof. Dr. Gregor Kirchhof, Mohr Siebeck │ Januar 2022
Das Bundesverfassungsgericht blickt in seiner Klimaschutzentscheidung weit in die Zukunft. Werden heute Weichen gestellt, die morgen sicher zu Grundrechtseingriffen führen, sind die Freiheitsrechte bereits jetzt zu achten. Dieser neue Grundrechtsschutz setzt der Staatsverschuldung keine unmittelbaren Grenzen. Er verlangt aber, die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zu reformieren. Diese Systeme steuern auf einen Kipppunkt zu, in dem drei demographische Entwicklungen zusammenlaufen. Erstens werden die Beitragszahler weniger und die Leistungsempfänger mehr. Zweitens steigen mit der Lebenserwartung die Leistungsdauer und der Bedarf. Drittens verschärfen sich diese Entwicklungen, wenn die sog. Babyboomer von Beitragszahlern zu Leistungsempfängern werden. Steuerfinanzierte Zuschüsse können Finanzlücken schließen, nicht aber die strukturellen Probleme lösen. Letztlich sind die Systeme möglichst weitreichend aus der Umlagefinanzierung zu führen.
Siehe hierzu auch den Beitrag in der FAZ vom 23.9.2021 und das Interview mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof in "Der Steuerzahler, 12-2021:
Zeitenwende? – Band mit wissenschaftlichen Essays hg. von Prof. Dr. Daniel S. Hamilton, Prof. Dr. Andreas Rödder und Prof. Dr. Gregor Kirchhof │ Januar 2022
Stehen die Europäische Union und die westliche Welt vor einer Zeitenwende? Ist die Vision einer „immer engeren Union der Völker Europas“ noch überzeugend? Welche Antworten kann die Union auf die Pandemie, den Klimawandel, den Brexit, die sicherheitspolitischen und digitalen Herausforderungen oder den sich verschärfenden internationalen Wettbewerb finden und wie kann sie die Konflikte über den europäischen Rechtsstaat, die gemeinsamen Schulden und die Zukunft des Euro bewältigen? Welche Rolle kann und sollte die EU in einer sich verändernden Welt spielen? Welche Regeln und Werte sollten die europäische Politik leiten? Diesen Fragen widmen sich im vorliegenden Band 18 Autoren – Praktiker und Wissenschaftler – aus acht Ländern und fünf Fachdisziplinen. Das Buch erscheint in deutscher und englischer Sprache (s. auch den nächsten Eintrag) sowie jeweils auch über einen offenen Internetzugang.
Beitrag Prof. Dr. Gregor Kirchhof
Beitrag in der Forschungsbeilage der Augsburger Allgemeinen am 3.2.2022
PARADIGM LOST? – englischsprachiger Band mit wiss. Essays hg. von Prof. Dr. Daniel S. Hamilton, Prof. Dr. Andreas Rödder und Prof. Dr. Gregor Kirchhof │ Dezember 2021
Is a new era dawning for the European Union? Is the Union’s vision of “ever closer union” and a gradually expanding space of free movement of goods, services, people and capital still viable in a continent wracked by such disruptive influences as the COVID-19 pandemic, climate change, Brexit, new security challenges, digital transformations, more intense international competition, and internal disputes over issues ranging from the rule of law and common debt financing to the future of the euro? What role can and should the European Union play in this new world? What rules and values should guide it? These questions are explored in this volume by authors from different countries, disciplines and professions.
Krisenresilienz des Finanzrechts? – gemeinsamer Vortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. Reiner Schmidt und Prof. Dr. Gregor Kirchhof │ Dezember 2021
Im Rahmen der Ringvorlesung der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg zum Thema „Krisenresilienz des Rechts? Lehren aus der Coronakrise“ hielten Prof. Dr. Dr. h.c. Reiner Schmidt und Prof. Dr. Gregor Kirchhof einen gemeinsamen Vortrag. Das Thema „Die finanziellen Folgen der Pandemie – Next Generation EU, die Schuldenbremsen und die Frage nach der Generationengerechtigkeit“ wurden in der auch über das Internet übertragenen Veranstaltung rege diskuiert.
https://www.uni-augsburg.de/de/fakultaet/jura/aktuell/2021/10/19/5162/
Grund und Boden als Anknüpfungspunkt für die Besteuerung – ifst-Webinar mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof │ November 2021
Unter der Leitung des ehem. Präsidenten des BFH Prof. Dr. Rudolf Mellinghoff diskutierten am 9. November 2021 Prof. Dr. Christine Osterloh-Konrad, Dr. Stefan Bach, Prof. Dr. Frank Hechtner und Prof. Dr. Gregor Kirchhof über Grund und Boden als Anknüpfungspunkt der Besteuerung. Die Veranstaltung wurde als Webinar in der Veranstaltungsreihe „Grundvermögen im Steuerrecht“ des Instituts Finanzen und Steuern (ifst) durchgeführt.
The European Union at a Turning Point? – Mainz History Talks unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Rödder und Prof. Dr. Gregor Kirchhof │ Oktober 2021
Vom 27. bis zum 29. Oktober 2021 fanden die Mainz History Talks unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Rödder und Prof. Dr. Gregor Kirchhof auf dem Weingut Wasem in Ingelheim statt. U. a. diskutierten Prof. Dr. Marc-Oliver Bettzüge (Köln), BVerfRi. a.D. Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio (Bonn), Sandra Fine (Europäische Kommission), Prof. Dr. Martin Nettesheim (Tübingen) und das Mitglied des Europäischen Parlaments Prof. Dr. Sven Simon über Zukunftsfragen der Europäischen Union: die zunehmende Spannung zwischen zentralisierenden und zentrifugalen Kräften, ein mögliches neues Selbstverständnis, den Green Deal mit „fit for 55“ sowie die geoökonomische und geostrategische Ausrichtung der Gemeinschaft.
Die neuen grundsteuerlichen Regelungen in den Bundesländern – Prof. Dr. Gregor Kirchhof diskutiert auf dem Münchner Unternehmenssteuerforum │ Oktober 2021
Am 13. Oktober 2021 fand das 24. Münchner Unternehmenssteuerforum als Online-Veranstaltung statt. Unter der Leitung des Präsidenten des Bayerischen Landesamtes für Steuern Volker Freund diskutierten Sylvia Heckmeier (Merck KGaA), Prof. Dr. Gregor Kirchhof, MR Karlheinz Konrad (Bayerisches Staatsministerium der Finanzen), Prof. Dr. Marcel Krumm und Victoria Lücke (WTS) über die aktuellen Grundsteuergesetze der Länder. Die einleitenden Referate hielten Karlheinz Konrad und Gregor Kirchhof.
https://muenchner-ustf.de/vergangene-veranstaltungen/grundsteuerreform-laenderspezifische-umsetzung/
Grundsteuerreform – Prof. Dr. Gregor Kirchhof diskutiert auf der BB-Fachkonferenz │ Oktober 2021
Am 6. Oktober 2021 hat Prof. Dr. Gregor Kirchhof mit zahlreichen Vertretern aus der Praxis und Wissenschaft auf der Betriebs Berater-Fachkonferenz über die Reform der Grundsteuer in Frankfurt diskutiert.
https://veranstaltungen.ruw.de/archiv/steuerrecht/bb-fachkonferenz-grundsteuerreform/programm
Die Selbstbehauptung Europas – Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof bei den EWS-Wirtschaftsgesprächen │ September 2021
Am 16. September 2021 hielt Prof. Dr. Gregor Kirchhof bei den Wirtschaftsgesprächen des Europäischen Wirtschaftssenats in Going einen Vortrag zum Thema „Die Selbstbehauptung Europas in einer globalisierten Welt“.
„Die Selbstbehauptung Europas!“ – Aufruf von 29 Staatsrechtslehrern in der FAZ │ Juli 2021
In einem Aufruf in der FAZ fordern 29 Staatsrechtslehrer die Kommission auf, das Vertragsverletzungsverfahren in Sachen EZB nicht zu betreiben. „Die europäische Integration hat den Europäern ein nie gekanntes Maß an Frieden, Wohlstand und Einigung gebracht. Die nächste Generation wird uns daran messen, ob wir dieses historische Erbe bewahren und mehren. Die Europäische Union gründet auf gegenseitigem Respekt. Die europäischen Organe achten die Identitäten der Mitgliedstaaten und die Grenzen der Integration. Die Staaten wahren die gemeinsamen europäischen Werte und das Europarecht. Wer meint, dieses Verhältnis einseitig auflösen zu können, verkennt die Eigenart der Union und gefährdet die europäische Integration.“
Der von der Kommission angemahnte Vorrang des Europarechts wird vom Bundesverfassungsgericht nicht in Frage gestellt, sondern ausdrücklich bestätigt. Der Anwendungsvorrang gilt aber nur in den Grenzen der Hoheitsrechte, die der Europäischen Union von den Mitgliedstaaten übertragen wurden. Die Union ist eine Gemeinschaft der Staaten und kein Bundesstaat. Sie hat keine unbegrenzte Macht. „Würden die nationalen Verfassungsgerichte darauf verzichten, diese Grenzen in Ausnahmefällen zu kontrollieren, könnten die Unionsorgane [...] den Mitgliedstaaten gegen ihren Willen Hoheitsrechte entziehen. [...] Wenn die Kommission am Vertragsverletzungsverfahren festhält, werden die Fliehkräfte der europäischen Integration in einer Zeit gestärkt, in der sich Europa gemeinsam bewähren muss. Ohne hinreichenden Grund würde die Axt an rechtsstaatliche und demokratische Grundlagen der Europäischen Union gelegt. Die europäische Einigung steht auf dem Spiel.“
Aufruf von Martin Burgi, Christoph Degenhart, Otto Depenheuer, Dieter Dörr, Christoph Enders, Kay Hailbronner, Christian Hillgruber, Hans-Detlef Horn, Josef Isensee, Christian Joerges, Wolfgang Kahl, Gregor Kirchhof, Jan Henrik Klement, Stefan Korioth, Hanno Kube, Karl-Heinz Ladeur, Markus Ludwigs, Dietrich Murswiek, Martin Nettesheim, Adelheid Puttler, Franz Reimer, Matthias Rossi, Stephanie Schiedermair, Reiner Schmidt, Matthias Schmidt-Preuß, Helge Sodan, Christian Starck, Thomas Vesting, Christian Waldhoff.
FAZ, Montag, 5. Juli 2021, Nr. 152, Seite 1.
Den Aufruf (FAZ Einspruch, 4. Juli 2021) finden Sie
hier oder unter
https://www.faz.net/einspruch/europaeische-integration-staatsrechtler-kritisieren-eu-kommission-17421926.html?premium
Aufsatz von Prof. Dr. Gregor Kirchhof zu den verfassungsrechtlichen Grenzen der Vermögensteuer │ Juni 2021
Das BVerfG hat das Vermögensteuergesetz im Jahr 1995 für verfassungswidrig erklärt. Seitdem wird die Abgabe in Deutschland nicht mehr erhoben, politisch aber kontrovers diskutiert. Eine echte Chance, wieder eingeführt zu werden, bestand bislang nicht. Nun aber könnte die Steuer bereits in diesem Jahr wiederbelebt werden. Die SPD hat ihre Einstellung geändert. Sie schlägt nun im Einklang mit Bündnis 90/Die Grünen und der Partei Die Linke vor, Vermögen von Privatpersonen und Unternehmen zu belasten. Nach diesen Äußerungen wird eine entsprechende Regierungskoalition nach der anstehenden Bundestagswahl die Abgabe neu regeln. Zudem wurde jüngst die These gestärkt, die Bundesländer seien bereits jetzt im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz befugt, eigene Vermögensteuergesetze zu erlassen. Privatpersonen und Unternehmen müssten sich in beiden Fällen auf erhebliche Steuerlasten einstellen. Aber noch ist es nicht so weit.
Eine unterschiedliche Vermögensbesteuerung in den Bundesländern würde nicht auf die notwendige Akzeptanz der Steuerpflichtigen stoßen und die Wirtschaftseinheit in Deutschland gefährden. Die sog. Sperrwirkung des geltenden Bundesgesetzes verhindert deshalb mit guten Gründen eine Ländergesetzgebung. Insgesamt sind die grundgesetzlichen Hürden der Vermögensbesteuerung derart hoch, dass ein grundgesetzkonformes Gesetz kaum gelingen wird. Die notwendige wiederkehrende gleichheitsgerechte Bewertung der zahlreichen sehr unterschiedlichen Vermögensgegenstände wird kaum zu leisten sein. Die Abgabe darf nicht die Vermögenssubstanz, sondern nur den möglichen Ertrag des Vermögens – den sog. „Sollertrag“ – belasten. Diese Zumutbarkeitsgrenze verkompliziert die anspruchsvolle steuerliche Bewertung. Das Vermögen ist hiernach in seiner „Ertragsfähigkeit“ zu erfassen (BVerfG). So wäre zu klären, welchen Ertrag z. B. ein Schmuckstück erwarten lässt und welcher mögliche Gewinn einem Unternehmen zuzurechnen ist, auf den nicht bereits die Ertragsteuern zugreifen. Die ohnehin engen Zumutbarkeitsgrenzen (BVerfG) werden strukturell verletzt, wenn die Steuerpflichtigen nicht hinreichende Geldmittel haben, um die Abgabe zu entrichten, weil z. B. ein Wohnhaus erheblich an Wert gewonnen hat oder ein Unternehmen Verluste erleidet. Selbst wenn für solche Fälle Ausnahmeregeln greifen, läuft die Vermögensteuer strukturell Gefahr, systemwidrig nach Kassenlage zu belasten. Die öffentliche Hand sollte insgesamt der Entwicklung in anderen Ländern folgen und ihrem Finanzbedarf durch andere Steuern begegnen.
Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Vermögensteuer, FR 2021, S. 517–522.
Online-Diskussion des ifst zum Thema: „Vermögensabgabe/-steuer zur Pandemiefinanzierung: Rechtfertigung und Wirkungen“ │ Mai 2021
In der vom Institut für Finanzen und Steuern (ifst) veranstalteten Online-Diskussion behandelten Prof. Dr. Christine Osterloh-Konrad, Prof. Dr. Caren Sureth-Sloane, Prof. Dr. Joachim Wieland und Prof. Dr. Gregor Kirchhof unter der Leitung von Prof. Dr. Johanna Hey die Frage, ob eine Vermögensteuer oder eine Vermögensabgabe geeignete Mittel sind, die Folgen der Pandemie zu finanzieren.
Öffentliche Anhörung mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof im Rechtsausschuss des Bundestages zum Thema der Kinderrechte des Grundgesetzes │ Mai 2021
Am 17. Mai 2021 nahm Prof. Dr. Gregor Kirchhof, LL.M., an der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz des Bundestags zu unterschiedlichen Gesetzentwürfen für ausdrückliche Kinderrechte im Grundgesetz teil.
Die Debatte über die Kinderrechte des Grundgesetzes ist so alt wie die Verfassung selbst. In den letzten zehn Jahren hat sich ihre Intensität in zahlreichen Gesetzentwürfen, ausdrückliche Kinderrechte in das Grundgesetz aufzunehmen, gesteigert. Diese Gesetzentwürfe kennzeichnet eine zentrale, in Teilen wohl unbewusste Schwäche. Das Schutzsystem des Art. 6 GG wird zu Lasten der Kinder verändert. Dieses System ist mit einem spitzwinkligen Dreieck vergleichbar, in dem Eltern und Kinder dicht beisammenstehen. Der Staat übt in einiger Entfernung sein Wächteramt aus, greift aber entschlossen ein, wenn das Kindeswohl dies erfordert. Dieses Dreieck darf um der Kinder willen nicht gleichseitig, die Beziehung zwischen Eltern und Kindern nicht strukturell geweitet werden.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung weist hier ein Alleinstellungsmerkmal auf. Sein „Kernanliegen“ entspricht dem des Art. 6 GG. Das „bestehende wohl austarierte Verhältnis zwischen Eltern, Kindern und Staat“ ist nicht zu verändern und die „Elternverantwortung nicht zu beschränken“ (Entwurfsbegründung). Der Reformvorschlag dient so dem Kindeswohl. Er ist deshalb der beste Gesetzentwurf zu den Kinderrechten, der bisher in den Bundestag eingebracht wurde.
Die schriftliche Stellungnahme von Prof. Kirchhof ist unter diesem Link abrufbar:
Der geltende Solidaritätszuschlag verletzt das Grundgesetz – Aufsatz von Prof. Dr. Gregor Kirchhof │ Mai 2021
Der Solidaritätszuschlag wurde zum Jahr 1995 als „solidarisches finanzielles Opfer aller Bevölkerungsgruppen“ eingeführt, um die „Vollendung der Einheit Deutschlands“ zu finanzieren (Gesetzentwurf). Ab dem letzten Jahr müssen ihn aber nur noch Spitzenverdiener entrichten. Rund 90 Prozent der vormals Betroffenen wurden freigestellt. Zwar ist die innere, kulturelle und wirtschaftliche Einheit des gesamten Landes weiterhin zu stärken. Doch ist es dem solidarischen Bundesstaat selbstverständlich, strukturschwache Regionen zu fördern – sei es im Osten, Westen, Norden oder Süden des Landes. Der geltende Zuschlag stellt die gesamtstaatliche Solidarität gleich doppelt in Frage, wenn er nur einen kleinen Adressatenkreis belastet und lediglich bestimmten Regionen im Osten des Landes zugutekommt. Wer meint, durch eine solche unsolidarische Abgabe noch heute die „Vollendung der Einheit Deutschlands“ finanzieren zu können, geht von einer Teilung des Landes aus, die so nicht mehr besteht.
Der geltende Solidaritätszuschlag verletzt das Grundgesetz, DB 2021, 1039–1041.
Öffentliche Anhörung mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof im Finanzausschuss des Bundestages zur Vermögensteuer, zum Solidaritätszuschlag und zu weiteren steuerlichen Fragen │ April 2021
Am 19. April 2021 nahm Prof. Dr. Gregor Kirchhof, LL.M., an der Öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Bundestags zum aktuellen Vermögensteuergesetz, zum geltenden Solidaritätszuschlag und zu weiteren steuerlichen Fragen teil. Prof. Kirchhof zeichnete dabei die hohen verfassungsrechtlichen Hürden, die ein neues Vermögensteuergesetz meistern müsste. Zudem kam er zu dem Befund, dass der gegenwärtige Solidaritätszuschlag das Grundgesetz verletzt.
Die schriftliche Stellungnahme von Prof. Kirchhof ist unter diesem Link abrufbar:
https://www.bundestag.de/resource/blob/835458/1eef89e236b10583504ffffde367da72/03-Kirchof-data.pdf
Aufsatz von Prof. Dr. Gregor Kirchhof zu den Kinderrechten des Grundgesetzes │ März 2021
Im aktuellen Heft der Zeitschrift Recht und Politik ist ein Aufsatz von Prof. Dr. Gregor Kirchhof erschienen. Der Beitrag analysiert den aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung, ausdrückliche Kinderrechte in das Grundgesetz aufzunehmen. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Verfassungsänderung würde dem Wohl der Kinder dienen und könnte einen langen Konflikt endlich befrieden.
Kinderrechte im Grundgesetz: ein bemerkenswerter Kompromiss!, RuP 2021, 63–66.
Fehlen uns steuerrechtliche Leitbilder? – Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof beim BdSt Baden-Württemberg │ Oktober 2021
Auf der Mitgliederversammlung des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg e.V. in Stuttgart hielt Prof. Dr. Gregor Kirchhof am 12. Oktober 2021 einen Vortrag zu der Frage, ob uns steuerrechtliche Leitbilder fehlen.
Bodenwertsteuer und Grundgesetz – kurze Monographie von Prof. Dr. Gregor Kirchhof ist erschienen │ Januar 2021
Die lange Diskussion über die Grundsteuer ist in ihre entscheidende Phase getreten. Gegenwärtig werden ein Flächenmodell, Flächenmodelle mit Lagefaktor und Verkehrswertmodelle erwogen. Baden-Württemberg geht mit einer sog. Bodenwertsteuer jedoch einen Sonderweg. Für vergleichbare Grundstücke ist die gleiche Grundsteuer zu entrichten, auch wenn das eine Grundstück unbebaut ist, auf dem zweiten eine Jugendstilvilla und auf dem dritten ein Mehrfamilienhaus steht. Diese Bodenwertsteuer verletzt das Leistungsfähigkeitsprinzip, den Gleichheitssatz und die Freiheitsrechte. So eröffnet sich eine Chance. Die Bundesländer sollten sich abstimmen und Grundsteuergesetze erlassen, die am besten vollständig digital anwendbar sind und so alle Betroffenen entlasten.
Bodenwertsteuer und Grundgesetz, 2020, Finanzwissenschaftliches Institut des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg e.V., Schrift Nr. 10 (59 Seiten).
Bodenwertsteuer – Aufsatz von Prof. Dr. Gregor Kirchhof zum aktuellen Grundsteuergesetz Baden-Württembergs │ Dezember 2020
Bodenwertsteuer und Grundgesetz: Das aktuelle Grundsteuergesetz Baden-Württembergs verletzt die Verfassung, BB 2020, 2600.
Corona, die Grundrechte und das Geld – 21. Symposium des Augsburger Forums für Steuerrecht zusammen mit Prof. Dr. Heribert Anzinger, Universität Ulm │ Dezember 2020
Gemeinsam mit Prof. Dr. Heribert Anzinger von der Universität Ulm führte das Augsburger Forum für Steuerrecht am 11. Dezember 2020 ein Online-Symposium zum Thema „Corona, die Grundrechte und das Geld“ durch. Unter der Leitung von Prof. Anzinger diskutierten Prof. Dr. Matthias Cornils (Universität Mainz), Prof. Dr. Marc-Phillippe Weller (Universität Heidelberg) und Prof. Dr. Gregor Kirchhof über die finanziellen Folgen der Krise im Staatshaftungsrecht, dem Zivilrecht und dem Finanz- und Steuerrecht. Es war eine Freude, rund 120 Zuhörer virtuell begrüßen zu dürfen.
Prof. Dr. Gregor Kirchhof nimmt an einer Internet-Podiumsdiskussion zur neuen Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder teil │ Dezember 2020
Das Institut für Glücksspiel und Gesellschaft der Ruhr Universität Bochum veranstaltete am 4. Dezember 2020 eine Internet-Podiumsdiskussion zum Thema „Rechtsfragen der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder“. Unter der Leitung von Prof. Dr. Julian Krüper diskutierten Prof. Dr. Gregor Kirchhof, Prof. Dr. Martin Nettesheim und Prof. Dr. Sebastian Unger verfassungs- und europarechtliche Fragen der neuen Glücksspielbehörde.
Prof. Dr. Gregor Kirchhof wird Mitglied des Vorstandes der Münchner Europa Konferenz │ Oktober 2020
Die Münchner Europa Konferenz e. V. will ein zusätzliches, wichtiges und von Brüssel unabhängiges europaweites Forum schaffen, welches den Vertretern unterschiedlicher Bereiche ermöglicht, parteiunabhängig und übergreifend Aspekte und Anregungen zur Europäischen Integration zu erörtern. Ihre Themen sind zentrale aktuelle europäische Fragen zum Nutzen der Bürger, der Gesellschaft und der EU. Dabei geht es auch darum, das Verhältnis Europas zur weiteren Welt und insbesondere zu den angrenzenden Regionen zu verbessern.
https://europakonferenz.eu/
Der von G. Kirchhof, E. Kulosa und E. Ratschow hg. Online-Kommentar zum EStG erscheint in drei Bänden │ September 2020
Der von den Richtern am Bundesfinanzhof Dr. E. Kulosa und Dr. E. Ratschow sowie Prof. Dr. G. Kirchhof herausgegebene Kommentar zum EStG, der seit 2018 online verfügbar ist, erscheint in der „Blauen Reihe“ des Verlags C. H. Beck (drei Bände, rund 7.500 Seiten). Die insgesamt 55 Autorinnen und Autoren sind u. a. Richter am BFH (6) und an den Finanzgerichten (17), Universitätsprofessoren (12), Berater (12) sowie Mitglieder der Finanzverwaltung und Lehrbeauftragte an Hochschulen.
Kommentar zum EStG, C. H. Beck, 7.750 Seiten, Onlinekommentar seit 2018.
Aufsatz von Prof. Dr. Gregor Kirchhof zur Zukunft der Familienbesteuerung und der Frage nach einem steuerlichen System privater Aufwendungen │ September 2020
Die Besteuerung von Ehe und Familie wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Dem Steuerrecht sind die Zuspitzungen, die diese Debatte in der Vergangenheit prägten, fremd. Es fragt nüchtern, wie Ehe und Familie leistungsgerecht und mit Blick auf die innergemeinschaftliche Aufgabenteilung neutral besteuert werden. Diese Vorgaben entfalten sich im Ehegattensplitting (BVerfG), deutlich weniger aber in den derzeit erwogenen Vorschlägen, das Verfahren abzuschaffen oder zu modifizieren. Ohnehin treffen diese Vorschläge auf jeweils unterschiedliche verfassungsrechtliche Einwände. Insgesamt fehlt dem geltenden Einkommensteuerrecht ein stringentes System, wie private Aufwendungen berücksichtig werden. Das systemprägende subjektive Nettoprinzip bildete sich erst heraus, nachdem die maßgeblichen Regelungen in Kraft waren. Teil der daher notwendigen systematischen Erneuerung könnte ein leistungsgerechtes Familiensplitting sein. Das mit dem Ehegattensplitting vergleichbare sog. „echte Familiensplitting“ spiegelt demgegenüber die familiäre Gemeinschaft nicht treffend. Steuerrechtlich drängt sich ein Familienrealsplitting auf. Aber auch die erwogene Erhöhung des Kindergrundfreibetrags wahrt die Grenzen des Grundgesetzes.
Die Zukunft der Familienbesteuerung und die Frage nach einem steuerlichen System privater Aufwendungen, FR 2020, 749
Die Monographie „Das Recht auf unentgeltliche Sicherheit“ von P. Kirchhof und G. Kirchhof ist erschienen │ August 2020
Gegenwärtig drohen rechtsstaatliche Selbstverständlichkeiten verloren zu gehen. Eine Bremer Sicherheitsgebühr will Fußballvereine belasten, wenn Dritte das Umfeld einer Veranstaltung nachhaltig stören (sog. „Risikospiele“). Doch verursachen die Störer – die „Hooligans“ – und nicht die Vereine die Gewalt. Die Fußballvereine sind für Aggressionen außerhalb ihrer Einflusssphäre – den Stadien – nicht verantwortlich. Die Sicherheitsgebühr würde den „Hooligans“ ermöglichen, den „gegnerischen Verein“ durch ihre Angriffe kostenrechtlich zu belasten. Die Freiheit bei Sportveranstaltungen, Demonstrationen, Konzerten, Festivals oder Weihnachtsmärkten wäre auch wirtschaftlich gefährdet. Der Verfassungsstaat aber gewährt jedem Menschen unentgeltlich Sicherheit, gleichgültig, ob er arm oder reich, mächtig oder ohnmächtig ist. Bei besonderen Gefahrenlagen – einem gewaltauffälligen Großereignis oder einer Pandemie – erhöht er seine Schutzanstrengungen, fordert aber keine Gebühr von den Betroffenen. Dieses Recht auf unentgeltliche Sicherheit ist ein Fundament moderner Verfassungsstaatlichkeit.
Das Recht auf unentgeltliche Sicherheit. Zur Sicherheitsgebühr bei Risikoveranstaltungen, 2020 (Mohr Siebeck, 105 Seiten – mit P. Kirchhof).
Interdisziplinärer Aufruf in der FAZ zum EZB-Urteil des Bundesverfassungsgerichts und dem Kooperationsverhältnis mit dem EuGH │ Juni 2020
In einem Aufruf in der FAZ fordern Claus-Wilhelm Canaris, Otfried Höffe, Wolfgang Kahl, Peter Graf Kielmansegg, Gregor Kirchhof, Andreas Rödder, Sarna Röser, Reiner Schmidt, Eberhard Schmidt-Aßmann, Hans-Werner Sinn, Thomas Vesting, Nikolaus von Bomhard und Franz-Christoph Zeitler die Kontroverse zwischen dem Bundesverfassungsgericht und dem EuGH nicht in einem Vertragsverletzungsverfahren gegenüber Deutschland zu eskalieren. Ein solches Verfahren würde nur Verlierer hervorbringen. Die EU sollte sich auf ihre Grundlagen besinnen. Ohnehin hat das Bundesverfassungsgericht das Kooperationsverhältnis mit dem EuGH in seiner EZB-Entscheidung nicht beendet, sondern entfaltet.
Auf die europäischen Grundlagen besinnen, FAZ 4. Juni 2020, Nr. 128, S. 7.
Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof zur Familienbesteuerung auf dem 74. Berliner Steuergespräch │ Juni 2020
Auf dem 74. Berliner Steuergespräch, das als „Webinar“ durchgeführt wurde, hat Prof. Dr. G. Kirchhof einen Vortrag zum Thema „Familienbesteuerung – ist das Steuerrecht auf der Höhe der Zeit?“ gehalten. Weitere Vorträge und Beiträge zu der von RA Dr. A Richter geleiteten Podiumsdiskussion gaben Prof. Dr. J. Englisch (Münster), Prof. Dr. A. Sanders (Bielefeld), A. Wagner (Abteilungsleiterin, Finanzministerium Brandenburg) und Richter am BFH Dr. M. Wittwer.
Beitrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof in der DStR zum Belastungsgrund von Steuern und dem verfassungsrechtlichen Auftrag, die Grundsteuer zu reformieren │ Mai 2020
Die Reform der Grundsteuer ist in ihre entscheidende Phase getreten. Das Grundsteuergesetz des Bundes verletzt das Grundgesetz. Die ebenfalls reformierte Kompetenzordnung erlaubt den Bundesländern aber, eigene Grundsteuergesetze an die Stelle des Bundesgesetzes zu setzen. Diese sog. Öffnungsklausel müssen die Länder nutzen. Ansonsten versiegt mit der Grundsteuer eine finanzielle Lebensader der Gemeinden. Die Grundsteuer ist aus dem im Gesetz erkennbaren Belastungsgrund von anderen Steuern zu unterscheiden und folgerichtig zu bemessen (BVerfG). Dieser verfassungsrechtliche Auftrag fragt nach dem Institut des steuerlichen Belastungsgrundes und der Rechtfertigung der Grundsteuer. Die erwogenen Verkehrs-, Kosten- und Bodenwertmodelle begegnen wie die Bodenrichtwerte verfassungsrechtlichen Einwänden. Das Flächenmodell rechtfertigt die Grundsteuer sachgerecht als Äquivalenzabgabe. Es sollte um einen pauschalen Regionalwert ergänzt werden. Der Beitrag endet mit einem Vorschlag, wie der Belastungsgrund und die grundsätzliche Bemessung der Grundsteuer gesetzlich geregelt werden könnten.
Der Belastungsgrund von Steuern – zum verfassungsrechtlichen Auftrag, die Grundsteuer zu reformieren, DStR 2020, 1073.
„New Deal für die EU“ – Beitrag von Prof. Dr. Andreas Rödder und Prof. Dr. Gregor Kirchhof für den Podcast „Der achte Tag“ │ Mai 2020
„Der Historiker und der Experte für Öffentliches Recht schlagen drei Punkte vor, durch die Europa nach der Krise zusammenrücken soll, statt auseinander zu fallen.
Ein Rückbau der EU ist nicht ausgeschlossen, sagen Prof. Dr. Rödder und Prof. Dr. Kirchhof. Die nächsten Jahre könnten aber auch einen europäischen Frühling bringen. Der Historiker und der Experte für Öffentliches Recht sind zuversichtlich, dass Europa diesen Weg in Richtung Frühling einschlagen kann. Dazu braucht es – so glauben die beiden – einen New Deal der EU-Staaten untereinander, aber auch einen New Deal für den Euro. Wie diese Deals aussehen sollten und warum das umstrittene Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Anleihekäufen der EZB hoffen lässt, erklären Andreas Rödder und Gregor Kirchhof in dieser Ausgabe.“
(Gabor Steingart, Das Morning Briefing, 29.5.2020)
Den Podcast finden sie unter diesen Links:
https://der-achte-tag.podigee.io/59-neue-episode
https://open.spotify.com/episode/469FIeS0pJNn3qlPb6aUDw?si=8Dj5G-CGQpeCXdB3jU_5dQ
Beitrag von Prof. Dr. Andreas Rödder und Prof. Dr. Gregor Kirchhof in der NZZ zu der Frage, was die Staaten und die EU aus der Krise lernen können │ Mai 2020
Europas Antwort auf die Krise, den globalen Wettbewerb, auch auf autoritäre und wirtschaftlich zuweilen erfolgreiche Staaten sollte deutlicher denn je lauten: Freiheit in Solidarität. Es ist Zeit – so fahren Andreas Rödder und Gregor Kirchhof in ihrem Gastbeitrag für die Neue Zürcher Zeitung fort – für einen „New Deal“ für den Euro sowie für eine institutionalisierte G-20. Die Quellen für einen Neuanfang sind vorhanden: die kreative und solidarische Kraft der Zivilgesellschaften, die internationale Kooperation der Staaten und das Vertrauen in Selbstverantwortung und Solidarität. Sie klug und neu zu nutzen, ist das Gebot der Stunde.
Neue Zürcher Zeitung, Montag, 4. Mai 2020, S. 8
Vortrag von Prof. Dr. Gregor Kirchhof beim Sächsischen Steuerkreis zur Grundsteuer │ Februar 2020
Beim Sächsischen Steuerkreis in Leipzig hielt Prof. Dr. Gregor Kirchhof einen Vortrag zum Thema „Die neue Grundsteuer“. Die weiteren eingeladenen Vortragenden waren Dr. Andreas Dressel (Finanzsenator der Freien und Hansestadt Hamburg) und Volker Freund (Leiter der Steuerabteilung des Bay. Staatsministeriums der Finanzen). Im Anschluss leitete Prof. Dr. M. Desens die Diskussion über die noch offene Entwicklung der Besteuerung von Grund und Boden in den 16 Bundesländern.
Kaminabend in Düsseldorf über die Zukunft der Grundsteuer │ Januar 2020
Die künftige Ausgestaltung der Grundsteuer diskutierten auf dem von ZIA, Region West, organisierten Kaminabend Lutz Lienenkämper (Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen) sowie Dr. Hans Volkert Volckens (KPMG) mit Prof. Dr. Gregor Kirchhof in Düsseldorf.
Der von Prof. Dr. Gregor Kirchhof, Mario Keller und Prof. Dr. Reiner Schmidt herausgegebene Sammelband „Europa: In Vielfalt geeint!“ ist erschienen │ Dezember 2019
Die europäische Integration hat den Europäern ein nie gekanntes Maß an Frieden, Freiheit, Wohlstand und innerer Einigung gebracht. Doch diese historischen Errungenschaften sind gegenwärtig in Gefahr. Es ist höchste Zeit, ein neues europäisches Kapitel aufzuschlagen. Was ist das Europäische an Europa und wie können wir es sichern? Der von Prof. Dr. Gregor Kirchhof, Mario Keller und Prof. Dr. Reiner Schmidt herausgegebene Sammelband vereint 30 unterschiedliche Blickwinkel auf die europäische Integration. Zu den Perspektiven ausgewählter Mitgliedstaaten und der europäischen Organe treten Analysen der Weltmächte, spezifischer europäischer Fragestellungen und unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen – der Geschichte, Ökonomie, Philosophie, des Rechts und von Religion und Ethik. Zentrales Anliegen ist, Europa aus seiner Identität, dem europäischen Menschenbild und seinem einzigartigen Charakter als Staatengemeinschaft, zu erneuern. Insgesamt bedarf es keiner grundlegenden Reformen. Die Union muss sich aber wieder mehr auf ihre Gründungsideen besinnen: auf die Rechtsgemeinschaft, den Binnenmarkt, die Währungsunion und die Solidarität in ihren rechtlichen Grenzen, die begrenzte Einzelermächtigung, die Subsidiarität, die Richtlinie. Das europäische Vertragsrecht weist hier seit jeher einen Weg, der gegenwärtig fast revolutionär erscheint. Die Europäische Union muss neue Aufgaben übernehmen, gleichzeitig aber die Mitgliedstaaten stärken. Es gilt, das kostbarste Gut Europas zu pflegen, das Vertrauen seiner Bürger.
https://www.beck-shop.de/kirchhof-keller-schmidt-europa-vielfalt-geeint/product/29637519
Vortrag beim Festakt von Pulse of Europe in Koblenz anlässlich des zehnten Geburtstags des Vertrags von Lissabon │ Dezember 2019
Am 1. Dezember 2019 feierte Pulse of Europe den zehnten Geburtstag des Vertrags von Lissabon in einem Festakt im historischen Ratssaal von Koblenz. Nach einer Eröffnung der Veranstaltung durch die Kulturdezernentin der Stadt PD Dr. Margit Theis-Scholz und einem Impuls von Dr. Jutta Lange-Quassowski (Pulse of Europe Koblenz) hielt Prof. Dr. Gregor Kirchhof den Festvortrag zur gegenwärtigen Verfassung der Europäischen Union. Die EU hat – so Gregor Kirchhof – mit der Struktur als Verbund demokratischer Rechtsstaaten eine stimmige und hinreichend flexible Form gefunden, die es zu wahren und zu erneuern gilt. Insgesamt schöpft die europäische Integration aus drei Kraftquellen, den europäischen Organen, den Mitgliedstaaten und den unterschiedlichen Zivilgesellschaften. Diese Quellen sind sorgsam zu pflegen und zu balancieren. Nur in ihrem Zusammenwirken werden die anstehenden Großaufgaben zu bewältigen sein – der Klimaschutz, die innere, äußere und digitale Sicherheit, der Erhalt der sozialen Marktwirtschaft, die Flüchtlings- und Entwicklungshilfe, auch die grundlegende Stärkung der europäischen Integration. Europa ist vor allem aus seinen unterschiedlichen Zivilgesellschaften zu erneuern.
https://www.blick-aktuell.de/Berichte/Die-Europaeische-Union-In-Vielfalt-geeint-423987.html
Zwei Beiträge zum aktuellen Vorschlag, ausdrückliche Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern │ November / Dezember 2019
Die lange Diskussion über die Kinderrechte des Grundgesetzes ist in die entscheidende Phase getreten. Vor wenigen Wochen hat die nach dem Koalitionsvertrag gegründete Bund-Länder-Arbeitsgruppe Vorschläge unterbreitet, neue Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen. Auf dieser Grundlage wurde ein Referentenentwurf erarbeitet. Im Kern würde ein Recht jeden Kindes auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Grundrechte und die Verpflichtung der öffentlichen Hand auf das Kindeswohl ausdrücklich in einem neuen Art. 6 Abs. 1a GG geregelt. Das geltende Schutzkonzept des Art. 6 GG würde so erheblich verändert. Dieses kann als spitzwinkliges Dreieck beschrieben werden, in dem die Eltern und Kinder dicht beisammenstehen. In einer Entfernung übt der Staat sein Wächteramt aus. Würde nun die öffentliche Hand ausdrücklich auf den Schutz sowie die Förderung aller Grundrechte und des Wohles der Kinder verpflichtet, träte der Staat neben die Eltern in einer eigenen neuen Verfassungsverantwortung für Kinder. Die Grundrechte betreffen nahezu alle Lebenslagen. Der Staat wäre daher in sehr vielen Lebensbereichen berechtigt und verpflichtet – aus dem spitzwinkligen würde ein gleichseitiges Dreieck. Der Vorschlag, die in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geregelte Elternverantwortung auf das Wohl und die Rechte der Kinder auszurichten und damit den Staat nur in seinem Wächteramt zu stärken, wurde von der Mehrheit der Arbeitsgruppe abgelehnt. Doch ist ein ausdrücklicher verfassungsrechtlicher Schutz der Kinder insgesamt nicht von der Familie zu trennen. Das Dreieck zwischen Kindern, Eltern und Staat muss um der Kinder Willen spitzwinklig, die Nähe zwischen Eltern und Kindern gewahrt bleiben.
Kinder, Eltern, Staat – NJW Editorial 47/2019
https://rsw.beck.de/rsw/upload/NJW/Editorial_47-2019.pdf
Kinderrechte und Elternverantwortung im Grundgesetz, RuP 4/2019
https://www.duncker-humblot.de/zeitschrift/recht-und-politik-rup-9/?page_id=1
Anhörung im Finanzausschuss im Bundestag zum Geldwäschegesetz │ November 2019
Am 6. November 2019 nahm Prof. Dr. Gregor Kirchhof an der Öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie teil. Bereits durch die 4. EU-Geldwäscherichtlinie wurde ein Transparenzregister geschaffen, das über die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen informiert. Durch die gesammelten Daten soll der Kampf gegen Geldwäsche und die Finanzierung der organisierten Kriminalität sowie des Terrorismus gestärkt werden. Das Transparenzregister dient damit Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung. Die 5. EU-Geldwäscherichtlinie will nun der Öffentlichkeit einen Zugang zum Register ermöglichen. Eine Einsicht der Öffentlichkeit würde aber den internationalen, europäischen und nationalen Datenschutz in seinem bemerkenswerten Gleichklang verletzen. Die wichtigen Anliegen des Registers werden durch den öffentlichen Zugang nicht maßgeblich gestärkt. Die öffentliche Information aber verdrängt den Datenschutz der Betroffenen vollständig und setzt diese erheblichen Gefahren aus, Opfer einer Entführung, von Erpressung, Schikane, Einschüchterung oder Unternehmensspionage zu werden. Die Bundesregierung muss daher – so fährt Prof. Dr. Gregor Kirchhof in seiner Stellungnahme fort – auf europäischer Ebene versuchen, eine Änderung der beschlossenen Richtlinie zu bewirken oder – falls dies nicht gelingt – die Verordnung durch den EuGH prüfen lassen. Nach den nationalen Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie sollte die Registrierungsstelle die Verantwortung für den Datenschutz übernehmen (Art. 8 Abs. 3 EU-Grundrechtecharta). Angesichts des Rechts auf Achtung der Privatsphäre der Betroffenen und der erheblichen Gefahren für die wirtschaftlich Berechtigten, Opfer von Kriminalität zu werden, ist der Zugang zum Transparenzregister zu verwehren, wenn der Antragsteller kein überzeugendes Informationsanliegen darlegen kann. Die Betroffenen sind grundsätzlich über einen Antrag auf Registereinsicht, den Antragsteller und sein Einsichtsinteresse zu informieren.
Die Stellungahme von Prof. Dr. Gregor Kirchhof finden Sie unter diesem Link:
https://www.bundestag.de/resource/blob/666612/82807e3ec104e61db3da1f83050b5ff5/12-Kirchhof-data.pdf
"Best Speaker" beim Hansemoot 2019 │ November 2019
Auch beim zweiten Hansemoot, einem bundesweiten Moot Court im Verfassungsrecht an der Universität Hamburg, hat ein Team der Universität Augsburg (mit Laura Mähle, Alexandra Stoll, Jonathan Wehrstein und Claudia Westenkirchner) teilgenommen.
Frau Mähle wurde als „Best Speaker“ des gesamten Moot Courts besonders ausgezeichnet. Prof. Dr. Gregor Kirchhof, LL. M. und Prof. Dr. Matthias Rossi betreuten das Team während der Bearbeitungsphase.
Prof. Dr. Gregor Kirchhof arbeitet für ein Jahr als Fellow am Forschungskolleg normative Gesellschaftsgrundlagen in Bonn
Seit Oktober 2019 ist Prof. Dr. Gregor Kirchhof für ein Jahr Fellow an dem von Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio gegründeten Forschungskolleg normative Gesellschaftsgrundlagen in Bonn. Das westliche Gesellschaftsmodell gründet in normativen und faktischen Ordnungen, die auch in gängigen Verhaltensweisen verankert sind. Der interdisziplinäre Ansatz des Kollegs versucht, die Funktionssysteme – Wirtschaft, Politik, Recht, Wissenschaft, Religion – und die normative Ordnungsbildung zu analysieren. Institutionen verbinden – dies ist ein zentraler Ansatz – die Gesellschaft mit den Funktionssystemen und den öffentlichen Händen, mit dem Staat, der Europäischen Union und auch bestimmten internationalen Organisationen. So macht die Institution der sozialen Marktwirtschaft die freie Wirtschaft für die Menschen akzeptabel. Wahlen führen politische Macht auf das Volk zurück. Juristen vertraut ist auch der Rechtsstaat als verfassungsrechtliches Strukturprinzip, der politische Herrschaft insbesondere in der Verfassungs- und Gesetzesbindung beschränkt und gleichzeitig das Recht an die Politik bindet, wenn diese die Gesetze erlässt. Als Institution speichert der Rechtsstaat aber auch Alltagsverhalten, spendet eine Friedens- und Entfaltungsordnung. Insgesamt geht es der normativ informierten Institutionenanalyse auch um empirische Fragen, etwa welche Leistungen Institutionen erbringen und wo diese Leistungen bereits durch andere Formen sozial stabilisierter Verhaltensmuster ergänzt oder ersetzt werden. Ideengeschichtliche Herleitungen sind ebenso wichtig wie sozialwissenschaftliche Interpretationsangebote und Modellannahmen.
Entwicklung des Steuerstrafrechts – 20. Symposium des Augsburger Forums für Steuerrecht │ Oktober 2019
Unter der Leitung von Prof. Dr. Gregor Kirchhof diskutierten der Richter am Landgericht Dr. Markus Ebner, LL.M., Oberstaatsanwalt Kai Sackreuther, der Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D. Prof. Dr. Michael Eichberger, Rechtsanwalt Hans-Peter Huber und der Präsident des Landesamtes für Steuern Dr. Roland Jüptner, Ri. am BFH a.D., aktuelle Fragen des Steuerstrafrechts. Im Anschluss an die Impulsreferate und die Debatten auf dem Podium entspann sich eine lebhafte Diskussion mit den rund 70 Teilnehmern der Veranstaltung.
http://cms.steuerforum-augsburg.de/wp-content/uploads/2019/09/190923_Folder_web.pdf
Seminar auf der Fraueninsel │ Oktober 2019
Zusammen mit Dr. Matthias Scheifele, Partner im Bereich des Steuerrechts der Kanzlei Hengeler Mueller in München, und dessen Kollegen Dr. Gunther Wagner und Dr. Markus Ernst leitete Prof. Dr. Gregor Kirchhof ein Seminar zu aktuellen Fragen des Steuerrechts in der Abtei Frauenwörth auf der Fraueninsel im Chiemsee. Höhepunkt für die über 20 studentischen Teilnehmer und die Leiter war bei strahlendem Sonnenschein auch der Ausflug zum Schloss Herrenchiemsee.
Impuls in der FAZ zur Zukunft Europas von 22 Vertretern aus Politik und Wissenschaft mit der Münchner Europa Konferenz │ September 2019
Die Unterstützer des Impulses sind in neun Mitgliedstaaten der Europäischen Union und fünf wissenschaftlichen Disziplinen beheimatet - Finanzwissenschaft, Geschichte, Philosophie, Politik, Recht.
"Es ist an der Zeit, Europa aus seiner Identität zu erneuern, dem europäischen Menschenbild und dem einzigartigen Charakter als Staatengemeinschaft. Die Europäische Union muss neue Aufgaben übernehmen, gleichzeitig aber die Mitgliedstaaten stärken. Finale Perspektiven sind für die Beschreibung und Erneuerung Europas oft wenig ergiebig. Insgesamt bedarf es keiner grundlegenden Reformen. Die Union muss sich aber wieder mehr auf ihre Gründungsideen besinnen: auf die Rechtsgemeinschaft, den Binnenmarkt, die Währungsunion und die Solidarität in ihren rechtlichen Grenzen, die begrenzte Einzelermächtigung, die Subsidiarität, die Richtlinie. Das europäische Vertragsrecht weist hier seit jeher einen Weg, der gegenwärtig fast revolutionär erscheint. Es gilt, das kostbarste Gut Europas zu pflegen, das Vertrauen seiner Bürger in die europäische Rechtsgemeinschaft."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. September 2019, Nr. 224, 7
Die F.A.Z.-Seite ist hier abrufbar.
Den vollständigen Text finden sie unter www.faz.net/einspruch und unter diesem Link.
Anhörungen im Bundestag zur Reform der Grundsteuer │ September 2019
Am 11. September 2019 fanden gleich zwei Anhörungen im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zur Reform der Grundsteuer statt. Die erwogene Grundgesetzänderung begrüßte Prof. Dr. Gregor Kirchhof, LL.M. Hiernach soll der Bund die unbeschränkte Kompetenz erhalten, die Grundsteuer neu zu regeln. Die Länder dürfen aber in einer sog. "Öffnungsklausel" eigene Grundsteuergesetze erlassen, die dann an die Stelle des Bundesgesetzes treten. Das von der Bundesregierung vorgelegte neue Grundsteuergesetz verletzt jedoch - so Prof. Dr. Gregor Kirchhof - die Verfassung. Die Forderung, die Steuer aus ihrem im Gesetz ersichtlichen Belastungsgrund gleichmäßig und folgerichtig zu bewerten, wird nicht erfüllt, obgleich das Bundesverfassungsgericht diese Vorgabe in seiner Grundsteuer-Entscheidung hervorgehoben hat. Zudem sei das Gesetz zu kompliziert. Der viel zu hohe Verwaltungsaufwand werde wahrscheinlich dazu führen, dass viele Bundesländer die Öffnungsklausel nutzen und eigene Grundsteuergesetze erlassen werden, die alle Steuerbetroffenen entlasten - die Gemeinden, den Fiskus, die Gerichte und die Steuerpflichtigen.
Die Stellungnahme von Prof. Kirchhof ist unter diesem Link abbrufbar:
Podiumsdiskussion zum 70. Geburtstag des Bundes der Steuerzahler │ September 2019
Am 10. September 2019 feierte der Bund der Steuerzahler seinen 70. Geburtstag. Den Festvortrag in den Bolle Festsälen in Berlin hielt Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. Unter der Leitung des Präsidenten des Bundes der Steuerzahler Reiner Holznagel diskutierten sodann Dr. Ursula Weidenfeld (Journalistin), Gabor Steingart (Journalist) und Prof. Dr. Gregor Kirchhof aktuelle Fragen der Finanz- und Steuerpolitik.
Die Frage nach den Kinderrechten des Grundgesetzes │ August 2019
Das aktuelle Heft der "Stimme der Familie" fragt, ob neue Kindergrundrechte in das Grundgesetz aufgenommen werden sollten. Die Antwort der unterschiedlichen Autoren ist eindeutig: Einer Verfassungsänderung bedarf es nicht. Das Schutzkonzept in Art. 6 GG ist ausgewogen und hat sich bewährt. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wurde gleichwohl vereinbart, ausdrückliche Kinderrechte in die Bundesverfassung aufzunehmen. Diese Forderung hat sich in den letzten zehn Jahren insbesondere in Verweisen auf die UN-Kinderrechtskonvention und die Landesverfassungen intensiviert. Doch bieten diese Rechtstexte weder Anlass noch Vorbild für eine Änderung des Grundgesetzes. Selbst Befürworter einer Verfassungsnovelle betonen, die feine grundgesetzliche Balance zwischen Kindern, Eltern und Staat solle nicht verändert werden. Wenn die Politik gleichwohl darauf besteht, das Grundgesetz um Regelungen zu Gunsten der Kinder zu erweitern, ist in einer behutsamen Reform die Elternverantwortung des Art. 6 Abs. 2 GG zu präzisieren.
Kindeswohl und Grundgesetz, Stimme der Familie, 2019, 9 ff.
Europa: In Vielfalt geeint! – Forschungsprojekt │ Juni 2019
Zusammen mit Prof. Dr. Reiner Schmidt und Mario Keller (Münchner Europakonferenz e. V.) hat Prof. Dr. Gregor Kirchhof, LL. M., ein Forschungsprojekt zur Zukunft der Europäischen Union in Kooperation mit der Münchner Europa Konferenz e. V. auf den Weg gebracht. Ende Juni 2019 hat die international besetzte Autorentagung stattgefunden.
Das Forschungsprojekt will die historischen Errungenschaften der europäischen Integration stärken und das europäische Anliegen weiterdenken. Die Diskussion über die Entwicklung der Europäischen Union ist im vollen Gange. Zentrale Weichen scheinen zeitnah gestellt zu werden, zahlreiche Reformvorschläge werden unterbreitet. Die Anregungen unterscheiden sich in ihren Grundlagen, Motiven, dem Verständnis der Union und folglich auch in den erwogenen Reformen. Eine zusammenführende Orientierung könnte hilfreich sein. Ganz im Sinne des Mottos der Union, in Vielfalt geeint zu sein, ist das Anliegen des Projekts, die Blicke auf die EU und die europäischen Zukunftsdiskussionen der europäischen Organe, ausgewählter Mitgliedstaaten, der Weltmächte sowie bestimmter Institutionen und Disziplinen zu sammeln und auszuwerten. Auf dieser Grundlage soll der Raum für realisierbare und einende Reformen vermessen sowie eine eigene konkrete Anregung zur Zukunft Europas gegeben werden. Die Expertisen und die aus diesen gewonnene Synthese werden in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht. Der entspr. Sammelband ist beim Verlag C. H. Beck erschienen.
https://www.beck-shop.de/kirchhof-keller-schmidt-europa-vielfalt-geeint/product/29637519
Veröffentlichung in der ZG: Das „Gute-KiTa-Gesetz” verletzt das Grundgesetz │ Juni 2019
Das sog. „Gute-KiTa-Gesetz” ist verfassungswidrig. Der Bund hatte nicht die Kompetenz, das Gesetz zu erlassen. Er darf auch die vorgesehenen Staatsverträge mit den Ländern nicht schließen. Die Verpflichtung der Länder, Verträge mit dem Bund zu vereinbaren, verletzt ersichtlich deren Autonomie. Das Monitoring- und Evaluationssystem droht, die Verwaltungszuständigkeiten der Länder grundgesetzwidrig einzuschränken. Auch durften die Finanzzuweisungen an die Länder nicht an Bedingungen geknüpft werden. Der Bund sollte in einem neuen Gesetz elementare Mindeststandards für Kinderbetreuungseinrichtungen verbindlich vorgeben und die Finanzkraft der Länder ohne Befristung und Bedingung stärken. Dann würde die Qualität der Kinderbetreuung umgehend und langfristig verbessert. Der Bund lenkt nach der klaren Ordnung des Grundgesetzes nicht durch Finanzen, nicht durch goldene Zügel und auch nicht durch ein Evaluationssystem, sondern durch Recht.
Das „Gute-KiTa-Gesetz” verletzt das Grundgesetz – der drängende Auftrag, die Kinderbetreuung zu verbessern, wird vernachlässigt, ZG 2019, 139 ff.
Vortrag und Podiumsdiskussion zur Zukunft der Grundsteuer und Grunderwerbsteuer │ Juni 2019
Prof. Dr. Gregor Kirchhof hielt auf einem vom ZIA organisierten Symposium einen Vortrag zur Zukunft der Grundsteuer und Grunderwerbsteuer. Im Anschluss diskutierten die aktuellen Reformvorschläge auf dem von Dr. Hans Volkert Volckens (KPMG, Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Steuerrecht) geleiteten Podium Dr. Rolf Bösinger (Staatssekretär im BMF), Fritz Güntzler (MdB, CDU/CSU), Reiner Holznagel (Präsident des Bundes der Steuerzahler Deutschland e. V.), Prof. Dr. Gregor Kirchhof und Lisa Paus (MdB, Bündnis 90/ DIE GRÜNEN).
Zweiteiliger Aufsatz zur verfassungsgeforderten Neubemessung der Wettbürosteuern in der Kommunalen Steuerzeitung (KStZ) │ Mai / Juni 2019
Seit einigen Jahren erheben Städte und Gemeinden sog. Wettbürosteuern als örtliche Aufwandsteuern. Der Besteuerung unterliegt der Aufwand für das Wetten in Wettbüros, in denen die bewetteten Sportereignisse über Bildschirme mitverfolgt werden können. Noch bis vor wenigen Jahren wurden Wettbürosteuern nicht am Wetteinsatz, sondern an der genutzten Veranstaltungsfläche der Wettbüros bemessen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Bemessungsgrundlage für gleichheitswidrig erklärt. Die Fläche des Wettbüros spiegelt den Spielbetrieb und damit den von den Spielern erbrachten Aufwand nicht sachgerecht. In dem knappen Hinweis, mit dem Wetteinsatz stehe ein sachgerechter „Wirklichkeitsmaßstab“ für die Besteuerung zur Verfügung, hat das Gericht die Kommunen jedoch in die verfassungsrechtliche Irre geführt und einen neuen Verfassungsverstoß bewirkt. Die daher notwendige Reform der Wettbürosteuern ist von Verfassungs wegen behutsam durchzuführen, wollen die Gemeinden die Steuereinnahmen nicht verlieren.
Die verfassungsrechtlich geforderte Neubemessung der Wettbürosteuern, KStZ 2019, 81 ff., 106 ff.
Vortrag und Podiumsdiskussion zur Zukunft der Grundsteuer │ Mai 2019
Karlheinz Konrad (Referatsleiter, Bayerisches Staatsministerium der Finanzen) und Prof. Dr. Gregor Kirchhof hielten in einer vom BFW organisierten Veranstaltung in München Vorträge zur Reform der Grundsteuer, die sie sodann mit RA StB Dr. Christian Birkholz (MAZARS, Berlin) und Dr. Rudolf Pauli (Deloitte, München) diskutierten.
Seminar in Wien │ Mai 2019
Zusammen mit Prof. Dr. Bettina Spilker (Universität Wien), Dr. Stefan Schumann (JKU Linz) und Dr. Rainer Spatscheck (Partner, Kantenwein) leitete Prof. Dr. Gregor Kirchhof ein Seminar zu aktuellen Fragen des Ertrag-, Finanz- und des Umsatzsteuerrechts, das an der Universität Wien stattgefunden hat. Höhepunkt für die rund 15 Teilnehmer aus Wien, die 18 teilnehmenden Studenten von der Universität Augsburg und die Seminarleiter war der Besuch einer Vorstellung des Burgtheaters sowie die Führung durch das Theater durch Andreas Bloch, den Künstlerischen Betriebsdirektor des Hauses.
Seminar im Rahmen des BFH-Moot-Courts │ April / Mai 2019
Die Fakultät nimmt mit einem Studenten-Team am vom BFH organisierten Moot-Court teil (Teilnehmer: 7). Das Seminar, das an mehreren Terminen im Rahmen des Moot-Courts durchgeführt wurde, leiteten Ri. am FG Prof. Hagen Kobor und Prof. Gregor Kirchhof.
Doktorandenseminar des Graduiertenzentrums der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg │ März 2019
Am 24. und 25. März 2019 fand das Doktorandenseminar des Graduiertenzentrums der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg statt. Gemeinsam mit zehn Doktoranden trafen sich Prof. Gregor Kirchhof, LL. M., Dr. Stefan Lorenzmeier, LL. M. und Dr. Carmen Freyler, akad. Rätin a. Z. und Habilitandin am Lehrstuhl von Prof. Martina Benecke, für das zweitägige Seminar in der Abtei Frauenwörth auf Frauenchiemsee.
Die Doktoranden aus dem In- und Ausland präsentierten ihre Forschungsvorhaben, die die Teilnehmer im Anschluss ausgiebig diskutierten. Thema des abendlichen Kamingesprächs mit Herrn Dr. Stefan Lorenzmeier, LL. M. und einer Doktorandin aus der Ukraine waren völkerrechtliche Fragen des Ukraine-Konflikts – auch aus der Perspektive der Europäischen Union. Am zweiten Tag hielt Dr. Carmen Freyler einen Vortrag über die letzten Schritte einer Dissertation. Die Veranstaltung endete mit einem Besuch des Museums „Der Weg zum Grundgesetz – Verfassungskonvent und Herrenchiemsee 1948” im Augustiner-Chorherrenstift auf Herrenchiemsee.
Offener Brief von 16 Universitätsprofessoren an den Bundesfinanzminister │ März 2019
„Die mühsame Reform der Grundsteuer hat” – so die F.A.Z. vom 6. März 2019 (Nr. 55, Seite 17) – „16 Universitätsprofessoren aufgeschreckt. ‚Wir erlauben uns, unserer großen Sorge um eine verfassungskonforme und zielführende Reform der Grundsteuer Ausdruck zu verleihen’, heißt es in ihrem Brief an Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) [...]. Die Wissenschaftler plädieren im Ergebnis für eine gesetzgeberische Revolution: ‚Der Bund sollte auf eine Neuregelung verzichten’, heißt es in dem Schreiben, das der F.A.Z. vorliegt. Sie verweisen auf die unklare Reichweite seines Rechts, die Grundsteuer fortzuschreiben. ‚Es ist verfassungsrechtlich zu riskant, eine echte Reform der Grundsteuer, die substantielle Vereinfachung ermöglicht, auf diese enge Fortschreibungskompetenz zu stützen. Umgekehrt dürfen die Kompetenzerwägungen aber auch nicht zu einem unnötig komplizierten Grundsteuerrecht führen, das den Steuerbetroffenen langfristig erhebliche Verwaltungslasten auferlegt.’ Der Bund sollte nach den Vorstellungen der Professoren den Ländern den Raum geben, selbst Grundsteuergesetze zu beschließen, die folgerichtig und einfach zu vollziehen seien. ‚Die Landtage wissen am besten um die Lage ihrer Kommunen und um die wirtschaftlichen Verhältnisse vor Ort’, schreiben sie. Die Ertragskompetenz liege ohnehin bei den Gemeinden, die den Ländern angehörten. ‚Den Bürgern, der Verwaltung und dem – doch sehr unter Druck stehenden – deutschen Föderalismus wäre damit in einer Weise gedient, die den Bund nicht schmerzt.’”
Vortrag beim Symposium des BID zur aktuellen Steuerpolitik im Haus der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin │ Februar 2019
Beim Symposium zum Thema „Um-Steuern – Steuerpolitik im Fokus” des BID hielten Jürgen M. Schick (IVD Präsident, auf dem Bild rechts), Dr. Rolf Bösinger (Staatssekretär im BMF) und Prof. Dr. Gregor Kirchhof am 13. Februar 2019 Vorträge zu den aktuellen Vorschlägen, die Grundsteuer zu reformieren. Die Erwägungen wurden sodann unter der Leitung von Ingeborg Esser (Geschäftsführung des GdW) mit Dr. Andreas Dressel (Finanzsenator der Freien und Hansestadt Hamburg), Bernhard Daldrup (MdB), Daniel Föst (MdB), Fritz Güntzler (MdB) und Christian Kühn (MdB) im Haus der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft diskutiert.
Aufsatz in der DStR zu den aktuellen Vorschlägen, die Grundsteuer zu reformieren │ Dezember 2018
Das BVerfG hat die geltende Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Wollen die Gemeinden die Einnahmen von rund 14 Milliarden Euro nicht verlieren, muss der Gesetzgeber bis zum 31.12.2019 eine grundgesetzkonforme grundsteuerliche Bewertung in Kraft setzen. Die Grundsteuer ist von Verfassungs wegen gleichheitsgerecht aus ihrem spezifischen und erkennbaren Belastungsgrund zu bemessen, muss sich rechtserheblich von der Vermögensteuer unterscheiden und die engen Belastungsgrenzen des Grundgesetzes wahren (BVerfG). Die erwogenen Verkehrs- und Kostenwertmodelle und das jüngst vom BMF skizzierte Mietmodell folgen diesen Vorgaben nicht. Das vorgeschlagene Äquivalenzmodell, das Parallelen zum Flächenmodell des BMF aufweist, ist demgegenüber verfassungskonform. Beide Reformvorschläge würden aber die Belastungsgründe der Grundsteuer als Äquivalenz- und Objektabgabe besser aufnehmen, wenn sie um einen geringen gemeindepauschalen Regionalwert ergänzt würden.
Die grundgesetzlichen Grenzen der Grundsteuerreform. Verfassungsrechtliche Analyse der Reformvorschläge für eine Neubemessung der Grundsteuer, DStR 2018, 2661 ff.
Seminar zu Grundsatzfragen des Steuerrechts │ Dezember 2018
Zusammen mit den Rechtsanwälten und Steuerberatern Ulrich Derlien und Wolfgang Löhr leitete Prof. Dr. Gregor Kirchhof das Seminar zu Grundsatzfragen des Steuerrechts, das in den Räumen der Kanzlei Sonntag & Partner in Augsburg stattfand und in gespielten mündlichen Gerichtsverhandlungen durchgeführt wurde.
Öffentliche Anhörung im Bundestag zum sog. „Gute-Kita-Gesetz” │ November 2018
Bei der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages kritisierte Gregor Kirchhof den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (BT-Drs. 19/4947). Das Gesetz greife grundgesetzwidrig in die Gesetzgebungskompetenzen der Länder ein, schaffe ein für die Länder aufwändiges Selbstbindungs-, Berichts- und Evaluationssystem, ohne die Qualität der Kinderbetreuung unmittelbar zu verbessern. Der Bund lenkt in der klaren Ordnung des Grundgesetzes nicht durch solche Systeme, auch nicht durch die goldenen Zügel von Finanzzuweisungen, sondern durch Recht. Das Gesetzgebungsverfahren sollte genutzt werden, um grundlegende Mindeststandards der Kinderbetreuung in den für das Sozialgefüge elementaren Qualitätsbereichen zu setzen. Die schriftliche Stellungnahme ist unter dem folgenden Link verfügbar:
https://www.bundestag.de/blob/576142/de002ce9826c2f759a358fe859bbec4d/19-13-23e-data.pdf
Symposium zur Digitalsteuer │ November 2018
Unter der Leitung von Prof. Dr. Oliver Zugmaier diskutierten der Präsident des Bayerischen Landesamtes für Steuern Dr. Roland Jüptner, RA Albert Schlund und Richter am BFH Dr. Michael Schwenke die aktuellen Vorschläge zur Besteuerung der Digitalwirtschaft. Auf Einladung des Augsburger Forum für Steuerrecht e. V. wurden die erwogenen Rechtsnovellen mit den rund 50 Zuhörern lebhaft und im Ergebnis kritisch erörtert.
Diskussion zu den Kinderrechten des Grundgesetzes │ November 2018
Prof. Dr. Margarete Schuler-Harms, Prof. Dr. Jörg Maywald, Prof. Dr. Frank Schorkopf und Prof. Dr. Gregor Kirchhof diskutierten auf Einladung der FDP im Fraktionssaal der Partei im Bundestag, ob das Grundgesetz zu Gunsten von Kindern geändert werden solle. Deutlich wurde, dass eine Verfassungsänderung nicht notwendig ist, um dem Kindeswohl zu dienen. Entscheidend für die Lebenswirklichkeit der Kinder ist, das geltende Recht entschlossen umzusetzen. Soll das Grundgesetz geändert werden, ist – so der einhellige Befund – in einer behutsamen Verfassungsänderung die austarierte Balance zwischen Kindern, Eltern und Staat nicht zu verändern.
Beitrag in der FS für den BFH zum Thema Einzelfallgerechtigkeit und Maßstabbildung im digitalisierten Massenfallrecht unter besonderer Berücksichtigung der gegenwärtig vom BVerfG zu prüfenden steuerlichen Zinsregelungen │ Oktober 2018
Die fortschreitende Digitalisierung des Steuerrechts verlangt nach allgemeinen Steuergesetzen, einer systematischen Vereinfachung des Steuerrechts, um dieses in Zukunft durch Rechner gleichheitsgerecht und prüfbar anzuwenden. Die Digitalisierung droht aber strukturell, sich bei der Anwendung zu stark am Regelfall zu orientieren, den Einzelfall zu vernachlässigen, sich insoweit der Gesetzgebung zu sehr anzunähern. Die digitale Anwendung des Steuerrechts steht unter Individualisierungsvorbehalt, der in Ausnahmefällen durch Billigkeitsregelungen umzusetzen ist. Rechtsprechung und Verwaltung laufen Gefahr, die Berechnungen ohne die Hilfe von Computern nicht oder kaum mehr nachprüfen zu können. Solche Beherrschungs- und Prüfungsdefizite aber untersagt der Rechtsstaat. Der entscheidende Fehler bei der Modernisierung der Besteuerung war, das Steuerverfahren im Risikomanagement zu digitalisieren, ohne das materielle Steuerrecht zuvor entsprechend anzupassen. Das breite Reformanliegen erfasst die steuerlichen Zinsregelungen. Der Vergleich des besonderen Steuerzinses mit den hiervon zu unterscheidenden deutlich höheren Marktzinsen vermag aber allein den Verfassungsverstoß nicht zu begründen. Die starken Differenzen und die erst seit einigen Jahren fehlende zeitliche Beschränkung des Zinslaufs bewirken gemeinsam grundgesetzwidrige Friktionen im Steuerverfahren. Fiskus und Steuerpflichtige können erhebliche finanzielle Vorteile erhalten, je länger das Verfahren dauert. Der Zinssatz ist zu reduzieren. Insbesondere aber ist der Zinslauf zeitlich zu beschränken.
Einzelfallgerechtigkeit und Maßstabbildung im digitalisierten Massenfallrecht. Zur steuerlichen Zinsregelung, zur notwendigen Neubestimmung des Steuersystems und zum objektiven Nettoprinzip, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018. Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band I, 2018, 361–383.
Renaissance der Sollertragsbesteuerung? – Beitrag zum Sammelband „Zukunftsfragen des Steuerrechts” │ Mai 2018
Im Rahmen der von Prof. Wolfgang Schön (Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, München) durchgeführten Vortragsreihe zu „Zukunftsfragen des Steuerrechts” zeichnet Prof. Gregor Kirchhof unter der Überschrift „Renaissance der Sollertragsbesteueurng?” zunächst die Entwicklung des deutschen Steuerrechts. Die Selbstverständlichkeit, die Ist-Erträge zu besteuern, setzte sich in Deutschland erst in Zeiten der Hoch-Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jh. durch, weil der deutsche Fiskus an den sprudelnden Steuerquellen stärker teilhaben wollte. Das Ertragssteuerrecht steht auch gegenwärtig vor Zeitenwenden, die durch die beschlossene automatische Anwendung des Steuerrechts, die Verschärfung des Steuerstrafrechts, den verfassungsrechtlich gebotenen Datenschutz und die Entwicklung des Internationalen Steuerrecht (BEPS) bewirkt werden. Die ertragsteuerlichen Zeitenwenden betonen die historischen Gründe für die Soll-Ertragsbesteuerung – die Entlastung der Steuerpflichtigen, den Datenschutz und die Gleichheit im Belastungserfolg – und drängen so zu einer Vereinfachung des Steuerrechts in Elementen dieses Steuersystems. Das geltende Steuerrecht geht von der Ist-Ertragsbesteuerung aus, nutzt aber zurecht zahlreiche Elemente der Soll-Ertragsbesteuerung. Diese Mischung ist zum System zu machen. In dieser grundrechtschonenden Vereinfachung des Steuerrechts und seiner dann möglichen automatisierten Anwendung liegt die große Chance für das nationale und das internationale Steuerrecht, alle Steuerpflichtigen gleichmäßig zu belasten.
Renaissance der Sollertragsbesteuerung?, in: W. Schön / Chr. Sternberg (Hg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts III, 2018, 99 ff.
Aufsatz in der NJW zu den Kinderrechten des Grundgesetzes und zu der Debatte, neue Kindergrundrechte in die Verfassung aufzunehmen. │ September 2018
Die lange Diskussion über die Kinderrechte des Grundgesetzes hat sich in den letzten zehn Jahren insbesondere in Verweisen auf die UN-Kinderrechtskonvention und die Landesverfassungen intensiviert. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wurde vereinbart, ausdrückliche Kinderrechte in die Bundesverfassung aufzunehmen. Die Konvention und die Landesverfassungen bieten aber weder Anlass noch Vorbild für eine Änderung des Grundgesetzes. Selbst Befürworter einer Grundgesetznovelle betonen zu Recht, die in Art. 6 GG geregelte Elternverantwortung und die grundgesetzliche Balance zwischen Kindern, Eltern und Staat dürfen nicht beschädigt werden. Dann aber ist – wenn das Grundgesetz geändert werden soll – in einer behutsamen Novelle des Art. 6 Abs. 2 GG das bestehende Schutzsystem zu Gunsten der Kinder zu präzisieren.
Die Kinderrechte des Grundgesetzes, NJW 2018, 2690–2693.
Neuer Kommentar zum Einkommensteuerrecht – Kommentierungen des § 2 EStG (Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen) und des § 12 EStG (Nicht abzugsfähige Ausgaben – Abgrenzung der steuerlichen Privat- von der Erwerbssphäre). │ August 2018
Zusammen mit dem Richter des BFH Dr. Eckart Ratschow hat Gregor Kirchhof einen neuen Kommentar zum Einkommensteuergesetz beim Verlag C. H. Beck herausgegeben. Das Werk ist in diesem Sommer als Online-Kommentar erschienen. Im nächsten Schritt werden die 6.500 Druckseiten in drei Bänden in der renommierten „Blauen Reihe“ des Verlags als Printprodukt veröffentlicht. Die insgesamt 51 Autoren sind Universitätsprofessoren (10), Richter am BFH (4) und an Finanzgerichten (15), Berater (10), Mitglieder der Finanzverwaltung und Lehrbeauftragte an Hochschulen (7) sowie Juniorprofessoren, Privatdozenten und Doktoranden (5). Gregor Kirchhof hat den § 2 EStG (Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen) und den § 12 EStG (Nicht abzugsfähige Ausgaben – Abgrenzung der steuerlichen Privat- von der Erwerbssphäre) kommentiert. Gerade in der Praxis des sich rasch verändernden steuerlichen Massenfallrechts sind die besonderen Vorteile eines Online-Kommentars bedeutend, ohne nennenswerte produktionsbedingte Verzögerung auf Veränderungen und Neuerungen reagieren zu können.
§ 2 und § 12 EStG, in: Kirchhof/Ratschow, Beck-OK EStG, 2018.
Artikel zu den Funktionsverlusten von Staatlichkeit in den Bereichen der Sicherheit und der Finanzen ausgehend von den Lehren Jean Bodins │ Juli 2018
Wenn die Gefahren für die Sicherheit und die Staatsschulden steigen, sind die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand und die damit verbundenen zwischenstaatlichen Kooperationen zu stärken. Diese Kernaussagen Jean Bodins, der den heute noch maßgeblichen Souveränitätsbegriff prägte, sind hoch aktuell. Auf dieser Grundlage erörtert Gregor Kirchhof Fragen der finanziellen Souveränität, des Geldwerts und des Vertrauens in den Rechtsstaat. Dabei zeigt sich das Souveränitätsverständnis Bodins in seiner selbstverständlichen Ausrichtung auf zwischenstaatliche Kooperationen auch nach rund 450 Jahren als zukunftsweisend.
Funktionsverluste von Staatlichkeit von Jean Bodin bis heute, in: Schliesky, Funktionsverluste von Staatlichkeit, 2018, 135–150.
Kommentierung der Finanzreform 2017 – von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, in aktualisierter Auflage erschienen │ Mai 2018
Unter Berücksichtigung der Finanzreform aus dem Jahr 2017 hat Prof. Gregor Kirchhof die Kommentierungen der Art. 109 GG [Haushaltswirtschaft in Bund und Ländern, Schuldenregel], des Art. 109a GG [Vermeidung von Haushaltsnotlagen] und des Art. 143d GG [Übergangsregelungen, Konsolidierungshilfen] für die 7. Auflage des v. Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, aktualisiert.
Zukunft des Glücksspielstaatsvertrags – Diskussion in Berlin │ Mai 2018
Mit Prof. Dr. Patrick Sensburg (Mitglied des Deutschen Bundestages), Martin Stadelmaier (Leiter des Berliner Büros, Deutscher Lotto- und Totoblock) und Prof. Dr. Justus Haucap (Direktor des Düsseldorf Institute for Competition Economics) diskutierte Prof. Dr. Gregor Kirchhof die notwendige grundlegende Erneuerung der Glücksspielregulierung in Deutschland auf dem 3. Bundeskongress zum Glücksspielwesen in Berlin.
Seminar am Chiemsee zur Digitalisierung im Steuerrecht │ April 2018
Mit der Digitalisierung des Steuerrechts befassten sich die 19 Studenten am Chiemsee und diskutierten in gespielten mündlichen Gerichtsverhandlungen mit Hans Schüller, Wolfgang Böhme (beide Bayerisches Landesamt für Steuern), Dr. Jochen Ettinger (Dissmann Orth, München) und Prof. Gregor Kirchhof.
Freiheit und Prävention in der Medizin – zwei Veröffentlichungen │ März 2018
In Kooperation mit dem Institut für Bio-, Medizin- und Gesundheitsrecht der Universität Augsburg (Prof. Josef Franz Lindner) und Prof. Paulus Kirchhof (Kardiologe, Universität Birmingham) fand im Herbst 2016 ein von Prof. Gregor Kirchhof organisiertes interdisziplinäres Symposium in Augsburg statt. Die Ergebnisse des Austausches von Kardiologen, Epidemiologen, Juristen, Techno-Ökonomen, Ethikern und Gesundheitsmanagern können nun in gemeinsamen Veröffentlichungen nachgelesen werden.
G. Kirchhof, J.F. Lindner, S. Achenbach, K. Berger, S. Blankenberg, H. Fangerau, H. Gimpel, U.M. Gassner, J. Kersten, D. Magnus, H. Rebscher, H. Schunkert, S. Rixen, P. Kirchhof, Stratified prevention: opportunities and limitations. Report on the 1st interdisciplinary cardiovascular workshop in Augsburg, Clin Res Cardiol, 2018 Mar,107(3), 193–200.
siehe auch: Deutsches Ärzteblatt, 2018, 115(8).
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=16&aid=196456&s=Gregor&s=Kirchhof
Seminar zum Steuerrecht in München │ Februar 2018
Die Seminarteilnehmer diskutierten in gestellten Gerichtsverhandlungen aktuelle Themen des nationalen und internationalen Steuerrechts mit Prof. Thömmes, Dr. Linn (beide Deloitte) und Prof. Gregor Kirchhof in München.
Anhörung im Landtag Rheinland-Pfalz - neue akzessorische Prüfkompetenzen für den Rechnungshof Rheinland-Pfalz │ Februar 2018
Bei der Anhörung des Ausschusses für Soziales und Arbeit des Landtags Rheinland-Pfalz plädierte Prof. Gregor Kirchhof dafür, dem Rechnungshof des Landes im Bereich des SGB IX und XII neue akzessorische Prüfkompetenzen einzuräumen.
Gesetz und richterliche Macht – Symposion in Göttingen │ Januar 2018
Prof. Gregor Kirchhof nahm im Januar 2018 am 18. Symposion der Kommission „Die Funktion des Gesetzes in Geschichte und Gegenwart” der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen teil. Thema war das Verhältnis des Gesetzes zur richterlichen Macht.
Subsidiarität und Freiheitsvertrauen in der Familienpolitik – Vortrag an der Juristischen Fakultät Augsburg │ Dezember 2017
Am Nikolaustag hielt Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag zum Thema „Subsidiarität und Freiheitsvertrauen” im Rahmen der Werkstattgespräche der Juristischen Fakultät Augsburg. Der Vortrag stellte auch die aktuelle Frage nach den Kinderrechten im Grundgesetz.
hierzu bereits: Kinderrechte in der Verfassung – zur Diskussion einer Grundgesetzänderung, ZRP 2007, 149 ff.
Zeitenwenden im Steuerrecht – Vortrag bei der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft in München │ November 2017
Auf Einladung der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft hielt Gregor Kirchhof einen Vortrag zum Thema „Zeitenwenden im Steuerrecht”. Die Diskussion leitete Thomas Ohrner.
Auftrag und Stellung des Bayerischen Medienrats – Vortrag bei der BLM │ November 2017
Das diesjährige Symposium der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien fand am 17. November 2017 statt. Nach Vorträgen von Prof. Dr. Christian von Coelln und Prof. Dr. Ralf Müller-Terpitz sprach Gregor Kirchhof zum Auftrag und der Stellung des Bayerischen Medienrats.
In Viefalt geeint! – Vortrag zur Entwicklung der Europäischen Union bei der Schleswig-Holsteinischen Juristischen Gesellschaft im Landtag des Landes │ November 2017
Auf Einladung der Schleswig-Holsteinischen Juristischen Gesellschaft hielt Gregor Kirchhof im Landtag des Landes in Kiel einen Vortrag zum Thema „In Vielfalt geeint! Brüssel und Brexit – übernationale Gestaltungsaufträge und politische Partikularität”. Die europäische Einigung und das dichte überstaatliche Recht sind grundlegende Errungenschaften des letzten Jahrhunderts. Die Europäische Union garantiert Frieden, Verständigung, Freiheit und Wohlstand. Trotz dieser elementaren Leistungen verliert sie gegenwärtig an Strahlkraft. Die Fliehkräfte in Europa haben ein bedrohliches Ausmaß erreicht, die im „Brexit” einen traurigen Höhepunkt fanden. Kein Demokrat wird versuchen, Großbritannien in der Union zu halten „whatever it takes”. Doch wäre der Austritt des Landes ein historischer Fehler.
Die Mitgliedstaaten und die Union weisen in der Flüchtlings- und Finanzkrise, der digitalen Entwicklung, auch in der Klimapolitik und im elementaren Bereich der Sicherheit nicht die Erfolge auf, die man sich von ihnen erhofft. Gegenwärtig werden daher zu Recht weitere Integrationsschritte gefordert. Doch wäre das Paradox solcher Schritte, dass sie die Grundprobleme der Union verschärfen, solange sich diese nicht auf die zentralen überstaatlichen Fragen konzentriert und weitere Regelungen sichtbar den Mitgliedstaaten überlässt. Die beginnenden Debatten über grundlegende Reformen der Europäischen Union sind überfällig. Die Vielfalt der europäischen Staaten – das Europäische an Europa – bietet dabei Mitte und Maß.
Die steuerlichen Folgen des „Brexit” - 18. Symposium des Augsburger Steuerforums | Oktober 2017
Die steuerlichen Folgen des „Brexit” diskutierten Prof. Dr. David Hummel, Referent am Europäischen Gerichtshof, Dr. Stefan Maunz, Partner KMLZ, und Dr. Markus Greinert, Partner FGS, mit den beiden Veranstaltern des Symposiums, Prof. Dr. Robert Ullmann (Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Augsburg) und Prof. Dr. Gregor Kirchhof.
http://cms.steuerforum-augsburg.de/veranstaltungen/16-symposium/
Risikoorientierung in Veranlagung und Außenprüfung – Vortrag auf dem Münchner Unternehmenssteuerforum │ Oktober 2017
Auf einem vom Münchner Unternehmenssteuerforum in den Räumen des Münchner Literaturhauses durchgeführten Symposium hielt Gregor Kirchhof einen Vortrag zum Thema „Risikoorientierung in Veranlagung und Außenprüfung”. Auf dem Podium unter der Leitung des Präsidenten der Münchner Steuerberaterkammer Stb. Dr. Hartmut Schwab diskutierte er mit Stb. Lothar Härteis und dem Vizepräsidenten des Bay. Landesamtes für Steuern Dr. Christoph Habammer.
„Vom Kind aus denken” Vortrag in Münster │ Oktober 2017
Zum Thema „Vom Kind aus denken – Chancen und Risiken aus verfassungsrechtlicher Perspektive” hielt Gregor Kirchhof einen Vortrag auf der 128. Bundesdelegiertenversammlung des Familienbunds der Katholiken in Münster.
„Rechtsetzung und Rechtsanwendung im steuerlichen Massenfallrecht”, Beitrag in den Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V. | September 2017
Im steuerlichen Massenfallrecht drängen sich eine Quellenbesteuerung und eine indirekte Besteuerung auf. Diese Erhebungsformen alleine genügen aber nicht, um eine gleichheitsgerechte Rechtsanwendung zu gewährleisten. Die Erhebungsformen erwarten ein einfacheres Steuerrecht. Nur allgemeine Steuergesetze können auf Grundlage einer vorausgefüllten Steuererklärung in der Regel automatisch angewandt werden, schützen die Daten der Steuerpflichtigen und führen die steuerlichen Mitwirkungspflichten und das Steuerstrafrecht in ein sachgerechtes Maß. Ein verständlicheres und verlässlicheres Steuerrecht wäre national und international ein nachhaltiges Konjunkturprogramm, wenn gegenwärtig aufgrund von internationalen Streitbeilegungsverfahren steuerliche Planungsunsicherheiten in Höhe eines zweistelligen Milliardenbetrages bestehen. In der Vereinfachung des Steuerrechts und der dann möglichen automatischen Gesetzesanwendung liegt die große Chance für das nationale und auch das internationale Steuerrecht, die Rechtsquellen zu koordinieren und alle Steuerpflichtigen gleichmäßig zu belasten. Diese Gleichheit führt zum Gerechtigkeitsgedanken des Gesetzes zurück. Die gesetzliche Typisierung ist – entgegen einer vielfach geäußerten Ansicht – auch im Steuerrecht nicht die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme, sondern die verfassungsrechtliche Regel. Das objektive Nettoprinzip fordert Typisierungen, damit das Steuerrecht vollzogen werden kann. Absetzungen für Abnutzungen oder Bewertungen verletzen das objektive Nettoprinzip nicht, sondern machen es in der Wirklichkeit handhabbar. Die genaue steuerliche Bewertung jedes Einzelfalls ist praktisch nicht möglich. Die Typisierung führt den Ausnahmefall in die Regel zurück. Das Gesetz setzt dann „ein Maß für den Günstling am Hofe ebenso wie für den Bauern am Pflug” (John Locke). Vor einem Einzelfallgesetz ist Gleichheit nicht möglich. Das allgemeine Gesetz ist Garant der Gerechtigkeit, wenn es für alle gleichmäßig gilt. In allgemeinen Gesetzen wird auch das Steuerrecht zur selbstverständlichen Regel und allen gemein.
Rechtsetzung und Rechtsanwendung im steuerlichen Massenfallrecht.
Zu den lohnsteuerlichen Sachbezügen, der Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, der gesetzlichen Typisierung sowie der Ist- und Soll-Ertragsbesteuerung, in: D. Drüen (Hg.), Besteuerung von Arbeitnehmern, DStJG 40 (2017), 47–87.
„Zeitenwenden im Steuerrecht”, Artikel im Sonderheft der ZSE zur Bundestagswahl | September 2017
Im Ertragsteuerrecht ereignen sich gegenwärtig Zeitenwenden, die jeweils auf eine grundlegende Reform des Steuerrechts drängen. Die Verschärfung des Steuerstrafrechts fordert nachdrücklich ein klareres Steuerrecht, um die Strafdrohung in das verfassungsrechtliche Maß zurückzuführen. Aufgrund der in Kraft getretenen Modernisierung des Besteuerungsverfahrens – im Ergebnis eine rechnergeleitete Selbstveranlagung – ist das materielle Steuerrecht derart zu vereinfachen, dass eine automatisierte Steuererhebung gesetzmäßig und gleichheitsgerecht gelingt. Die Digitalisierung des Ertragsteuerrechts ist darüber hinaus in der vollständig vorausgefüllten Steuererklärung freiheits- und gleichheitsgerecht zu Ende zu führen. Internationale Unternehmen haben durch „aggressive Steuerplanungen” ihre Steuerlast dramatisch reduziert („BEPS”). Sollen diese Praktiken vermieden und die Daten der Steuerpflichtigen in einer digitalisierten Welt geschont werden, ist das Ertragsteuerrecht systematisch zu erneuern.
Diese Forderungen der steuerlichen Zeitenwenden, das Steuerrecht zu reformieren, rücken die historischen Motive der Soll-Ertragsbesteuerung in den Vordergrund: Die Daten der Steuerpflichtigen sollten geschont, Steuerhinterziehungen vermieden und jeder zur Steuer herangezogen werden. Das geltende Steuerrecht belastet zu Recht den tatsächlichen, den Ist-Ertrag. Die geltende unübersichtliche Konkretisierung dieses Ausgangspunkts durch Elemente der Soll-Ertragsbesteuerung ist aber in einer grundlegenden Vereinfachung des Steuerrechts zu rationalisieren und zum System zu machen.
Zeitenwenden im Steuerrecht. Die notwendige systematische Erneuerung des Ertragsteuerrechts, ZSE 2017 [Sonderheft zur Bundestagswahl], 443–463.
„Der digitalisierte Steuerzahler”, Veröffentlichung im Austrian Law Journal | September 2017
Die nach dem österreichischen Vorbild beschlossene Modernisierung des Besteuerungsverfahrens in Deutschland verletzt solange das Grundgesetz, bis ein Ertragsteuerrecht in Kraft tritt, das gesetzeskonform und gleichheitsgerecht digital angewandt werden kann. Auch die steuerlichen Erhebungslasten fordern eine Vereinfachung des materiellen Rechts. Selbst wenn die steuerlichen Mitwirkungspflichten, die Lenkungswirkungen, auch die steuerstrafrechtlichen Vorgaben und datenrechtlichen Lasten isoliert betrachtet noch zumutbar wären, verletzt jedenfalls deren Kumulation das verfassungsrechtliche Maß. Schließlich wird der Kampf gegen „aggressive Steuerplanungen” internationaler Unternehmen nur erfolgreich sein, wenn das anzuwendende Steuerrecht grundlegend vereinfacht wird. Diese Reformforderungen werden durch die historischen Motive der Soll-Ertragsbesteuerung bestätigt: Steuerhinterziehungen sollten vermieden, die Privatsphäre der Steuerpflichtigen sollte geschont und jeder gleichheitsgerecht zur Steuer herangezogen werden. Das geltende Steuerrecht belastet zu Recht den tatsächlichen, den Ist-Ertrag. Die geltende unübersichtliche Konkretisierung dieses Ausgangspunktes durch Elemente der Soll-Ertragsbesteuerung ist aber in einer grundlegenden Vereinfachung des Steuerrechts zu rationalisieren und zum System zu machen.
Der Bayerische Medienrat: zwischen öffentlicher Hand und Gesellschaft │ Juni 2017
Am 1. Juni 2017 erschien die Monographie von Prof. Gregor Kirchhof mit dem Titel „Der Bayerische Medienrat: zwischen öffentlicher Hand und Gesellschaft”, die er am gleichen Tag in einem Vortrag vor dem Medienrat in der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien vorstellte. Das öffentliche Recht baut auf die Unterscheidung zwischen freiheitsverpflichtetem Staat und freiheitsberechtigter Gesellschaft. Diese grundlegende Trennung wird im Bereich des Rundfunks modifiziert. Dem Gesetzgeber steht ein weiter Gestaltungsraum offen, wie er die verfassungsrechtlichen Vorgaben insbesondere der Rundfunkfreiheit, Staatsferne und Vielfaltssicherung erfüllt (BVerfG). In dieser Gestaltungsfreiheit hat er sich für ein System entschieden, in dem das Gesetz zahlreichen Institutionen wie dem Bayerischen Medienrat eine Stellung zwischen Staat und Gesellschaft zuweist. Diese besondere Strukturentscheidung ist für die gesamte Rundfunkordnung konstitutiv, die aus diesen Besonderheiten zu verstehen ist. Sie setzt der Aufsicht über den Medienrat und der richterlichen Kontrolle seiner Entscheidungen besondere Grenzen.
Der Bayerische Medienrat: zwischen öffentlicher Hand und Gesellschaft, 2017.
Demokratie und Generationengerechtigkeit – Vortrag in Berlin │ Mai 2017
Auf einer vom Deutschen Familienverband organisierten Tagung zum Thema „Wahlrecht von Geburt an. Der Zukunft eine Stimme geben” hielt Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag zur „Demokratie und Generationengerechtigkeit”. Im Anschluss diskutierten auf dem Podium in Berlin Steffen Reiche, Dr. Hugo Müller-Vogg, Prof. Hermann Heußner und Prof. Gregor Kirchhof unter der Leitung des Bundesgeschäftsführers des Verbandes Sebastian Heimann. Prof. Gregor Kirchhof betonte, dass ein Wahlrecht von Geburt an, das die Eltern in Vertretung der Kinder ausüben, durch eine Änderung des Grundgesetzes eingeführt werden könnte. Auch auf diese Weise könnten die Grundsätze der Allgemeinheit und Höchstpersönlichkeit der Wahl in die verfassungsgebotene Konkordanz gebracht werden. Insbesondere an Hand des Rechts der Staatsverschuldung, internationaler Klimaschutzabkommen und des Sozialversicherungsrechts verdeutlichte er sodann, dass die Allgemeinheit des Gesetzes die Generationengerechtigkeit achtet: Würde der Gesetzgeber Gesetze erlassen, die ewig gelten könnten – mag der Gesetzgeber sie auch alsbald wieder ändern –, und würden diese Gesetze sodann befolgt, würden die Interessen der folgenden Generationen gewahrt. (siehe hierzu auch G. Kirchhof, Demografischer Wandel und Demokratie, in: Alternde Gesellschaften im Recht, 2015, 83-93; ders., Die Allgemeinheit des Gesetzes, 2009).
Seminar zum nationalen und internationalen Steuerrecht │ Mai 2017
Sehr engagiert diskutierten die Seminarteilnehmer in gestellten Gerichtsverhandlungen aktuelle Themen des nationalen und internationalen Steuerrechts in Pfronten. Das Seminar, das von Prof. Stephan Rasch und Prof. Gregor Kirchhof geleitet wurde, endete mit einer Führung im Schloss Neuschwanstein.
Seminar im Rahmen des BFH Moot-Courts │ Mai 2017
Auch in diesem Jahr nimmt die Fakultät mit einem Studenten-Team an dem vom BFH organisierten Moot-Court teil (Teilnehmer im Bild von links nach rechts: Julia Mryka, Carolin Knittel, Tim Habereder, Marianne Dorn, Cornelia Werner, Stefanie Miller). Das Seminar, das am 4. Mai 2017 im Rahmen des Moot-Courts durchgeführt wurde, leiteten Ri. am FG Prof. Hagen Kobor und Prof. Gregor Kirchhof.
Anhörung im Bundestag zum Geldwäschegesetz und Transparenzregister │ April 2017
Im Kampf gegen die Geldwäsche plant die Bundesregierung ein neues Transparenzregister, das Auskunft über die wirtschaftlich Berechtigten an Unternehmen geben soll. Zur streitigen Frage eines öffentlichen Zugangs zum Register wurde Prof. Gregor Kirchhof am 24. April 2017 auf Grundlage seiner schriftlichen Stellungnahme im Bundestag angehört. Ein allgemeiner Zugang würde – so Kirchhof – die im nationalen und europäischen Recht ausdrücklich hervorgehobenen Risiken der Betroffenen, Opfer von Betrug, Entführung, Erpressung, Gewalt oder Einschüchterung zu werden, erheblich erhöhen. Der Europäische Datenschutzbeauftrage (Opinion 1/2017) und das Französische Verfassungsgericht (Conseil Constitutionnel, 21.10.2016 – 2016-591 QPC) betonen in parallelen Fällen, dass ein öffentliches Register rechtswidrig ist. Die EMRK, die Grundrechtecharta und das allgemeine nationale und europäische Datenschutzrecht verlangen, mit Daten angemessen umzugehen. Die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie gewährt den Registerzugang ausdrücklich nur im Einklang mit dem Datenschutzrecht. Informationen, die einmal im Internet verfügbar sind, ‚erhält man nicht wieder zurück‘. Der Grundrechtseingriff ist insofern endgültig. Ein für jeden einsichtiges Transparenzregister würde sensible Daten öffentlich machen und so den Datenschutz entgegen den europarechtlichen Vorgaben in der Regel vollständig und endgültig verdrängen: Das grundgesetzliche Maß der Verhältnismäßigkeit wird verletzt.
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2017/kw17-pa-finanzen-geldwaesche/502714
Siehe auch: Transparenzregister für Jedermann? – Contra, ZRP, 2017, 127.
Der digitalisierte Steuerzahler – Tagung in Graz │ April 2017
Auf Einladung des Austrian Law Journals fand am 6. April 2017 eine interdisziplinäre Tagung zum Thema „Die digitalisierte Person” in Graz statt. Nach Referaten zur „Digitalisierung und Selbstbestimmung”, zum „Digitalisierten Forscher”, zum Datenschutz und zu „Cyber Crime, der digitalisierte Täter” hielt Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag zum „Digitalisierten Steuerzahler”, der von Prof. Tina Ehrke-Rabel kommentiert wurde. Die in Österreich schon lange praktizierte und in Deutschland jüngst beschlossene automatische Anwendung des Steuerrechts wird nur gleichheitsgerecht gelingen, wenn das materielle Steuerrecht vereinfacht wird. Der Datenschutz, das Steuerstrafrecht und die Internationalisierung des Steuerrechts bestätigen diesen Befund. Ohnehin handelt es sich – entgegen verbreiteter Ansicht – nicht um einen „automatischen Vollzug”, sondern um eine rechnergeleitete Selbstveranlagung, wenn die Gesetzesanwendung von Computern „berechnet” und nicht von der öffentlichen Hand, nicht von ihren Mitarbeitern verantwortet wird. Der Rechtsstaat sollte auch im Bereich des Steuerrechts mit offenen Karten spielen und nicht die Steuerpflichtigen in einem untauglichen Versuch das Steuerrecht anwenden lassen, um diesen dann mit überlegenem Wissen, das auch auf intelligenter Datenverarbeitung und Algorithmen im Abgleich zahlreicher Steuerfälle beruht, und unter Androhung von Strafe zu korrigieren. Eine im besten Wissen und Gewissen vorausgefüllte Steuererklärung sollte in Deutschland der Regelfall werden.
Seminar in den Räumen des EuGH │ April 2017
Bei einer Exkursion nach Luxemburg besuchte Prof. Gregor Kirchhof gemeinsam mit Mitarbeitern seines Lehrstuhls sowie Studenten der Fakultät eine Verhandlung am Europäischen Gerichtshof, an die sich ein von Prof. Desens (Universität Leipzig) und Prof. Hummel (Referent, Kabinett der Generalanwältin Prof. Kokott, EuGH) organisiertes Seminar anschloss. Zur Freude der Teilnehmer stellte sich auch die Generalanwältin den Fragen zur Entwicklung des europäischen Steuerrechts.
Doktorandenseminar im Kloster Frauenchiemsee │ März 2017
Das Doktorandenseminar, das in der Regel alle zwei Jahre durchgeführt wird, fand in diesem Jahr im Kloster Frauenchiemsee statt. Von den teilnehmenden Doktoranden wurden Themen aus dem nationalen, europäischen und internationalen Steuerrecht diskutiert. Auch war Zeit für eine Führung über die Insel und durch das Kloster.
Europäisches Beihilferecht – 17. Symposium des Augsburger Steuerforums │ Februar 2017
Das 15. Steuerrechtssymposium des Augsburger Forums für Steuerrecht behandelte die Auswirkungen des europäischen Beihilfenrechts auf das deutsche Steuerrecht einschließlich des notwendigen Vertrauensschutzes bei der Wahrung des Wettbewerbs in Europa. Initiiert und durch ein Referat eingeleitet wurde das Symposium von Prof. Dr. Ottmar Thömmes. Vorträge hielten Prof. Dr. Dietmar Gosch, Dr. Lars Dobratz und Dr. Alexander Linn. Die Podiumsdiskussion leitete Prof. Dr. Gregor Kirchhof.
Reform des Glücksspielstaatsvertrages – Vortrag in Berlin │ Februar 2017
Es ist gegenwärtig sehr unsicher, ob der Glücksspielstaatsvertrag in der beschlossenen Form in Kraft tritt. Auf einer vom Deutschen Fachverlag organisierten interdisziplinären Tagung im Presse- und Informationszentrum der Bundesregierung in Berlin diskutierten die Teilnehmer daher die Erfordernisse einer neuen Glücksspielregulierung. Mitwirkende waren u. a. Prof. Dr. Mark D. Griffiths, Prof. Hans. D. Jarass, Prof. Dr. Marc Liesching, Prof. Dr. Dr. Franz W. Peren und Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Peter Schneider. Prof. Dr. Gregor Kirchhof hielt – bevor er das Podium betrat – ein Impulsreferat zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben einer Reform des Glücksspielstaatsvertrages. Die fehlende effektive Aufsicht über das Glücksspielkollegium verletzt – so Kirchhof – das Demokratieprinzip. Ausnahmen von diesem Erfordernis wie im Bereich des Rundfunkrechts, des Jugendmedienschutzes oder aufgrund von länderübergreifenden Kooperation greifen nicht. Das Grundgesetz fordert daher eine umfassende Reform der Entscheidungsstrukturen im Glücksspielrecht. (siehe auch G. Kirchhof, Das Glücksspielkollegium und die grundgesetzlichen Grenzen von Länderkooperationen, 2016)
„Von Ursprung und Ziel der Europäischen Union” in zweiter Auflage │ Januar 2017
„Die elf Perspektiven der Geschichts- und Rechtswissenschaften, der Wirtschaft, der Politik und Finanzwissenschaften, die das vorliegende Buch verbindet, widmen sich der charakteristischen Vielfalt Europas und der Entwicklung der Union als Garant der Freiheit, des Wohlstands und des Friedens. Sie betonen das für die Integration notwendige Vertrauen, das im vergangenen Jahrzehnt geschwächt wurde, spüren der Eigenart der Union nach und diskutieren ihre rechtsstaatlichen, demokratischen und finanzrechtlichen Grundprobleme. Die Beiträge entwerfen selbstverständlich kein einheitliches Bild »Von Ursprung und Ziel der Europäischen Union« – ein solches Bild wird niemand zeichnen können. Trotz der rasanten Entwicklung in den letzten zwanzig Monaten – in der Zeit, die seit dem hier dokumentierten Augsburger Symposium vergangen ist –, sind diese grundlegenden Perspektiven weiterhin aktuell und wahrscheinlich wichtiger denn je. Nachdem die erste Auflage des Buches innerhalb von zwei Monaten vergriffen war, lag daher eine zweite, lediglich um ein Vorwort ergänzte Auflage nahe.” (Aus dem neuen Vorwort)
Funktionsverluste von Staatlichkeit – Vortrag in Kiel │ Januar 2017
Prof. Dr. Utz Schliesky lud im Namen des Lorenz von Stein Instituts für Verwaltungswissenschaften nach Kiel zu einer interdisziplinären Tagung zu den Funktionsverlusten von Staatlichkeit ein. U. a. referierten Eberhard Diepgen (Sicht des Staatspraktikers), Prof. Dr. Joachim Jens Hesse (Desintegration auf den verschiedenen Herrschaftsebenen), Prof. Dr. Sebastian Graf von Kielmannsegg (Notstandsverfassung) und Prof. Dr. Gregor Kirchhof (Geldwert, Zinsen, Finanzmarktkontrolle – Funktionsverluste von Bodin bis heute). Ausgehend von den Lehren Jean Bodins, der in der der Rechtsbindung der Krone den „staatstheoretischen Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit” markierte (Quartisch), betonte Gregor Kirchhof die gegenwärtige konstruktive Ambivalenz der Europäischen Union: Wer die Union stärken wolle, müsse die Mitgliedstaaten kräftigen. Würden in den drängenden Fragen der Sicherheit, der Integrations- und Flüchtlingspolitik sowie der Energie- und Finanzpolitik nur weitere, in der Tat notwendige Kompetenzen der Union gefordert, würden die Fliehkräfte in der Union gestärkt, der Integration zu geschadet und auch die Verantwortung der Gesellschaft vernachlässigt. Den Auftrag der Sicherheit richtete Jean Bodin bewusst an den Fürsten und die Bürger. Insgesamt stand für Jean Bodin außer Frage, dass zwischen dem Fürsten und der Gesellschaft Vertrauen herrschen muss. Wenn wir heute über Funktionsverluste des Staates nachdenken, sollten wir – ganz im Sinne Bodins – die Gesellschaft und das Recht als Fundamente und Kraftquellen der Staaten und der Europäischen Union hervorheben.
Die demokratische Legitimation der länderübergreifenden Kommissionen im Rundfunkrecht │ Dezember 2016
Im Heft 6/2016 des Archivs für Presserechte veröffentliche Prof. Gregor Kirchhof einen Beitrag zum Thema „Die demokratische Legitimation der länderübergreifenden Kommissionen im Rundfunkrecht”. Gregor Kirchhof fragt nach der demokratischen Legitimation der zentralen Länderkooperationen im Bereich des Rundfunks, der ZAK, KEK, KJM und GVK. Den Ausgangspunkt bildet die aktuelle Diskussion über eine andere Zusammenarbeit der Bundesländer: das Glücksspielkollegium. Verschiedene Stimmen in der Literatur, der VGH Kassel und der BayVerfGH haben in jüngerer Zeit betont, dass das Kollegium ganz oder in Teilen das Grundgesetz verletzt. Das Glücksspielkollegium wurde der KJM und der ZAK nachgebildet. Der Schluss der Verfassungswidrigkeit kann gleichwohl nicht einfach auf die Vorbilder im Rundfunkwesen übertragen werden. Die im Rundfunkrecht geforderte Staatsferne, die Vielfaltssicherung und zu treffende sachverständige Entscheidungen rechtfertigen demokratische Besonderheiten. Die demokratischen Vorgaben unterscheiden sich je nach Regelungsbereich – dem Glücksspiel- oder Rundfunkrecht – und den ausgeübten Kompetenzen, wenn weite Entscheidungsräume und grundrechtssensible Maßnahmen in einem erhöhten Maß demokratisch zu legitimieren sind. Zudem zeichnet das Demokratieprinzip Länderkooperation bereichsspezifische Vorgaben, die auch im Rundfunkrecht wirken. Trotz der Besonderheiten der rundfunkrechtlichen Kommissionen ergänzt der für das Glücksspielkollegium präzisierte Maßstab die grundrechtliche Debatte. Insbesondere verdichtet sich die verfassungsrechtliche Kritik an der ZAK.
Die demokratische Legitimation länderübergreifender Kommissionen im Rundfunkrecht, AfP 2016, 502–507.
Ehe, Familie und Schule – Beitrag im Handbuch der Grundrechte │ November 2016
Im Band VIII – Landesgrundrechte in Deutschland – des von Prof. Detlef Merten und Prof. Hans-Jürgen Papier herausgegebenen Handbuchs der Grundrechte in Deutschland und Europa hat Prof. Gregor Kirchhof einen Beitrag zum Thema Ehe, Familie und Schule verfasst. Art. 6 GG stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Nahezu alle Landesverfassungen übernehmen dieses außergewöhnliche Schutzkonzept und die Regelungen über das Schulwesen (Art. 7 GG). Sie wirken dann in fünf zu unterscheidenden Bereichen, wenn der grundgesetzliche Schutz nachgezeichnet (1.) oder in Schwerpunkten konkretisiert wird (2.), wenn auf grundgesetzliche Vorgaben verzichtet (3.) oder das Grundgesetz materiell (ausdrückliche Schulpflichten, Recht auf Bildung) oder prozessual (Popularklage, insges. 4.) ergänzt wird. Die Landesgrundrechte sind insbesondere maßgeblich, wenn den Ländern und nicht dem Bund die Regelung eines Bereichs obliegt (5.). Das Schulwesen bildet daher zu Recht einen Schwerpunkt grundrechtlicher Regelungen in den Ländern. Die fünf Bereiche, die die Maßgeblichkeit des Landesverfassungsrechts markieren, stehen in Verbindung mit den vier unterschiedlichen grundrechtlichen Regelungskonzepten der Landesverfassungen. Rund ein Drittel der Länder verweist verfassungsrechtlich ausdrücklich auf den Grundrechtsschutz des Grundgesetzes (1). Die Landesverfassungen bestätigen auch dann zuweilen diesen Schutz in eigenen Regelungen (2.) oder konkretisieren ihn in leichten Abweichungen (3.). Schließlich wird das Grundgesetz um Garantien, die es nicht oder nicht ausdrücklich gewährleistet, ergänzt (4.). Diese Regelungsunterschiede beruhen oft, aber nicht immer auf dem Gewährleistungsstil der Landesverfassungen, der sich deutlich vom Schutzkonzept des Grundgesetzes unterscheidet. Die Landesverfassungen regeln überwiegend soziale Grundrechte, Staatszielbestimmungen, Programmsätze sowie Schutz- und Förderpflichten, auf die das Grundgesetz mit nur wenigen Ausnahmen bewusst verzichtet.
Ehe, Familie, Schule, HGR VIII, 2016, § 238, 419–450.
Die Kodifikation in Zeiten moderner Rechtsquellenvielfalt │ November 2016
Anlässlich des 80. Geburtstags von Prof. Dr. Reiner Schmidt erschien ein Sonderheft der Zeitschrift für Europäisches Umwelt- und Planungsrecht, in dem Prof. Gregor Kirchhof einen Beitrag zu folgendem Thema verfasste: „Die Kodifikation in Zeiten moderner Rechtsquellenvielfalt. Zur Eigenrationalität der Rechtsquellen dargestellt an Beispielen des Umweltrechts”. Wir stehen vor erstaunlichen rechtlichen Ambivalenzen. Internationale Kooperationen haben in den letzten Jahren zu Enttäuschungen, in der Europäischen Union zu erheblichen zentrifugalen Kräften geführt. Doch ist die dichte, institutionell gefasste Zusammenarbeit der Staaten die rechtliche Errungenschaft des letzten Jahrhunderts und als solche unverzichtbar. Zahlreiche überstaatliche Kooperationen wurden durch Recht geschaffen und handeln durch Recht. Die Folge ist eine Rechtsquellenvielfalt, welche die Rechtsbefolgung erschwert und die zwischenstaatliche Zusammenarbeit behindert. So stellt sich die elementare Frage, wie das Recht und die überstaatlichen Kooperationen gestärkt werden können. Hier gibt es selbstredend keine Patentrezepte oder Generallösungen. Doch könnte der nachhaltige Wille zum Recht und zu einer rechtsquellenübergreifenden Kodifikationsidee, welche die Rationalität der jeweiligen Rechtsquelle aufnimmt, eine zentrale Bedeutung erlangen. Der Auftrag des Juristen in unserer Zeit lautet, das Recht zu koordinieren. In der Digitalisierung des Rechts und einem möglichen automatischen Vollzug liegt sodann eine große Chance, das Recht und die überstaatliche Zusammenarbeit zu sichern. Der vorliegende Beitrag sucht am Beispiel des rechtlichen Schutzes vor Feinstaub und des Pariser Klimaschutzübereinkommens – dieses möglichen Paradigmenwechsels im Völkerrecht – die Kodifikationsidee in einer Zeit moderner Rechtsquellenvielfalt weiterzuentwickeln und wiederzubeleben.
Die Kodifikation in Zeiten moderner Rechtsquellenvielfalt, EurUP 2016, 324–332.
Freiheit und Prävention in der Medizin – interdisziplinäre Tagung in Augsburg │ Oktober 2016
In Kooperation mit dem Institut für Bio-, Medizin- und Gesundheitsrecht der Universität Augsburg (Prof. Josef Franz Lindner) und Prof. Paulus Kirchhof (Kardiologe, Universität Birmingham) organisierte Prof. Gregor Kirchhof ein interdisziplinäres Symposium in Augsburg. Weitere Referenten waren Prof. Klaus Berger, Prof. Stefan Blankenberg, Prof. Heiner Fangerau, Prof. Heiner Gimpel, Prof. Jens Kersten, Prof. Herbert Rebscher, Prof. Stephan Rixen und Prof. Heribert Schunkert. Die Ergebnisse werden in einem gemeinsamen Beitrag aller Referenten veröffentlicht.
Zukunftsperspektiven – wie sieht die Welt in 20 Jahren aus? – Tagung in Graz │ Oktober 2016
Im Rahmen ihrer akademischen Kooperation organisierten Prof. Tina Ehrke-Rabel und Prof. Gregor Kirchhof eine interdisziplinäre Tagung zum Thema „Wie sieht die Welt in 20 Jahren aus?”. Referate hielten u. a. Emilio Galli-Zugaro (Wirtschaft), Prof. Dr. Friedrich Wilhlem Graf (Theologie), Elisabeth Hoedl (Zukunftsbilder), Dr. Reinhard Müller (Medien/Politik), Prof. Dr. Matthias Rossi und Prof. Dr. Emanuel Towfigh (Recht) sowie Prof. Dr. Tom Schwarzbraun (Medizin).
Rechtsetzung und Rechtsanwendung im Massenfallrecht – Vortrag auf der Jahrestagung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft │ September 2016
Auf der Jahrestagung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft hielt Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag zum Thema „Rechtsetzung und Rechtsanwendung im steuerlichen Massenfallrecht. Zu den lohnsteuerlichen Sachbezügen, der Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, der gesetzlichen Typisierung sowie der Ist- und Soll-Ertragsbesteuerung”.
The Generality of the Law – Beitrag in einem englischsprachigen Sammelband zum „Rational Lawmaking” │ August 2016
In dem von K. Meßerschmidt und A. D. Oliver-Lalana herausgebenen themenbezogenen Sammelwerk „Rational Lawmaking under Review. Legisprudence According to the German Federal Constitutional Court” verfasste Gregor Kirchhof einen wie folgt überschriebenen Beitrag: „The Generality of the Law – The law as a necessary guarantor of freedom, equality and democracy and the differentiated role of the Federal Constitutional Court as a watchdog.”
The Generality of the Law, in: K. Meßerschmidt / A. D. Oliver-Lalana (Hg.), Rational Lawmaking under Review, 2016, 89–127.
Renaissance der Sollertragsbesteuerung? – Vortrag im MPI in München │ Juli 2016
An der von Prof. Wolfgang Schön (Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, München) durchgeführten Vortragsreihe zu „Zukunftsfragen des Steuerrechts” hielt Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag zum Thema „Renaissance der Sollertragsbesteueurng?” (siehe den Eintrag zur entspr. Veröffentlichung im Mai 2018).
Ist die EU noch zu retten? – Beitrag in der FAS zum „Brexit” │ Juli 2016
Das britische Referendum bietet – so Prof. Gregor Kirchhof in einem Beitrag für die FAS unmittelbar nach der Abstimmung in Großbritannien, aus der Europäischen Union auszutreten – eine Chance. Die Union sollte ein grundlegendes Reformprogramm in Aussicht stellen, das sich maßgeblich von den ohnehin kleinmütigen „Zugeständnissen” unterscheidet, die vor der Volksabstimmung mit Großbritannien vereinbart wurden. Die Briten hätten dann einen guten Grund, den Austrittsbeschluss zu überdenken. Das Vereinigte Königreich und Europa gewännen eine Atempause. Die Folgen der Unsicherheit über den Austritt wären im Vergleich zu den erheblichen Risiken eines übereilten Verfahrens und des „Brexits” akzeptabel. Die Entscheidung des britischen Volkes ist zu respektieren. Käme es aber zu Reformen der Europäischen Union, würde eine veränderte Union eine neue Geschäftsgrundlage bieten und ein neues Referendum in Großbritannien erlauben. Von vornherein wäre klar, dass eine breite Reformdebatte nicht ständig wiederkehren kann. Doch ist es höchste Zeit, Zustand und Zukunft der europäischen Integration zu prüfen, den erheblichen Fliehkräften auch außerhalb des Vereinigten Königreichs zu begegnen, ein erneuertes Europa zu schaffen und das Vertrauen der Bürger in die Union wieder zu stärken. Die europäische Integration, diese historische Errungenschaft des 20. Jahrhunderts, steht auf dem Spiel.
Vom Beruf des Juristen in unserer Zeit – Vortrag in Augsburg │ Juni 2016
Am 22. Juni 2016 hielt Prof. Gregor Kirchhof auf der Jahresfeier der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg einen Vortrag zum Thema „Vom Beruf des Juristen in unserer Zeit”.
Subsidiarität und Freiheitsvertrauen in der Familienpolitik – Vortrag in Berlin │ Juni 2016
Das dritte, von Prof. Winfried Kluth organisierte Staatsrechtliche Forum fand zum Thema „Die Familie als Wirtschaftsfaktor – verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der Familienförderung und der gesetzgeberischen Leitbilder für Ehe und Familie” statt. Auf dem Symposium, das in den Räumen der Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund stattfand, hielt Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag zu Subsidiarität und Freiheitsvertrauen als zu erneuernde Leitbilder in der Familienpolitik. Wer die Familienpolitik einer Bestandsaufnahme unterzieht, trifft zunächst auf eine Erfolgsbilanz des zuständigen Bundesministeriums. Doch ein genauer Blick weist darauf hin, dass die staatliche Unterstützung von Familien erheblich nach der Lebenssituation und dem gewählten Modell der Kinderbetreuung gewährt wird. Die öffentliche Hand fördert nicht alle Kinder, sondern differenziert zwischen Familien. Diese Einwände gegen die Familienpolitik verbinden sich zu einer grundlegenden Kritik. Die Familienpolitik der letzten Jahre hat ihrer zuweilen parzellierenden Wirkung nicht die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet und in zu harschen Debatten, wie z. B. über das Elterngeld, die grundlegende familienpolitische Kultur vernachlässigt. Die Politik sollte sich stärker an der Subsidiarität und einem Freiheitsvertrauen orientieren. Zu detaillierte familienpolitische Konzepte sind abzulehnen. Vielmehr ist stärker auf die spezifische Kraft der Gesellschaft und der Familien zu setzen. Eine Familienpolitik, die – und sei es nur subkutan – in einem Fünfjahresplan einen Weg für die Zukunft aller Familien in Deutschland entwirft, würde die Verfassung verletzen und den Familien schaden. Der Auftrag, die Familienfreundlichkeit zu steigern, liegt zuvörderst bei der Gesellschaft. Die Gesellschaft kann leichter auf die Besonderheiten jeder Familie reagieren. Ihr ist es möglich, unverbindlich noch nicht gegangene Wege einzuschlagen. Eine offene, der Wahlfreiheit verpflichtete Familienpolitik erreicht alle Familien – auch in der Hoffnung, so die zentrale Familienfreundlichkeit der Gesellschaft zu erhöhen. Eine solche Politik würde die grundlegenden Ziele des Grundgesetzes aufnehmen: Das Wohl jedes Kindes ist in einem Freiheitsvertrauen in die Familien zu stärken.
Subsidiarität und Freiheitsvertrauen – zur Mittelbarkeit der Familienpolitik und der gesellschaftlichen Verantwortung für Familien, in: W. Kluth (Hg.), Die Familie als Wirtschaftsfaktor, 2018, 83–98.
Das Glücksspielkollegium und die grundgesetzlichen Grenzen von Länderkooperationen │ März 2016
Im März 2016 erschien als erster Band der Reihe „Spiel und Recht” die Monographie von Prof. Gregor Kirchhof zum Glücksspielkollegium. „Die Bundesländer haben durch den Glücksspielstaatsvertrag eine Kooperation auf dem Gebiet des Glücksspielwesens begründet. Ein neu geschaffenes Gremium trifft die maßgeblichen Entscheidungen: das Glücksspielkollegium. Jedes Bundesland hat einen Sitz. Entschieden wird mit Zweidrittelmehrheit. Der Staatsvertrag eröffnet dem Glücksspielkollegium im grundrechtssensiblen Bereich des Glücksspielrechts weite Entscheidungsräume. Das Demokratieprinzip verlangt grundsätzlich eine effektive Aufsicht über solche Entscheidungen. Ausnahmen von diesem Erfordernis wie im Bereich des Rundfunkrechts, des Jugendmedienschutzes oder auf Grund einer länderübergreifenden Kooperation greifen nicht. Eine effektive Aufsicht über das Kollegium existiert jedoch nicht – das Demokratieprinzip wird verletzt. Der Verfassungsverstoß erstreckt sich auf die gesamten Entscheidungsstrukturen im Glücksspielwesen. Das Glücksspielrecht ist zeitnah durch eine umfassende Reform in das Maß des Grundgesetzes zu führen.” (U4-Text)
Das Glücksspielkollegium und die grundgesetzlichen Grenzen von Länderkooperationen. Die verfassungsgeforderte Reform des Glücksspielwesens, 2016.
Konstitutionalisierte Souveränität und die Lehren Jean Bodins │ Januar 2016
Zu dem von M. Phillipp herausgegebenen Sammelband – Debatten um die Souveränität. Jean Bodins Staatsverständnis und seine Rezeption seit dem 17. Jahrhundert, Staatsverständnisse, Band 84, 2016 – trug Prof. Gregor Kirchhof einen Beitrag zu folgendem Thema bei: „Konstitutionalisierte Souveränität. Über den notwendig gebundenen und sich bindenden Souverän in der Lehre Jean Bodins”.
Verfassungsrechtliche Fragestellungen für gemeinsame Funktionsträger der Länder im Verwaltungsrecht – Vortrag vor dem Studienkreis für Presserecht │ November 2015
Prof. Gregor Kirchhof hielt auf der 118. Tagung des Studienkreises für Presserecht und Pressefreiheit – „Gemeinschaftseinrichtungen der Länder zur Regulierung des Rundfunks” – einen Vortrag zum Thema „Verfassungsrechtliche Fragestellungen für gemeinsame Funktionsträger der Länder im Verwaltungsrecht”.
Vortrag an der Jagiellonen-Universität Krakau │ Oktober 2015
Zum neunten Mal fand im Oktober 2015 das Krakauer-Augsburger Symposium statt. Unter dem Rahmenthema „Normschaffung” hat Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag zu den Krisen normativer Ordnungen in Krakau gehalten. Die Tagung zeichnete sich durch anregende Vorträge, lebhafte Diskussionen und eine bemerkenswerte Gastfreundschaft der Kollegen aus Krakau aus.
Krisen normativer Ordnungen – Folgerungen für die Normschaffung, in: J. Stelmach / R. Schmidt / P. Hellwege / M. Soniewicka (Hg.), Normschaffung, Krakauer-Augsburger Rechtsstudien, 2017, 77–88.
Feierstunde zur Wiedervereinigung – Festansprache │ Oktober 2015
Auf der von der CSU Augsburg organisierten Feierstunde zum 25. Jahrestag der Deutschen Einheit hielt Prof. Gregor Kirchhof den Festvortrag.
Verfassungsrechtliche Grenzen der Reform der Erbschaftsteuer │ September 2015
Im 27. Heft der Zeitschrift „Deutsches Steuerrecht” veröffentliche Gregor Kirchhof einen Beitrag zum Thema: „Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsteuerreform und eine auf die Leistungsfähigkeit ausgerichtete ,Bedürfnisprüfung’” (DStR 2015, 1473–1480). Das Bundesverfassungsgericht hat im Dezember 2014 das ErbStG in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Den Auftrag, ein verfassungskonformes ErbStG zu erlassen, hat der Gesetzgeber verfehlt, weil er sich zu stark auf diese Entscheidung konzentriert und die Gesamtbindung an das Grundgesetz vernachlässigt hat. Das ErbStG stößt auf erhebliche verfassungsrechtliche Einwände, die im Leistungsfähigkeitsprinzip, dem Gleichheitssatz und den Freiheitsrechten gründen. Nachdem das ErbStG nun drei Mal vom BVerfG verfassungsrechtlich beanstandet wurde, sollte der Gesetzgeber in einer grundlegenden Reform sicheren verfassungsrechtlichen Boden betreten. Finden sich hierfür keine Mehrheiten, ist jedenfalls die steuerliche Verschonung für Unternehmen grundsätzlich neu zu regeln. Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte „Bedürfnisprüfung” bezieht sich nicht auf die Kassenlage; vielmehr ist ein erbschaftsteuerliches Verschonungsbedürfnis gesetzlich zu regeln. Führt ein Erbe ein gemeinwohlgebundenes und gemeinwohlverpflichtetes Unternehmen in diesen Bindungen fort, hat er eine andere erbschaftsteuerliche Leistungsfähigkeit als ein Erbe eines Geldvermögens gleicher Höhe. Gleichheitssatz und Leistungsfähigkeitsprinzip fordern daher eine sog. „qualitative Bedürfnisprüfung”.
Arbeitnehmerbesteuerung – Vortrag auf dem 55. Berliner Steuergespräch │ Juni 2015
Auf dem 55. Berliner Steuergespräch hielt Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen der Arbeitnehmerbesteuerung. Auf dem Podium saßen zudem Dr. Stefan Breinersdorfer, Prof. Dr. Ulrich Prinz, Martin Reinhold und Prof. Dr. Stefan Schneider. Die Diskussion wurde von Berthold Welling geleitet.
Die Überforderung der Arbeitgeber durch den Lohnsteuerabzug. Zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, dem „ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse” (BFH) und dem aktuellen Reformvorschlag zur „Modernisierung des Besteuerungsverfahrens”, FR 2015, 773–779.
Wie soll der Staat Familien schützen und fördern – Vortrag auf Jubiläumstagung │ Juni 2015
Auf der Jubiläumstagung „Zukunft gestalten für unsere Kinder. 20 Jahre Verantwortung für die Familie e. V.” hielt Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag zum Thema: „Wie soll der Staat Familien schützen und fördern?”.
Nudging – Beitrag in der ZRP │ Juni 2015
Im fünften Heft der Zeitschrift für Rechtspolitik veröffentliche Prof. Gregor Kirchhof einen Text zum Thema „Nudging – zu den rechtlichen Grenzen informalen Verwaltens” (ZRP 2015, 136 –137). Die öffentliche Hand scheint gegenwärtig die Bürger vermehrt durch halb bewusste oder unbewusste Anreize steuern zu wollen. Die Befürworter sprechen von einem „libertären Paternalismus”, einem freiheitlichen Mittelweg zwischen Ordnungsrecht und Laissez-faire – jedoch zu Unrecht. Insgesamt besteht die Gefahr, dass zu viele „Nudges” der öffentlichen Hand, dass zu viele Maßnahmen indirekter Verhaltenssteuerung die Kraft der Gesellschaft lähmen. Eine Integration gelingt freiheitlicher, ideenreicher und erfolgreicher, wenn sich die Gesellschaft für sie einsetzt. Neue Erkenntnisse werden in der Regel gewonnen, wenn der Mensch nicht festgeschriebenen Konzepten folgt, sondern ins Ungeplante aufbricht. Die öffentliche Hand sollte den Bürgern mit mehr Freiheitsvertrauen begegnen, den Raum der Gesellschaft weiten. „Nudging” ist nicht grundsätzlich freiheitsgerecht oder verfassungswidrig. Im Rechtsstaat muss es aber die wohl begründete Ausnahme bleiben. Denn das Grundgesetz warnt nachdrücklich vor einem „Schupsen”, das eine bewusste Gegenwehr ausschaltet, dem Bürger das Recht raubt, jedenfalls im Privatbereich in Ruhe gelassen zu werden, Staatsaufgaben und staatliche Handlungsmittel konturenlos werden lässt und die Balance von Freiheit und Ordnung, von Gesellschaft und öffentlicher Hand gefährdet.
Allgemeinheit des Verfassungsgesetzes – Beitrag im Handbuch des Staatsrechts │ Oktober 2014
Im Oktober 2014 erschien der zwölfte und letzte Band – wenn man von dem Registerband absieht – der dritten, völlig neu bearbeiteten und erweiterten Auflage des Handbuchs des Staatsrechts. Prof. Gregor Kirchhof verfasste einen Beitrag zur Allgemeinheit des Verfassungsgesetzes. „Das Grundgesetz betont die Forderung nach dem allgemeinen Verfassungsgesetz und – in der Normenhierarchie – nach der Allgemeinheit des einfachen Rechts. Die Allgemeinheit erwartet, nur Grundlegendes zu regeln, stärkt damit den Raum der Freiheit, der individuellen, rationalen und emotionalen Entscheidung, steht einer sozialtechnischen gesetzlichen Ausformung des Lebens, der Überregulierung entgegen. Der aufgeklärte Gesetzgeber weiß, dass die Gesellschaft einen identitätsstiftenden Raum braucht, der Überregulierung ausschließt, Individualität, Privatheit und letztlich Humanität eröffnet, in einer zwischen Vernunft und Sinnesvielfalt schwankenden Gesellschaft individuelle Mitte bietet. Dies verdeutlicht bereits der verfassungsrechtliche Ausgangspunkt: Die Legitimation verweist primär auf das Volk, also die Gesellschaft, und erst in zweiter Linie auf die öffentliche Hand. So knüpft die Verfassung an die Freiheitsidee der Aufklärung an. Seit dem revolutionären Umbruch im 18. Jahrhundert bezieht der Staat seine Existenzberechtigung nicht mehr aus der Durchsetzung eines ihm bekannten und anvertrauten materialen Gemeinwohls, dem sich alle Untertanen zu fügen hatten und dem gegenüber niemand Freiheit beanspruchen konnte. Vielmehr wurde die Freiheit nun selbst Gemeinwohlbedingung. Der bloße Wille des Gesetzgebers wird ohne verallgemeinernde Vernunft und Kulturbindung, ohne demokratische Rechtsbindung zur Willkür. Das Staatsvolk – der Souverän – definiert sich und sein Handeln nicht allein rational, sondern in der Vielfalt gewachsener Humanität. Das allgemeine Verfassungsgesetz und das einfache allgemeine Gesetz sind nicht Instrumente, mit denen der Staat ein vorher präzise vorgezeichnetes Ergebnis, einen genau bestimmten Zustand in der Gesellschaft erreichen kann und soll. Nicht jedes Ziel kann mit einem Gesetz verfolgt werden – und zahlreiche Ziele, die das Gesetz erreichen könnte, sollten durch ein Gesetz nicht verfolgt werden. Engmaschige Regelungen drohen andere Rationalitäten zu versperren und nehmen auch den Kerngedanken der Interdisziplinarität über die Grenzen des eigenen Faches nicht auf. Die reflektierte Aufklärung geht einher mit dem Grundgedanken der Gesetzesallgemeinheit, nur Grundlegendes durch ein Gesetz zu regeln, um so die gemeinschaftsstiftende Kraft der Gesellschaft zu stärken. Das Menschliche in der Gesetzgebung schenkt der Gesellschaft Raum zum Atem, folgt dem Geist der Mäßigung. Wer die Gesellschaft stärkt – dies ist die das Recht prägende Ambivalenz –, kräftigt die Rechtsgemeinschaft. Die Allgemeinheit des Gesetzes, die das Zwölftafelgesetz entworfen hatte, die in den Lehren der griechischen Antike, der prämodernen Phase des Mittelalters und schließlich in der Aufklärung entfaltet wurde, wird so zu einer höchst aktuellen Forderung der Integrationskraft der Verfassung in einer Zeit der zwischenstaatlichen Kooperation. Es geht um die Sicherung der Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz, der Demokratie und des Rechtsstaats in Deutschland wie der Europäischen Union. Die Allgemeinheit des Verfassungsgesetzes dient der Rationalität und Menschlichkeit des Rechts.” (Rn. 65 – letzter Abschnitt des Beitrags)
Allgemeinheit des Verfassungsgesetzes – verfaßte Internationalität und Integrationskraft der Verfassung, HStR XII, 3. Auflage 2014, § 267, 435–481.
Öffentliches Wettbewerbsrecht – Neuvermessung eines Rechtsgebiets │ Oktober 2014
„Das Wirtschaftsrecht ist im Zuge der europäischen Integration zunehmend auf den Binnenmarkt und damit auf einen freien Wettbewerb ausgerichtet worden. Die Kontrollen von Beihilfen, öffentlichen Vergaben, von Kartellen, Missbrauch und Fusionen wurden intensiviert, Wettbewerbsprivilegien öffentlicher Unternehmen abgebaut. Der Wettbewerbsgedanke hielt in Bereichen der Daseinsvorsorge Einzug, als im Energie-, Telekommunikations-, Post- und Bahnrecht Entgelte, Netzzugänge und Universaldienste zu regeln, Infrastrukturen zu sichern waren. Die öffentliche Hand nutzte vermehrt das Abgabenrecht und Indienstnahmen, um Wettbewerb schonend zu lenken, Informationen, um ihn zu sichern. Der insbesondere durch das Unionsrecht geprägte Wettbewerbsbezug gab Rechtsgebieten, die schon seit längerer Zeit bestehen, eine neue Gestalt. Rechtliches Neuland wurde durch öffentliche Versteigerungen, handelbare öffentliche Rechte und im Schutz vor systemischen Risiken betreten. Es entstand ein wettbewerbsbezogenes Verwaltungsrecht und damit das Anliegen, die einschlägigen Regelungen in ihrem Wettbewerbsbezug zu analysieren. Das vorliegende Buch ist ein Gemeinschaftswerk, das sich diesem Anliegen widmet. Es sucht das Recht, mit dem die öffentliche Hand auf den Wettbewerb einwirkt, mit dem Begriff Öffentliches Wettbewerbsrecht zu fassen und in vier Bereichen zu systematisieren: dem rechtlich gesicherten, ermöglichten, gelenkten und geschaffenen Wettbewerb. Der zentrale Gedanke des Öffentlichen Wettbewerbsrechts ist die Wettbewerbsneutralität – als leitender Grundsatz und subjektives Recht. Das Werk beruht auf Erkenntnissen, die die elf Autoren auf und im Anschluss an insgesamt vier Tagungen erarbeitet haben. Die Grundlagen des Öffentlichen Wettbewerbsrechts konnten so in einem gemeinsamen Beitrag aller elf Autoren (§ 4) zusammengefasst werden – ein Versuch, auch in der Form etwas Neues zu wagen.” (U4-Text)
Kirchhof / St. Korte / St. Magen (Hg.), Öffentliches Wettbewerbsrecht. Neuvermessung eines Rechtsgebiets, 2014.
Das Öffentliche Wettbewerbsrecht – eine Neuvermessung, ebenda, § 1, 3–16.
Grundlagen des Öffentliches Wettbewerbsrechts, ebenda, § 4, 85–107 (mit Th. Fetzer, Cl. Fuchs, K. F. Gärditz, St. Korte, St. Magen, Chr. Ohler, F. Schorkopf, A. Thiele, S. Unger, F. Wollenschläger)
Abgaben, ebenda, § 13, 401–430.
Verfassungsrechtliche Grundlagen der Einkommenbesteuerung – Einleitung zum EStG im HHR │ August 2014
Im August 2014 erschien die völlig neu bearbeitete Einleitung zum Einkommensteuergesetz des Großkommentars Herrmann/Heuer/Raupach. Prof. Gregor Kirchhof erörtert hier die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Einkommenbesteueurng (G. Kirchhof, Verfassungsrechtliche Grundlagen der Einkommenbesteuerung, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Einleitung zum EStG, 265. Lfg. August 2014, 48–151).
Urteilskraft im Recht – Vortrag auf einer Tagung in Salzburg │ Mai 2014
Auf der von der Carl Friedrich von Weizsäcker Gesellschaft e. V. organisierten Tagung zur „Urteilskraft” nahm Prof. Gregor Kirchhof die rechtliche Perspektive ein. Auf dem Podium saßen – ebenfalls nach Vorträgen zum Tagungsthema – Prof. Dr. Dr. h.c. Kurt Biedenkopf, Ministerpräsident a. D., Prof. Dr. Herfried Münkler (Berlin) und Prof. Dr. Mathias Beck (Wien).
Ehe und Familie: zwischen Förderpflicht und Staatsferne – Vortrag auf einer Festveranstaltung │ Mai 2014
Auf der Festveranstaltung „90 Jahre Deutscher Familienverband e. V.” in Karlsruhe hielt Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag zum Thema: „Zwischen Förderpflicht und Staatsferne – der besondere Schutz von Ehe und Familie in der aktuellen Situation.”
Braucht Familienpolitik ein Leitbild? – Podiumsdiskussion in Berlin │ April 2014
„Braucht Familienpolitik ein Leitbild?” fragten Katja Börner (MdB), Dr. Hans-Peter Klös (Institut der deutschen Wirtschaft), Marcus Weinberg (MdB) und Prof. Gregor Kirchhof auf einer Podiumsdiskussion in der Katholischen Akademie in Berlin.
Zukunftvergessen – Beitrag zum Schutz von Ehe und Familie, der auf einen Vortrag bei der Görres-Gesellschaft zurückgeht │ Februar 2014
Der Vortrag, den Prof. Gregor Kirchhof zum Thema „Zukunftvergessen? Der besondere Schutz von Ehe und Familie im Steuer- und Abgabenrecht” auf der Jahrestagung der Görres-Gesellschaft hielt (Sektion Rechts- und Staatswissenschaft), wurde in dem von Prof. Arnd Uhle herausgegebenen Sammelband „Zur Disposition gestellt? Der besondere Schutz von Ehe und Familie zwischen Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit” veröffentlicht (2014, 59–83).
Steuerwesen, Ehe und Familie, Kinder und Erziehung – Kommentierung von Artikeln der Bayerischen Verfassung │ Februar 2014
Der nun von W. Brechmann herausgegebene und völlig neu bearbeitete „Meder”, Kommentar zur Bayerischen Verfassung, erschien im Februar 2014. Prof. Gregor Kirchhof kommentierte die Artikel 123 bis 127 BV über das Steuerwesen, Ehe und Familie sowie Kinder und Erziehung.
Berufliche und private Aufwendung – Vortrag auf dem 11. Deutschen Finanzgerichtstag │ Januar 2014
Zum Thema „Abgrenzung beruflicher und privater Aufwendungen aus der Sicht der Wissenschaft” sprach Prof. Gregor Kirchhof auf dem elften Deutschen Finanzgerichtstag in Köln, der sich dem Generalthema „Steuergerechtigkeit und Effektivität – Anspruch und Wirklichkeit in der Praxis” widmete.
Abgrenzung beruflicher und privater Aufwendungen aus der Sicht der Wissenschaft, in: J. Brandt (Hg.), 10 Jahre Deutscher Finanzgerichtstag – Für ein besseres Steuerrecht / Steuergerechtigkeit und Effektivität, 2015, 219–230.
Beitrag in der FAZ zur Gesetzgebungskrise │ Dezember 2013
Im Dezember 2013 erschien ein Beitrag von Prof. Gregor Kirchhof auf der Seite „Staat und Recht” der FAZ zum Thema: Wenn der Gesetzgeber aufgibt. Die rechtsetzenden Organe sollten sich auf ihren Kernauftrag besinnen: allgemeine Gesetze erlassen und grundlegende Debatten führen, FAZ, 27.12.2013, Nr. 300, 7.
Die Funktion des allgemeinen Gesetzes – Beitrag im Handbuch Gesetzgebung │ Dezember 2013
In dem von W. Kluth und G. Krings herausgegebenen einbändigen neuen Handbuch zur Gesetzgebung hat Prof. Gregor Kirchhof einen Beitrag zur Funktion des allgemeinen Gesetzes verfasst (2013, § 4, 95–121).
Gerechtigkeit und föderales Finanzsystem – Vortrag bei der Akademie für politische Bildung in Tutzing │ Oktober 2013
Auf der von der Akademie für politische Bildung in Tutzing veranstalteten Tagung zum Thema „Föderalismus in Deutschland” erörterte Prof. Gregor Kirchhof Gerechtigkeitsfragen im föderalen Finanzsystem der Bundesrepublik.
Die lenkende Abgabe – Beitrag in der Zeitschrift „Die Verwaltung” │ September 2013
In dem Themenheft der Zeitschrift die Verwaltung zum Abgabenrecht hat Prof. Gregor Kirchhof einen Beitrag zu den lenkenden Abgaben geschrieben. Die Idee, durch Steuern und nicht steuerliche Abgaben zu lenken, hat spätestens im 17. Jahrhundert an Konturen gewonnen. In der Bundesrepublik konzentrierte sich die Politik zunächst auf das Steuern durch Steuern. Erst in den 1970er Jahren gewannen lenkende nicht steuerliche Abgaben an Raum. Seitdem haben sie einen Siegeszug insbesondere im Umweltrecht angetreten. Dennoch konzentrieren sich Analysen der rechtlichen Grenzen des Steuerns durch Abgaben auf die Gemeinlast der Steuer, kaum auf die sonstigen Abgaben. Der Beitrag sucht zunächst das breite Phänomen der lenkenden nicht steuerlichen Abgaben in vier Fallgruppen zu fassen. Jede Gruppe hebt ein spezifisches Instrument hervor, durch das der Lenkungserfolg erreicht werden soll. Es werden die vermeidenden, die unterstützenden, die lastenausgleichenden und die pflichtenausgleichenden Abgaben unterschieden. Auf der Grundlage der weitgehend erforschten Rechtsfragen des Steuerns durch Steuern werden sodann sieben rechtliche Vorgaben für das Lenken durch Abgaben erarbeitet (besondere sachliche Rechtfertigung des Lenkungszwecks, Über- und Untermaß der Abgabenhöhe, klare gesetzgeberische Lenkungsentscheidung und folgerichtige Ausgestaltung, in ein Regelungskonzept eingebettete Haushaltsfolgen, Gleichheit in Lenkungsgrund und Lenkungshöhe, keine Entlastung auf Kosten der öffentlichen Hand, verhältnismäßiger Finanzeingriff und Lenkungseingriff). Die Freiheitsrechte stellen insbesondere die schwierige Frage, inwieweit die öffentliche Hand durch monetäre Anreize steuern, der eingreifende zum lockenden Staat werden darf. Der siebenteilige Maßstab wird sodann auf die Fallgruppen lenkender nicht steuerlicher Abgaben angewandt. Insgesamt versucht der Beitrag, ein allgemeines Rechtssystem des Steuerns durch Abgaben zu entwickeln. Dabei wird hervorgehoben, dass die lenkende Abgabe im Steuerstaat eine rechtfertigungsbedürftige Ausnahme ist.
Die lenkende Abgabe. Maßstäbe, Erscheinungsformen und Perspektiven der rechtfertigungsbedürftigen Ausnahme, Die Verwaltung 46 (2013), 349–381.
Gesetz und Gerechtigkeit in unserer Zeit – Vortrag bei der Weizsäcker Gesellschaft │ August 2013
Im Rahmen der Carl Friedrich von Weizsäcker-Gespräche in München hielt Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag zum Thema „Gesetz und Gerechtigkeit in unserer Zeit”.
Anhörung im Bundestag zu besonderen Kindergrundrechten im GG │ Juni 2013
Prof. Gregor Kirchhof wirkte auf Grundlage seiner schriftlichen Stellungnahme bei der Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 26. Juni 2013 in Berlin zu den Entwürfen zur Änderung des Grundgesetzes, besondere Kindergrundrechte in die Verfassung aufzunehmen, mit (BT-Drs. 17/10118, 17/11650, 17/13223). Spezielle Kindergrundrechte würden – so Kirchhof – den Grundrechtsschutz der Kinder sachwidrig spalten und schwächen. Jedes Kind ist grundrechtsberechtigt und wird durch die Grundrechte umfassend geschützt. Die Grundrechtsberechtigung ist unabhängig vom Lebensalter. Dieser Befund ist von der Frage zu unterscheiden, ab welchem Alter Kinder Grundrechte selbst, insbesondere ohne die Hilfe der Eltern oder anderer Sorgeberechtigter ausüben und vor Gericht durchsetzen können. Kindergrundrechte legen nahe, auch andere Menschen ausdrücklich zu schützen, die aufgrund ihres Alters oder wegen einer Krankheit auf besondere Hilfe angewiesen sind. Nach Art. 1 Abs. 1 GG ist aber die Würde jedes Menschen zu achten und zu schützen, unabhängig davon, ob er alt oder jung, krank oder gesund ist. Dieses Schutzkonzept erfasst jeden Menschen, und erwartet, dass die Grundrechte ebenfalls jeden Menschen schützen, dass dieser umfassende Schutz nicht durch spezielle Grundrechte relativiert, nicht parzelliert wird. Besondere Kindergrundrechte haben in diesem Schutzkonzept keinen Platz. Der umfassende Grundrechtsschutz jedes Menschen ist Kernanliegen des modernen Verfassungsstaates, das nicht aufgegeben werden darf. Eine auf das Wohl der Kinder ausgerichtete Staatszielbestimmung liefe Gefahr, den bestehenden Schutz zu relativieren, würde die Kinder jedenfalls nicht in institutionell überzeugender Weise schützen. Besondere Kindergrundrechte, welche diese gegenüber den Eltern geltend machen könnten, würden Kinder in rechtliche Distanz zu ihren Eltern bringen, der Familie und dem Kindeswohl schaden. Ein effektiver Schutz der Kinder verlangt keine Grundgesetzänderung. Es gilt vielmehr, den bestehenden grundgesetzlichen Schutzauftrag entschlossen zu erfüllen. Soll die gelungene Ausrichtung des Grundgesetzes in einer Verfassungsänderung betont werden, sollen zudem Kinderrechte Erwähnung finden, ist der Ort in dem Dreiecksverhältnis von Eltern, Kind und Staat vorgegeben. Der Auftrag, das Wohl des Kindes zu fördern und der Entfaltung seiner Rechte zu dienen, obliegt zuvörderst den Eltern. Erst in einem zweiten Schritt greift das staatliche Wächteramt. Im unmittelbaren Anschluss an die Elternverantwortung (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG) könnte ein entsprechender Satz in das Grundgesetz aufgenommen werden. Diese Verfassungsänderung würde die gängige Deutung des Grundgesetzes ausdrücklich bestätigen. Maßgeblich sind aber auch dann Maßnahmen, die den Auftrag umsetzen und die Kinder tatsächlich erreichen. Eine Grundgesetzänderung würde ihr Ziel verfehlen, wenn sie von diesem politischen Auftrag ablenken würde.
Siehe hierzu auch: Kinderrechte in der Verfassung – zur Diskussion einer Grundgesetzänderung, ZRP 2007, 149–153.
Privater Aufwand und Existenzsicherung – Vortrag auf dem 4. Steuerwissenschaftlichen Symposium im BFH │ März 2013
Auf dem vierten Steuerwissenschaftlichen Symposium im Bundesfinanzhof in München hielt Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag zum Thema „Private Aufwendungen und das existenzsichernde Nettoprinzip”. Dem Einkommensteuerrecht liegt die Trennung zwischen der Erwerbs- von der Privatsphäre zu Grunde. Über diese elementare Unterscheidung besteht nicht immer Gewissheit. Die maßgeblichen Analysen konzentrieren sich auf die Erwerbsseite, weniger auf die Privatsphäre. Die Trennung gewinnt aber durch den Schutz des Existenzminimums und durch Prinzipien, die die Einkommensteuer legitimieren, weitere Konturen. Die steuerfinanzierte öffentliche Hand garantiert jedem das Existenzminimum, also den Grundbedarf für Nahrung, Kleidung, Unterkunft, Vorsorge, Bildung und eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (BVerfG). Weitere Aufwendungen in diesen Bereichen gehören zur Privatsphäre. Der Staat wahrt hier die freiheitliche Distanz, zieht sich zurück – private Aufwendungen werden grundsätzlich steuerlich nicht berücksichtigt. Das Erwerbsleben ist freiheitlich organisiert. Der Staat erkennt den Erwerbsaufwand an, den der Steuerpflichtige bestimmt – er wird steuerlich abgezogen. Zu der Privat- und Erwerbssphäre tritt ein dritter Bereich von Aufwendungen, die – wie die Ausgaben für das Erststudium – keiner der beiden Sphären klar zugeordnet werden können. Der Gesetzgeber kann in diesem dritten Bereich die Aufwendungen zum steuerlichen Abzug zulassen, muss dies jedoch nicht. Die privaten Aufwendungen sind ebenfalls in einer Dreiteilung zu fassen. In der Privatsphäre tritt neben die freiwilligen und zwangsläufigen Ausgaben ein dritter Aufwendungsbereich. Existenzsichernde Ausgaben sind zwingend, bleiben von Verfassungs wegen steuerfrei. Freiwillige Aufwendungen werden als beliebige Vermögensverwendung steuerlich nicht berücksichtigt. Im mittleren Bereich hat der Gesetzgeber einen Entscheidungsraum, welche privaten Aufwendungen steuerlich anerkannt werden. Ein Abzug ist umso eher geboten, je mehr der Aufwand der Existenzsicherung nahe kommt und je intensiver er Grundrechte betrifft. Zentral ist, die Trennungen in allgemeinen, gerechtigkeitsstiftenden Vorgaben zu fassen.
Siehe hierzu: Drei Bereiche privaten Aufwands im Einkommensteuerrecht. Zur Trennung der Erwerbs- von der Privatsphäre unter besonderer Berücksichtigung der außergewöhnlichen Belastungen, DStR 2013, 1867–1872.
Gesetz – Beitrag im zweibändigen Sammelwerk „Leitgedanken des Rechts” │ Februar 2013
In dem zweibändigen Sammel- und Nachschlagewerk zu den Leitgedanken des Rechts hat Prof. Gregor Kirchhof einen Beitrag über das Gesetz geschrieben. „Verfassungsstaatlichkeit benennt eine immerwährende Erneuerungsaufgabe, die nur bewältigen wird, wer auf verlässliche und beständige Grundsätze des Rechts bauen kann. [… Das zweibändige Werk] will die in der Geschichte wurzelnden und in die Zukunft weisenden Grundprinzipien und ‑strukturen unserer Rechtsordnung verdeutlichen, sie gerade durch eine Beschränkung auf das Wesentliche hervorheben und so ihre die Gesetzgebung anregende, die Rechtsprechung anleitende die Rechtswissenschaft befruchtende Wirkung verstärken. Dieser Anspruch bildet sich in einem neuartigen Format ab. Als kompakter Querschnitt wichtiger Rechtsbereiche verbindet dieses Gemeinschaftswerk […] Leitgedanken zu Staat und Verfassung zu Recht, Frieden, Freiheit und Demokratie, zu Regierung und Verwaltung, zum Rechtsschutz wie zur Staatengemeinschaft, zur Wirtschaft ebenso wie zur Strafgewalt, zu Religion und Kirchen, nicht zuletzt zu Finanzen und Besteuerung.” (Aus dem Vorwort)
Gesetz, in: H. Kube / R. Mellinghoff / G. Morgenthaler / U. Palm / Th. Puhl / Chr. Seiler (Hg.), Leitgedanken des Rechts, 2013, Band I, § 32, 351–360.
Steuererhöhungen – Beitrag in der Zeitschrift Aus Politik und Zeitgeschichte │ September 2012
In der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ hat Prof. Gregor Kirchhof einen Beitrag zum Thema „Steuererhöhungen: Maß des Sozialen und des Rechts” veröffentlicht (APuZ 2013, 41–45).
Public Law and the Economic Crisis – Vortrag in Griechenland │ September 2012
Zum Thema „Public Law and the Economic Crisis” hielt Prof. Gregor Kirchhof einen Vortrag bei der „Reunion 2012” der „European Group of Public Law” mit einem besonderen Blick auf die ESM-Entscheidung des BVerfG vom 12. September 2012, Spetses, Griechenland.
Deutschland-Bonds – Beitrag in der ZG │ August 2012
Im Juni des Jahres 2013 haben sich Bund und Länder geeinigt, gemeinsame Anleihen zu emittieren. Unmittelbar nach der Absprache wurde bereits diskutiert, ob sog. Deutschland-Bonds, für die der Bund nach außen die vollständige Haftung übernimmt, die Länder aber intern beteiligt sind, oder nach außen wie innen geteilte Bund-Länder-Anleihen (sog. Jumbo-Bonds) aufgenommen werden sollen. Das Bundesfinanzministerium ist – anders als manche Bundesländer – der Auffassung, das Grundgesetz verbiete Deutschland-Bonds. Es hat diese These aber bisher nicht näher konkretisiert. Der Beitrag untersucht angesichts dieser Kontroverse die verfassungsrechtlichen Grenzen gemeinsamer Anleihen von Bund und Ländern: Die Finanzverfassung untersagt insbesondere im Grundsatz getrennter Haushaltswirtschaft und im Konnexitätsprinzip Deutschland-Bonds. Jumbo-Bonds zwischen Bund und Ländern versperrt das Grundgesetz nicht schlechterdings den Weg, drängt aber, diese auf die Umschichtung von Altschulden zu beschränken.
Deutschland-Bonds. Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen gemeinsamer Anleihen von Bund und Ländern, ZG 2012, 313–327.
Debt limits in constitutional law Public Law and the Economic Crisis – Vortrag im Queen’s college in Oxford │ März 2012
Mit „Debt limits in constitutional law: the ,debt brake’ (Schuldenbremse)” war der Vortrag von Gregor Kirchhof überschrieben, den er auf der Tagung „Legal Challenges Arising out of the Global Financial Crisis: The Euro, Bail-outs, and Regulation” im Queen’s College in Oxford hielt. Die Tagung erfolgte im Rahmen der Kooperation des Instituts für Politik und Öffentliches Recht der LMU München mit dem Institute of European and Comparative Law der University of Oxford.
Debt Limits in Constitutional Law: The „Debt Brake”, in: W.-G. Ringe/P. M. Huber (Hg.), Legal Challenges in the Global Financial Crisis. Bail-outs, the Euro and Regulation, 2014, 53–61 [wortgleiche Zweitveröffentlichung, Taschenbuch, 2015].
Was weiß Dogmatik? – Sammelband, vergriffen, 2. Auflage in Bearbeitung │ März 2012
„Die deutsche Rechtswissenschaft hat ein ambivalentes Verhältnis zur Dogmatik. Ihr Systemdenken gilt als Schlüssel zum Verständnis des Rechts und dessen konsistenter Anwendung, aber auch als Steigbügel einer Selbstermächtigung von Wissenschaft und Praxis. Manche kritisieren Dogmatik als Abschottung gegenüber anderen Disziplinen, andere sehen in ihr die Grundlage für Austausch und Dialog. Dogmatik erscheint als Eigenheit des deutschen Rechtsdenkens, aber auch als Charakteristikum funktionierender Rechtssysteme. Was angesichts dessen nun der Auftrag und die Funktion von Dogmatik ist, welcher Art das Wissen ist, das sie zur Verfügung stellt, und was gute Dogmatik auszeichnet und von hypertrophen Entwicklungen unterscheidet, ist Gegenstand der Beiträge in diesem Band. Mit Beiträgen von: Udo Di Fabio, Martin Eifert, Bernd Grzeszick, Winfried Hassemer, Matthias Jestaedt, Gregor Kirchhof, Oliver Lepsius, Stefan Magen, Frank Schorkopf, Andreas Voßkuhle, Christian Waldhoff.” (U4-Text)
Kirchhof / St. Magen / K. Schneider (Hg.), Was weiß Dogmatik? Was leistet und wie steuert die Dogmatik des Öffentlichen Rechts, 2012 – vergriffen, 2. Auflage in Bearbeitung.
Dogmatik: Rechtliche Notwendigkeit und Grundlage fächerübergreifenden Dialogs – eine systematisierende Übersicht, ebenda, 151–172 (mit St. Magen).
Höchstrichterliche Rechtsfindung – Beitrag im Deutschen Verwaltungsblatt zur Staatsrechtslehrertagung │ Oktober 2011
„Wenn die höchsten Gerichte ihren Rechtsprechungsauftrag auf das justiziable Recht beschränken, ihrer Bindung an das einfache Gesetz folgen, wenn sie den Willen des Gesetzes in einer einheitlichen Anwendung der vier Auslegungsmethoden umsetzen, Regelungslücken in methodischer Sorgfalt und in Wahrung des Respekts vor dem Gesetzgeber schließen, wenn zudem der Entscheidungsraum des Gesetzesgebers durch Unvereinbarkeitserklärungen vermehrt und auch auf europäischer Ebene geachtet wird, gewinnen die Grenzen der richterlichen Rechtsfindung in einer Balance der Gewalten, im demokratischen Vorrang vor dem Gesetz und in einer Rechtsanwendungsgleichheit maßstabgebende Kraft. Die Kritik an einer zu weiten höchstrichterlichen Rechtsfortbildung wird gleichwohl nicht verstummen. Sie sollte aber ihren Adressaten überdenken. Durch das Gesetz wird der Richter sachlich demokratisch legitimiert. Das Gesetz gibt den Richtern den verbindlichen Maßstab. Das deutsche Parlamentsgesetz konkretisiert das Grundgesetz, das europäische Sekundärrecht die europäischen Verträge. Die erstgestaltende Verantwortung liegt also bei Bundestag und Bundesrat und den Sekundärrecht setzenden Institutionen der Europäischen Union, der Kommission, dem Ausschuss der Ständigen Vertreter, dem Rat und dem Parlament. So drängt sich ein bisher vielleicht vernachlässigter Gedanke auf, der die repräsentative Demokratie, den Vorrang des Gesetzes und die Gleichheit vor dem Gesetz gegenüber den Richtern stärkt. Die gesetzgebenden Organe tragen eine breitere, richterlich nicht kontrollierte Verantwortung für das Recht – an sie richten sich alle Rechtsforderungen, die justiziablen, die verbindlichen, aber nicht einklagbaren Maßstäbe sowie die rechtlichen Klugheitsregeln. Der Gesetzgeber hat diese Rechtsbindung, diesen spezifischen rechtlichen Gestaltungsauftrag auch außerhalb der richterlichen Kontrolle zu erfüllen. Gelänge es außerdem, die grundgesetzliche und primärrechtliche Pflicht der verallgemeinernden Regelbildung wieder zur Geltung zu bringen, würde der Gesetzgeber mehr „Maßstäbe” bilden und die höchsten Gerichte stärker an das einfache Gesetz binden. Die Gewaltenteilung und das institutionelle Gleichgewicht werden jedoch verkehrt, wenn – wie gegenwärtig – der Gesetzgeber Einzelfallgesetze erlässt, für die dann Richter verallgemeinernde Maßstäbe finden müssen. Schillers Appell ist insbesondere an den Gesetzgeber zu richten: ,Im Grunde ist dies das Höchste, was der Mensch aus sich machen kann, sobald es ihm gelingt, seine Anschauung zu generalisieren und seine Empfindung gesetzgebend zu machen.’” (letzter Absatz des Beitrags, 1076)
Höchstrichterliche Rechtsfindung und Auslegung gerichtlicher Entscheidungen, DVBl. 2011, 1068–1076.
Haushaltswirtschaft, Schuldenregel, Stabilitätsrat, Konsolidierungshilfen – Kommentierung im von Mangoldt/Klein/Strack, Kommentar zum GG │ Oktober 2010
In der 6. Auflage des „von Mangoldt / Klein / Starck, Kommentar zum Grundgesetz” hat Prof. Gregor Kirchhof die grundgesetzlichen Regelungen zur Haushaltswirtschaft, Schuldenregel, Stabilitätsrat und den Konsolidierungshilfen verfasst (Art. 109, 109a und 143d GG, Band III, 6. Auflage 2010, 1433–1499, 2481–2489).
Rechtlicher Schutz vor Feinstaub – Beitrag im AöR │ März 2010
Im deutschen Umweltrecht wurde ein „Paradigmenwechsel” vom Emissions- zum Immissionsprinzip beschrieben. Das Emissionsprinzip richtet Maßnahmen gegen bestimmte Emittenten wie eine Fabrik, um insbesondere die Nachbarn zu schützen. Das Immissionsprinzip, das charakteristisch für das europäische Umweltrecht ist und daher mit Anwendungsvorrang in Deutschland wirkt, will hingegen durch Grenzwerte zulässiger Schadstoffkonzentration die Allgemeinheit vor Gefahren bewahren, die aus zahlreichen Quellen entspringen. Das Dreieck Emittent, Staat, Dritter wird dann durch große Kreise der Verursacher und Betroffenen geweitet. Dieser Wechsel hat erhebliche Folgen für das subjektive öffentliche Recht und die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Luftqualitätsrecht, also für den rechtlichen Schutz vor Feinstaub. Ausgangspunkt des Beitrags war auch die Kontroverse insbes. zwischen dem EuGH, dem BVerwG und dem VGH München, ob im Falle der Grenzwertüberschreitung ein Anspruch des Betroffenen auf schützende Planung oder auf individuelle Schutzmaßnahmen besteht. Im Vordergrund stehen folgende, bisher vernachlässigte Fragen: Dürfen die Feinstaublasten einfach verteilt werden, um die Grenzwerte einzuhalten – zum Vorteil der Dritten aber zum Nachteil der durch diese Verteilung stärker belasteten Vierten? Sind entsprechende subjektive öffentliche Rechte zu Lasten Vierter zulässig? Verlangt das Immissionsprinzip, die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Sinne eines Gleichheitsdenkens horizontal zu weiten, um die schützenden Maßnahmen und damit die Schutzlasten auf den jeweiligen Beitrag an den Gesundheitsgefahren auszurichten? Der rechtliche Schutz vor Feinstaub ist dabei durch die folgenden Punkte geprägt. (1.) Die Immissionsgrenzwerte sind durch eine Planung einzuhalten, die über einen Einzelnen oder eine abgrenzbare Gruppe hinausgreift. (2.) Der durch eine Grenzwertüberschreitung Betroffene hat ein subjektives öffentliches Recht auf Planaufstellung. Dieses Recht kann zu einem Anspruch auf Planvollzug oder Planverbesserung werden, wenn die Überschreitung der Grenzwerte anhält und die Feinstaubkonzentration nicht verringert wird. (3.) Bei der Planung sind die objektiven Rechtspflichten zu befolgen, die Feinstaublasten zu minimieren und Vierte grundsätzlich nicht zu belasten. Eine Feinstaubverlagerung zu Lasten Vierter ist nur in Ausnahmefällen zulässig, insbesondere wenn sie der dauerhaften Verbesserung der Luftqualität oder der Verringerung der Feinstaubgefahren dient. (4.) Die Grenzwertverpflichtungen sind langfristig angelegt, müssen also durch eine nachhaltige Planung verwirklicht werden. So wird vermieden, tatsächlich und rechtlich Unmögliches zu fordern. (5.) Der Übergang vom Emissions- zum Immissionsprinzip ist notwendig, weil nahezu jeder Mensch Feinstaub verursacht, und jeder zugleich Geschädigter ist. Das Verwaltungsrecht weitet deshalb den Freiheitsschutz in einem Gleichheitsdenken. Insgesamt wird das subjektive öffentliche Recht auf die objektiven Schutzaufträge abgestimmt, damit die Subjektivierung des Rechts den Ordnungsauftrag des Rechtssystems nicht schwächt, sondern stärkt. Nur im Zusammenwirken von subjektivem und objektivem Recht, von individuellem Anspruch und notwendiger Planung, kann der Schutz vor Gefahren gelingen, die in Ursache und Wirkung allgemein sind.
Der rechtliche Schutz vor Feinstaub – subjektive öffentliche Rechte zu Lasten Vierter? Der Wechsel vom Emissions- zum Immissionsprinzip im Luftqualitätsrecht und die Folgen für das subjektive öffentliche Recht und die Verhältnismäßigkeitsprüfung [Habilitationsvortrag], AöR 135 (2010), 29–77.
Die Allgemeinheit des Gesetzes – Habilitationsschrift │ September 2009
„Die Idee des Gesetzes ist die der Allgemeinheit. Dieser ideengeschichtliche Befund droht in Vergessenheit zu geraten. Ausdrückliche rechtliche Allgemeinheitsforderungen werden kaum beachtet. Gesetz ist das, was das rechtsetzende Organ als Gesetz erlässt. Dieser formale Gesetzesbegriff beschreibt die Kernkompetenz des Parlaments. Doch läuft er Gefahr, das große Freiheitsversprechen zu vernachlässigen, das von alters her im allgemeinen Gesetz ruht. Gleichheit ist nur vor einem allgemeinen Gesetz möglich. Das allgemeine Gesetz ergänzt den vom Einzelfall bestimmten Grundrechtsschutz. Die Gesetzesallgemeinheit stärkt die Gestaltungskraft der Gesetze und damit die Demokratie. Gregor Kirchhof fragt in einer Zeit, in der anspruchsvolle Rechtsetzungsaufträge zu erfüllen sind, in je eigenen Kapiteln nach der Idee des Gesetzes, nach den grundgesetzlichen und europarechtlichen Vorgaben für die Gesetzgebung – und insgesamt nach der Allgemeinheit des Gesetzes als einem notwendigen Garanten der Freiheit, der Gleichheit und der Demokratie.” (U4-Text)
Die Allgemeinheit des Gesetzes. Über einen notwendigen Garanten der Freiheit, der Gleichheit und der Demokratie, 2009.
Rechtsfolgen der Privatisierung – Beitrag im AöR │ September 2007
Die differenzierte rechtswissenschaftliche Forschung entfaltet zahlreiche Privatisierungstypen, unterscheidet insgesamt – wenn man die angebotenen Kategorien zusammenfasst – 13 verschiedene Formen der Privatisierung. Dabei wird auf nationaler und internationaler Ebene beklagt, dass es kein anerkanntes System der Privatisierung gibt. Der vielschichtigen Gesamtanalyse des Privatisierungsphänomens geht der Beitrag nach – in der Suche nach einem einheitlichen distinktiven Merkmal, aus dem eine zusammenführende Grundordnung des Übergangs von der öffentlichen auf die private Hand, vom Öffentlichen Recht in das Privatrecht zu entwickeln ist. Die Analyse des differenzierenden Privatisierungsrechts führt zu einer fünfteiligen Ordnung, welche die Privatisierung der Handlungsform, der Organisationsform, der ausführenden Hand, der Aufgabe und der Verantwortung unterscheidet. Der Versuch, eine fünfteilige Grundordnung zu entwickeln, verdeutlicht die prägende Kraft des Privatisierungsbegriffs. Bereits der Ausgangspunkt der Rechtsfrage der Privatisierung, die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, von öffentlicher und privater Hand, ist nicht zweifelsfrei zu bestimmen. So wird eine klare Grenze zwischen Staat und Gesellschaft kaum gezogen, auch ein Katalog notwendiger Staatsaufgaben kaum errichtet werden können. Die wissenschaftliche Analyse dieser Rechtsfragen wird nur selten zu dem Ergebnis gelangen, dass eine Privatisierung schlechthin unzulässig ist. In der vielschichtigen Privatisierungsdiskussion versucht die hier vorgeschlagenen fünfteilige, rechtfolgenkonzentrierte Privatisierungstypologie die maßgebliche Rechtsfrage zu betonen, Entwicklungen zu kennzeichnen und die rechtlichen Grenzen für neue Erscheinungen bewusst zu machen. So können Rechtsfragen ermittelt werden, die – wie die Beleihung, die sog. Vermögensprivatisierung oder die „Privatisierung der Finanzierung” – zwar als Privatisierungen erörtert werden, gleichwohl aber in ihren Rechtsfolgen auf andere Rechtsprobleme weisen. Die Typologie versucht die Folgen der Privatisierungen zu verdeutlichen, auf die sich die wissenschaftliche Diskussion konzentrieren sollte. Jede Privatisierung lockert, löst öffentlich-rechtliche Bindungen. In Zeiten knapper öffentlicher Finanzmittel mögen Privatisierungserlöse und der sorgenvolle Blick auf die öffentlichen Haushalte viele Privatisierungen angestoßen haben. Doch ist die Erwägung, eine Privatisierung entlaste stets die öffentliche Hand, realitätsfern und „naiv”, gerade weil regelmäßig die Verantwortung nicht privatisiert werden kann, die Aufsicht über private Akteure, die Regulierung einen hohen Aufwand mit sich bringt. Nicht selten sollen durch Privatisierungen lähmende öffentlich-rechtliche Bindungen gelöst und soll den Problemen der Überregulierung entgangen werden. Dann lindern die Privatisierungen konkrete Symptome, bringen aber unerwünschte Nebenwirkungen mit sich und bekämpfen nicht die Ursache des Missstandes. Die Analyse der Rechtsfolgen der Privatisierungen weist hier einen anderen Weg. Hemmende Bindungen des öffentlichen Rechts sind zu reformieren, eine effiziente Verwaltung ist in dieser Rechtsbindung zu gewährleisten. Privatisierungen sind vorzunehmen, wenn insbesondere durch den Wettbewerb Privater eine Aufgabe sachgerechter und kostengünstiger erfüllt werden kann, wenn privater Sachverstand oder der gesellschaftliche Freiheitsraum zu entfalten sind. Dem ‚Privatisierungsrausch‘ darf daher nicht die Ernüchterung eines Privatisierungsverbots oder das Gebot folgen, Privatisierungen in weiten Bereichen wieder zurückzunehmen. Gleichwohl mahnen die Rechtsfolgen zur Vorsicht. Jede Privatisierung bedarf einer besonderen politischen, insbesondere aber einer rechtlichen Rechtfertigung, die in einer Gesamtbilanz die Rechtsfolgen würdigt. Privatisierungen lockern, lösen öffentlich-rechtliche Bindungen, reduzieren die Verantwortung der öffentlichen Hand und verringern so – bei allen Freiheitsgewinnen – den grundrechtlichen Schutz der Menschen.
Rechtsfolgen der Privatisierung. Jede Privatisierung lockert, löst öffentlich-rechtliche Bindungen, AöR 132 (2007), 215–256.
Siehe auch: Europäische Integration und Privatisierungen, in: J. Terhechte (Hg.), Verwaltungsrecht in der Europäischen Union, 2010, § 15, 585–615.
Grundrechte und Wirklichkeit – vergriffen │ Juli 2007
„Ausgangspunkt jeder grundrechtlichen Erörterung ist der Mensch in seiner konkreten Lebenslage. Freiheitsrechte schützen die vorgefundene vom Grundrechtsberechtigten gestaltete Wirklichkeit, Gleichheitsrechten nehmen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Menschen auf. Auch die Schutz- und Teilhabefunktionen der Grundrechte und die Verhältnismäßigkeitsprüfung wurzeln in der Realität, wenn der konkrete Schutzbedarf zu erfassen ist, wenn die Wirklichkeit eine Maßnahme als geeignet und erforderlich, auch als zumutbar ausweist. Ändert sich die Normsituation, muss der Grundrechtsinterpret diese Veränderung in der Rechtserörterung nachzeichnen, baut dabei auf die Analyse der Realität. Wenn verschiedene, isoliert betrachtet zulässige staatliche Maßnahmen den Grundrechtsberechtigten übermäßig belasten, dennoch nur ein Eingriff rechtlich analysiert wird, trennt das Eingriffsdenken die in den Belastungsfolgen einheitliche Wirklichkeit. Auch hier öffnet der Blick auf die Realität das Rechtsdenken für die Gesamtproblematik des Falles, die kumulative Belastung. Stets ist der Einzelfall in seinem tatsächlichen Umfeld zu würdigen, die über den Rechtsfall hinausgreifende Normwirklichkeit zu analysieren. Die grundrechtlichen Gewährleistungen sind aus dieser Realität entfalten.” (U4-Text)
Grundrechte und Wirklichkeit. Freiheit und Gleichheit aus der Realität begreifen – ein Beitrag zur Grundrechtsdogmatik, 2007 – vergriffen.
Die Erfüllungspflichten des Arbeitgebers im Lohnsteuerverfahren – Dissertation │ August 2005
„Gregor Kirchhof untersucht die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Lohnsteuer seiner Arbeitnehmer einzubehalten und abzuführen, hinterfragt ein in der alltäglichen Rechtspraxis selbstverständliches Verfahren. Diese Indienstnahme des Arbeitgebers wird in das Rechtssystem eingeordnet, das den grundrechtsverpflichteten Staat von den privaten Grundrechtsträgern unterscheidet und deshalb Aussagen zum Verhältnis von Freiheit und privater Verwaltungshilfe fordert. Die aktuelle Diskussion der Privatisierung wird in einer rechtsfolgenkonzentrierten Typologie aufgegriffen und strukturiert. Die Analyse der Arbeitgeberpflichten zeigt, dass der Rahmen der allgemeinen steuerrechtlichen Mitwirkungspflichten gesprengt, der Arbeitgeber überfordert wird. Der Indienstnahme steht deshalb insbesondere die abwehrende Kraft der Freiheit von Arbeitszwang und der Berufsfreiheit entgegen; diese wird überzeugender entfaltet, wenn die Normwirklichkeit von dem Norminhalt der Grundrechte unterschieden wird. Diese Unterscheidung stützt die verfassungsrechtliche Forderung, den Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung – des Erwerbs von Einkommen – durch Zahlung eines Entgelts auf ein vertretbares Maß zurückzuführen; sie leitet dazu an, den Gegenstand der Analyse zu weiten, die kumulative Belastung des Arbeitgebers durch die zahlreichen an das Arbeitsverhältnis anknüpfenden Indienstnahmen realitätsgerecht zu erfassen und rechtlich zu beurteilen.” (U4-Text)
Die Erfüllungspflichten des Arbeitgebers im Lohnsteuerverfahren, 2005.
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