Sucht und Sexualität
TEAM
Forschung
Der Forschungsschwerpunkt unserer Arbeitsgruppe, welche sich in zwei Standorte (Universitätsmedizin Augsburg und LMU München) gliedert, liegt auf dem Thema der stoffgebundenen Abhängigkeitserkrankungen. Hier beschäftigen wir uns vor allem mit dem Thema der Tabakabhängigkeit. Darüber hinaus beschäftigen wir uns primär mit dem Zusammenspiel aus Sexualität und Substanzkonsum wobei hier „Chemsex“ - eine Unterform des sexualisierten Substanzkonsums - bei dem primär Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), bestimmte Substanzen (GBL/GHB, Methamphetamin und Mephedron) in einem sexuellen Kontext konsumieren. Hiermit sind deutliche Risiken für die körperliche und seelische Gesundheit verbunden.
LAUFENDE STUDIEN/ Projekte
Awareness of Chemsex Among professionals in german speaking countries (AWARENESS):
Chemsex konnte mehrfach als bedeutender Risikofaktor für die körperliche (v.a. sexuell übertragbare Infektionen) aber auch seelische Gesundheit (Depression, Angstzustände, psychotische Episoden sowie Suizidalität) dargestellt werden. Häufig wird die Verbindung von Sexualität und Substanzkonsum aus Scham nicht spontan vom Patienten berichtet, weswegen Kenntnisse auf dem Gebiet für Behandler besonders wichtig sind, um bei bestimmten Risikokonstellationen spezifisch nachzufragen.
Ziel dieser anonymen Online-Studie ist die Überprüfung der Awareness zum Thema Chemsex und sexualisiertem Substanzgebrauch unter Behandlern aus dem Medizinsektor, um perspektivisch die Versorgungssituation für Betroffene zu verbessern.
In Deutschland konsumieren 4,9 Millionen Menschen illegale Substanzen, was erhebliche gesundheitliche und soziale Herausforderungen mit sich bringt. Der Konsum solcher Substanzen beeinflusst sowohl die körperliche als auch die psychische Gesundheit. Der Zugang zu diesen Substanzen erfolgt zunehmend über das Internet, aber auch traditionelle Wege sind weiterhin bedeutend.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.sedation-studie.de
Stärkung des Suchthilfesystems in Augsburg (Status-A)
Das Projekt STATUS-A zielt darauf ab, die Versorgungssituation von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen in Augsburg zu untersuchen und das Akutversorgungssystem für diese Patient:innen detailliert zu evaluieren. Dabei wird eine retrospektive Studie durchgeführt, die anonymisierte Daten von Patient:innen mit substanzbezogenen Störungen aus den letzten sieben Jahren der Notaufnahmen in Augsburg (BKH Augsburg, Universitätsklinikum Augsburg, Josefinum Augsburg) analysiert. Ziel ist es, ein umfassenderes Verständnis der aktuellen Versorgung zu gewinnen und das Suchthilfesystem zu verbessern. Abhängigkeitserkrankungen stellen ein globales und nationales Gesundheitsproblem dar, das nicht nur individuelle, sondern auch gesellschaftliche Belastungen verursacht. Das Projekt soll dazu beitragen, regionale Unterschiede in der Suchtversorgung zu identifizieren und diese zu adressieren.
Versorgungssituation von Patienten und Patientinnen mit substanzbezogenen Störungen in Augsburg (REWARD)
Der Konsum legaler und illegaler Substanzen und die damit verbundenen psychischen Störungen können sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene zu zahlreichen Problemen führen. In Deutschland gibt es regionale Unterschiede in der Versorgung von Personen mit substanzbezogenen Störungen, was die Behandlung jener Personengruppe erschweren kann. Ein bislang wenig untersuchter Aspekt ist die Erfassung des Versorgungssystems in Augsburg. Um dies näher beleuchten zu können, möchten wir im ersten Projektteil dieser Studie Interviews mit Hausärzt:innen, Anwohner:innen, Betroffenen und Mitarbeitende des kommunalen Ordnungsdienstes führen. Hierbei möchten wir Einblick in Erfahrungen, Barrieren und förderliche Faktoren bei der Behandlung von Personen mit substanzbezogenen Störungen erfassen. Auf Basis dieser Ergebnisse möchten wir in einem zweiten Projektteil eine anonyme Internetbefragung durchführen, um die Einstellungen der Augsburger Bevölkerung gegenüber substanzbezogenen Störungen zu erheben. Ziel ist es, die Versorgungslage in Augsburg langfristig zu verbessern.
SExual border crossiNg and beHavioral Attribution iN Chemsex and Chemsex substancEs (ENHANCE)
Mit dem Begriff „sexualisierter Substanzkonsum“ wird allgemein die Verbindung aus Substanzkonsum und Sexualität beschrieben. Chemsex - eine Unterform von sexualisiertem Substanzkonsum - ist definiert als Konsum von synthetischen, illegalen Substanzen, zur lntensivierung von sexuellem Erleben, vor allen Dingen bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM). Dabei zählen Substanzen wie Metamphetamin (3MMC), synthetische Cathinone (beispielsweise Mephedron – M-Cat) und Sedativa, wie GHB oder GBL, auch bekannt als „G“, zu den klassischen „Chems“.
Die ENHANCE-Umfrage untersuchte den Zusammenhang zwischen Chemsex – dem Konsum synthetischer Substanzen zur Intensivierung sexueller Erlebnisse, vor allem bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM) – und psychischen sowie traumatischen Auswirkungen. Ziel war es, herauszufinden, ob bestimmte Substanzen das Risiko für sexuelle Grenzüberschreitungen erhöhen und wie submissives oder dominantes Verhalten dabei eine Rolle spielt. Die Erkenntnisse sollen dazu beitragen, Risikofaktoren besser zu verstehen und mögliche traumatherapeutische Ansätze für Betroffene in der klinischen Praxis zu entwickeln.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.enhance-studie.de
Sexarbeit unter Chemsex-Usern (SEARCHER):
Ein weitgehend unbekanntes Thema ist das Vorliegen von Sexarbeit unter Chemsex-Usern. Im Rahmen von qualitativen Arbeiten anderer Arbeitsgruppen ergaben sich bereits Hinweise, dass dies eine relevante Thematik im Bereich der Sexarbeit zu sein scheint. Es erscheint denkbar, dass psychische Belastungen im Rahmen der Tätigkeit als Motiv für Chemsex dienen könnten. Zudem verdichten sich in der Literatur Hinweise, dass Einsamkeit ein Motiv darstellen könnte, welches Chemsex fördert und auch im Bereich der Sexarbeit eine Rolle spielen könnte. Ziel des vorliegenden Projektes ist die umfassende Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Sexarbeit, Chemsex und Einsamkeit um daraus entsprechende Interventionen für die betroffenen Personen zu entwickeln. Das Projekt wird durch Mitteln der Medizinischen Fakultät gefördert.
Weitere Informationen zu unserer Arbeitsgruppe am Standort München finden Sie unter: www.chsx.de
(SCHLÜSSEL-)PUBLIKATIONEN:
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Gertzen M & Rüther T. Chemsex und sexualisierter Substanzgebrauch, InFo Neurologie und Psychiatrie 2020, 22(6): 34-40
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Batra A, Düerkop M, Gertzen M, Jähne A, Mühlig S, Rüther T. Psychiatrische, neurologische und internistische Folgeschäden der Nikotinabhängigkeit, Suchtmedizin 2019 (Elsevier);1: 242-245
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Schwarz J, Gertzen M, Rabenstein, A., Straßburger, M., Horstmann, A., Pogarell, O., Rüther, T., & Karch, S. (2024). What Chemsex does to the brain - neural correlates (ERP) regarding decision making, impulsivity and hypersexuality. European archives of psychiatry and clinical neuroscience, 10.1007/s00406-024-01856-2. Advance online publication. https://doi.org/10.1007/s00406-024-01856-2
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Gertzen M, Karcher, S., Schwarz, J., Rosenberger, C., Strasburger, M., Rabenstein, A., Strasser, M, Palm, U., & Rüther, T. (2024). "I Can't Get No Satisfaction"-Psychosocial Aspects and Awareness of Negative Impacts in Chemsex Users: Results from an Anonymous Online Survey. Brain sciences, 14(7), 666. https://doi.org/10.3390/brainsci14070666
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Halms T, Strasser M, Hasan, A., Rüther, T., Trepel, M., Raab, S., & Gertzen M. (2024). Smoking and quality of life in lung cancer patients: systematic review. BMJ supportive & palliative care, 13(e3), e686–e694. https://doi.org/10.1136/spcare-2023-004256
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Halms T, Strasser M, Hasan A, Rüther T, Trepel M, Raab S, Gertzen M. Smoking and quality of life in lung cancer patients: systematic review. BMJ Support Palliat Care. 2023 Aug 22:spcare-2023-004256. doi: 10.1136/spcare-2023-004256. Epub ahead of print. PMID: 37607808.
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Krumm S, Krieg G, Lamp N, Marek F, Nickel P, Panzirsch M, Stiawa M, Beschoner P, Brieger P, Frasch K, Gertzen M, Gündel H, Hasan A, Jäger M, Kling-Lourenco P, Koussemou JM, Steber R, Kilian R. The transformation of masculinity orientations and work-related attitudes in men treated for depression (TRANSMODE): study protocol for a mixed-methods observational study. BMC Psychiatry. 2023 Jul 10;23(1):492. doi: 10.1186/s12888-023-04979-3. PMID: 37430236; PMCID: PMC10331982.
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Strasser M, Halms T, Rüther T, Hasan A, Gertzen M. Lethal Lust: Suicidal Behavior and Chemsex-A Narrative Review of the Literature. Brain Sci. 2023 Jan 20;13(2):174. doi: 10.3390/brainsci13020174. PMID: 36831717; PMCID: PMC9954759.
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Gertzen M, Strasburger M, Geiger J, Rosenberger C, Gernun S, Schwarz J, Rabenstein A, Rüther T. Chemsex : Eine neue Herausforderung der Suchtmedizin und Infektiologie [Chemsex : A new challenge in addiction medicine and infectious diseases]. Nervenarzt. 2022 Mar;93(3):263-278. German. doi: 10.1007/s00115-021-01116-x. Epub 2021 Apr 14. PMID: 33852029.
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Rosenberger C, Gertzen M, Strasburger M, Schwarz J, Gernun S, Rabenstein A, Lermer E, Rüther T. We Have a Lot to Do: Lack of Sexual Protection and Information-Results of the German-Language Online Survey "Let's Talk About Chemsex". Front Psychiatry. 2021 May 31;12:690242. doi: 10.3389/fpsyt.2021.690242. PMID: 34135790; PMCID: PMC8200571.
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Krause D, Jobst A, Langemak SM, Keeser D, Chrobok AI, Langgartner S, Adorjan K, Gertzen M, Pogarell O, Karch S. Event-Related Potentials Are Associated With Unexpected Gain and Loss: Using a Gambling Paradigm. Clin EEG Neurosci. 2019 May;50(3):154-160. doi: 10.1177/1550059418814987. Epub 2018 Nov 27. PMID: 30477341.