Prof. Dr. Bernd Aulbach

Im Gedenken an

Bernd Aulbach

(1947-2005)
© Universität Augsburg

 

Am 14.1.2005 ist Professor Bernd Aulbach im Alter von 57 Jahren plötzlich und unerwartet verstorben. Das Institut für Mathematik hat einen geschätzten Kollegen, einen geachteten Wissenschaftler und einen beliebten Hochschullehrer verloren. Wir alle trauern um ihn.

 

Bernd Aulbach wurde am 23.12.1947 in Aschaffenburg geboren, wo er auch zur Schule ging und 1967 das Abitur machte. Anschließend studierte er in Würzburg Mathematik mit Nebenfach Physik. Schon früh entdeckte er sein Interesse für Differentialgleichungen und folgerichtig schrieb er seine Diplomarbeit bei Professor H.W. Knobloch über das Thema: "Der Einzugsbereich einer asymptotisch stabilen Lösung bei nichtautonomen periodischen Differentialgleichungen". Das Diplom erhielt er 1973, und er blieb dann wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl Knobloch, wo er 1976 ebenfalls über Einzugsbereiche stabiler periodischer Lösungen promovierte. Das akademische Jahr 1978/79 verbrachte er als Visiting Assistant Professor an der State University of New York in Albany. Von 1983 bis 1986 wurde er von der Stiftung Volkswagenwerk zur Durchführung des Projekts "Qualitative Analyse nichtlinearer Dynamischer Systeme mittels invarianter Mannigfaltigkeiten" unterstützt. Im Rahmen dieses Projekts entstand seine Habilitationsschrift "Continuous and Discrete Dynamics near Manifolds of Equilibria", welche auch 1984 als Lecture Notes im Springer-Verlag erschien. Im August 1984 wurde er dann Privatdozent an der Universität Würzburg. Anschließend erhielt er von der DFG ein begehrtes Heisenberg-Stipendium, womit er einen längeren Aufenthalt 1986/87 an der University of California in Berkeley finanzierte. Im Jahr 1987 nahm er schließlich den Ruf an die Universität Augsburg an. Im Jahr 1970, noch als Student, heiratete er Gudrun Nöll. Aus dieser Ehe gingen eine Tochter und zwei Söhne hervor, geboren in den Jahren 1971, 1976 und 1980.

 

Wie dem zitierten Thema seines ersten Forschungsprojekts zu entnehmen ist, galt sein Interesse der Qualitativen Theorie Dynamischer Systeme, und er ist diesem Gebiet treu geblieben, wobei sich naturgemäß die Schwerpunkte verschoben. Als sein Hauptverdienst ist sein durchgehendes Bemühen zu bezeichnen, die kontinuierliche und diskrete Dynamik unter einem einheitlichen Gesichtspunkt zu betrachten. Dies beginnt 1984 in seiner Habilitationsschrift und gipfelt 2001 in seiner Präsidentschaft der "International Society of Difference Equations". Es ging ihm dabei nicht nur um eine neue Vereinheitlichung unterschiedlicher Zugänge, sondern auch um die Zusammenführung der Wissenschaftler, die weitgehend getrennt auf den Gebieten "Differentialgleichungen" und "Differenzengleichungen" arbeiten und forschen. Dies gelang ihm auf der "Sixth International Conference on Difference Equations", die er 2001 in Augsburg organisierte. An der Fortführung dieser Konferenzreihe ist er bis zu seinem Tod maßgeblich beteiligt gewesen. Hand in Hand damit ist seine Tätigkeit als Herausgeber des "Journal of Difference Equations and Applications" zu sehen, worauf sich seine Herausgebertätigkeit aber nicht beschränkte: Es sind die Journale "Differential Equations and Dynamical Systems" sowie "Nonlinear Dynamics and Systems Theory" zu nennen. Ein entscheidendes Hilfsmittel, die Brücke zwischen kontinuierlicher und diskreter Dynamik zu schlagen, ist der "Maßkettenkalkül", dessen Bedeutung er wohl als erster erkannte: Entscheidende Grundlagen hat er mit seinem Doktoranden S. Hilger schon in den späten 80iger Jahren gelegt. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Forschung waren die nichtautonomen Systeme, welche keine dynamischen Systeme im klassischen Sinne erzeugen. Auch hier legte er großen Wert auf eine nur messbare Zeitabhängigkeit, d.h. es ging ihm um eine einheitliche qualitative Theorie von sowohl nicht autonomen Differentialgleichungen als auch nichtautonomen Differenzengleichungen. Für Anwendungen war er stets aufgeschlossen.

 

Mit Professor Colonius zusammen leitete er auch die Arbeitsgruppe "Dynamik und Kontrolle gewöhnlicher Differentialgleichungen" im Rahmen unseres Graduiertenkollegs "Nichtlineare Probleme in Analysis, Geometrie und Physik". Dieses Kolleg wurde uns 1996 von der DFG bewilligt, und von Anbeginn an war Bernd Aulbach sein Sprecher. Nicht zuletzt durch seinen unermüdlichen Einsatz wurde das Kolleg zweimal verlängert und somit die maximale Förderdauer bewilligt. Leider war es ihm nicht vergönnt, sein Lieblingsprojekt (wie er mir bekannte) in diesem Jahr 2005 zum Ende zu bringen.

 

Als Wissenschaftler war Bernd Aulbach stets aktiv und erfolgreich, was seine über 60 wissenschaftlichen Publikationen belegen. Sein Lehrbuch über "Gewöhnliche Differenzialgleichungen", das gerade in der 2. Auflage erschienen ist, ist sehr gefragt.

 

Professor Aulbach war ein begnadeter Lehrer und infolgedessen bei Studenten und Studentinnen sehr beliebt. Das zeigt sich auch in der überdurchschnittlich großen Zahl seiner Diplomanden und Doktoranden. Sein Schüler S. Siegmund erhielt ein renommiertes Emmy Noether-Stipendium. Wie seine Vorlesungen so zeichneten sich auch seine Vorträge durch große Klarheit aus. Folglich wurde er zu vielen Tagungen, Konferenzen und Kolloquien, national wie international, eingeladen. Er scheute sich nicht, dafür auch weiteste Reisen auf sich zu nehmen, wie z.B. nach Vietnam, China oder Indien. Als Kollege war Bernd Aulbach überaus kooperativ, der sich der Mitarbeit in Gremien und Kommissionen niemals verweigerte. Seine ausgeglichene Art wurde allenthalben sehr geschätzt, seine Ideen haben manche Kommission entscheidend weiter gebracht.

 

Das Institut für Mathematik hat den Verlust eines rundum qualifizierten Kollegen, eines beliebten Lehrers und eines Freundes zu beklagen. Wir werden seiner auf Dauer gedenken.

 

Hansjörg Kielhöfer

 

Zu den Büchern von Bernd Aulbach, unter anderem mit Lösungen der Aufgaben in seinem Buch 'Gewöhnliche Differenzialgleichungen'. 

 
 

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