Forschung

Forschungsfragen

In unserer Arbeitsgruppe liegt der Schwerpunkt auf dem Gebiet der Dynamik der Atmosphäre. Darunter versteht man die Bewegungsvorgänge, die in der Lufthülle unseres Planeten ablaufen. Und hierin wiederum fokussieren wir uns auf den Bereich der sogenannten „Wirbeldynamik“. Hierunter sind – ganz allgemein gesprochen – wellenförmige Strömungsphänomene zu verstehen. Diese laufen auf ganz unterschiedlichen raumzeitlichen Skalen ab.

 

Da sind zunächst die unseren Planeten umspannenden „planetaren Wellen“ zu nennen. Diese sind eine Folge der Bilanz zwischen der Druckgradientenkraft und der Corioliskraft, d.h., sie verdanken ihre Existenz der Erdrotation. Diese Wellen führen insbesondere dazu, dass der sogenannte „Jet-Stream“, also ein zonal gerichtetes Starkwindband in der Atmosphäre der mittleren Breiten, welches häufig ausgeprägte Mäanderschlaufen ausbildet. Planetare Wellen beeinflussen also die globalen Zirkulationssysteme und beeinflussen die Großwetterlage (z.B. auch extreme Hitze- und Kälteperioden). Damit stellt sich die Forschungsfrage: Ändert sich die Aktivität planetarer Wellen? Und wenn ja, wie und warum?

 

Als Folge der Bilanz zwischen der Schwerkraft und der Auftriebskraft stellen sich in der Strömung der Atmosphäre häufig sogenannte Schwerewellen ein. Diese sind auf deutlich kleineren raumzeitlichen Skalen unterwegs. Man kann sie häufig in parallel aufeinander folgenden Wolkenrippen erkennen. Sie werden angeregt etwa durch die Überströmung orographischer Hindernisse (Berge), Land-See-Übergänge oder Gebiete mit ausgeprägter Konvektion. Wenn sie angeregt werden – häufig in den unteren Stockwerken der Atmosphäre -, entnehmen sie dort Energie. Diese transportieren sie dann häufig über große Entfernungen bis sie brechen. Über turbulente Prozesse geben sie ihre Energie in Form von Wärme wieder an die Atmosphäre ab. Schwerewellen verteilen damit Energie und Impuls in der Atmosphäre um. Die sich daraus ergebende Forschungsfrage lautet: Wie beeinflussen Schwerewellen den Energiehaushalt der Atmosphäre?

 

Schließlich beschäftigen wir uns noch mit einer dritten Klasse von Wellen in Atmosphäre: den sogenannten Infraschallwellen. Sie sind die Folge der Bilanz von Druckgradientenkraft und Viskositätskraft und liegen unterhalb des für den Menschen zugänglichen Hörbereich. Diese Wellen haben verschiedene ganz praktische Abwendungsbereiche. So kann man z.B. in diesem Frequenzbereich die Aktivität von Vulkanen, Erdbeben und auch von starken Sturmsystemen „hören“ und auf deren Aktivität zurück schließen. Und natürlich stellt sich auch die Forschungsfrage: Ändern sich die akustischen Eigenschaften der Atmosphäre aufgrund des Klimawandels?

 
Daten

Verwendet werden Daten satellitenbasierter Instrumente etwa der Temperatur, des Windes oder von Spurengasen, die lange genug (photo)chemisch stabil sind, um diese als „Tracer“ für Strömungen verwenden zu können. Daneben verwenden wir auch Daten der genannten Parameter aus globalen Modellen (sogenannte „Reanalysefelder“). Für die Beantwortung einiger Forschungsfragen reichen die genannten Daten nicht mehr aus. Dies trifft dann zu, wenn wir den Höhenbereich quasi am Rand zum Weltraum untersuchen wollen, also etwa der Höhenbereich um etwa 80 bis 100 Kilometer. Hier setzen wir eigene Messgeräte ein. Bei diesen handelt es sich um Infrarot-Spektrometer (GRIPS) und Infrarot-Kameras (FAIM, BAIER). Mit diesen erfassen wir die vergleichsweise sehr schwache Emissionsstrahlung, wie sie in diesem Höhenbereich von rotations-schwingungsangeregten Hydroxyl- und Sauerstoffmolekülen ausgesandt wird. Diese Strahlung ist auch als „Luftleuchten“ (Airglow) bekannt. Man sieht häufig auf Fotos, die von Astronauten aufgenommen werden, diese dünne luftleuchtende Schicht, die die Erde wie ein Heiligenschein umgibt. Aus diesen Messungen können wir z.B. auf die Temperatur ebendort zurück schließen. Diese Geräte setzen wir an verschiedenen Stationen auf der Erde ein. Geräte befinden sich gegenwärtig auf der Zugspitze, auf dem Hohen Sonnblick in Österreich, im Kaukasus, in Tschechien, in Frankreich auf Sizilien und in der Antarktis. Weitere Systeme werden vorbereitet für ihre Einsätze in Chile und auf Zypern. Auch werden die Geräte zeitweise auf einem Forschungsflugzeug (DLR-Falcon) und einem Forschungsschiff (Polarstern) eingesetzt. Pläne für einen satellitengetragenen Einsatz sind in Vorbereitung. Für die Erfassung von Infraschall setzen wir auch hochempfindliche Mikrophone ein, sogenannte Mikrobarographen (DINO).

 

Methoden

Für die Beantwortung der o.g. Forschungsfragen müssen wir uns häufig mit der Analyse von Zeitreihen auseinandersetzen. Hier verwenden wir Methoden aus den Bereichen der klassischen Spektralanalyse (z.B. FFT, Harmonische Analyse, Maximum Entropie Methode). Da die Zeitreihen häufig nicht stationären Charakter haben, d.h., die statistischen Momente (Mittelwert, Varianz, Schiefe) ändern sich mit der Zeit, verwenden wir auch andere Methoden, wie die Wavelet-Analyse oder die Empirical Decomposition Methode. Zur Verfolgung der Wellenausbreitung in der Atmosphäre setzen wir numerische Modelle ein. Bei der Auswertung der IR-Kamerabilder fallen sehr große Datenmengen an, so dass eine automatische Vorauswertung notwendig ist. Hierzu setzen wir derzeit auf Verfahren des maschinellen Lernens, um etwa atmosphärische Turbulenz in den Aufnahmen zu erkennen.

 

Weitere Themen

Neben den o.g. Schwerpunktthemen beschäftigen wir uns auch mit den folgenden derzeit gesellschaftlich sehr aktuellen Themen:

 

  • Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Wirtschaft und der Luftverschmutzung?

Dieser Zusammenhang wird auf der Grundlage satellitenbasierter Messungen von Stickstoffdioxid (entsteht bei Verbrennungsprozessen) und Daten des Bruttoinlandsprodukts von Regionen untersucht.

 

  • Wie wird die Ausbreitung von Corona-artigen Pandemien durch Luftverschmutzung beeinflusst?

Diese Arbeiten haben die Weiterentwicklung eines konventionellen Seuchenausbreitungsmodells zum Gegenstand. Informationen zur Luftverschmutzung gewinnen wir insbesondere aus satellitenbasierten Messungen und aus gekoppelten Meteorologie/Chemie-Transport-Modellen.

Suche