Franz Xaver Kroetz liest aus 'Furcht und Hoffnung in Deutschland'

© Universität Augsburg

2. Juli 2024 um 19:30 Uhr

 

Lesung mit anschließendem Publikumsgespräch mit Franz Xaver Kroetz in der brecht-bühne im Gaswerk in Kooperation mit dem Staatstheater Augsburg
Organisation: Bettina Bannasch.

 

 

Lange bevor Franz Xaver Kroetz einem breiten Fernsehpublikum in der Figur des Baby Schimmerlos durch die Miniserie Kir Royal (1986) bekannt wird, macht er sich in den 1970er Jahren einen Namen als Autor sozialkritischer Volksstücke im bayerischen Dialekt. 1983 schreibt er ein Stück mit dem Titel Furcht und Hoffnung der BRD. Der Titel spielt auf Bertolt Brechts Furcht und Elend des Dritten Reiches (1935/49) an, in dem Brecht Alltagsszenen aus dem nationalsozialistischen Deutschland montiert hatte. Bei Kroetz steht das Problem der Arbeitslosigkeit im Zentrum. In kurzen Monologen und Dialogen zeigt sein Drama, dass Arbeitslosigkeit zwar den Einzelnen in seiner gesamten Existenz trifft und bis in seine persönlichsten Beziehungen hineinreicht, dass es sich dabei jedoch nicht um ein privates Einzelschicksal handelt, sondern um ein gesellschaftliches, veränderbares Problem.

 

In Tagebuchnotizen, die Kroetz später veröffentlicht, begleitet und kommentiert er den Entstehungsprozess seines Dramas, der von mehrfachen Abbrüchen und Neuanfängen gekennzeichnet ist. Er resümiert: „Das kommt unterm Strich heraus: ein hilfloser, separierter (weil überall rausgeschmissener) Mensch, der nichts hat und wartet, wartet, wartet [...].“ Im gesellschaftlichen ‚Rausschmiss‘ und im Warten auf bessere Zeiten berühren sich die Figuren von Brecht und Kroetz. Das ursprüngliche Vorhaben jedoch, Szenen von Brecht mit eigenen zu verschränken, ist gescheitert. Im Rückblick auf diesen Versuch schreibt Kroetz: „Es gelang mir – so glaube ich heute – mit Recht nicht. Das eine kann und soll man mit dem andern nicht zusammen tun.“

 

Die Entscheidung für den Titel, der den Bezug zu Brecht dennoch prominent ausstellt, ebenso wie die Entscheidung, die früheren Fassung ein weiteres Mal zu veröffentlichen – nun unter dem Titel Furcht und Elend in Deutschland – macht gleichwohl deutlich, dass Kroetz Kontinuitäten sieht und aufzeigen will. Darauf verweist auch die polemische ‚Danksagung‘, die er der um nur eine Szene erweiterten, ansonsten aber so beibehaltenen Fassung von 1997 voranstellt. „Endlich macht das große Thema des Stücks nicht mehr vor den widernatürlichen innerdeutschen Grenzen halt: die Arbeitslosigkeit hat fast alle erreicht. Und mein Stück endlich den schönen, runden Titel. Danke vielmals!“

 

Kontinuitäten und Brüche werden auch sichtbar werden, wenn Franz Xaver Kroetz am 2. Juli 2024 bei seiner Lesung auf der Brecht-Bühne des Staatstheaters Augsburg ausgewählte Szenen aus Furcht und Hoffnung in Deutschland vorträgt und damit in den Alltag von heute bringt. Bei einem anschließenden Publikumsgespräch besteht Gelegenheit, mit dem Autor, Schauspieler und Regisseur ins Gespräch zu kommen und mit ihm zu diskutieren.



Moderation:
Prof. Dr. Bettina Bannasch

Professur für Neuere deutsche Literaturwissenschaft

Universität Augsburg

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