Die Akustik der Maske. Physiognomie und Ethik des Hörens in der klassischen Moderne
Rainer Maria Rilke nahm die Literatur seiner Zeit als vom Sehsinn „überladen“ wahr. Das Dissertationsprojekt veranschlagt, dass sich für die Literatur der klassischen Moderne ein gesteigertes Interesse an der Akustik verzeichnen lässt, und in größerem Maße, als Rilke es ihr zubilligen mag. Als Brücke zwischen dem von Rilke aufgerufenen Gegensatz von Gesicht und Gehör fungiert dabei die Maske: Sie blockiert die Lesbarkeit des Gesichts im Sinne der Physiognomik des 18. Jhs., und gibt so dem nicht Sichtbaren, dem nur Hörbaren Raum. Zugleich verweist sie auf das Theater als der bevorzugten Plattform zur Verhandlung des Komplexes.
Die Dissertation verfolgt die Fragestellung schwerpunktmäßig in Gegenüberstellung zweier literaturgeschichtlicher Zusammenhänge des modernen Wien: mit ästhetischem Profil die gemeinhin als ‚Wiener Moderne‘ bezeichnete informelle Gruppe um Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler und Richard Beer-Hofmann, und, mit ethischem Profil, die Traditionslinie Karl Kraus, Hermann Broch, Elias Canetti. Die beiden Wiener Zusammenhänge werden entlang einer Achse der europäischen Moderne – Maurice Maeterlinck und Rilke – gespiegelt, an der sich die ästhetische Problemstellung von Maske und Gestalt mit der ethischen Problemstellung von Maske und Gehör verknüpft.
Projektbetreuung:
Prof. Dr. Mathias Mayer