Aktuelle Projekte und Schwerpunkte
Aktuell arbeitet Ch. Schliephake an seiner Habilitation mit dem Arbeitstitel „Traum und Traumdeutung in den Werken Plutarchs“. Es wird sich dabei um die erste systematische Analyse von Träumen, Trauminterpretationen und divinatorischen Formen der Traumdeutung in den biographischen und philosophischen Texten Plutarchs handeln. Die Arbeit beleuchtet die philosophischen Grundlagen des Umgangs mit Träumen bei Plutarch, den sozialen Platz und die Funktion von Träumen in seinen Schriften sowie die kulturellen Aspekte, die bei der Traumdeutung eine Rolle spielten, wobei Fragen der Identität und der Performanz im Zentrum stehen werden. Zusammen mit G. Weber organisiert Ch. Schliephake die Sektion „Deutungskämpfe um die antike Divination im Spiegel spätrepublikanischer und kaiserzeitlicher Texte“ beim Historikertag in München/Okt. 2021.
Ch. Schliephake ist außerdem aktiv an der interdisziplinären Erschließung und internationalen Vernetzung des Paradigmas der „Environmental Humanities“ beteiligt. Seine Forschungen nehmen eine international anerkannte und vielbeachtete Vorreiterrolle ein, da sie dieses Paradigma erstmals auf die Antike ausweiten. Im Kern geht es darum, tiefenhistorische Traditionslinien des Nachdenkens über Umwelt(en) nachhaltig in der aktuellen geisteswissenschaftlichen Umweltforschung zu verankern, die einseitig die Epoche des sog. „Anthropozäns“ in den Blick rückt. Gemeinsamkeiten, aber v.a. auch Unterschiede der Mensch-Natur-Interaktion zwischen Antike und Moderne stehen im Zentrum vielfältiger Publikationen. Zusammen mit Prof. Esther Eidinow organisiert Ch. Schliephake einen eigenen Konferenztag bei der internationalen Konferenz STREAMS: Transformative Environmental Humanities in Stockholm (Aug. 2021), der über kleinere online workshops vorbereitet werden wird und mit „Ancient Environments and Their Legacy: Long-Term Environmental Interactions, Ecological Knowledge, and the Transformative Potential of Myths“ betitelt ist (eine entsprechender Band bei Bloomsbury ist in Vorbereitung). Im Herbst 2020 war Ch. Schliephake eingeladen, den Eröffnungsvortrag des neu gegründeten Centre for Ancient Environmental Studies (St. Andrews) zu halten. Aktuell arbeitet er an einer neuen Umweltgeschichte der Antike (AGF). Von 2016-2020 war er Teil der Redaktion der international angesehenen online Zeitschrift Ecozon@. Seit 2018 ist er im Editorial Board der Reihe „Ancient Environments“ (Bloomsbury) und seit 2021 Teil des Editorial Board der Fachzeitschrift „Journal of Ecohumanism“.
2021 konnte Ch. Schliephake als hauptverantwortlicher Antragssteller erfolgreich ein DFG Netzwerk mit dem Titel „Ressourcen der Resilienz in der Antike/Resources of Resilience in the Ancient World“ ins Leben rufen, das 16 nationale und internationale NachwuchswissenschaftlerInnen zusammenführt, die in den kommenden zwei Jahren „ökologische, soziale und kulturelle Systeme zwischen Beharring und Transformation“ studieren werden.
Geplante und in Arbeit befindliche Buchveröffentlichungen:
- Traum und Traumdeutung in den Werken Plutarchs von Chaironeia: Ereignis, Wissen, Identität (zugl. Habilitationsschrift; abgeschlossen voraussichtlich Ende 2022)
- Umweltgeschichte der Antike: Akteure, Theorien, Perspektiven (in Arbeit für AGF; voraussichtlich 2024)
- zusammen mit Esther Eidinow (Bristol): Conversing with Chaos: Writing and Reading Environmental Disorder in Ancient Texts (geplant für Ancient Environments, Bloomsbury 2023)
- zusammen mit Ch. Chrysafis, A. Hartmann und G. Weber: Basileus eirenophylax: Friedenskultur(en) und monarchische Repräsentation in der Antike (in Arbeit für Studies in Ancient Monarchies/Steiner 2022)
- zusammen mit Evi Zemanek (Freiburg): Anticipatory Environmental Histories (in Arbeit für Environment and Society/Rowman and Littlefield 2022)
- zusammen mit G. Weber: Deutungskämpfe um die antike Divination im Spiegel spätrepublikanischer und kaiserzeitlicher Texte (in Arbeit für HZ Beihefte 2023)
- Ressourcen der Resilienz in der Antike (zus. mit Andreas Hartmann und Anna-Katharina Rieger 2023/24)
Historische Ökologie der Antike
Welchen Platz haben die antiken Menschen im sog. „Anthropozän“? Kannten die antiken Kulturen Formen von „Nachhaltigkeit“? Wie lassen sich Methoden der naturwissenschaftlichen Klimaforschung mit älteren textbasierten Umweltgeschichten zusammenbringen? Und überwog in der Antike tatsächlich ein Bild vom geordneten Kosmos mit einer grundsätzlich harmonischen Mensch-Natur-Beziehung? Diese und weitere Fragen werden in eine Reihe von Untersuchungen behandelt, die Methoden der antiken Umweltgeschichte mit dem interdisziplinären Theoriebestand der „Environmental Humanities“ zusammenbringen oder antike Mythen als ‘ökologische’ Medien der Wissensvermittlung begreifen.
Ausgewählte Publikationen:
Ecocriticism, Ecology, and the Cultures of Antiquity (Ecocritical Theory and Practice). Lanham, MD, 2017 (Reprint 2018).
The Environmental Humanities and the Ancient World: Questions and Perspectives (Cambridge Elements in Environmental Humanities). Cambridge (erscheint Anfang 2020).
Nachhaltigkeit in der Antike: Diskurse, Praktiken, Perspektiven (zus. mit Gregor Weber und Natascha Sojc) (Geographica Historica). Stuttgart (erscheint Ende 2020).
Plutarch von Chaironeia und seine Zeit
Welche Bedeutung hatten Schilderungen von Traum und Traumdeutung im Werk Plutarchs von Chaironeia (ca. 45-125 n. Chr.)? Wie grenzte er, der Apollonpriester in Delphi, den Wert von Trauminterpretationen von anderen Arten der Divination ab? Und welche Rolle spielten Träume im Kulturkontakt zwischen Griechenland und Rom, nicht zuletzt in Prozessen der Aushandlung von kulturellen Räumen und Identitäten? Diese Fragen sind Thema des Habilitationsprojekts. Sie werden ergänzt durch weitere Forschungen zur sog. "Zweiten Sophistik" (etwa zu Pausanias oder Artemidor von Daldis) sowie zu Einzeluntersuchungen, die etwa die Konzeption des 'Friedens' (und von 'Friedensfürsten') in den Doppelbiographien Plutarchs in den Blick rücken, oder aber danach fragen, welche Rolle 'Schreiben' und 'Lesen' in den Werken Plutarchs spielen.
Ausgewählte Publikationen:
Traum, Traumdeutung und kulturelle Identitäten im Werk Plutarchs von Chaironeia (Habilprojekt)
“Träume und Traumdeutung als Phänomene der ‚Liminalisierung‘ in der griechisch-römischen Antike am Beispiel von Artemidors Oneirokritika“ (erscheint 2020)
Rezeptionsgeschichte der Antike
Warum benutzten britische Spione und Abenteurer die Quellen zum Eroberungszug Alexanders des Großen, als sie sich Anfang des 19. Jahrhunderts in die weitestgehend unbekannten Regionen des Punjab oder Afghanistans begaben? Welche Bedeutung kommt der Antike in kolonialen, v.a. postkolonialen Debatten um den Kulturkontakt zwischen 'West' und 'Ost' zu - und wie werden antike Texte von afro-amerikanischen Autor*innen rezipiert, um Fragen kultureller Identität zu problematisieren? Schließlich: wie wirkt das antike Erbe auf Weltentwürfe im Kontext imaginativer Fantasy- oder Science Fiction Literatur? All diese Fragen thematisieren die transkulturelle Dimension von Antikenrezeptionen und öffnen zugleich einen Raum, um über diachrone Entwicklungslinien, historische und fiktive Geographien sowie Grenzziehungen aller Art nachzudenken.
Ausgewählte Publikationen:
On Alexander’s Tracks: Exploring Geographies, Memories, and Cultural Identities along the North-West Frontier of British India in the Nineteenth Century (Oriens et Occidens 30). Stuttgart 2019.
“Die Blendung des Kyklopen – Antikenrezeption und (post-)kolonialer Diskurs“, in: Mitteilungen des Instituts für Europäische Kulturgeschichte 22 (2014): 13-34.
“Black Classicism: The African-American Reception of the Classical Tradition – the Example of Reginald Shepherd.” Amerikastudien/American Studies 61.1 (2016): 53-68.