Laufende Forschungen
Übersicht
Abstracts und Projektvorstellungen
Savoirs d’État. Herrschaft und staatsrelevantes Wissen in der Frühen Neuzeit (Prof. Dr. Lothar Schilling)
Jüngste Publikation:
Schilling, Lothar / Vogel, Jakob (Hrsg.), Transnational Cultures of Expertise. Circulating State-Related Knowledge in the 18th and 19th centuries (Colloquia Augustana, 36), Berlin/ Boston 2019.
"Une révolution avantageuse et nécessaire". Strategien der sprachlichen und medialen Vermittlung von Reformprojekten der OeG Bern, 1759-1798 (Dissertationsprojekt Lisa Kolb)
Im Zentrum des Forschungsvorhabens steht die Frage nach einer charakteristischen Sprache der Ökonomischen Aufklärung im Berner Ancien Régime. Die Oekonomischen Gesellschaft Bern versuchte von 1759 an, verschiedenste (meist landwirtschaftliche) Reformprojekte zu entwickeln, zu propagieren und zu implementieren. Ziel war die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Berner Republik und damit einhergehend die Sicherstellung einer guten und gerechten Ordnung. Angesichts der Zweisprachigkeit der Berner Bevölkerung einerseits und der Ansprache eines gelehrten wie eines breiteren ungebildeten Publikums andererseits waren spezifische und differenzierte Wege der Popularisierung und Legitimierung der Reformvorschläge erforderlich. Die Vielzahl verwendeter Medien, die sich dezidiert am jeweiligen Zielpublikum ausrichteten, korrespondierte, so die Grundannahme des Projekts, mit einer Ausdifferenzierung auf sprachlicher Ebene. Wie unterschieden sich die Argumentationslogiken, die Begriffe, Bilder und Topoi in Preisausschreiben, Flugblättern, Volkskalendern, Enzyklopädien und Journalen der Gesellschaft? Lassen sich dennoch Gemeinsamkeiten feststellen, die es erlauben, von einer typischen Sprache zu sprechen? Das europaweite Renommee der Gesellschaft dürfte nicht zuletzt ihrer sprachlichen und medialen Anschlussfähigkeit gegenüber verschiedenen Adressatenkreisen geschuldet gewesen sein. Um diese These zu überprüfen, analysiere ich in meinem Dissertationsprojekt gleichermaßen das aufgefächerte Medienportfolio wie auch prägende Diskurse mit einem besonderen Augenmerk auf Übersetzungsvorgänge – zwischen der deutschen und französischen Sprache und umgekehrt, aber auch zwischen verschiedenen soziokulturellen Sprachsystemen.
Das Promotionsprojekt wird gefördert durch die Studienstiftung des Deutschen Volkes.
Artilleristische Expertise. Akteure militärtechnischen Wissens im Europa des Konfessionellen Zeitalters (Dissertationsprojekt Marius Mutz)
Das wissensgeschichtliche Dissertationsprojekt erforscht in Auseinandersetzung mit akteurszentrierten Ansätzen Genese und Funktion des Expertenstatus von fünf Akteuren, die im Europa des konfessionellen Zeitalters über artilleristisch-militärtechnisches Spezialwissen verfügten: Rochus zu Lynar, Carlo Theti, Johann Albrecht von Sprinzenstein, Daniel Specklin und Paul Buchner. Seit dem 16. Jahrhundert konnten Herrschaftsträger nicht mehr auf Fachleute verzichten, welche die Produktion und Anwendung von schweren Schießpulverwaffen (sowie Verteidigungsmaßnahmen gegen sie) beherrschten und organisierten. Aufgrund ihrer Expertise waren diese Akteure militärischer „Sicherheit“ europaweit gesucht. Soziale Stellung, Netzwerke und Mobilität der Protagonisten sowie Prozesse von Wissensaneignung und Wissenstransfer werden mit Hilfe eines für das 16. Jahrhundert modifizierten Expertise-Konzepts analysiert. Unter breiter Einbeziehung archivalischer Quellen deutscher, österreichischer und italienischer Provenienz soll die Arbeit die für die bisherige Forschung kennzeichnende disziplinäre Engführung der untersuchten Wissensbestände überwinden, die den flexiblen Praktiken der in komplexe Beziehungsgeflechte eingebundenen Experten nicht gerecht werden. Fürstenerziehung, technische Administration und Organisation der Ressourcennutzung in Territorien, Wasser- und Festungsbautechnik, Wartung technischer Artefakte, Festplanung und Kunsthandel stellten nur einige der Bereiche dar, in welchen Akteure militärtechnischen Wissens sich auszuzeichnen suchten. Schwerpunktmäßig wird das Wirken der fünf Akteure in habsburgischen, bayerischen und sächsischen Territorien untersucht. Der Breite der Tätigkeits- und Wissensfelder entsprechend berührt das Projekt neben der Wissensgeschichte weitere historische Disziplinen von der Technik- über die Umweltgeschichte bis hin zur Militärgeschichte.
Herzog Albrecht V. von Bayern – Wissenshorizonte eines europäischen Dynasten
In Kooperation mit dem Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg und dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München veranstaltet der Lehrstuhl vom 13. bis zum 15. Oktober 2021 eine Tagung zum Thema „Herzog Albrecht V. von Bayern – Wissenshorizonte eines europäischen Dynasten“. Die Tagung findet online via Zoom statt. Informationen zu Programm und Anmeldung können dem Tagungsporgramm entnommen werden:
Herzog Albrecht V. von Bayern (reg. 1550-1579) hat vielfältige Beachtung seitens der historischen wie auch der kunsthistorischen Forschung erfahren. Darauf aufbauend verknüpft die Tagung beide Forschungsstränge und setzt sich vornehmlich aus wissenshistorischer Perspektive mit den komplexen kulturellen Kontexten auseinander, in denen dieser (Reichs-)Fürst agierte. Sie nimmt Albrecht V. als europäischen Akteur in den Blick, dessen Geltungsanspruch sich nicht auf das Heilige Römische Reich und erst recht nicht auf den süddeutschen Raum beschränkte. Zugleich stellt sie die Frage, auf welches Wissen sich die herzoglich-bayerische Regierung stützte, wie sie dieses Wissen organisierte und wie sie es inszenierte.