Kathrin Krautwasser
Kathrin Krautwasser ist Wissenschaftliche Dokumentarin beim Deutschlandradio
Wie sind Sie zum Fach Geschichte gekommen?
Ich habe mich schon sehr früh für Geschichte (und Politik) interessiert. Geprägt haben mich dabei meine Familie (keine Akademiker*innen, aber offen, interessiert und diskussionsfreudig beim Abendessen), zwei Reisen nach Berlin, historische Romane und die Stunden im Spanischunterricht, in denen wir uns mit dem Spanischen Bürgerkrieg und der Franco-Diktatur beschäftigt haben. Letzteres Thema hat mich durch mein gesamtes Studium bis zur Masterarbeit begleitet.
Während der Vorbereitung auf mein mündliches Abitur in Geschichte habe ich beschlossen, meinem Interesse zu folgen und nicht aus vermeintlicher Vernunft heraus etwas zu studieren, bei dem klarer ist, was ich hinterher damit mache. All den Taxifahrer-Sprüchen und Fragen, was ich denn mit dem Studium vorhabe, habe ich getrotzt und kann voller Stolz sagen: Das Geschichtsstudium hat mich dahin gebracht, wissenschaftliche Dokumentarin/Information Specialist zu sein und damit einen Job zu machen, bei dem ich meinen Interessen nachgehen kann.
Welche Qualifizierungen und Initiativen während des Studiums waren wichtig für die spätere Berufswahl? Wie können sich Geschichtsstudierende auf mögliche spätere Berufsfelder vorbereiten?
Ich hätte nie gedacht, dass ich so viel von dem, was ich während meines Studiums gelernt habe, in meinen beruflichen Alltag einbringen kann. Ob Quellenkritik, schnelles Einlesen in komplexe Themen und Zusammenhänge, Konzeptionierung von Texten, intensive und genau Recherchen oder das Präsentieren von Ergebnissen – all das kann ich heute bei meinen vielfältigen Aufgaben einbringen.
Ich würde sagen, was meine Berufswahl angeht, haben mich Werkstattseminare, Exkursionen, Praktika und Tätigkeiten als wissenschaftlich Hilfskraft sehr weit gebracht. Vor allem aber waren es Gespräche mit Dozent*innen, Kommiliton*innen und ein Format, bei dem Absolvent*innen meines Studiengangs von ihren Berufen erzählt haben, die mir die Vielzahl an Möglichkeiten offenbart haben.
Mein Tipp ist also: Augen und Ohren offenhalten, über den Tellerrand hinausschauen und so viel an Zusatzangeboten mitnehmen, wie es nur geht. Und, auch wenn es extrem anstrengend ist, neben dem Studium arbeiten oder sich ehrenamtlich engagieren und dadurch schon während des Studiums Erfahrungen in der Praxis sammeln. Ein Auslandsaufenthalt schadet sicher auch nicht und macht obendrein wahrscheinlich viel Spaß – das habe ich leider nicht untergebracht.
Wie sind Sie zu dieser Tätigkeit gekommen?
Bei einem Werkstattseminar im Kommunalarchiv in Kissing im Rahmen meines Bachelorstudiums habe ich gemerkt, wie spannend Archivarbeit sein kann. Anschließend habe ich ein Praktikum im Bayerischen Wirtschaftsarchiv gemacht. Dadurch habe ich herausgefunden, dass ich mir gut vorstellen kann, in einem Archiv zu arbeiten. Gleichzeitig habe ich gemerkt, dass mir mein Interesse an der Aktualität in einem „klassischen“ Archiv zu kurz kommen würde.
Deshalb folgte erstmal das Masterstudium „Geschichte und Politik des 20. Jahrhunderts“. Beim Prokrastinieren – ich hätte eigentlich meine Masterarbeit schreiben sollen – bin ich durch Zufall auf die Stellenausschreibung für ein Traineeship zur wissenschaftlichen Dokumentarin beim Bayerischen Rundfunk gestoßen. Ich habe die Stellenausschreibung bestimmt zehnmal gelesen, weil ich gar nicht glauben konnte, dass es eine Stelle gibt, die all meine Interessen und Fähigkeiten vereint.
Nachdem der Bewerbungsschluss ein paar Tage später war, musste die Masterarbeit warten und die Bewerbungsunterlagen fertig gemacht werden. Nach zwei Bewerbungsrunden habe ich die Stelle tatsächlich bekommen, musste aber einen Masterabschluss vorweisen, was mich von weiterem Prokrastinieren (weitestgehend) abgehalten hat. Kaum war die Masterarbeit fertig, habe ich mich in die zweijährige postgraduale Ausbildung gestürzt und Anfang 2024 erfolgreich abgeschlossen. Mit dem Zertifikat in der Tasche ging es zum Deutschlandradio in die Abteilung Dokumentation und Archive.
Worin besteht genau Ihre Aufgabe im Beruf? Wie sieht der konkrete Arbeitsalltag aus?
Das Jobprofil einer wissenschaftlichen Dokumentarin ist divers. Dazu gehört das Dokumentieren von Radio- und Fernsehsendungen, Social Media Content, Bildmaterial, Schriftgut und Presseartikeln. Das heißt, nach der Produktion müssen die Dateien in Datenbanken landen und mit Metadaten versehen werden, damit sie recherchierbar sind. Viel davon läuft automatisiert, z. B. Transkripterstellung durch Audiomining.
In Projekten arbeiten wir daran, weitere Prozesse zu automatisieren, indem wir Konzepte entwickeln, Schnittstellen schaffen und Anforderungen an Datenbanken formulieren. Mein Schwerpunkt ist allerdings die Recherche. D.h. ich unterstütze die Redaktionen beim Erstellen von Beiträgen. Ein Tag mit Recherchedienst sieht so aus, dass ich ganz verschiedene Anfragen von Journalist*innen bearbeite.
Schon zu Beginn einer Produktion unterstützen ich bei der Recherche, indem ich Presseartikel sammele und als Dossier zur Verfügung stelle oder Bücher aus unserer Bibliothek bereitstelle. Ich liefere auch Musik oder O-Töne zu und wenn ein Beitrag beispielsweise über Social Media verbreitet werden soll, suche ich Fotos zur Bebilderung raus. Und dann gibt es da auch noch die Anfragen aus der Wissenschaft, die ich auch gerne beantworte. Wenn ich keinen Recherchedienst habe, bin ich im Faktencheck-Dienst. Dann prüfe ich Manuskripte, erstelle thematische Factsheets oder verifiziere uns zugespielte oder sich online verbreitende Inhalte und trage damit zur journalistischen Qualitätssicherung bei.
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