Stefan Otter
Stefan Otter ist Chief Executive Producer bei Bilderfest GmbH, München
Wie sind Sie zum Fach (Europäische Kultur)Geschichte gekommen?
Ehrliche Antwort? Nach dem Abitur wollte ich eigentlich Polizist werden, bin aber aufgrund einer Sportverletzung ‘aussortiert’ worden. Daher absolvierte ich diverse Praktika bei Hörfunk und TV und konnte mich dort relativ schnell weiterqualifizieren. Ich war dann sogar festangestellt und das auch noch mit einem sehr guten Einkommen. So einfach und schnell ging das ’damals’ noch…
Die Entscheidung war von da an klar: Ich will zum Fernsehen und wollte mich weiter und vertieft fortbilden, um Journalist zu werden bzw. Regisseur oder Fernseh-Produzent. Daher bewarb ich mich an der Deutschen Journalistenschule (DJS) und der Münchner Filmhochschule (HFF) – leider erfolglos. Und so wurde ich 2001 zufällig auf “Europäische Kulturgeschichte” (EKG) aufmerksam, einer der ersten geisteswissenschaftlichen Studiengänge überhaupt, die als Bachelor-Studium angeboten wurden.
Das war sehr reizvoll, denn ich hatte das klare Ziel, möglichst zügig ein Studium durchzuziehen, denn ein Uni-Abschluss gilt auch in der Medienbranche als wichtiges Fundament für alle weiteren berufliche Schritte.
Nach den Absagen der DJS und HFF, habe ich mich bei der Auswahl bewusst gegen ein „Irgendwas-mit-Medien-Studium“ entschieden, sondern bin meinen großen Interessen Geschichte, Politik und Kultur gefolgt. Das Kalkül hat sich gelohnt, denn mir hat das Studium tatsächlich sehr großen Spaß gemacht und ich habe mich in so viele Themenwelten vertiefen dürfen. Ein klassischer Fall von Serendipität, also das Phänomen etwas zu entdecken, nach dem man ursprünglich gar nicht gesucht hat. Im Nachhinein betrachtet war EKG alles andere als eine Studium-Not-Lösung, sondern wurde eine echte Herzensangelegenheit. Apropos: Herzensangelegenheit – Herz und EKG passen nicht nur medizinisch betrachtet perfekt zusammen.
Welche Qualifizierungen und Initiativen während des Studiums waren wichtig für die spätere Berufswahl? Wie können sich Geschichtsstudierende auf mögliche spätere Berufsfelder vorbereiten?
Die Schlüsselqualifikation heißt: Neugierde. Doch Neugierde kommt meist nicht von allein, es braucht zu Beginn den Willen, sich überhaupt auf ein Thema einzulassen. Als ich im 1. Semester eine Seminararbeit über den Bayerischen Bauernaufstand von 1705 schreiben sollte, dachte ich zunächst: Wie bitte!? Doch ich habe mich dann ins Archiv meiner Heimatstadt eingeschlossen und historische Quellen ausgewertet. Meine Neugier war geweckt! Das war ein Schlüsselmoment meines Studiums und prägend für meinen Beruf als Journalist und TV-Produzent.
Je mehr man sich in ein Thema einarbeitet, umso mehr entdeckt man darin Details und Wendungen, die weit über die reine Sach- und Faktenebene hinausgehen. Man baut regelrecht Beziehungen zu (historischen) Personen und deren Gefühlen auf. Sie werden spürbar und fast lebendig und das ist doch wirklich wunderbar! Nichts anderes mache ich heute in meinen Produktionen fürs Fernsehen. Vordergründig geht es darin um Fakten und Wissen, doch ein sehr guter Film funktioniert für mich vor allem auf dem Unterarm, wenn ich eine Gänsehaut bekomme und emotional berührt bin.
Wie sind Sie zu dieser Tätigkeit gekommen?
Ich beschäftige mich im Storytelling meiner Produktionen immer wieder mit dem Prinzip der Heldenreise. Bei all den Stufen, die so ein ‘Held’ bis zum (hoffentlich) Happy End durchlaufen muss, begegnet er Menschen, den sogenannten Mentoren, die dem Helden beim Entdecken seiner persönlichen Talente helfen. Ich habe das große Glück, ganz besondere Mentoren zu haben und das Beste: ich lerne immer noch weitere kennen. Ich bin dankbar dafür, dass ich durch diese Begleiter ständig neue Dinge lernen darf.
Insofern war es wohl meine neugierige Offenheit, die mich zu meiner Tätigkeit gebracht hat – wobei ich zugeben muss, dass ich diese Offenheit selbst, auch erst lernen musste und dabei wiederum hat mir sicherlich mein Humor geholfen. Ja, ich glaube das ist es: viele sagen, mein Humor sei ganz o.k. und das war sicher ein ganz guter Wegbereiter zu meiner journalistischen Tätigkeit, bei der es hauptsächlich darauf ankommt, Dinge neu, anders, ungewöhnlich und kritisch zu betrachten.
Worin besteht genau Ihre Aufgabe im Beruf? Wie sieht der konkrete Arbeitsalltag aus?
Die Bilderfest GmbH produziert als Auftragsproduzent für den nationalen und internationalen Bewegtbild-Markt. Ob klassisches Fernsehen (linear), Mediatheken, Streamingdienste, YouTube, Social Media oder B2B (Imagefilme), wir gelten in Deutschland als eines der führenden Unternehmen im Bereich Dokumentation und Reportage. Als Produzent (Executive Producer) bin ich das Bindeglied zwischen meinem Team und den Kunden (meist Redaktionen von Fernsehsendern).
Unser Schwerpunkt dabei ist Wissen und Wissenschaft im weitesten Sinne. Also von Physik über Biologie und Medizin, Wirtschaft, Bildung oder Geschichte ist so ziemlich alles dabei, wenn es darum geht, Fakten greifbar und fühlbar zu machen. Wir arbeiten mit derzeit 65 Festangestellten und mindestens doppelt so vielen Freiberuflern zusammen. Wir produzieren für Formate wie TerraX, Quarks, ARD Wissen, TerraXplore, Plan b und Planet e und arbeiten u.a. mit Harald Lesch, Eckart von Hirschhausen, Frank Seibert oder Leon Windscheit zusammen. Meine Hauptaufgabe ist das Development von neuen Themen und Sendeformaten sowie deren Budgetierung und Pilotierung.
Und wenn dann ein Arbeitstag vorbei ist und ich nach Hause fahre oder ich vielleicht sowieso im Homeoffice gearbeitet habe und meinen Laptop zuklappe, freue ich mich über meine vier Kinder und meine Frau, die ich übrigens in Augsburg im gemeinsamen EKG-Studium kennengelernt habe und die nun als (selbstverständlich erfolgreiche) Lehrerin arbeitet – wer will denn angesichts so eines Happy Ends (s.o.) jetzt noch den Wert und die Sinnhaftigkeit dieses genialen Studiums anzweifeln!?
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