Sichtbarkeit des Unsichtbaren – Die Vulva in der Kunst (Riccarda Weidner M.A.)
Wie zeigt man etwas, das von Natur aus verborgen liegt? Anders als beim Mann ist das primäre Geschlechtsteil der Frau in reiner Nacktheit nicht augenfällig präsent. Stets verdeckt, ist die Vulva das ewig Unbekannte, dessen Anblick ihrer Trägerin selbst nur über den Spiegel oder per Fotografie gelingt. Kunstprojekte wollen dies ändern: Die Vulva als Gemälde, Stück einer Kollage, als Gegenstand von Plastiken und Fotografien, anonym oder persönlich, vom Künstler oder als DIY-Kit. Auch die Aktionskunst befasst sich mit dem Unsichtbaren und bringt es ans Licht, das Anasyrma wird in die Moderne übertragen. Ein Beispiel ist die Aktion Miroir de l’Origine von Deborah De Robertis aus dem Jahr 2014. Doch ist die Vulva nur Sujet von feministischer Kunst? Kann sie unpolitisch sein? Wie wirkt es sich auf Frauen aus, ihr Geschlechtsteil in der Kunst repräsentiert zu sehen? Dieses Dissertationsprojekt soll der Vulva in der Kunst nachspüren, ihre Darstellungsformen und Symboliken ergründen und die gesellschaftlichen Auswirkungen dieser Darstellung untersuchen. Dabei soll keine politisch-feministische Werksammlung entstehen, sondern vielmehr die Diversität der künstlerischen Umsetzung und die vergangene, gegenwärtige und zukünftige Bedeutung der Vulva in der Kunst analysiert werden. Im Rahmen der andauernden Bewegung der Emanzipation ist die Vulva auch ein Gegenstand der Popkultur geworden, auf Aufklebern, als Schmuckstück oder Kostüm in Musikvideos. Die Grenzen zwischen Kunst und Populärkultur verschwimmen in diesen Bereichen. Die uneinige Bezeichnung des Geschlechtsteils im öffentlichen und (populär-)wissenschaftlichen Diskurs , ob Vulva oder Vagina, ist zudem ein aktuelles Thema, welches sich auf das Selbstbild von Frauen auswirkt. Diese diskutable Sichtbarmachung des Unsichtbaren im öffentlichen Raum und den Umgang damit gilt es wissenschaftlich zu betrachten.
(betreut durch Prof. Dr. Andrea Gottdang)