Dialektale (Hyper)charakterisierung - Gastvortrag Lorenzo Filipponio
Am 15. Januar hat der Lehrstuhl Romanische Sprachwissenschaft (Prof. Dr. Daniela Pietrini) Prof. Dr. Lorenzo Filipponio zu Gast, der im Rahmen des Interdisziplinären Linguistischen Kolloquiums ILKA einen Vortrag mit dem Titel „Charakterisierung und Hypercharakterisierung in der Mundartliteratur und in der dialektalen Feldforschung“ hält. Die Mundartliteratur gilt als wichtige Quelle der diachronen Mundartforschung – zurecht. Wer auf diese Quelle zugreift, muss allerdings davon ausgehen, dass nicht nur die Graphie (die etwa von einer regionalen bzw. makroregionalen Skripta beeinflusst werden kann), sondern auch die gesamte linguistische Darstellung des Dialektes irgendwie gefiltert werden muss. Oft werden nur Merkmale hervorgehoben, die vom Publikum bzw. der Leserschaft erkennbar sind; manchmal tauchen diese in Kontexten auf, die in der charakterisierten Sprache ungrammatisch wären; manchmal, sogar, werden allogene Merkmale zugeschrieben, um eine Varietät zu stigmatisieren. Eine solche Charakterisierung bzw. Hypercharakterisierung kann auch das linguistische Verhalten der Informantinnen und Informanten prägen, insbesondere wenn diese der metalingualen Ebene der Feldforschung bewusst sind. In diesem Vortrag werden einzelne Beispiele aus dem Italo- und Balkanromanischen Sprachraum unter die Lupe genommen und es wird versucht, ein Modell zu skizzieren, um die Einzelfälle einzuordnen. Nach einer langjährigen Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Romanischen Seminar der Universität Zürich war Lorenzo Filipponio 2018-2023 Professor für Romanische Sprachen mit Schwerpunkt Italienisch an der HU Berlin, bevor er zu Beginn des Jahres 2024 an die Universität Genua wechselte, um dort die Professur für Allgemeine und Historische Sprachwissenschaft zu übernehmen. Über die italienische Dialektologie hinaus gehören zu seinen Forschungsschwerpunkten auch die historische und vergleichende griechisch-lateinische und romanische Sprachwissenschaft, Semantik und Etymologie sowie die Geschichte der Sprachwissenschaft, wo er insbesondere den Bezug der romanischen Sprachen, Literaturen und Kulturen zu ihren lateinischen Ursprüngen in den Blick nimmt. Der Vortrag findet am 15. Januar um 17:30 Uhr im Raum D 2128 statt (Vorsicht! Abweichender Raum im Vergleich zu den sonstigen Vorträgen der Reihe ILKA). Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.