Vortrag von Dr. Lena Möller (Universität Regensburg) im Rahmen des KuK-Kolloquiums
Wer sich auf die Insel Sugarcane Island begibt, den erwartet ein gefährliches Abenteuer. Tödliche Tiere lauern im glänzenden Ozean und geheimnisvolle Trommelklänge kündigen an, dass man sich nicht allein im grünen Dickicht des Dschungels befindet. Eine waghalsige Entscheidung zu viel kann das Ende bedeuten. Doch wer Geschick beweist und die nötige Portion Glück auf seiner Seite hat, verlockt der Insel auch so manches Geheimnis. Mit Sugarcane Island begegnet ein spielbarer Abenteuerroman des US-amerikanischen Autors Edward Packard aus dem Jahr 1976. Anstelle eines linearen Lesevergnügen verspricht die Spielbucherzählung eine partizipative Teilhabe an der Geschichte und die Möglichkeit, in der Rolle der heldenhaften Hauptfigur das eigene Entscheidungsvermögen in einem Netz aus „richtigen“ und „falschen“ Erzählpfaden auf die Probe zu stellen. Die Suche nach dem bestmöglichen Ausgang über verzweigte Pfade ist in der Erzähltradition eng mit dem Wunsch des Menschen verknüpft, im großen Spiel des Lebens selbst zum Gestalter zu werden und das Schicksal eigenmächtig in die Hand zu nehmen (Vgl. Dippel: Spielmaschinen, 2022, 9). Anhand ausgewählter Beispiele aus verschiedenen kulturgeschichtlichen Etappen lässt sich anschaulich aufzeigen, dass Spielbucherzählungen des 20. Jahrhunderts und ihre historischen Vorläufer zum Träger kultureller Wertvorstellungen rund um die Fragen avancieren, wie viel Handlungsfreiheit dem Menschen in Bezug auf den Verlauf des eigenen Lebens zugestanden wird und nach welchen Maßstäben sich dieses Handeln zu richten hat.