BR Historisches Archiv

Biografische Kurznotiz

 

Am 22. Januar 1904 wurde Ilse Theiß in Gelsenkirchen geboren. Ab 1930 war sie pädagogische Assistentin von Eduard Weitsch und Leiterin von Frauenkursen an der Heimvolkshochschule „Dreißigacker“.  

Ab 1933 erlebte sie gemeinsam mit ihrem Mann       und ihrer Familie unterschiedliche Fluchterfahrungen innerhalb Deutschlands; beide wurden aus der Bildungsarbeit von den Nationalsozialisten ausgeschlossen. Im Spätsommer 1945 richteten die amerikanischen Rundfunkoffiziere einen Frauenfunk ein und Ilse Weitsch übernahm die Leitung bei Radio München (heute BR). Am 8. Dezember 1958 verstarb sie unerwartet, beerdigt wurde sie in der Nähe von „Dreißigacker“ in Thüringen.

 

Ilse Weitsch war eine engagierte Erwachsenenbildnerin in der Weimarer Republik und in der Nachkriegszeit. Kennzeichnend für ihr berufliches Wirken ist die Auseinandersetzung mit der Rolle und Aufgabe der Erwachsenenbildung, ihrem „eigentlichen Interessensgebiet“, und didaktisch-methodischen Fragen der Frauenbildungsarbeit. Die Rolle der Frau in Gesellschaft und Politik war bereits in den 1930er Jahren ein zentrales Thema in ihren Veranstaltungen. Gleiches zeigt sich auch an ihrer Arbeit als Gründerin und Leiterin des Frauenfunks beim Bayerischen Rundfunk ab 1945, wo es ihr ein Anliegen war, die differenzierte Lebensrealität der Frau in der Nachkriegszeit in den Blick zu nehmen und mit dem Massenmedium des Rundfunks ihre Hörerinnen inhaltlich breit zu bilden.

Ihre Bedeutung für die Erwachsenenbildung

 

In der Weimarer Republik war sie eine engagierte Erwachsenenbildnerin in der Heimvolkshochschule „Dreißigacker“ und in der Frauenbildung der Abendvolkshochschule Jena. Zu ihrem Wirken als Leiterin des 1945 gegründeten Frauenfunks (Radio München, ab 1949 Bayerischer Rundfunk) liegen kaum Primärquellen vor. Liselotte Adam, eine ihrer Mitarbeiterinnen, beschreibt in einem Hörfunkbeitrag aus dem Jahr 1978 die Arbeit von und mit ihr wie folgt: „Ilse Weitsch lebte Demokratie (…) und war viel progressiver als es den Anschein machte“. Sie initiierte als Erste die „Vermisstensuche“ über den Rundfunk und rief die Aktion „Weihnachtshilfe“ ins Leben, lud Wissenschaftler*innen und Literat*innen von Rang und Namen ein (u. a. Hermann Hesse, Adolf Portmann, Hannah Arendt). In einem Beitrag von 1952 rief sie Frauen aktiv dazu auf, Verantwortung für das politische Leben zu übernehmen. Der Frauenfunk war mehr als ein Unterhaltungsprogramm – die Sendereihen haben in der Nachkriegszeit wesentlich zur politischen Erwachsenenbildung beigetragen.

 

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Manche Leute denken ja, wenn sie Frauenfunk hören: nun, das ist so eine Abteilung, da gibt es Kochrezepte, Hausfrauendinge allenfalls. (...) Die Frauen heute müssen sich um sehr viel mehr Dinge als um Kochen und Küche und Kinder kümmern. So reichen die Fragen, um die es bei uns im Frauenfunk geht, über das Kochrezept zu Fragen der Erziehung und der Schule, über das Ehe- und Familienrecht bis zu den Fragen des sozialen Lebens und der sozialen Neuordnung

Der Funk und seine Hörer (25. Mai 1952)

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Was bleibt mir noch zu sagen - ich danke dem Geschick für die Begegnung mit Ilse Weitsch. Dieser toleranten, unkonventionellen, gutmütigen Frau.

Liselotte Adam, eine Mitarbeiterin im Frauenfunk ab Dezember 1945, über Ilse Weitsch

 

Bildquellen

 

BR, Historisches Archiv.

 

Literatur- und Quellenhinweise

 

Adam, Liselotte (1978): Über 60. Ilse Weitsch zum 20. Todestag am 8.12.1978. Aufnahmedatum: 6.12.1978. Archivband: 36435.

Braun, Annegret (2005): Frauenalltag und Emanzipation. Der Frauenfunk des Bayerischen Rundfunks in kulturwissenschaftlicher

Perspektive (1945-1968). Münster u.a.: Waxmann, S. 47ff. 

BR, Historisches Archiv – Adam, Liselotte (1978): Ilse Weitsch zum 20. Todestag am 8.12.1978. Archivnummer: DK364350000.

Reimers, Bettina I. (2003): Die neue Richtung der Erwachsenenbildung in Thüringen 1919-1933. Essen: Klartext-Verlag.

Theiß, Ilse (1930): Volksbildnerische Aufgaben der Wohlfahrtspflege. In: Theiß, Ilse/Lotze, Heiner (Hrsg.): Dreißigacker, Volkshochschule/Erwachsenenbildung. Jena: Eugen Dietrichs, S. 139-146. 

Weitsch, Ilse (1952): Der Funk und seine Hörer. BR, Historisches Archiv, HF/2242.1.

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