Christoph Weller mit Vortrag beim Workshop des Arbeitskreises „Theorie“ der AFK an der Universität Kiel
Sein Paper „Gesellschaftlicher Frieden: Begriff, Bedeutung und konflikttheoretische Herleitung“ präsentierte Christoph Weller beim Offenen Workshop des Theorie-Arbeitskreises der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung (AFK) am 12.-13. Dezember 2024 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Der Beitrag setzt sich mit den Theorien sozialer Konflikte auseinander und entwickelt einen Begriff des "gesellschaftlichen Friedens", der über die traditionellen Vorstellungen der Friedensforschung vom Gegensatz zwischen Frieden und Gewalt hinausgeht. Stattdessen werden vor allem praxisorientierte Fragen in den Blick genommen, die uns angesichts der Radikalisierung gesellschaftspolitischer Auseinandersetzungen und der damit einhergehenden Eskalationsgefahren sozialer Konflikte mehr denn je bedrängen. Zweifellos beziehen sich Friedensvorstellungen dominant auf die Beziehungen zwischen Staaten und die Interaktionsformen in der internationalen Politik. Doch wenn Gesellschaften nicht in internationale Kriege involviert und auch keinem Bürgerkrieg ausgeliefert sind, könnte das als Grundvoraussetzung gesellschaftlichen Friedens betrachtet werden. Mit dem Begriff des Friedens gehen jedoch in aller Regel größere Erwartungen einher als die Abwesenheit von Krieg. Vor allem darf vom gesellschaftlichen Frieden erwartet werden, dass er die Gesellschaft vor der Eskalation ihrer Konflikte zur kriegerischen Austragung schützt. Weil hierfür das Gewaltmonopol des Staates eine wichtige Rolle spielt, kann sich das Verständnis von „gesellschaftlichem Frieden“ nicht primär an der Abwesenheit von Gewalt orientieren. Stattdessen gewinnt ein eskalationspräventiver Umgang mit gesellschaftspolitischen Konflikten zentrale Bedeutung. Auf diese Weise soll die Eskalation einer Konfliktkonstellation zur gewaltsamen Konfliktaustragung möglichst verhindert werden. Das bedeutet nicht die Unterdrückung von Differenzen und Konflikten, wie dies in totalitären Herrschaftssystemen der Fall ist, sondern das Vorhandensein von Institutionen der Konfliktbearbeitung, die einen geregelten Umgang mit allen möglichen gesellschaftspolitischen Konflikten gewährleisten sollen. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stellen beispielsweise solche Institutionen der Konfliktbearbeitung bereit, aber sie reichen für die enormen Transformationsprozesse moderner Gesellschaften längst nicht (mehr) aus. Wenn beispielsweise soziale Ungerechtigkeit, Armut und struktureller Reichtum nicht ab-, sondern zunehmen, schwächeln offenbar wichtige etablierte Institutionen der Konfliktbearbeitung, was Konflikteskalation wahrscheinlicher macht und damit den gesellschaftlichen Frieden gefährdet.