Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung
Der Forschungsverbund „Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung“ (BZeFK) ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Regionalcluster der Friedens- und Konfliktforschung. Mit seiner Vernetzungsarbeit in Forschung, Lehre und Transfer zielt das Zentrum auf die Stärkung der Friedens- und Konfliktforschung in Bayern und ihre weitere strukturelle Verankerung. Anknüpfend an die langjährigen Arbeiten des Augsburger Lehrstuhls für Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung steht eine interdisziplinäre und praxisorientierte Forschung zu sozialen Konflikten und den Bedingungen des Friedens im Mittelpunkt des Zentrums. An dem seit April 2022 laufenden Forschungsverbund zum Thema „ Deutungskämpfe im Übergang“ sind Wissenschaftler*innen der Universitäten Augsburg, Bayreuth, Erlangen-Nürnberg sowie des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin beteiligt.
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Auch in diesem Jahr organisiert der Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung einen Workshop für Doktorand*innen der Friedens- und Konfliktforschung. Dieser findet vom 28. bis 30. Oktober 2024 in Lichtenfels statt. Ab sofort können sich Interessierte mit Abstracts bewerben.
Der Workshop dient der inhaltlichen und kollegialen Vernetzung von Friedens- und Konfliktforscher*innen in Bayern, die sich in verschiedenen Phasen ihrer Promotion befinden. Wie schon im Vorjahr werden unter Beteiligung von Post-Docs der Sozial- und Geschichtswissenschaften individuelle Promotionsprojekte intensiv diskutiert. Daneben gibt es Räume für den Erfahrungsaustausch. Workshop-Sprache ist Englisch. Frist zur Einreichung von Abstracts ist der 11. August 2024.
Alle Details finden sich im Call ( als PDF zum Download ).
Der Workshop findet im Kontext des BMBF-Forschungsverbunds „Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung: Deutungskämpfe im Übergang“ (BZeFK) statt.
Welche politischen Deutungskämpfe sind prägend für die sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit Frieden und Krieg? Hierzu referiert Christoph Weller bei der Jahrestagung „Endlose Konflikte?“ der Graduiertenschule für Geistes- und Sozialwissenschaften (GGS) der Universität Augsburg am Montag, 24. Juni 2024 um 16 Uhr.
Für die Friedens- und Konfliktforschung sind Frieden und Kriege wichtige Forschungsgegenstände, aber auch relevante Kontexte, in denen sie forscht und ihre Ergebnisse kommuniziert. Damit hat sie es empirisch mit politischen Deutungskämpfen zu tun und leistet mit ihren Forschungsergebnissen zugleich ihre eigenen Beiträge zu diesen Deutungskämpfen. Die damit skizzierte Herausforderung betrifft jedoch nicht nur die Friedens- und Konfliktforschung, sondern die Sozialwissenschaften insgesamt, und diese Herausforderung wächst enorm in "Zeiten des Krieges“, wie u.a. auch aktuelle Debatten über die Wissenschaftsfreiheit zeigen. Welche Rollen nehmen Sozialwissenschaftler*innen bei ihrer Beschäftigung mit Frieden und Krieg ein und welche Erwartungen werden an sie gerichtet, aus der Gesellschaft, aus der Politik, aus der Wissenschaft?
Prof. Dr. Christoph Weller ist Friedens- und Konfliktforscher, studierte Politikwissenschaft, Germanistik, Philosophie und Soziologie, wurde 1999 mit einer interdisziplinären Arbeit über Feindbilder am Ende des Ost-West-Konflikts promoviert und leitet seit 2008 den Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung der Universität Augsburg. Er ist Visiting Professor am International Centre for Policing and Security der University of South Wales und Projektleiter im BMBF-Forschungsverbund „Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung: Deutungskämpfe im Übergang“. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte sind die Methodologie Partizipativer Konfliktforschung, Formen und Institutionen der Konfliktbearbeitung und wertegeleitete Konfliktforschung, Deutungskämpfe sowie die Geschichte der deutschen Friedens- und Konfliktforschung.
Inwieweit sind Politik und Politisches (k)ein der eigenen Forschungspraxis äußerlicher Gegenstand? Diese Fragen fokussierte die von Michaela Zöhrer initiierte Fishbowl bei der Sektionstagung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie am 14./15. Juni in Heidelberg. Christoph Weller präsentierte ein Konzept wertegeleiteter Konfliktforschung.
Mit der Fishbowl „Soziologie der Politik, politische Soziologie oder gar politisierte Sozialwissenschaften?“ waren die Teilnehmenden der Sektionstagung am Freitagabend dazu eingeladen, offen und kontrovers zu diskutieren, wie sich das Verhältnis von Soziologie und Politik/Politischem in aktueller sozialwissenschaftlicher Praxis darstellt und zukünftig gestaltet werden kann. Titelgebend ist die Beobachtung unterschiedlicher Präferenzen der Selbstbeschreibung der soziologischen Subdisziplin: So favorisieren einige Forscher*innen „Soziologie der Politik“ mit der Begründung, dass somit „Politik“ klar als Gegenstand einer Bindestrich-Soziologie ausgewiesen würde, während „politische Soziologie“ mutmaßlich Gefahr laufe, als politisierte Soziologie missverstanden zu werden. Unter interdisziplinären Vorzeichen und unter Berücksichtigung eines (neuerlichen) Trends zu mehr Gesellschafts- und Herrschaftskritik, stellt sich die Frage der Selbstbezeichnung, vor allem aber des Selbstverständnisses nochmals neu und anders, so die Annahme, die Michaela Zöhrer zur Organisation der Fishbowl bewegte. Raum bekam damit sowohl die Sorge vor Politisierung als auch die quasi spiegelbildliche ‚Sehnsucht‘ nach einer selbstbewusst-politischen Forschungspraxis.
Am Samstag machte Christoph Weller mit seinem Beitrag zu „Konfliktbearbeitung“ ein interdisziplinäres Diskussionsangebot über die Möglichkeiten und Herausforderungen einer wertegeleiteten Konfliktforschung. Zwar gilt Frieden vor allem für die zwischenstaatlichen Beziehungen als breit anerkannte, wertegeleitete Orientierung für den Umgang mit Konflikten, aber auch für das gesellschaftliche Zusammenleben und nicht zuletzt auch für zwischenmenschliche Beziehungen kann sich konfliktives Handeln wertegeleitet am - gesellschaftlichen - Frieden orientieren. Die Friedens- und Konfliktforschung betrachtet Konflikte vor allem unter diesem normativen Aspekt und hat dabei den Begriff der „Konfliktbearbeitung“ etabliert, der auf den intentionalen Umgang mit Konflikten abhebt und diesen unterschiedlich qualifizieren kann (z.B. konstruktive, deeskalative, zivile Konfliktbearbeitung, etc.). Inwiefern „Konfliktbearbeitung“ einen konzeptionellen Rahmen bereitstellt, um den Umgang mit Konflikten theorie- wie praxisorientiert zu erforschen, präsentierte Wellers Beitrag als interdisziplinäres Diskussionsangebot aus der Perspektive der Friedens- und Konfliktforschung für die Politische Soziologie.
Der Beitrag von Michaela Zöhrer im Sammelband „Die Fabrikation von Demokratie“ widmet sich dem kultur- und machtanalytischen Verständnis politischer Repräsentation in u.a. Cultural Studies und feministisch-postkolonialer Forschung.
„Der Beitrag stellt zentrale Grundzüge kritisch-kulturtheoretischer Forschung vor, die einen konstruktivistischen bis poststrukturalistischen Begriff von Repräsentation ausbuchstabiert und zur Anwendung bringt. Plausibilisiert wird darüber ein Verständnis politischer Repräsentationspraxis, deren Relevanz für Demokratie(n) sich nicht allein an Institutionen parlamentarischer Vertretung oder Imaginationen einer Nation oder eines Volkes festmacht.“ (Abstract)
Vorgestellt und diskutiert werden in dem Beitrag von Michaela Zöhrer
- Grundzüge kritisch-empirischer Repräsentationsanalysen, die hegemoniale Normalitätsvorstellungen wie auch dominante Selbst-, Fremd- und Weltenbilder ihrer Selbstverständlichkeit berauben und diese in Bewegung versetzen;
- die Unterscheidung von Repräsentation als Darstellung und Vertretung und was diese in den kritisch-kulturanalytischen (empirischen) Blick rückt;
- Anschlussmöglichkeiten kritisch-kulturtheoretischer Forschung für eine politikwissenschaftliche und demokratietheoretische Auseinandersetzung mit Repräsentation.
Kritisch-kulturtheoretische Forschung zu Repräsentation eint ein politisches Verständnis von Kultur als sozialer Konstruktionsprozess von Bedeutung und Identitäten. Ihr Interesse gilt folglich auch dem politischen ‚Gehalt‘ – der Kontingenz, Gemachtheit, Gestaltbarkeit und nicht zuletzt Machtverwobenheit – von Repräsentationspraxis, anhand derer etwa Gruppen von Menschen wirkmächtig konstruiert und sozial positioniert werden. Eine zentrale Grundannahme kritisch-kulturtheoretischer Forschung ist, dass Repräsentationpraxis stets im Kontext bestehender gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse stattfindet, diese verfestigt und legitimiert, aber auch – etwa subversiv oder emanzipatorisch – in sie intervenieren kann.
Literatur:
Zöhrer, Michaela (2024): Repräsentationspraxis in Bewegung(en). Kritische kulturtheoretische Forschung mit und zu Repräsentation, in: Voß, Jan-Peter/Schölzel, Hagen (Hrsg.): Die Fabrikation von Demokratie. Baustellen performativer politischer Repräsentation, Wiesbaden: VS Springer, 169-187.
In ihrem Beitrag im Sammelband „Intersektionale Solidarität. Beiträge zur gesellschaftskritischen Geschlechterforschung“ beleuchtet Michaela Zöhrer Kritiken und Potentiale von Identitätspolitik.
Identitätspolitik ist seit einigen Jahren auch im deutschsprachigen Raum im Fokus vielgestaltiger Kritik. Der Beitrag „Wer heute von Solidarität redet, darf von Identitätspolitik nicht schweigen?“ widmet sich fundamentalen und moderaten Kritiken, die Identitätspolitik als (potentiell) „sozial spaltend“ charakterisieren, um darauf aufbauend die Bedeutung von Identitätspolitiken für den konstruktiven Umgang mit Konflikten innerhalb sozialer Bewegungen zu betonen.
Der gesamte Sammelband „Intersektionale Solidaritäten“ erscheint Open Access (PDF) und ist kostenpflichtig als Print-Ausgabe erhältlich.
Literatur:
Zöhrer, Michaela: Wer heute von Solidarität redet, darf von Identitätspolitik nicht schweigen? Intersektionale Konflikte in sozialen Bewegungen, in: Mertlitsch, Kirstin/Hipfl, Brigitte/Kumpusch, Verena/Roeseling, Pauline (Hrsg.): Intersektionale Solidarität. Beiträge zur gesellschaftskritischen Geschlechterforschung. Opladen: Barbara Budrich, 2024, 105-116.
Zum Konferenzthema „Disziplinen der Friedens- und Konfliktforschung im Dialog“ der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung (AFK) präsentierte Christoph Weller das interdisziplinäre Paper „Deutungskämpfe um Krieg“.
Im Augsburger Projektkontext des „Bayerischen Zentrums für Friedens- und Konfliktforschung: Deutungskämpfe im Übergang“ (BZeFK) entstand das in Darmstadt zur Diskussion gestellte interdisziplinäre Paper „Deutungskämpfe um Krieg: Dichotomisierung als Neigung, Gefahr und Konflikt“ von Christoph Weller. Es erläutert die Dichotomisierungs-Neigung bei der Wahrnehmung kriegerisch ausgetragener Konflikte sowie die damit einhergehenden Gefahren und zeigt mithilfe des Konzepts der „Deutungskampfe“, in welcher Konfliktkonstellation über differierende Beurteilungen von Kriegen gestritten wird bzw. im Sinne konstruktiver Konfliktbearbeitung auch debattiert werden kann.
Täglich sind an verschiedenen Orten dieser Welt Opfer von Kriegen zu beklagen, die aber nur unter bestimmten Bedingungen unsere Aufmerksamkeit und den Weg in unsere deutschen Massenmedien und Diskurse finden. Zu diesen, die Aufmerksamkeit förderlichen Bedingungen gehört u.a. eine scheinbar einfache und leicht vermittelbare Unterscheidung von Tätern und Opfern, von Angriff und Verteidigung verbunden mit der entsprechenden Bewertung, um sich selbst in einem kriegerisch ausgetragenen Konflikt auf der „richtigen“ Seite (Opfer-Solidarität) positionieren zu können. Damit einher geht die Banalisierung der Konfliktkonstellation in eine Auseinandersetzung zwischen nur zwei Konfliktparteien, die erst mit dem Beginn der kriegerischen Austragung entstanden sei und welcher einfach und eindeutig zu beurteilende Differenzen bzw. Konfliktursachen zugrunde lagen. Diese Dichotomisierung bei der Wahrnehmung von eskalierenden Konfliktkonstellationen hat verschiedene Ursachen und beinhaltet erhebliche Gefahren, u.a. eine pauschalisierende Gewaltlegitimation für die Angegriffenen und die sich daraus ergebenden Eskalationsgefahren für den weiteren Verlauf der Konfliktaustragung.
Diese Expertise der interdisziplinaren Friedens- und Konfliktforschung über die Eskalationsprozesse gewaltsam ausgetragener Konflikte kann sich im offentlichen Diskurs über Kriege, der von der politischen Solidarität mit den „Opfern“ der Konflikterzählung dominiert wird, kaum Gehör verschaffen, weil er gegen die starke Dichotomisierungs-Neigung der Konflikt- Wahrnehmung ankämpfen muss. Dies wird als „Deutungskampf“ - in Abgrenzung zu einfachen Deutungskonflikten - konzeptualisiert, weil die Differenz nicht allein die Deutung des Kriegsgeschehens, sondern die verwendeten unterschiedlichen Deutungsmuster betrifft. Differenzierte Konfliktanalysen im Zusammenhang mit Kriegen verbessern nicht nur das Verständnis für die der kriegerischen Austragung zugrundeliegende Konfliktkonstellation, sondern auch für die Konflikte, die von Friedens- und Konfliktforscher*innen über die unterschiedlichen Deutungen von Kriegen ausgetragen werden (müssen).
Die Forschung für dieses Paper findet im Rahmen des vom BMBF finanzierten Forschungsverbunds „Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung: Deutungskämpfe im Übergang“ statt. Das "Bayerische Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung“ (BZeFK) ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für vier Jahre gefördertes Regionalcluster der Friedens- und Konfliktforschung. Seit April 2022 bringt der Verbund Wissenschaftler*innen der Universitäten Augsburg, Bayreuth und Erlangen-Nürnberg sowie des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin (IfZ) zusammen, die ihre Forschung vernetzen sowie die Friedens- und Konfliktforschung in Bayern stärken und strukturell weiter verankern.
Von 26. bis 28. Oktober kommen in Lichtenfels 19 Friedens- und Konfliktforscher*innen zum intensiven inhaltlichen Austausch zu den Promotionsprojekten der Teilnehmenden zusammen. Die Kooperation mit der GGS Augsburg ermöglicht den zusätzlichen Schwerpunkt „Selbstfürsorge und Selbstvertrauen während der Promotionszeit stärken“.
Das Bayerische Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung - Deutungskämpfe im Übergang (BZeFK), ein vom BMBF geförderter Forschungsverbund, lädt vom 26. bis 28. Oktober 2023 in die Franken-Akademie in Lichtenfels zum ersten Workshop für promovierende Friedens- und Konfliktforscher*innen in Bayern ein. Der Workshop wird organisiert vom Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung der Universität Augsburg und stellt den Auftakt für eine intensivierte inhaltliche und kollegiale Vernetzung von Friedens- und Konfliktforscher*innen in Bayern dar, die sich in verschiedenen Phasen ihrer Promotion befinden. Unter Beteiligung von Post-Docs des Forschungsverbunds werden individuelle Promotionsprojekte intensiv diskutiert, es werden Räume für Vernetzung und Austausch geschaffen und das Thema „Selbstfürsorge und Selbstvertrauen während der Promotionszeit stärken“ wird in einer dreistündigen Workshop-Einheit fokussiert behandelt.
Die Teilnehmer*innen haben sich auf einen im Juli 2023 veröffentlichten Call beworben. Sie repräsentieren verschiedene Fachdisziplinen im Kontext der interdisziplinären Friedens- und Konfliktforschung und kommen von acht verschiedenen bayerischen Universitäten und Forschungsinstituten.
Der Workshop wird im Rahmen des Forschungsverbunds BZeFK durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Durch die Kooperation mit der Graduiertenschule für Geistes- und Sozialwissenschaften (GGS) der Universität Augsburg kann die Workshop-Einheit „Selbstfürsorge und Selbstvertrauen während der Promotionszeit stärken“ unter Anleitung von Dr. Sarah Weber realisiert werden.
Am 21. Juli 2023 um 16 Uhr fiel der Startschuss für ein inspirierendes Peace Summer School-Wochenende, das mit Theater, Workshops und viel kreativem Austausch ganz im Zeichen des Friedensfest-Mottos 2023 „Kreativität. Kunst schafft Frieden?“ stand.
Aus den Lautsprechern erklingen die Töne John Lennons „Give Peace a Chance“. Das Lied soll, neben noch zwanzig weiteren Songs, als Quelle der Inspiration dienen, um der Frage „Was bedeutet Frieden für dich?“ künstlerisch und kreativ nachzugehen. Einige Teilnehmenden der Peace Summer School 2023 sitzen malend vertieft vor ihrem Blatt, wieder andere sind im regen Austausch mit anderen, um ihre Vorstellung von Frieden zu teilen. Am Ende entstand ein großes Kunstwerk - eine Patchworkdecke, die verdeutlicht, wie vielfältig Frieden verstanden werden kann. Ein schöner Start in das gemeinsame Wochenende, das in den darauffolgenden Stunden und Tagen geprägt durch eine gemeinschaftliche, offene und kreative Atmosphäre war. „Ich bin inspiriert, meine Kreativität wieder mehr zu benutzen und aktiv zu werden“ schreibt eine Teilnehmerin auf das Feedback-Plakat. Dass das Wochenende eine so inspirierende und motivierende Wirkung auf die Teilnehmer:innen hatte, war einem sehr engagierten PSS-Orga-Team und nicht zuletzt den aufmerksamen und kompetenten Personen zu verdanken, die ihre Expertise zum Thema „Konflikt schafft Kunst - Kunst schafft Konflikt“ teilten.
So zeigte uns Daniele Gancheva am Freitagabend in ihrem dokumentarischen Theaterstück „Die Badewanne. Frauen im Krieg“, wie für sie Theater ein Medium sein kann, sich anders mit dem Thema Krieg auseinanderzusetzen. Begleitet von den Musiker:innen Arezou Rezaei und Hans Könnecke führte sie uns bildreich durch verschiedene Kriege und ermöglichte uns, die unterschiedlichen Erfahrungen nachzuvollziehen, denen Frauen* während dieser Zeit ausgesetzt waren und sind. Dass Kunst eine transformative Kraft innerhalb von Konflikten haben kann, verdeutlichte die anschließende spannende Diskussion auf dem Podium zwischen der Schauspieler Daniele Gancheva, dem Regisseur Elias Emmert, der Friedensforscherin Christina Pauls und der Popkulturbeauftragen der Stadt Augsburg Maria Trump. Auch das Publikum bereicherte die Diskussion mit seinen Fragen und Kommentaren. Kunst kann aber auch problematisch sein, wenn diese nicht ausreichend reflektiert betrieben wird, betonte Christina Pauls. Gekonnt und mit interessanten Fragen führte die Moderatorin Nora Schröder durch diesen zweiten Teil des ersten Abends der diesjährigen Peace Summe School.
Am Samstag erhielten die Teilnehmenden in einem von drei ganztägigen Workshops die Gelegenheit, sich aktiv und kreativ mit dem Verhältnis von Kunst, Konflikt und Frieden auseinanderzusetzen. Wie kann ich Zugang zu meiner Kreativität finden? Wie kann Kunst mir helfen, mein Gegenüber im Konflikt besser zu verstehen und wie kann Verborgenes, Verdrängtes oder gewollt unsichtbar Gehaltenes durch Kunst sichtbar und kritisierbar gemacht werden? Für all diese Fragen zeigte Layla Zami und Oxana Chi in ihrem Workshop verschiedene Methoden auf. Die Teilnehmenden schnitten Buchstaben aus Zeitungen aus, um diese inspiriert durch Herta Müller zu Gedichten zusammenzufügen. Sie schrieben eigene Texte, tanzten, reflektierten über Kunstrezeption und betrachteten und diskutierten gemeinsam die Performance der beiden Workshopleiterinnen.
In ihrem Schreibworkshop regten Fabian Lutz und Martin Jank durch zahlreiche Beispiele aus der Literatur dazu an, intensiv darüber nachzudenken und sich auszutauschen, wie Schreiben und Konflikt miteinander verknüpft sind und wie Schreiben als Werkzeug zur Konfliktbewältigung dienen kann. Während des Tages führten die Teilnehmenden nicht nur lebhafte Diskussionen, sondern verfassten auch eine Vielzahl eigener, sehr unterschiedlicher Texte. Dabei nutzten sie den gesamten Annahof, um inspirierende und ruhige Orte für das Schreiben ihrer eigenen Texte zu finden. Im Theaterworkshop unter der Leitung von Hannah Reich erfuhren die Teilnehmenden theoretisch, aber vor allem praktisch am eigenen Leib, wie interaktives Theater, insbesondere das Forumtheater, bei Konflikten und Friedensprozessen eingesetzt werden kann. Nicht nur lautes Lachen, auch eine sprühende Energie drangen aus dem Workshopraum. Die Teilnehmenden spielten unter anderem selbstgewählte Konfliktsituation nach, in welche die Zuschauenden im Laufe des Spiels eingreifen konnten. Damit können neue Handlungsmöglichkeiten im gespielten Konflikt ausprobiert werden, um zu erfahren, wie sich verschiedene Verhaltensweise auf das Geschehen auswirken. Bei einem gemeinsamen Abendessen konnten sich die Teilnehmenden auch über die einzelnen Workshops hinaus näher kennenlernen, den Workshop-Tag Revue passieren und den lauen Sommertag ausklingen lassen.
Mit großer Begeisterung teilten die Teilnehmer:innen am Sonntag ihre Erlebnisse aus den Workshops. Wer wollte, las die selbstgeschriebenen Texte vor. Einige präsentierten die aufgeklebten Gedichte und die Gruppe aus dem Theaterworkshop führte ein Statuen-Theaterstück vor. Im anschließenden Plenum-Austausch wurde deutlich, dass sich drei Schlüssel-Erkenntnisse für die Teilnehmer:innen aus den Workshops herauskristallisierten: Kunst und Kreativität eröffnen neue und alternative Perspektiven auf Konflikte, sie ermutigen zur Pause und zur Reflexion innerhalb von Konfliktsituationen und sie bringen Themen ans Licht, die sonst im Verborgenen bleiben. Wenn Konflikte Kunst schaffen, tragen Kunst und Kreativität offenbar zur konstruktiven Konfliktbearbeitung bei - womit die Teilnehmenden der Peace Summer School nochmal die Verbindung zum bevorstehenden Augsburger Hohen Friedensfest und dessen gleichzeitig startenden Kulturprogramm herstellten. Und die Veranstalter - der ASKA e.V. und der Augsburger Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung - freuen sich über eine sehr erfolgreiche Peace Summer School 2023 und die nächsten Veranstaltungen, in denen der Augsburger Stadtgesellschaft die Perspektiven der Friedens- und Konfliktforschung nähergebracht werden können.
Können künstlerische Interventionen an Kolonialdenkmälern zur Dekolonisierung des öffentlichen Raumes beitragen? Christina Pauls beleuchtet ihre Potentiale und Herausforderungen am Beispiel 'Bismarck-Dekolonial'.
Christina Pauls, Doktorandin am Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung beschäftigt sich im Rahmen des BMBF-geförderten Verbundprojektes 'Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung' in ihrem Dissertationsprojekt mit 'memory activism' und konkreten Strategien von Erinnerungskämpfen. Auf Einladung von Yolanda Guitiérrez begleitete Christina Pauls im Sommer 2021 die Performance 'Bismarck-Dekolonial' in Hamburg, die sich mit Tanz- und Kunstperformances dem weltweit größte Denkmal Otto von Bismarcks annimmt. In ihrem Beitrag stellt die Autorin Überlegungen zur epistemischen Gewalt von Zeitvorstellungen her und interpretiert die Performance als epistemische Rissbildung (fissure). Sie bewertet schließlich die Potentiale und Herausforderungen künstlerischer Interventionen im Kontext gesellschaftlicher Auseinandersetzungen um die Dekolonisierung des öffentlichen Raumes.
Der Beitrag ist im Special Issue 'Un/Doing epistemic violence', herausgegeben von Claudia Brunner beim Journal für Entwicklungspolitik erschienen:
Pauls, Christina (2023): Performing Cracks in Public Memory: Undoing Epistemic Violence Through Artistic Interventions. In: Journal für Entwicklungspolitik XXXIX:1-2, 50-73. https://doi.org/10.20446/JEP-2414-3197-39-1-50
Bildrechte: Yolanda Guitiérrez; Bild von Igor Sherba
Die internationale Tagung des Forschungsverbunds „Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung: Deutungskämpfe im Übergang“ (BZeFK) findet vom 21. - 23. Juni 2023 in Bayreuth statt und beginnt mit einer öffentlichen Abendveranstaltung.
Prof. Navnita Chadha Behera von der University of Delhi eröffnet mit ihrer Keynote Speech die Tagung des Forschungsverbunds Conflicts.Meanings.Transitions im Historischen Sitzungssaal des Alten Rathauses in Bayreuth. In den darauffolgenden Tagen steht der intensive inhaltliche Austausch zur Erforschung von Deutungskämpfen im Übergang im Mittelpunkt des Workshops. Daran beteiligen sich neben den Mitgliedern des Forschungsverbunds „Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung" (BZeFK) von den Universitäten Augsburg, Bayreuth und Erlangen sowie vom Institut für Zeitgeschichte München-Berlin auch zahlreiche nationale und internationale Expert*innen dieses interdisziplinären Forschungsfelds.
Der interdisziplinäre Forschungsverbund hat seine Vernetzungs- und Forschungsarbeit vor etwas über einem Jahr aufgenommen und bereits Vernetzungsveranstaltungen in Augsburg durchgeführt. Ausgangsidee des Inceptions Workshops in Bayreuth mit der titelgebenden Frage „All things change the same?“ ist, dass Prozesse des Übergangs und Wandels weder uniform ablaufen noch uns einfach ‚widerfahren‘, weshalb es sich lohnt, den Blick darauf zu lenken, wie solche Prozesse (bewusst) gestaltet werden und welche Rolle umkämpfte Deutungen wie auch Kämpfe um Deutungen dabei spielen. In den fünf Panels des Workshops stehen konkrete Deutungskämpfe im Zusammenhang mit 1) Gewalt und Krieg, 2) Transitional Justice, 3) Normen und Werten in Konflikten, 4) Epistemologien und Wissensordnungen sowie 5) Friedensverständnissen im Fokus.
Das "Bayerische Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung“ (BZeFK) ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für vier Jahre gefördertes Regionalcluster der Friedens- und Konfliktforschung. Seit April 2022 bringt der Verbund Wissenschaftler*innen der Universitäten Augsburg, Bayreuth und Erlangen-Nürnberg sowie des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin (IfZ) zusammen, die ihre Forschung vernetzen sowie die Friedens- und Konfliktforschung in Bayern stärken und strukturell weiter verankern. Hierzu macht er auch Vernetzungsangebote für alle Wissenschaftler*innen, die in Bayern Friedens- und Konfliktforschung betreiben.
Die renommierte Forscherin Giovanna Montenegro stellt am 26.05. um 16 Uhr im Fugger und Welser Erlebnismuseum ihr neuestes Buch über die Erinnerung an die Welser-Kolonie vor. Sie leistet damit einen Beitrag zur Reflexion postkolonialer Erinnerungskultur in Augsburg.
Die Welser aus Augsburg bekamen zwischen 1528 und 1546 die spanische Kolonie Venezuela als „Lehen“, aber kaum jemand in Deutschland kennt diese Geschichte. Dabei handelt es sich doch um eines der ersten und gewaltvollsten Kapitel deutscher Kolonialgeschichte, dessen Aufarbeitung im Kontext aktueller Auseinandersetzungen um Kolonialismus in Deutschland umso notwendiger ist.
Diese seltsame und oft vernachlässigte Episode deutscher Kolonialgeschichte ist zentraler Forschungsgegenstand von Dr. Giovanna Montenegro. Sie beschäftigt sich auch mit der Erinnerung an die Welser und erhielt 2019 von der Latin American Studies Association eine Auszeichnung für ihren Artikel „The Welser Phantom: Apparitions of the Welser Venezuela Colony in Nineteenth and Twentieth-century German Cultural Memory“. Darin zeigt sie, dass es in der deutschen Geschichte und Gegenwart ein ‚Welser-Phantom‘ gegeben hat. Dieser Begriff spielt auf die Erinnerung an die Welser-Kolonie vor allem in der Hochphase des deutschen Kolonialismus im 19. und frühen 20. Jahrhundert an, die wichtiger Referenzpunkt für die Legitimation kolonialer Bestrebungen war. Auch deshalb war und bleibt die Erinnerung an die Welser politisch relevant und erfordert daher einen kritischen und verantwortungsvollen Blick in aktuellen Debatten um postkoloniale Erinnerung.
Ihr kürzlich bei University of Notre Dame Press erschienenes Buch „German Conquistadors in Venezuela: The Welsers' Colony, Racialized Capitalism, and Cultural Memory“ stellt einen wichtigen Beitrag in der internationalen Auseinandersetzung mit deutscher Kolonialgeschichte dar. Darin setzt sich Montenegro mit zahlreichen Primärdokumenten auseinander, und untersucht eine Geschichte massiver Gewalt gegen indigene und afrikanische Menschen. Sie richtet den Blick insbesondere darauf, wie verschiedene Generationen in Deutschland sich an die Welser-Herrschaft in Venezuela erinnert haben, und wie diese Erinnerungen politisch genutzt wurden.
Montenegro stellt in ihrem Vortrag ihr aktuelles Buch vor und stellt Bezüge zu aktuellen Diskursen um postkoloniale Erinnerungskultur her. Der Vortrag und die anschließende Diskussion finden auf englischer Sprache statt. Plätze vor Ort sind begrenzt. Wir bitten um Anmeldung unter https://www.fugger-und-welser-museum.de/veranstaltungen/. Außerdem wird der Vortrag gestreamt. Der Link wird über die Webseite des Fugger-und-Welser-Erlebnismuseums zur Verfügung gestellt.
Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Fugger-und-Welser-Erlebnismuseum statt im Rahmen des Projekts „Deutungskämpfe in der Kolonialität des Friedens“ des vom BMBF finanzierten Forschungsverbunds „Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung: Deutungskämpfe im Übergang“.
Der Vortrag kann unter folgendem Link abgerufen werden:
https://www.youtube.com/watch?v=FF3wgZxUffI
Mit der Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth, hatte der Workshop des Bayerischen Zentrums für Friedens- und Konfliktforschung (BZeFK) in Augsburg eine sehr prominente Impuls-Geberin zum Start in den zweiten Tag.
Über 20 Friedens- und Konfliktforscher*innen aus ganz Bayern waren für 2. und 3. Februar 2023 auf Einladung des von Prof. Christoph Weller geleiteten
Lehrstuhls für Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung der Universität Augsburg in die Friedensstadt Augsburg gekommen, um sich über ihre aktuellen Forschungsprojekte auszutauschen und für neue Projekte zu vernetzen. Bei der Eröffnung am ersten Workshop-Tag war auch die bayerische Landtagsabgeordnete Anne Franke anwesend, die bereits 2021 die Bayerische Initiative für Friedens- und Konfliktforschung angestoßen und gemeinsam mit der
Bayerischen Universitätenkonferenz zu einer Tagung in den Bayerischen Landtag eingeladen hatte.
Das Grußwort von Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber an die bayerischen Friedens- und Konfliktforscher*innen überbrachte der Referent für Kultur, Welterbe und Sport, Jürgen Enninger, zum Beginn des zweiten Workshop-Tags. Er hob Augsburgs Bedeutung als Friedensstadt hervor, die sich in akademischer Hinsicht auch in der engen Zusammenarbeit mit Wellers Lehrstuhl für Friedens- und Konfliktforschung der Universität Augsburg niederschlage. Als aktuelles Beispiel verwies er auf die intensivierten städtischen Bemühungen um eine Erinnerungskultur, die auch postkoloniale Dimensionen einbezieht, und das Lehrstuhl-Projekt „Postkoloniale Perspektiven auf die Friedensstadt“ im vergangenen Jahr. Dieses Thema griff dann anschließend Claudia Roth in ihrem Impulsreferat mit Verweis auf die kürzlich erfolgte Rückgabe der Benin-Bronzen an die Bundesrepublik Nigeria unmittelbar auf:
„Diese Kunstwerke und Artefakte besitzen nicht nur einen hohen kulturellen Wert, sie erzählen eine Geschichte, die geprägt ist von Gewalt, Raubzügen, Unterdrückung und Entfremdung. Eine Geschichte, aus der wir lernen können - und müssen! Die Bundesregierung hat sich zu dieser Verantwortung bekannt. Wir wollen lernen aus der Aufarbeitung unserer Kolonialgeschichte. Und wir wollen Verantwortung übernehmen“, so die Staatsministerin für Kultur und Medien beim Vernetzungsworkshop der Friedens- und Konfliktforschung in Augsburg. Damit werden auch Beiträge zum Frieden geleistet, denn nicht wenige der Konflikte im globalen Süden, so Roth, besitzen auch koloniale Wurzeln. So könne mit der Aufarbeitung der kolonialen und postkolonialen Vergangenheit auch der Dialog unter Konfliktparteien erleichtert werden.
Prof. Weller knüpfte an die konkreten politischen Beiträge zur Etablierung einer postkolonialen Erinnerungskultur unmittelbar an und stellte sie in den Zusammenhang der inhaltlichen Ausrichtung des Forschungsverbunds, in dessen Zentrum „Deutungskämpfe im Übergang“ stehen. Gerade in Augsburg stehe die Perspektiven-Erweiterung auf die dunklen Seiten des Kolonialismus im Zusammenhang der frühen Handelsimperien der Welser und Fugger noch am Anfang. Dem pflichtete Christina Pauls, Wissenschaftlerin der Universität Augsburg, bei und veranschaulichte dies etwa anhand von Perspektiven aus Venezuela, wo in völlig anderer Weise an die gewaltsame Eroberung und Plünderung des Landes durch die Welser im kolonialen 16. Jahrhundert erinnert wird. Der für ein Augsburger Publikum mit deutschen Untertiteln versehene Film „Mamparo“ vermittle einige Perspektiven aus der venezolanischen Stadt Coro, ehemals „Neu Augsburg“ in sehr anschaulicher Weise, so Pauls. Sie betonte auch die Notwendigkeit weiterer Vernetzung mit venezolanischen Akteuren und ihrer lokalen Rezeption in Augsburg.
Die insgesamt 16 wissenschaftlichen Beiträge der Teilnehmenden des
Vernetzungsworkshops
waren allesamt auf das Thema Konflikte ausgerichtet. Theorien und Methoden der Konfliktanalyse oder ihre Behandlung im Kontext der Lehre waren ebenso Themen der Workshop-Panels wie Konflikte im Zusammenhang sozialer Protestbewegungen, von Staatszerfall oder bei Differenzen in der Geschichtsschreibung. Die jeweils interdisziplinär zusammengesetzten Panels - beteiligt waren Forschende der Geographie, Geschichtswissenschaft, Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft, Regionalstudien, Sozialen Arbeit, Sozialpsychologie, Soziologie, Technikfolgenforschung und Theologie - produzierten viel Diskussionsbedarf und zugleich reichhaltige Anregungen, die jeweiligen Konflikte in disziplinär unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten.
Das „ Bayerische Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung: Deutungskämpfe im Übergang“ ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für vier Jahre gefördertes Regionalcluster der Friedens- und Konfliktforschung. Seit April 2022 bringt der Verbund Wissenschaftler*innen der Universitäten Augsburg, Bayreuth und Erlangen-Nürnberg sowie des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin (IfZ) zusammen, die ihre Forschung vernetzen sowie die Friedens- und Konfliktforschung in Bayern stärken und strukturell weiter verankern. Hierzu macht er auch Vernetzungsangebote für alle Wissenschaftler*innen, die in Bayern Friedens- und Konfliktforschung betreiben.
Die inhaltliche Klammer des interdisziplinären Forschungsverbunds mit insgesamt acht sozial- und geschichtswissenschaftlichen Einzelprojekten sind „Deutungskämpfe im Übergang“ (
conflicts.meanings.transitions), also gesellschaftspolitische Konflikte um Deutungen, die besonders am Ende einer Gewaltherrschaft, beim Übergang vom Krieg zum Frieden oder im Zuge der Neubewertung gewaltvoller Vergangenheiten stattfinden. Deren Verlauf und Ergebnisse sind – so die im Verbund geteilte Ausgangsannahme – von großer Bedeutung für den aktuellen und zukünftigen gesellschaftlichen Frieden. Im Fokus stehen verschiedene thematische Schwerpunkte wie „Deutungskämpfe um Friedensstrategien nicht-staatlicher Akteur*innen“, „Deutungskämpfe um Gewalt“ sowie „Deutungskämpfe um universale Rechte und Diversität“.
Bei der Tagung
„Repräsentationen von (Un)Sicherheit - Objekte, Bilder und Orte“ der DVPW-Arbeitskreise „Kritische Sicherheitsstudien“ und „Soziologie der internationalen Beziehungen" präsentierte Prof. Weller in Hamburg sein Paper zu den aktuellen Konflikten und Diskursen um die „Zeitenwende“.
Es war voraussetzungsreich, dass der Bundeskanzler innerhalb kürzester Zeit die Deutungshoheit über den Begriff „Zeitenwende“ gewinnen konnte und mit dem Begriff inzwischen eine grundlegende Neuausrichtung deutschen Sicherheitspolitik verbunden und legitimiert wird. Mithilfe einer
Deutungskämpfe-Perspektive lässt sich zeigen, wie in diesem Fall politische Entscheidungen mit einem machtvollen Deutungswandel verbunden und dadurch der öffentlichen Debatte weitgehend entzogen wurden: Wer eine Zeitenwende ausruft, erscheint nicht als politischer Entscheider, sondern als Versprachlicher des Gangs der Geschichte und politischer Umsetzer historischer Notwendigkeiten. Die herausfordernde Konfliktkonstellation des Deutungskampfes, in dem nicht nur differierende Deutungen aufeinander treffen, sondern in dem zunächst die Wahrheit zur Deutung gemacht wird, scheint für die deutsche Sicherheitspolitik vertagt.
Forschungsbereich Deutungskämpfe
Am 10. November um 18 Uhr im Institut für Zeitgeschichte in München veranstaltet der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsverbund „Deutungskämpfe im Übergang“ eine öffentliche Podiumsdiskussion.
Unter dem Titel
„Der russische Krieg gegen die Ukraine: Was bleibt vom ‚Pazifismus‘ der Bundesrepublik“
lädt der BMBF-Forschungsverbund
„Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung: Deutungskämpfe im Übergang“ für 10. November um 18 Uhr ins Institut für Zeitgeschichte in München ein zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion zum russischen Krieg gegen die Ukraine. Nach einer Einführung von PD Dr. Florian Kühn (Universität Bayreuth) diskutieren unter der Moderation von Prof. Dr. Andreas Wirsching (Institut für Zeitgeschichte München-Berlin) die Historiker*innen Dr. Corinna Hauswedell (Bonn International Center for Conflict Studies), Prof. Dr. Martin Schulze Wessel (Ludwig-Maximilians-Universität München) und Prof. Dr. Dietmar Süß (Universität Augsburg).
Welche Auswirkungen hat der Ukraine-Krieg auf pazifistische Vorstellungen in der Bundesrepublik Deutschland? Diese Frage steht im Mittelpunkt der Veranstaltung, an der Vertreterinnen und Vertreter der Geschichtswissenschaft sowie der Friedens- und Konfliktforschung teilnehmen. Damit verbunden sollen Chancen und Grenzen einer Außenpolitik erortert werden, die an Abrustung und nichtmilitarischer Konfliktlosung orientiert ist. Kann uber soziale, kulturelle und okonomische Verflechtungen der Frieden gesichert werden?
Veranstaltungsort: Institut für Zeitgeschichte, Leonrodstr. 46 B, 80636 München. Der Eintritt ist frei, um Anmeldung wird gebeten. Im Anschluss laden wir Sie zu einem Stehempfang ein.
Eines von drei BMBF-geförderten Regionalclustern der Friedens- und Konfliktforschung kommt nach Bayern - Augsburger Erfolg im Wettbewerb um Forschungsmillionen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
Ein Regionalcluster zur Friedens- und Konfliktforschung in Bayern, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), wird zum 1. April 2022 seine Arbeit aufnehmen. Unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Weller, Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Augsburg, erhält das bayerische Antragskonsortium für das „Verbundvorhaben: Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung“ Fördermittel in Höhe von insgesamt 2,5 Mio. Euro für vier Jahre, für das Teilvorhaben Augsburg allein steht eine Million Euro zur Verfügung.
An dem interdisziplinären Vorhaben, das besonders an aktuellen gesellschaftspolitischen Themen und am Wissenstransfer interessiert ist, sind neben der Universität Augsburg das in München beheimatete außeruniversitäre Institut für Zeitgeschichte (IfZ) sowie die Universität Bayreuth und die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg beteiligt. In ihrem Forschungsverbund werden die Projektpartnerinnen ihre Forschung vernetzen sowie gemeinsame Strukturen etablieren, die wirkungsvolle Transfer- und Kommunikationsformate zur Verwertung der erarbeiteten Forschungsergebnisse bereitstellen. Der Forschungsverbund (Laufzeit: bis 31.03.2026) kann zudem verschiedene Initiativen zur Stärkung der bayerischen Friedens- und Konfliktforschung zusammenführen und fortsetzen, u.a. die „Bayerische Initiative für Friedens- und Konfliktforschung“ von Universität Bayern e.V. und der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen sowie entsprechende Bemühungen des Landtagsabgeordneten Dr. Fabian Mehring.
Forschungsthema: Deutungskämpfe im Übergang
Die inhaltliche Klammer des interuniversitären Forschungsverbunds mit insgesamt acht sozial- und geschichtswissenschaftlichen Einzelprojekten sind Deutungskämpfe im Übergang, weil deren Verlauf und Ausgang von größter Bedeutung für den aktuellen und zukünftigen gesellschaftlichen Frieden sind. Das Projektdesign dieses bayerischen Forschungsverbunds zielt einerseits auf die vergleichende Analyse unterschiedlicher Deutungskämpfe ab und fragt, unter welchen Voraussetzungen Deutungskämpfe zum Frieden beitragen. Andererseits werden wirkungsvolle Transfer- und Kommunikationsformate für Multiplikator*innen, regionale Öffentlichkeiten und die Politikberatung sowie die nachhaltige Strukturbildung der bayerischen Friedens- und Konfliktforschung in den Blick genommen.
Diese Praxisorientierung der Friedens- und Konfliktforschung auf gesellschaftliche Herausforderungen und den Wissenstransfer ist ein besonderes Kennzeichen auch des bisher einzigen bayerischen Lehrstuhls für Friedens- und Konfliktforschung, der 2008 an der Universität der Friedensstadt Augsburg eingerichtet wurde. Die nun bewilligte Förderung aus Bundesmitteln stärkt nicht nur den Augsburger Forschungsschwerpunkt, sondern auch die weitere wissenschaftliche Profilierung der Friedensstadt Augsburg. Die bereits etablierte Zusammenarbeit des Lehrstuhls von Prof. Weller mit verschiedenen Einrichtungen in der Friedensstadt - u.a. dem Friedensbüro und dem Kulturamt der Stadt Augsburg, der Augsburger Außenstelle der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, der Augsburg Peace Summer School etc. - erhält auf diesem Wege neue Impulse und Möglichkeiten, die Augsburg als Standort der Friedens- und Konfliktforschung stärken werden.
Glückwünsche von Universität und Politik
Über die positive Nachricht dieser Förderung der Friedens- und Konfliktforschung in Bayern freut sich auch Wissenschaftsminister Bernd Sibler. Er betonte: „Die Friedens- und Konfliktforschung leistet einen unverzichtbaren Beitrag zum Verständnis großer gesellschaftlicher Herausforderungen. Besonders wichtig ist dabei, dass die Erkenntnisse auch in die Gesellschaft hineingetragen werden. Die Beteiligten des bayerischen Antragskonsortiums unter Leitung von Professor Weller haben sich genau dies zum Ziel gesetzt und werden damit einen mustergültigen Beitrag zum Wissenstransfer in diesem so wichtigen Forschungsbereich leisten. Dank der eingeworbenen Förderung ist der Weg für ein interdisziplinär aufgestelltes Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung nun frei. Ich freue mich sehr, dass das innovative Konzept Anklang beim Bund gefunden hat und bin mir sicher, dass der Forschungsverbund das Feld der Friedens- und Konfliktforschung von Bayern aus national und international bereichern wird. Das ist ein toller Erfolg für den gesamten Wissenschaftsstandort Bayern.“ Universitätspräsidentin Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel schließt sich dieser Bewertung an: „Wir freuen uns sehr, dass mit diesem Projekt die Friedens- und Konfliktforschung an unserer Universität, aber auch in der Friedensstadt Augsburg eine Würdigung erhält und wir in diesem wichtigen wissenschaftlichen Thema weiterhin federführend wirken können."
Glückwünsche übersandte auch Eva Weber, Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg: „Die Friedensstadt Augsburg wünscht dem "Bayerischen Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung" einen guten Start und dankt den Initiatoren dieses interdisziplinären Projekts, allen voran Prof. Dr. Christoph Weller. Die langjährige Zusammenarbeit zwischen dem Friedensbüro der Stadt und dem Lehrstuhl für Friedens- und Konfliktforschung erfährt mit dem wegweisenden Projekt neue Impulse an der Schnittstelle zwischen der Wissenschaft und der Handlungsebene zur Stadtgesellschaft. Zugleich freuen wir uns über die mit der Ausstattung verbundene Aufwertung des Lehrstuhls in der Friedensstadt Augsburg, die neue Vorhaben für dieses Exzellenzcluster ermöglichen wird.“
Hintergrund
Die Evaluation der Friedens- und Konfliktforschung durch den Wissenschaftsrat 2019, veranlasst durch den Deutschen Bundestag, führte zu dem Resultat: „Die Friedens- und Konfliktforschung leistet einen unverzichtbaren Beitrag zum Verständnis und zur Bearbeitung großer gesellschaftlicher Herausforderungen“ (Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Friedens- und Konfliktforschung, Köln 2019: 8). Vor diesem Hintergrund stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung nun über 30 Mio. Euro für die thematische und regionale Vernetzung dieses wichtigen Forschungsfelds zur Verfügung, die auch zur Stärkung der bayerischen Friedens- und Konfliktforschung beitragen werden. Unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Weller (Universität Augsburg) konnte ein bayerisches Antragskonsortium über 2,5 Mio. Euro einwerben (ca. 1 Mio. € für die Universität Augsburg), um in den kommenden vier Jahren ein Bayerisches Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung (BZeFK) zu etablieren.
Kooperationspartner*innen des Forschungsverbunds:
- Prof. Dr. Christoph Weller, Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung, Universität Augsburg (Antrags-Koordinator)
- Prof. Dr. Jana Hönke, Lehrstuhl Soziologie Afrikas, Universität Bayreuth
- Prof. Dr. Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin
- Prof. Dr. Simone Derix, Lehrstuhl für Neueste Geschichte, Universität Erlangen-Nürnberg
- Prof. Dr. Dietmar Süß, Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte, Universität Augsburg
- Dr. Julia Eichenberg, Forschungsgruppenleiterin am Institut für Fränkische Landesgeschichte
Wissenschaftliche Ansprechperson
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