Nachruf auf Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Adolf G. Coenenberg

Die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, seine Schülerinnen und Schüler, seine Kolleginnen und Kollegen, die Fachwelt und viele Kooperationspartner trauern um Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Adolf G. Coenenberg, der am 29.12.2024 nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben ist. Adolf Coenenberg gehörte zum Kreis der erstberufenen Professoren bei Gründung der Fakultät und damit zum Team derjenigen Kolleginnen und Kollegen, die unsere Fakultät aufgebaut, die entscheidenden Weichen gestellt, und in den folgenden Jahren Wesentliches zu ihrem großen Erfolg weit über die Universität Augsburg hinaus beigetragen haben.

Adolf Coenenberg habilitierte sich als Schüler von Prof. Erich Gutenberg und Assistent von Prof. Dr. Hans Münstermann im Fach Betriebswirtschaftslehre im Jahr 1970 an der Universität zu Köln, wo er auch studierte und promovierte. Unmittelbar danach nahm er den Ruf an die neu gegründete Universität Augsburg an, der er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2007 als Inhaber des „Lehrstuhls für Wirtschaftsprüfung und Controlling“ (trotz zahlreicher Rufe an andere Universitäten, wie z.B. Universität Wien, Universität zu Köln und TU München) treu blieb.

Über die Lehre und Forschung an der Universität Augsburg hinaus, die er mit großem Engagement und Leidenschaft betrieb, galt sein frühzeitiges Interesse den internationalen Entwicklungen in der Rechnungslegung. Dies führte ihn häufig zu Lehr- und Forschungsaufenthalten im Ausland, u.a. nach Großbritannien, Japan, Österreich, Australien und in die USA, und brachte ihm zweimal die Auszeichnung eines Distinguished Visiting Lecturer in Accounting ein (1987 von der American Accounting Association sowie 1997 von der British Accounting Association). In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Arbeit erhielt Adolf Coenenberg zwei Ehrendoktorwürden (von der Technischen Universität Dresden im Jahr 1998 sowie von der TU München im Jahr 2002) und im Jahre 1999 den Dr. Kausch-Preis von der Universität St. Gallen. 1999 bis 2002 fungierte er als Gründungsdekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an der TU München. 2009 wurde er von der European Business School zum Honorarprofessor ernannt.

Für Adolf Coenenberg war und ist die Betriebswirtschaftslehre eine anwendungsorientierte Wissenschaft. Diese Auffassung prägte seine Lehre sowie seine Publikationen. Zudem begründete dies auch sein großes Engagement in der Weiterbildung von Führungskräften, was nicht zuletzt in seinen beiden Funktionsperioden am Universitätsseminar der Wirtschaft (USW), Schloss Gracht, zum Ausdruck kommt (von 1979 bis 1982 als Inhaber des Stiftungslehrstuhls für Unternehmensführung sowie von 1990 bis 1993 als Wissenschaftlicher Direktor). Sein großes Interesse am aktiven Austausch mit der Unternehmenspraxis zeigt sich auch an seiner langjährigen engen Verbundenheit mit der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaftslehre e.V., für die er nahezu zwei Jahrzehnte als Vorstandsmitglied und von 1997 bis 2003 als Vizepräsident fungierte. Er gehörte viele Jahre dem Arbeitskreis Finanzierungsrechnung (1982 bis 1995) sowie dem Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ (von 2000 bis 2006 als Arbeitskreisleiter) an. Darüber hinaus war er lange Zeit im Aufsichtsrat eines großen, international tätigen Unternehmens (einige Jahre als Prüfungsausschussvorsitzender). Zudem war er Partner einer mittelständischen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei in Augsburg. Diese vielfältigen Verbindungen zur Unternehmenspraxis veranlassten ihn auch zur Gründung der „Wissenschaftlichen Gesellschaft für Prüfung und Controlling e.V. an der Universität Augsburg“, die nach dem Vorbild der Schmalenbach Gesellschaft den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis zum Ziel hat.

Das wissenschaftliche Werk von Adolf Coenenberg umfasst mehr als 200 Veröffentlichungen in seinen Arbeits- und Forschungsschwerpunkten der empirischen und normativen Rechnungslegungsforschung, der Unternehmensbewertung, des Controllings sowie des betriebswirtschaftlichen Prüfungswesens. Seine Arbeiten erschienen in nationalen und internationalen Fachzeitschriften, Sammelbänden und Büchern. Insbesondere seine Lehrbücher gehören zu den Standardwerken des Fachgebiets. Sein Lehrbuch „Jahresabschluss- und Jahresabschlussanalyse“, das jüngst in der 27. Auflage erschien, gilt inzwischen als „Klassiker“ und hat in den letzten 40 Jahren sowohl die Lehre als auch die Praxis im Bereich der externen Unternehmensberichterstattung in Deutschland maßgeblich geprägt. Aber auch seine anderen, heute noch stetig aktualisierten und adaptierten Lehrbücher auf dem Gebiet des externen und internen Rechnungswesens sind aus der universitären Lehre, wie auch der betrieblichen Praxis der Rechnungslegung und des Controllings nicht wegzudenken. Zudem war er mehr als drei Jahrzehnte Mitherausgeber der Zeitschrift „Die Betriebswirtschaft“ sowie Mitglied in anderen Herausgebergremien deutsch- und englischsprachiger Zeitschriften. Seine Arbeiten besitzen bis heute sehr große Strahlkraft, weit über die Grenzen Deutschlands hinaus, wie die hohe Anzahl an Zitationen zeigt – so zählt Adolf Coenenberg aktuell zu den 15 meistzitierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Augsburg.

Adolf Coenenberg hat in den vielen Jahren seiner Tätigkeit an der Universität viele Generationen von Studierenden geprägt, aus denen zahlreiche namhafte Vertreter in der Unternehmenspraxis und Wissenschaft hervorgegangen sind. Er leitete stets einen großen Lehrstuhl mit vielen wissenschaftlichen Mitarbeitenden, die er fast alle zur Promotion führte. Er war seinen Studierenden und Promovierenden, seinen Mitarbeitenden und Kolleginnen und Kollegen immer eine Autorität in fachlicher und persönlicher Hinsicht sowie ein Vorbild bezüglich seiner Schaffens- und Willenskraft, seines Durchsetzungsvermögens, seines didaktischen Geschicks, seiner Fähigkeit zur Komplexitätsreduktion, seiner Professionalität, seiner Zuverlässigkeit sowie seiner Loyalität. Wie er, haben am Lehrstuhl immer alle viel gearbeitet, dabei aber auch sehr viel Nützliches für ihren weiteren Berufs- und Lebensweg gelernt. Vielen seiner Mitarbeitenden konnte er sogar so viel von seinem Interesse, seiner Leidenschaft sowie seinem Engagement für die Lehre und Forschung auf dem weiten Gebiet des Rechnungs- und Prüfungswesens weitergeben, dass auch sie den Berufsweg der Hochschullehrerin und des Hochschullehrers erfolgreich einschlugen. So gingen aus dem Kreis seiner Schülerinnen und Schüler ein gutes Dutzend an Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern hervor, die heute Professorinnen und Professoren an Universitäten und Fachhochschulen sind. Nicht nur diese sind in hohem Maße dankbar für das von Adolf Coenenberg Erlernte sowie das mit ihm Erlebte. Dies wird nicht zuletzt an der zu seinem 60. Geburtstag im Schäffer-Poeschel Verlag erschienenen Festschrift sowie den Geburtstagsausgaben der Fachzeitschrift „KoR“ zum 65. und 80. Geburtstag deutlich. Diese zeigen ferner, dass das akademische Erbe von Adolf Coenenberg weiterhin bewahrt und gemehrt wird. Die seinem Werk innewohnende Schaffenskraft wird im besten Sinne des Wortes „nachhaltig“ wirken.

 

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