Projekte

Der Bauernkrieg von 1525: Staatlichkeit und Ordnungsvorstellungen

Reihe "Staatsverständnisse"

 

Der Bauernkrieg, der Ende 1524 im Südwesten des Reichs ausbrach und sich sukzessive in Schwaben, im Allgäu, im Bodenseeraum und im Elsass ausbreitete, aber auch Franken, Thüringen und weitere Regionen erfasste und überdies städtische Erhebungen anstieß, wird inzwischen als Erhebung des „Gemeinen Mannes“ (Peter Blickle), also der nicht-herrschaftsfähigen Schichten gegen grund- und landesherrliche Herrschaften interpretiert. Religiöse Gravamina, die nicht zuletzt auch durch die Reformation verstärkt wurden, Verschlechterung der Einkünfte, Erhöhung der Abgaben und Dienstpflichten waren Teil der bäuerlichen Klagen. Während aus den Beschwerden und nicht zuletzt den Memminger Zwölf Artikeln relativ leicht erschließbar ist, wogegen sich die Erhebungen richteten, soll der geplante Band diejenigen Konzeptionen und Vorstellungen in den Blick nehmen, die die führenden Akteure im Hinblick auf die Organisation ihrer Gemeinwesen entwickelten. „Staat“ ist dabei sicher ein anachronistischer Begriff, zumal sich die Frage stellt, ob sich die bäuerlichen Forderungen nicht gerade als Alternative zu den (zweifellos rudimentären) Aspekten von Staatlichkeit, wie sie sich am Beginn des 16. Jahrhunderts bei einigen Obrigkeiten entwickelt hatten, lesen lassen. Genau um diese Fragen aber soll es gehen: Welche Begrifflichkeiten für die Gemeinwesen und ihre Organisation lassen sich in den vorhandenen Zeugnissen greifen? Welche Vorstellungen von Normen und Organisation, aber auch von Partizipation sind nachweisbar? Wie konnten diese durchgesetzt werden? Welche Rechtsformen waren denkbar? Da die Aufstände größtenteils bereits 1525 niedergeschlagen wurden, lassen sich diese Vorstellungen nur ansatzweise – etwa in der Organisation der „christlichen Vereinigungen“, der Haufen oder der Memminger Bauernversammlung – als Praxis fassen, müssen folglich größtenteils aus den vorhandenen programmatischen Texten ermittelt werden. Der Band verzichtet zudem (weitgehend) auf eine regionale Ordnung, sondern versucht, systematisch in etwas längeren Beiträgen (20-25 Seiten) eine Reihe von Querschnittsthemen anzugehen, bei denen versucht werden soll, jeweils eine regional übergreifende bzw. vergleichende Dimension einzubeziehen. Am Ende stehen zudem zwei Beiträge, die sich mit der Rezeptionsebene befassen und die Rekurse auf den Bauernkrieg in Staatskonzeptionen des 19. und 20. Jahrhunderts thematisieren. Hier werden die längerfristigen Wirkungen erkennbar.

Die Reihe "Staatsverständnisse" wird von Rüdiger Voigt herausgegeben und erscheint im Nomos-Verlag.

Revolte und Revolution in der Frühen Neuzeit

Studienbuch (abgeschlossen)

Revolten, Unruhen, Widerstände waren in der Frühen Neuzeit im städtischen wie auch im ländlichen Raum durchaus häufige Phänomene. Doch wie unterscheiden sie sich von Revolutionen? Was sind überhaupt Revolutionen, und gab es vor 1789 Revolutionen im vollen Wortsinn?

Das Studienbuch nimmt das Phänomen „Revolution“ in den Blick und stellt neben Fragen nach den Bedingungen und Verlaufsformen von Revolutionen auch die Frage nach dem revolutionären Erbe Alteuropas und versucht damit, die Französische Revolution, die am Ende der Epoche steht, historisch zu verorten. Die Darstellung arbeitet dabei mit einem offenen Revolutionsbegriff, der nicht von 1789 hergeleitet wird, sondern die Begrifflichkeit und ihre Semantiken von den jeweiligen Zeitgenossen her versteht. Dementsprechend werden durchaus sehr unterschiedliche Ereigniskomplexe – darunter der Bauernkrieg von 1525, die Täuferherrschaft in Münster 1534, der niederländische Aufstand seit 1566 oder die Englischen Revolutionen des 17. Jahrhunderts – in die Betrachtung einbezogen und jeweils die Frage nach der revolutionären Qualität der Ereignisse wie auch nach deren mittel- und langfristiger Erinnerungskultur gefragt. Ziel ist es, die Leser zu sensibilisieren für die Vielfalt des Phänomens „Revolution“, aber auch dafür, daß das Europa der Frühen Neuzeit einen revolutionären Erfahrungsschatz besaß, der die späteren revolutionären Ereignisse durchaus noch mitprägte. Zugleich soll nicht nur Überblickswissen vermittelt werden, sondern es soll – entsprechend dem Anspruch der Reihe – nachvollziehbar demonstriert werden, wie historisches Denken funktioniert und wie Fragen und Thesen entwickelt werden. Damit wird Studierenden wie auch Lehrenden Material an die Hand gegeben, das zur selbständigen Erarbeitung des Themas oder seiner Aufbereitung in Seminarkontexten genutzt werden kann.

 

Das Studienbuch wurde vom Vandenhoeck&Ruprecht-Verlag betreut und ist als UTB-Taschenbuch im Oktober 2023 erschienen ( https://www.utb.de/doi/book/10.36198/9783838561387).

 

Bedeutung und Funktion von Antikerekursen in der Frühen Neuzeit

Antikes war in der Frühen Neuzeit und weit darüber hinaus bis ins 20. Jahrhundert hinein geradezu allgegenwärtig. In bildlichen Darstellungen, in der Architektur, in gelehrten Traktaten ebenso wie in populären Medien wurde Bezug auf mythologische und historische Figuren, auf Ereignisse, auf Texte genommen. Dabei wurde Antikes nicht nur in den kulturellen Code der je eigenen Zeit eingeschrieben, sondern es wurden auch stets auf's Neue konkurrierende Antiken erzeugt, die ihrerseits Wandlungsprozessen unterlagen. ZIel des Projekts ist es, nicht als historisch gegebene Realität zu betrachten, sondern als Produktion jeweils zeitgenössischer 'Verargumentierungen' und Referenzierungen. Dabei steht insbesondere die Frage nach der Funktion von Antikerekursen im Mittelpunkt. Weitere Informationen finden Sie hier.

Enzyklopädie der Neuzeit Online

Die Enzyklopädie der Neuzeit hat sich seit dem Erscheinen des ersten Bandes 2005 als Standardwerk zur europäischen Geschichte zwischen ca. 1450 und 1850 etabliert. Die Online-Ausgabe enthält nicht nur die Inhalte der gedruckten Enzyklopädie, sondern stellt sich auch die Aufgabe, bisherige Artikel zu ergänzen und zusätzliche Beiträge zu veröffentlichen.

Wie für die Erstellung des gedruckten Werks wurden auch hier Fachherausgeberteams eingesetzt, die für die Erstellung und Umsetzung von Ergänzungen und neuen Lemmata zuständig sind. Das Fachgebiet "Staat und Internationale Politik" wird von Georg Eckert, Ulrike Ludwig, Tim Neu und Ulrich Niggemann arbeitsteilig betreut.

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