Projektreihe Stoffgeschichten
Unübersichtliche Stoffströme, verschlungene Produktionswege und eine internationale Arbeitsteilung bei der Güterherstellung machen es selbst Experten schwer, verbindliche Aussagen über den Lebensweg eines Produktes zu treffen. Für den Verbraucher erscheinen die Produktionszusammenhänge erst recht verwirrend und viel zu komplex, um zielgerichtete Entscheidungen im Sinne eines nachhaltigen Konsums zu treffen.
An diesem Punkt setzt das Konzept der „Stoffgeschichten“ an. Stoffgeschichten sind ein traditionsreiches Instrument chemiehistorischer Forschung, das am Wissenschaftszentrum Umwelt weiterentwickelt und mit zahlreichen Fallstudien konkretisiert wurde. Waren die traditionellen Stoffgeschichten vor allem Laborgeschichten, welche die verschiedenen Deutungen bestimmter Substanzen sowie die Geschichte der Herstellungsverfahren thematisierten, so untersuchen unsere globalen Stoffgeschichten die Wege der Stoffe jenseits der Labore und der Werktore. Damit rücken politische Aspekte deutlich stärker in den Fokus. Unsere Stoffgeschichten befassen sich mithin bevorzugt mit politisch relevanten Stoffen. Auch international lässt sich beobachten, dass Konfliktstoffe wie DDT, Cocain, Napalm oder Quecksilber vermehrt Gegenstand disziplinübergreifender Forschungsprojekte werden. In Ausstellungen (Staub 2005, CO2 2007, Stickstoff 2012) einer Buchreihe (Stoffgeschichten, oekom Verlag, München seit 2004) und der universitären Lehre haben wir unser Konzept erprobt sowie hochschul- und schulpädagogisch umgesetzt.
Das Konzept erzählt den Weg einzelner Stoffe und Materialien in der globalisierten Wirtschaft, die politischen Konflikte rund um diese Stoffe und ihre geplanten und ungeplanten Wege. Stoffgeschichten zeichnen dazu die großen Entwicklungslinien des Werdegangs von Stoffen nach und ermitteln die weltweiten Netzwerke menschlicher Interaktion, in die Stoffe eingebettet sind. In Form von Erzählungen sollen sie Anregungen für einen ökologisch nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen liefern. Darüber hinaus vertiefen sie die Kenntnisse über unsere materielle Kultur und sensibilisieren für ökologische, politische und soziale Fragen. Das macht sie zu einem wertvollen Instrument der politischen Bildung und der Bildung für Nachhaltigkeit.
Projektteam: Prof.Dr. Armin Reller, PD Dr. Jens Soentgen
Projektdauer: fortlaufend seit 2003
Periodensystem des Alltags
Unter diesem Titel veröffentlichen wir in Zusammenarbeit mit dem Medienlabor der Universität Augburg Videos, die einfache Experimente mit Alltagsstoffen zeigen. Erzählt werden spannende Stoffgeschichten und gezeigt werden verblüffende Effekte!
Nähere Informationen zu den Folgen 1-9 erhalten Sie hier.
Buchreihe Stoffgeschichten
Eine Übersicht über die bisher erschienen Bänder der Buchreihe Stoffgeschichten erhalten Sie hier.
Ausstellungen
Nähere Informationen zu unseren Ausstellungen erhalten Sie hier.
Phosphor - Licht und Leben, Feuer und Tod
Das Projekt wird gefördert aus dem Netzwerkfonds des Wissenschaftszentrum Umwelt.
Informationen zum Projekt finden Sie bei unseren aktuellen Projekten.
Ausgewählte Literatur
Dießenbacher, J.; Reller, A. (2014): Reichen die Ressourcen für unseren Lebensstil? Wie Ressourcenstrategie vom Stoffverbrauch zum Stoffgebrauch führt. In: Von Hauff, Michael (Hrsg.): Nachhaltige Entwicklung. Aus der Perspektive verschiedener Disziplinen. Nomos Verlag, 2014.
Reller, A.; Marschall, L.; Meißner, S.; Schmidt, C. (Hrsg.):
Ressourcenstrategien. Eine Einführung in den nachhaltigen Umgang mit Rohstoffen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt, 2013.
Reller, A., Holdinghausen, H.: Der geschenkte Planet. Nach dem Öl beginnt die Zukunft. Frankfurt am Main: Westend 2014.
Schmidt, C.; Marschall, L. & Reller, A. (2014): Mit Stoffgeschichten Kreisläufen und Zusammenhängen auf der Spur. In: Praxis Geographie (4). Braunschweig: Westermann, S. 24-28.
Schmidt, C. (2014): Entscheidungen im Alltag. Stoffgeschichten und Kritikalitätsbewertungen. In: Müller, Markus M.; Hemmer, Ingrid & Trappe, Martin (Hrsg.): Nachhaltigkeit neu denken. Rio+X: Impulse für Bildung und Wissenschaft. München: oekom. S. 167-172.
Soentgen, J.: 100 Jahre industrielle Ammoniaksynthese: Vom ‚Weizenproblem‘ zur ‚neuen Stickstofffrage‘. In: Chemie in unserer Zeit, Article first published online: 6 DEC 2013, DOI: 10.1002/ciuz.201380004; Bd. 48, Heft 1, 2014, S. 72-75.
Soentgen, J.: Hot air: The science and politics of CO2. In: Global Environment, Bd. 7, März 2014, S. 134-171.
Soentgen, J.: Heroin: Taming the drug and loosing control. Erscheint in: Bernadette Bensaude-Vincent, Alfred Nordmann, Sacha Loeve und Astrid Schwarz: Attractive Objects: The furniture of the Technoscientific World. Pittsburgh University Press, Pittsburgh 2015.
Soentgen, J.: Gummi und Blut. In: Hans Peter Hahn und Philipp Stockhammer: Lost in Things – Fragen an die Welt des Materiellen, ihre Funktionen und Bedeutungen. In: Tübinger Archäologischen Taschenbücher, Waxmann Verlag, Münster 2015.
Soentgen, J.: Atome und Bücher. Primo Levis Erzählung ‚Kohlenstoff‘ und Hermann Römpps „Lebensgeschichte eines Kohlenstoffatoms“. In: Arbeitsblätter für die Sachbuchforschung, Nr. 21 (2014).
Soentgen, J.: Volk ohne Stoff. Vom Mythos der Ressourcenknappheit. In: Merkur, Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Heft 2, 2014, S. 182-186.
Soentgen, J.: Der Geist im Brunnen. Erscheint in: Erika Fischer-Lichte, Daniela Hahn (Hg.): "Ökologie und die Künste", Wilhelm Fink Verlag 2014, S. 193-213.
Soentgen, J.: Dissipation. In: Kijan Espahangizi und Barbara Orland: Stoffe in Bewegung. Zürich: Diaphanes 2014, S. 279-287.
Vogel, K. (im Druck) Ein Stoff macht Zukunft: Zum sozialen Leben von Lithium am Salar de Uyuni, Bolivien, in: Exner, A./Held, M./Kümmerer, K (Hg.) Kritische Rohstoffe in der Großen Transformation.
Zepf V., Reller A., Rennie C., Ashfield M., Simmons J. (2014): Materials critical to the energy industry. An introduction. 2nd edition, London, 90 p.