Katharina Neidlinger
Es braucht eine Leidenschaft für Menschen und den Willen, etwas Gutes zu bewirken.

Katharina Neidlinger
Leiterin Montessori-Schule Augsburg

Wichtige Karriereschritte

seit 2017         Leitung der Montessori-Schule Augsburg

2013 - 2017    Lehrkraft an der Montessori-Schule Augsburg

2011 - 2013    Referendariat für Lehramt Realschule

2005 - 2011    Studium Lehramt an der Universität Augsburg

Interview vom 12.06.2024

Liebe Frau Neidlinger, Sie sind Schulleiterin der Montessori-Schule Augsburg. Würden Sie bitte kurz beschreiben, wie Ihr Arbeitsalltag aussieht und welche Aufgaben dazu gehören? Was macht Ihnen dabei am meisten Spaß und was kostet Sie immer wieder Überwindung?

 

Mein Alltag ist sehr abwechslungsreich. Zu meinen alltäglichen Aufgaben gehört natürlich immer noch der Unterricht in den Klassen, das Management des Schulalltags für alle Beteiligten und darüber hinaus dann konzeptionelle pädagogische Themen und Organisatorisches. Am meisten Spaß macht es mir, dass mein Beruf so flexibel ist. Ich habe sehr vielen und sehr schönen Kontakt zu Schülerinnen und Schülern, zum pädagogischen Team und zu Eltern. Die größte Überwindung kostet es mich, sachliche Konflikte anzugehen. Wenn zum Beispiel die Sicht von Eltern nicht mit der Sicht unserer Schule übereinstimmt oder wenn es Entwicklungsbedarf beim pädagogischen Personal gibt.

 

 

Bei der Schule, an der Sie arbeiten, handelt es sich um eine Privatschule. Wie sind in diesen Bereich gekommen, was begeistert Sie daran und woher kommt Ihre Motivation? Was unterscheidet die Tätigkeit als Lehrerin an einer solchen von einer staatlichen Schule?

 

Ich habe während des Referendariat gemerkt, dass die Regelschule für mich nicht der richtige Ort ist. Mir fehlte der enge Kontakt und persönliche Austausch mit den Schülerinnen und Schülern. Ich wollte mehr begleiten als beurteilen. Außerdem empfand ich das Beamtentum als große Krücke der Schulentwicklung. Ich beobachtete eine große Resignation in den Kollegien, in denen ich arbeitete. All diese Dinge sind an unserer Schule grundlegend anders. Der Kontakt und die Beziehung zu unseren Schülerinnen und Schülern ist sehr eng und sehr persönlich. Viele unserer Ehemaligen kommen bei jeder Gelegenheit zurück an ihre alte Schule, um uns zu sehen und sich mit uns auszutauschen. Außerdem arbeiten an unserer Schule nur Personen, die ausdrücklich bei uns arbeiten wollen und Lust auf ihren Beruf haben und das auch noch in hohem Alter. Das sorgt für eine sehr gute Arbeitsatmosphäre und ein tolles Miteinander aller Beteiligten.

 

Was sind die aus Ihrer Sicht wichtigsten Kompetenzen/Softskills, die in Ihrem Beruf gefragt sind bzw. die eine gute Lehrerin bzw. einen guten Lehrer ausmachen?

 

Wichtige Soft Skills in unserem Beruf sind, dass man immer offen bleibt für Neues und bereit ist, flexibel auf Situationen zu reagieren. Das allerwichtigste ist, dass man Lust hat, sich auf Menschen einzulassen. Dass man Spaß daran hat, Kinder und Jugendliche bei ihrer Entwicklung zu begleiten und dabei immer von der guten Absicht einer Person ausgeht. Außerdem sollte man über ein gewisses Organisationstalent verfügen und Spaß daran haben, Menschengruppen zu leiten.

 

 

Welche Schwerpunkte hatten Sie im Studium gesetzt? Wie hat Sie das Studium auf Ihre jetzige Tätigkeit vorbereitet? Welche Fähigkeiten haben Sie sich zusätzlich aneignen müssen?

 

Mein Studium hat mich gar nicht auf einen Job an einer Montessori-Schule vorbereitet. Er hat mich aber auch nur wenig auf den Beruf der Lehrerin vorbereitet. Die Studieninhalte beim Lehramt für Realschule sind leider sehr wenig auf Didaktik oder pädagogisches Wissen bezogen. Es geht hauptsächlich um inhaltliches Wissen, das aber auch viel tiefer geht als das Wissen, das man später Schülerinnen und Schülern vermitteln soll. In Germanistik zum Beispiel musste ich mich mit Althochdeutsch und Mittelhochdeutsch befassen, habe aber nicht gelernt, wie ich eine Inhaltsangabe oder eine Erörterung sinnvoll beibringe oder wie ich grammatikalisches Wissen sinnvoll didaktisch reduziere und für Kinder anpasse.

 

Worin liegen die aus Ihrer Sicht größten Herausforderungen im deutschen/bayrischen Bildungssystem?

 

Beim deutschen Bildungssystem empfinde ich das größte Problem darin, dass die definierten Inhalte und Fächer aus einer längst vergangenen Zeit stammen und nicht mehr den Kompetenzen entsprechen, die junge Menschen heute brauchen. Das preußische Bildungssystem wollte gute Soldaten hervorbringen. Es ging vor allem um Disziplin und Gehorsam und geordnete Reproduktion. Heute brauchen wir Menschen, die gelernt haben, selbstständig zu denken, kreativ und flexibel zu sein und im Team zu arbeiten. Das lernt man nicht, indem man stupide Inhalte auswendig lernt und sie zu einem vorgegebenen Zeitpunkt wiedergibt. Das bayerische Bildungssystem leidet vor allem an dem Unwillen der Politik, die Dreigliedrigkeit aufzuheben und so Erfolgschancen für alle zu schaffen. Kinder bereits nach der vierten Klasse zu selektieren, ist eindeutig zu früh. Noch immer sind die schulischen Erfolgsaussichten stark davon abhängig, aus welcher Bildungsschicht das Elternhaus stammt.

 

Welche Tipps oder Gedanken möchten Sie gegenwärtigen Lehramts-Studierenden für den erfolgreichen Berufseinstieg mitgeben?

 

Zuallererst ist es wichtig, aus den richtigen Gründen Lehrerin oder Lehrer zu werden. Die Verbeamtung, die Ferien oder das gute Gehalt sollten dabei keine Rolle spielen. Schließlich muss man für den Rest seines Berufslebens täglich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Es braucht eine Leidenschaft für Menschen und den Willen, etwas Gutes zu bewirken. Für den Berufseinstieg wünsche ich allen gute Nerven.

 

 

Was tun Sie für eine gute Work-Life-Balance?

 

Ich nehme mich und meinen Beruf nicht zu ernst und verbringe so viel Zeit wie möglich mit Familie und Freunden. Ein paar Hobbys und möglichst viele schöne Momente sollten nie zu kurz kommen.

 

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