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Foto: privat | Miriam Kunz © Universität Augsburg

Interview mit Prof. Dr. phil. Miriam Kunz

War Psychologie eigentlich Ihr erster Berufswunsch nach dem Abitur?
 

MK: Nein, eigentlich nicht. Ich wollte Musicaldarstellerin werden und habe tatsächlich eine Ausbildung an einer Musical School in Philadelphia (USA) angefangen. Dann habe ich mich aber doch für ein Studium entschlossen. Ich schwankte zwischen Psychologie und Medizin. Mein Wunsch war es zunächst, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin zu werden. Daher habe ich mich dann für Psychologie entschieden und bin zurück nach Deutschland (FU Berlin) gegangen.

 

Wie sind Sie zur Forschung gekommen?
 

MK: Während der Arbeit an meiner Diplomarbeit habe ich meine Leidenschaft für die Forschung entdeckt. Als ich dann promovierte, kam noch hinzu, dass ich in meinem Doktorvater Stefan Lautenbacher in Bamberg einen tollen Mentor hatte, der mich als gleichwertige Gesprächspartnerin motiviert und meine eigenen Ideen sehr gefördert hat.

 

Wann haben Sie vom Thema Jugend auf die Beschäftigung mit dem Alter gewechselt?
 

MK: Ich habe schon als studentische Hilfskraft mit Senioren zu tun gehabt und arbeitete in der neuropsychologischen Demenzdiagnostik. Der Kontakt war sehr anrührend, herzlich. Die Dankbarkeit in den Interaktionen hat mich sehr bewegt.

 

Schmerz bei Demenz war also sehr schnell Ihr Schwerpunkt in der Forschung.
 

MK: Ja, das ist ein sehr spannendes Thema. Wir wissen noch so wenig darüber. Ältere Menschen, die an Demenz leiden, verlieren zunehmend an Sprachfähigkeit z.T. bis zum kompletten Sprachverlust. Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass Menschen, die nicht mehr über Schmerz reden, das tun, weil sie keine Schmerzen haben. Es ist eine der wichtigen Erkenntnisse aus meiner Forschung, dass dem nicht so ist. Der Schmerz ist da, aber die Kommunikation darüber ist verloren gegangen. Man muss sich auf alternative Wege zur Sprache einlassen, z.B. auf die Mimik.

Was hat Sie in der Forschung – abgesehen vom Thema – beflügelt oder motiviert?

MK: Eine der schönsten Erfahrungen in der Forschung ist für mich die Begegnung mit Wissenschaftler*innen in anderen Ländern bzw. an anderen Orten. Für mich waren meine Stationen – Marburg – Montreal – Bamberg – München – Gronigen/NL – Augsburg – sehr bereichernd. Es ist ein tolles Gefühl, Menschen in unterschiedlichen Ländern und an anderen Orten zu begegnen, die dieselbe Forschungsbegeisterung mit einem teilen.

 

Sie sind nun in Augsburg. Was hat Sie beeinflusst, sich nach Augsburg zu bewerben?
 

MK: Der Aufbau einer ganzen Fakultät ist ein sehr aufregendes Unterfangen. Auch die Möglichkeit, in die Lehre prägend einzusteigen. In Augsburg wird eine holistische Sichtweise auf Gesundheit / Krankheit zum Profil des Medizinstudiums gemacht. In den ersten zwei Wochen wird mit den Studierenden an einem bio-psycho-sozialen Modell gearbeitet, das über das ganze Studium tragenden Einfluss haben soll. Das ist einzigartig in Deutschland, die Medizin von Anfang an sofort von drei Seiten aus zu betrachten. Ich bin sehr glücklich, dass ich für dieses Modell mit meinen Mitarbeiter*innen an der Universität Augsburg zuständig bin.

 

Auf was für Projekte freuen Sie sich in der Zukunft?
 

MK: Da gibt es natürlich vieles. Besonders freue ich mich auf die interdisziplinäre Arbeit, dem Zusammenspiel von Projekten der Psychologie, Medizin und Informatik. Mit Prof. Elisabeth André bin ich schon in lebendigem Austausch. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse der beiderseitigen Anregungen!

 

 

Pressemeldung vom 10.2.21: Gesundheitsförderung im Studium

Vita Miriam Kunz

  • Studium der Psychologie (Diplom) an der Freien Universität (FU) Berlin (1997 -2002).
  • Promotion (2006) und Habilitation (2012) in der Psychologie an der Otto-Friedrich Universität Bamberg.
  • Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Universitätsklinikum Marburg, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (2002-2005),
  • Universität Bamberg, Physiologische Psychologie (2006 & 2009-2012 & 2014-2015) und Université de Montreal (Kanada, 2007-2009).
  • Lehrstuhlvertretung an der LMU München, Biologische Psychologie (2012-2013) und Tenure Track Professor am Universitätsklinikum Groningen (Niederlande), General Practice and Elderly Care Medicine (2015-2018).
  • Seit dem 1.1.2019 Universitätsprofessor in (W3) für Medizinische Psychologie und Soziologie an der Universität Augsburg.

Forschungsschwerpunkte

  • Experimentelle Schmerzverarbeitung
  • Schmerzerfassung bei Menschen mit Demenz
  • Biopsychosozialen Grundlagen der mimischen Kommunikation
  • Automatische Erkennung von Schmerz und Emotionen

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