Unsere Kollegiatinnen und Kollegiaten werden gemeinsamen mit den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Projekte gemeinsam entwickeln. Die Projekte werden zum einen so gestaltet, dass eine kontinuierliche kompetenzbasierte wissenschaftliche Ausbildung gewährleistet wird und zum anderen individuelle wissenschaftliche Schwerpunkte gesetzt werden können. Die Projekte werden eng von den Prinicipal Investigators betreut und den Kollegiatinnen und Kollegiaten steht ein Mentoringprogramm zur Verfügung.

 

Das Kolleg wird dabei die Schwerpunkte auf zerebrovaskuläre Erkrankungen, entzündliche Erkrankungen des Nervensystems, affektive und stressassoziierte Erkrankungen und chronischen Schmerz legen. Als moderierende Erkrankungen werden Adipositas und Lipidstoffwechselstörungen mit einbezogen. Diese Erkrankungen mit hoher gesellschaftlicher Relevanz, mit einer klinischen Interaktion untereinander stehen in einem deutlichen Zusammenhang zur Umwelt und es besteht methodisch-strukturelle Expertise zur Analyse, Behandlung und Erforschung dieser Krankheiten am Standort Augsburg. 

Schwerpunkt atmosphärische Multiexposition und Translation

In diesem Schwerpunkt soll der Zusammenhang zwischen atmosphärischen Multiexpositionen und Erkrankungen des Nervensystems untersucht werden. Bisher gibt es keine Kenntnisse zu diesen kombinierten Umwelteinflüssen, weder in Bezug auf die Exposition noch auf die pathophysiologischen Wirkmechanismen im Rahmen der assoziierten Erkrankungen des Nervensystems und der notwendigen präventiven Ansätze. Die exakten pathophysiologischen Mechanismen im Zusammenhang mit Umwelteinflüssen wie Luftverschmutzung auf zerebrovaskuläre Erkrankungen, insbesondere Schlaganfälle, sind kaum verstanden. Des Weiteren existieren erhebliche Forschungslücken in Bezug auf die gemeinsame Wirkungsweise von Luftverschmutzung (z.B. Feinstaub, bodennahes Ozon), sogenannten komplexen Aerosolen und thermischer Belastung. Gerade vor dem Hintergrund des starken Anstiegs der Hitzeexposition unter dem Klimawandel gewinnt diese Thematik hohe Relevanz. Grundlagenwissenschaftliche Projekte sollen deshalb direkte und indirekte Effekte von Feinstaub sowie von kombinierten Luftschadstoff-Temperatur-Einflüssen auf die neurovaskuläre Einheit und die Blut- Hirn-Schranke in vitro und in vivo untersuchen. Ergebnisse dieser Projekte legen den Grundstein für die Verifizierung molekularer Signaturen umweltbedingter Stressoren auf zerebrovaskuläre Veränderungen beim menschlichen Schlaganfall. Geplant ist weiterhin eine Untersuchung von Umwelteffekten (minimal auf PLZ-Ebene, Ausweitung auf einen hochaufgelösten Rasterzellen-Ansatz geplant) auf definierte Mortalitäts- und Morbiditätsendpunkte basierend auf Krankheitsdaten aus unterschiedlichen im Kolleg verfügbaren Quellen.

Schwerpunkt translationale Schmerzmedizin

In diesem Schwerpunkt wird der Einfluss von Umweltfaktoren wie Temperatur, Licht und Lärm, aber auch sozialen Faktoren auf Schmerzsensitivität translational untersucht. So sollen zum einen experimentelle Protokolle entwickelt werden, mit denen die akuten und chronischen Einflüsse dieser Faktoren im Tierexperiment auf akuten und/oder pathologischen Schmerz untersucht und die Mechanismen möglicher Effekte mittels detaillierter physiologischer, histologischer und biochemischer Analysen ermittelt werden. Analog soll durch experimentelle Schmerztestung von gesunden Personen die Effekte von Umweltfaktoren auf die Schmerzwahrnehmung untersucht werden. Aufbauend auf den hier erzielten Ergebnissen soll in Zusammenarbeit mit der Schmerztagesklinik der mögliche Einfluss von Umweltfaktoren unter Würdigung psychischer Komorbiditäten bei chronischen Schmerzpatientinnen und -patienten erfasst werden. Basierend auf diesen Befunden werden Konzepte für die umweltassoziierte Behandlung und Prävention von Schmerz entwickelt und eine Schnittstelle zum Deutschen Zentrum für Psychische Gesundheit etabliert. Hier wird der Umweltfaktor Traumatisierung als auslösen.

Schwerpunkt Translationale Inflammation

Entzündungsreaktionen spielen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung und Progression umweltassoziierter Erkrankungen des Nervensystems. In diesem Schwerpunkt werden die Effekte immunmodulatorischer Umweltfaktoren auf die Funktion des Nervensystems untersucht, darunter Effekte auf die Integrität der Blut-Hirn-Schranke, die Seneszenz neuronaler Zellen, das lokale Zytokinprofil und die Aktivierung von Gliazellen. Im Fokus stehen dabei auch Einflüsse der Adipositas, die über das Auslösen einer niedriggradigen, chronischen Entzündung eine Reihe neurologischer oder psychiatrischer Erkrankungen verstärken und beeinflussen kann. Umgekehrt kann die Behandlung mit bestimmten Psychopharmaka die Steuerung der Nahrungsaufnahme stören und zur Entstehung der Adipositas beitragen. Anhand präklinischer und klinischtranslationaler Ansätze werden die zugrundeliegenden Mechanismen untersucht. Basierend auf mechanistischen Zell- oder Tiermodellen werden biochemische und molekularbiologische Analysen von Blut- und Liquorproben von Patientinnen und Patienten mit neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen durchgeführt. Die Evaluation von Patientenkollektiven wird um die optische Kohärenztomographie ergänzt. So kann die Netzhaut als Surrogat für das ZNS longitudinal und nicht-invasiv untersucht werden.

Schwerpunkt transdiagnostische und interdisziplinäre Kohorten

In diesem Schwerpunkt wird das BMG-geförderte Herzinfarktregister und andere verfügbare Register und Studien (z.B. digiBRAVE) gemeinsam und prospektiv mit dem Ziel erweitert, Umweltfaktoren für die Entstehung von Stress-assoziierten Erkrankungen nach einem akuten somatischen Ereignis zu identifizieren. Vorhandene Kohortenstudien wie MSVerA oder SCHANA/SCHANA-2 werden im Kolleg weiterentwickelt. Kollegiatinnen und Kollegiaten haben so die Möglichkeit, in bereits verfügbaren großen und multi-skalierten Kohorten Projekte im Bereich Umwelt x Nervensystem durchzuführen. Im Rahmen des EU-Projekts TRIGGER untersuchen longitudinale und Querschnittsstudien den Einfluss klimatischer Veränderungen auf die Gesundheit. Aufbauend auf diesen Studien werden weitere Analysen mit einem spezifischen Fokus auf Erkrankungen des Nervensystems durchgeführt. Konkret wird ein Core-Data-und-Feature-Set für die multidimensionale Evaluation von Umwelt erstellt und auf alle verfügbaren Kohorten angewendet, um einen Ansatz über verschiedene Entitäten hinweg zu realisieren. Weiterhin soll auch die klinische Relevanz der Ergebnisse aus den zuvor genannten Grundlagenschwerpunkten in prospektiven Patientenkohorten überprüft und die Relevanz der gefundenen Beobachtungen auf das Gesamtgesundheitssystem über computergestützte Modellierungen abgeschätzt werden.

Schwerpunkt umweltassoziierte Versorgungsforschung

In einem translationalen Ansatz werden Konzepte des Kollegs in den laufenden Betrieb in Kliniken und Arztpraxen integriert, um den Behandlerinnen und Behandlern möglicherweise unerkannte umweltbezogene Risikofaktoren aufzuzeigen und zielgerichtete Therapie-/Präventionsvorschläge (Risikostratifizierung) zu machen. Im Rahmen der Integration umweltbezogener Aspekte in den Betrieb von Kliniken und Arztpraxen wird eine holistische Betrachtungsweise verfolgt, in der verschiedene physische Expositionen (z. B. Luftschadstoffe, Hitze), individuelle (z. B. Alter, Geschlecht) und soziale (z.B. Familienstand, Migration) Modifikatoren als ein System zu verstehen sind. Dies erfordert zusätzlich eine Analyse der bestehenden Versorgungsstrukturen und den dazugehörenden Stakeholdern (z.B. GKV) auf der Mikro-, Meso- und Makroebene. Die umfassende Betrachtung von Expositionen, Modifikatoren und Wirkungen auf Nervenerkrankungen ermöglicht die Entwicklung von individuellen Risikoprofilen (Mikroebene). Auf der individuellen Patientenebene werden Interventionen zur effektiven Prävention entwickelt und evaluiert. Auf der Mesoebene bedarf es einer Prozessevaluation der Implementierung von solchen Maßnahmen in die Regelversorgung auf der Primärversorgungsebene. Hier haben die Kollegiatinnen und Kollegiaten die Möglichkeit, Ansätze über das Bayerische Forschungsnetz Allgemeinmedizin (BayFoNet) in der Fläche zu erproben.  

 

 

Suche