2025 #Frieden bewahren: 30 Jahre Abkommen Dayton
Augsburger Gespräche zu Literatur, Theater und Engagement 2025 #Frieden bewahren - 30 Jahre Abkommen Dayton
#Frieden bewahren
Das Ende des Bosnienkriegs und die Folgen im ehemaligen Jugoslawien und in Deutschland
Der Zerfall des Vielvölkerstaats Jugoslawien und die sich anschließenden kriegerischen Auseinandersetzungen im Südosten Europas haben die 1990er Jahre stark geprägt. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik nahm die Bundeswehr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder aktiv an einem Krieg teil. Welche Auswirkungen hatte dies auf das gesellschaftspolitische Selbstverständnis des Landes, wie ging und geht man im Zuge dessen mit Fragen der Schuld und Verantwortung um und spiegeln sich diese Fragen in den jeweiligen Künsten wider?
30 Jahre nach dem Abkommen von Dayton, der Partnerstadt Augsburgs, sind diese Fragen aktueller denn je. Die schrecklichen kriegerischen Auseinandersetzungen und die damit verbundenen schwersten Menschenrechtsverletzungen scheinen fast in Vergessenheit geraten zu sein. Gerade vor dem Hintergrund aktueller anderer kriegerischer Auseinandersetzungen, muss daher umso mehr gefragt werden, wie kann Frieden nachhaltig gelingen und wie kann produktiv mit einer ethnischen und religiösen Vielfalt umgegangen werden? Welche Rolle spielen dabei die individuellen und kollektiven Erinnerungskulturen und deren Narrative, welche Rolle spielen dabei aber auch die Künste und die Literaturen?
Welche kulturellen Einflüsse haben Deutschland seit dem Ende des Bosnienkrieges also geprägt, welche Möglichkeiten und Formen des Austauschs wurden gefunden, um mit den Menschen aus so unterschiedlichen Ländern in Verbindung zu treten? Wie sieht vor diesem Hintergrund eine gelungene Integration aus und wo finden sich aber auch Assimilationsprozesse, die die jeweils eigenen Kulturen in den Hintergrund drängen?
Welche Folgen haben Flucht und Vertreibung und wie prägen diese die deutsche Gesellschaft seit der Mitte der 1990er Jahre? Und schließlich, welche Idee von Europa wurde seitdem entwickelt, denn während Slowenien und Kroatien den Weg in die Europäische Union gefunden haben, nehmen die Spannungen zwischen Serbien und dem Kosovo wieder zu und auch in Bosnien und Herzegowina steht der gesellschaftliche Frieden erneut auf dem Spiel. Welches Verständnis von gesellschaftlicher Identität prägt sich dadurch aus, wie wird das eigene und das fremde Land wahrgenommen und wo sind die Orte, an denen diese Dinge ausgetragen werden? Damit zusammen hängt auch die Frage der Übersetzung, welche kulturellen Zeugnisse werden überhaupt in welche Sprachen übersetzt und inwiefern prägen diese Entscheidungen auch die Idee von Europa mit?
Diese und andere Fragen stehen im Mittepunkt der achten Augsburger Gespräche zu Literatur, Theater und Engagement zu der insgesamt zehn Schriftsteller*innen, Theaterleute, Musiker*innen und Künstler*innen eingeladen werden, um sich gemeinsam mit einer Gruppe von Studierenden in geschlossener und offener Runde auszutauschen. Diskutiert wird u.a., inwiefern die jeweiligen nationalen, historischen und kulturellen Hintergründe die eigene künstlerische Position mitgeprägt haben, inwiefern Erfahrungen der Migration, der Fremd- und Andersheit zur Veränderung der eigenen künstlerischen Sichtweise geführt haben und schließlich ob und in welcher Weise die Idee eines Vielvölkerstaates ihren Niederschlag im künstlerischen Schaffensprozess findet.
Am Mittwoch, den 16. Juli 2025 ist auch wieder ein öffentliches Format, die "Lange Nacht der Augsburger Gespräche" im Sensemble Theater Augsburg geplant.
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Mit Schreibenden im Textlabor -
graphic recording der Augsburger Gespräche
zu Literatur, Theater und Engagement
durch Michael Jordan
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Der Zeichner und Druckgrafiker Michael Jordan begleitet die seit 2018 stattfindenden Augsburger Gespräche zu Literatur, Theater und Engagement seit nunmehr drei Jahren in Form von graphic recording. Als teilnehmender Beobachter skizziert er vor Ort die Beteiligten und die Szenerie und gibt dadurch nicht nur in die öffentliche Lange Kunstnacht der Augsburger Gespräche besondere Einblicke, sondern vor allem auch in die internen Diskussionen, die wesentlicher Bestandteil des Formats sind. Drei Tage begleitet er die anwesenden Künstler*innen sowie die Studierenden des Studiengangs Ethik der Textkulturen, die hinter geschlossenen Türen über den Zusammenhang von politischer Teilhabe und ästhetischer Form sprechen. Jordan sitzt als anwesend abwesender Beobachter nicht nur gemeinsam mit den anderen am Tisch, sondern bewegt sich auch im Raum, um so möglichst viele unterschiedliche Perspektiven einfangen zu können. Sowohl die Physiognomien finden dabei den Weg aufs Zeichenpapier als auch einige Äußerungen, die während der Gespräche fallen. Zeitverschiebungen zwischen der Schnelligkeit des Gesagten und der Langsamkeit des Zeichnens sind dabei Teil des recordings, denen in der Nachbearbeitung Rechnung getragen wird etwa durch das Implementieren von Leerstellen und Auslassungen.
In der Ausstellung sind sowohl die nachbearbeiteten und colorierten Zeichnungen von 2023 und 2024 als auch die digitalen Zwischenstufen, die intermedial zugänglich gemacht werden, zu sehen. Außerdem werden die recordings von 2025 in einem performativen Akt am 17. Juli 2025 zum Ende der Augsburger Gespräche ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, um so auch einen Einblick in die unterschiedlichen Phasen des Zeichnens, Erinnerns und Bearbeitens zu erhalten.
Die Ausstellung wird am 15. Mai 2025 mit einem Künstlergespräch eröffnet. Zuvor besteht die Möglichkeit, sich im Foyer des Textil- und Industriemuseums die Zeichnungen anzuschauen.
Michael Jordan, geboren 1972 in Erlangen, lebt dort als Zeichner, Druckgrafiker und Kurator. Er studierte Medienillustration in Hamburg, anschließend Druckgrafik an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Seit 2003 ist er Mitglied der Künstler*innen¬gruppe Tonto aus Graz. 2008 bis 2010 lehrte er Illustration an der HfG Offenbach und 2013 bis 2014 sowie 2020 Zeichnung und Druckgrafik am Middlebury College in Vermont, USA. 2017 war er Styria-Artist-in-Residence in Graz. 2022 wurde er mit dem Kulturpreis der Stadt Erlangen ausgezeichnet. Sein Comic „Warum wir müde sind“ (avant-verlag, 2020) erschien 2023 auf Französisch bei Editions Frémok.
www.ansichten-des-jordan.de