Aktuelle Forschungsprojekte

Hellenistic Kings and Pragmatic Regionalism: Self-Representation, Political Practice and Perception

Projektbeschreibung

Das DFG-Forschungsprojekt geht von der Arbeitshypothese aus, dass die hellenistischen Monarchien zwar in bestimmten Kontexten universelle Ansprüche formulierten bzw. ihnen solche von anderen zugeschrieben wurden, diese aber nicht unmittelbar ihr politisches Handeln bestimmten. Vielmehr dominierte ein pragmatischer Umgang mit den politischen Realitäten, der nicht im Widerspruch zur offensiven Nutzung von Möglichkeiten zur Erweiterung der eigenen Machtbasis stand. Unter Universalismus wird in diesem Zusammenhang die politische Einheit zumindest der als zivilisiert geltenden Welt verstanden. Diese Idee geht auf die spätbronzezeitlichen Großreiche des Vorderen Orients zurück und wird in der Forschung häufig zum Verständnis vormoderner Imperien herangezogen. Der Universalherrscher wurde als Mittler zwischen der göttlichen Ordnung und der realen Welt verstanden, dessen Aufgabe es war, im Inneren für Frieden, Wohlstand und Ordnung zu sorgen. In diesem Sinne war er gezwungen, eine Expansionspolitik zu betreiben und die Grenzen des Reiches als die Grenzen der Welt zu definieren. Diese Tendenz stellt eine Reaktion auf ältere Forschungsansätze dar, die die hellenistischen Reiche aus der Perspektive moderner Staatlichkeit konzeptualisierten und sie daher in Analogie zu den europäischen Mächten des 18. und 19. Jahrhunderts im Wesentlichen als konkurrierende, staatsrechtlich verfasste Territorialstaaten wahrnahmen, die sich als Teil eines auf prinzipieller gegenseitiger Anerkennung beruhenden und diplomatisch geregelten Mächtesystems verstanden. So berechtigt diese Reaktion ist, so wenig darf übersehen werden, dass es sich dabei um eine extreme Gegenposition handelt, die ihrerseits mit einer Reihe von Problemen behaftet ist und der weiteren Differenzierung bedarf. So wird es eine Aufgabe sein, sich von den scheinbar abstrakten Modellen von Staatlichkeit und Universalismus zu lösen und nach der konkreten Realisierung königlicher Herrschaft zu fragen, die sich - so die Arbeitshypothese - sehr viel stärker an den jeweiligen lokalen und regionalen Kontexten orientierte. Der Begriff "pragmatischer Regionalismus" wird hier verwendet, um die Orientierung königlicher Herrschaft und Selbstdarstellung an diesen lokalen Spezifika zu verdeutlichen: Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass königliche Herrschaft zwar stets nach Wegen suchte, die eigene Macht zu erweitern, und in bestimmten Kommunikationszusammenhängen (und nur in diesen) Vorstellungen von Weltherrschaft formulierte, dass aber die Realität einer multipolaren Staatenwelt sowohl von den Königen selbst akzeptiert und operationalisiert als auch von zeitgenössischen Beobachtern als solche beschrieben wurde. Insofern gilt auch hier, was die neuere Forschung als Charakteristikum des hellenistischen Königtums identifiziert hat, nämlich dass es sehr unterschiedliche Ausdrucks- und Handlungsformen hervorbrachte, die jeweils regionalen Erwartungen und Kontexten Rechnung trugen.

Veranstaltungen/Tätigkeiten/Publikationen:

Wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Dr. E. FRAGAKI

Um die (Selbst-)Darstellung der hellenistischen Herrscher mit Universalismus und pragmatischem Regionalismus aus primär archäologischer Perspektive umfassend zu behandeln, wurde das Programm durch die intensive Zusammenarbeit mit der Archäologin Dr. Eleni Fragaki bereichert, die als Mercator Fellow an der Universität Augsburg tätig sein wird.

Workshops

  • Universalistische Und Regionalistische Reiche:  Die Ideologie Der Universalen Herrschaft In Der Darstellung Der Monarchien In Diachroner Perspektive 

Workshop an der Universität Augsburg in der Kooperation mit dem Institut für Europäische Kulturgeschichte (11. bis 12. April 2024). Vorträge: DR. CHARALAMPOS CHRYSAFIS, DR. JULIAN DEGEN, DR. ANDREAS HARTMANN, DR. YANNIS STOURAITIS, PROF. DR. MARTIN KAUFHOLD, PROF. DR. CHRISTOPH KAMPMANN

Die Tagung beleuchtet die komplexe Beziehung zwischen universaler Herrschaft und lokalen/regionalen Kontexten in verschiedenen Epochen. Es soll analysiert werden, wie Monarchien ihre Macht und Autorität durch universalistische Konzepte darstellten, während sie sich gleichzeitig den jeweiligen regionalen Realitäten anpassten.
Anhand von fünf Sektionen, die den Alten Orient, den Hellenismus und Rom, das Mittelalter, Byzanz und die Frühe Neuzeit abdecken, werden Referenten aus verschiedenen Fachgebieten die Thematik anhand einschlägiger Quellenpassagen diskutieren. Dabei werden Fragen nach der Kommunikation und Wahrnehmung
universalistischer Ansprüche sowie deren Verhältnis zur Realität multipolarer Staatenwelt erörtert. Ziel ist es, durch einen epochenübergreifenden Vergleich ein tieferes Verständnis für die Entwicklung und Bedeutung von Universalismus und Regionalismus in der Geschichte der Monarchien zu gewinnen. Eine Publikation der Beiträge ist in „Thersites: Journal for Transcultural Presences & Diachronic Identities from Antiquity to Date“ vorgesehen.

  • World-rulers and/or Territorial kings: Universalism and Regionalism in the Hellenistic Monarchies

 

Workshop an der Universität Augsburg (28-30 November 2024): Teilnehmer:

EPHELINE BERNAER, STEFANO CANEVA, CHARALAMPOS CHRYSAFIS, JULIAN DEGEN, GUNNAR DUMKE, FRANCESCO FERRARA, MARCO FERRARIO, THOMAS FAUCHER, HELENE FRAGAKI, MATTHIAS HAAKE, ANDREAS HARTMANN, PANOS IOSSIF, ACHIM LICHTENBERGER, CHRISTOPH MICHELS, MANOLIS PAGKALOS, FRANÇOIS QUERYEL, ROLF STROOTMAN, LAURENT THOLBECQ, GREGOR WEBER, JAN WELLHAUSEN

Der Workshop beschäftigt sich mit der Selbstdarstellung hellenistischer Monarchen, wobei das Zusammenspiel von Universalismus und Regionalismus im Mittelpunkt steht. Es wird untersucht, wie die Herrscher ihren Anspruch auf Weltherrschaft mit regionalen Erwägungen in Einklang brachten, indem sie königliche Bilder, exotische Objekte und lokale Traditionen als politische Propaganda analysierten. Der Workshop wird sich mit dem Konzept des "pragmatischen Regionalismus" auseinandersetzen und zeigen, wie die Monarchen ihre Politik den lokalen Gegebenheiten anpassten. Die Auswirkungen der universalistischen Ideologie auf die Kunstwerke und der Prozess der Entterritorialisierung, der sich auf die kulturellen Zugehörigkeiten auswirkte, werden ebenfalls diskutiert. Ziel der Veranstaltung ist es, die traditionelle duale Charakterisierung der königlichen Kunst in Frage zu stellen und neue Wege zum Verständnis der vernetzten hellenistischen Welt aufzuzeigen. Zu den zentralen Fragen gehören die Charakteristika des hellenistischen Universalismus, die regionalen Einflüsse auf die königliche Ideologie, die Kompatibilität mit dem multipolaren Staatssystem und die Interpretationen der dynastischen Kunst. Die interdisziplinäre Konferenz wird das Spannungsfeld des hellenistischen Königtums zwischen universellem Anspruch und regionaler Begrenzung neu bewerten.

 

Vorträge:

 

  • Charalampos Chrysafis: „Hellenistisches Königtum zwischen Anspruch auf Weltherrschaft und Verankerung in regionalen/ethnischen Identitäten“. 28. Juni 2024, Augsburg. Treffen der Bayerischen Althistorikerinnen und Althistoriker.
  • Eleni Fragaki: „Automata as a means of royal self-representation in Ptolemaic Alexandria“, Altertumswissenschaftliches Kolloquium Sommersemester 2024, Universität Augsburg.

Hellenistisches Griechenland

Die Dissertation „Πέδαι Ἑλλάδος. Die Garnisonen der Antigoniden in Griechenland und in der Ägäis (301-197)“ (Universität Athen, 2017 eingereicht, in Bearbeitung für Publikation) beinhaltet eine Untersuchung und Analyse des Garnisonennetzwerks, das von den Antigoniden während ihrer Zeit als Herrscher Makedoniens auf dem griechischen Festland und in der Ägäis installiert wurde. Die Garnisonen in den hellenistischen Städten waren ein weit verbreitetes Phänomen mit sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen.

Forschungsschwerpunkte sind die Konsequenzen der Kontakte zwischen einer fremden Garnison in der Stadt und den Bürgern, sowie weiterführende Aspekte wie die Haltung der Beherrschten gegenüber den Besatzern und die Rolle der Garnisonen im Propagandakrieg zwischen den Antigoniden und ihren Gegnern: Dieser Krieg manifestierte sich einerseits in der Antigoniden-feindlichen Überlieferung in der Darstellung der Garnisonen als Werkzeuge der Knechtung, anderseits machte die antigonidische Rhetorik sie umgekehrt zu Schutzvorrichtungen für die lokale Bevölkerung. Andere zentrale Forschungsaspekte umfassen die Hierarchie und die Organisation der Garnisonen, eine UNtersuchung des Alltagslebens der Garnisonen, sowie der wirtschaftlichen Zusammenhänge des Garnisonen-Netzwerks und die mit ihnen verbundenden strategischen Zwecke.

Publikationen:

•       A Note on the history of Hellenistic Megara: The date of the Antigonid garrison in Aegosthena, Tekmeria 14 (2017-2018), 181-202.

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