(Kurzfassung von: Werner Lengger, Auch das Gedächtnis der Universität Augsburg hat schon (s)eine Geschichte. Ein Rückblick auf die Gründungs- und Entwicklungsgeschichte des Universitätsarchivs der Universität Augsburg im bayerischen und deutschen Kontext, in: Mark Häberlein/Stefan Paulus/Gregor Weber (Hg.), Geschichte(n) des Wissens. Festschrift für Wolfgang E. J. Weber zum 65. Geburtstag, Augsburg 2015, S. 797-815)
 

 

Erste Initiativen zur Errichtung eines Universitätsarchivs datieren aus dem Jahr 1980. Der Ordinarius für bayerische Landesgeschichte Prof. Dr. Pankraz Fried schlug im Umfeld der 10-Jahr-Feier 1980 die Einrichtung eines Dokumentationszentrums für Augsburger Universitätsgeschichte vor.

 

In seiner Sitzung vom 23.11.1983 ernannte der Senat der Universität den Ordinarius für Englische Sprachwissenschaft Prof. Dr. Thomas Finkenstaedt zum Beauftragten für die Vorarbeiten zur Errichtung eines Universitätsarchivs. Nach zahlreichen Besuchen in verschiedenen Universitätsarchiven und vielen Gesprächen legte Finkenstaedt im Januar 1985 seinen Bericht vor, in dem er erste Vorschläge für das weitere Vorgehen machte und auch darauf verwies, dass die Universität Augsburg die erste Nachkriegsgründung in Bayern sein könne, die versuche, ein zeitgemäßes Universitätsarchiv aufzubauen. Entgegen anderen möglichen Konstruktionen sprach sich Finkenstaedt entschieden dafür aus, die Leitung einem – möglichst an der Bayerischen Archivschule in München – ausgebildeten Archivar des höheren Dienstes zu übertragen und das Universitätsarchiv als eigene Einrichtung dem Präsidenten direkt zu unterstellen. Da er an der Universität keine geeigneten Räume sah, war für Finkenstaedt die Unterbringung des Universitätsarchivs in dem zukünftigen Gebäude des Staatsarchivs Augsburg am östlichen Rand des Universitätscampus, wo eine Regalkapazität von ca. 1.400 lfm für die universitären Bestände vorzusehen sei, relativ alternativlos.

 

Die auf der Grundlage des Berichts von Finkenstaedt vom Senat am 27. Februar 1985 beschlossene Gründung eines Universitätsarchivs blieb zunächst ohne konkrete Auswirkungen, auch wenn Präsident Prof. Dr. Josef Becker in einem Rundschreiben 1988 darauf hinwies, dass alle Einrichtungen und Betriebseinheiten der Universität – zunächst mit Ausnahme der zentralen Universitätsverwaltung     – die bei ihnen entstehenden Unterlagen grundsätzlich nach zehn Jahren an das Archiv abgeben sollten.

 

Zum 1. Januar 1990 trat das Bayerische Archivgesetz in Kraft. Dieses ermächtigt in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 die staatlichen Hochschulen, „die bei ihnen erwachsenen Unterlagen in einem eigenen Archiv, in einem als Gemeinschaftseinrichtung betriebenen öffentlichen Archiv oder in einem Archiv einer sonstigen öffentlichen Stelle im Sinne dieses Abschnitts [zu] archivieren“. Zwar gibt es nach Art. 14 Abs. 2 die Möglichkeit, dass sich eine Hochschule dieser Pflicht entzieht; dann muss sie ihre Unterlagen dem zuständigen Staatsarchiv anbieten. Die Generaldirektion der Staatlichen Archive machte aber von Anfang an klar, dass sie davon ausgehe, dass die Universitäten als selbstbewusste und traditionsreiche Selbstverwaltungskörperschaften diesem Gesetzesauftrag grundsätzlich in eigenen Archiven nachkommen.

 

Auch wenn sich die in Finkenstaedts Bericht angedachte Verbindung des Universitätsarchivs mit dem Staatsarchiv nicht realisieren ließ, überließ letzteres aufgrund einer ab 1. Januar 1993 in Kraft tretenden Vereinbarung der Universität wegen der grundsätzlichen Bedeutung und des dringenden Staatsinteresses, welche der Errichtung von Universitätsarchiven zukommen, der Universität schließlich Magazinraum mit einer Stellfläche von 100 Regalmetern für einen Zeitraum von längstens fünf Jahren – mit der Bedingung, eine Benützungsordnung für die im Staatsarchiv deponierten Archivalien zu erlassen und nach dem Auslaufen der Vereinbarung die Voraussetzungen für den Betrieb eines eigenen Universitätsarchivs zu schaffen. 

 

Inzwischen hatte Becker nach dem Ende seiner Amtszeit als Präsident und der Pensionierung von Thomas Finkenstaedt zum 1. August 1992 die Aufgabe als neuer Senatsbeauftragter für das Universitätsarchiv übernommen. Eine der ersten Amtshandlungen Beckers war die Ausarbeitung einer Benützungsordnung, die vom Senat in der Sitzung vom 9. November 1994 verabschiedet wurde. Bereits in seiner nächsten Sitzung am 21. Dezember 1994 beschloss der Senat das Statut, mit dem das Universitätsarchiv direkt dem Rektor unterstellt wurde und das einen aus dem Kreis der Professoren zu berufenden Akademischen Leiter vorsah.

 

Bei der Suche nach geeigneten Räumen für das Universitätsarchiv rückte 1995 der 1971 vom Freistaat Bayern angekaufte Gebäudekomplex an der Eichleitnerstraße in den Blick, in dem zu diesem Zeitpunkt noch immer die Juristische Fakultät, deren Neubau auf dem Campus 1999 bezugsfertig sein sollte, provisorisch untergebracht war.

Grundlage der Planungen für das Universitätsarchiv war ein Raumprogramm aus dem Jahr 1993, das neben Personalräumen im Erdgeschoß ein großes, rund 600 qm umfassendes Magazin samt einer Regalanlage mit einer Kapazität von 5.600 lfm im Kellergeschoß beinhaltete. Diese großzügigen Planungen konnten letztlich zwar nicht umgesetzt werden; dennoch standen dem Universitätsarchiv nach den nötigen Instandsetzungs- und Umbauarbeiten in den Jahren 1999 und 2000 am Ende großzügige und funktionale Räumlichkeiten zur Verfügung: im Erdgeschoß des Gebäudeteils F2 drei Büroräume, ein Lesesaal mit sechs Benützerplätzen, ein großzügiger Arbeitsraum sowie die Bibliothek, durch einen Aufzug optimal verbunden direkt darunter im Untergeschoß der Magazinraum, ausgestattet mit Standregalen mit einer Lagerkapazität von knapp 2.000 lfm, direkt daneben ein Anlieferungsbereich, der über eine Fahrrampe sogar von außen beliefert werden kann.

 

Neben den baulichen konnten auch die personellen Planungen konkretisiert werden. Becker und die Generaldirektion der Staatlichen Archive, die an einem zügigen Ausbau der universitären Archivlandschaft in Bayern sehr interessiert war, hatten nichts weniger als ein ‚Augsburger Modell‘ vor Augen. Der Plan war, einen von der Universität ausgewählten Kandidaten auf einer von Becker zur Verfügung gestellten Assistentenstelle als Gast am Vorbereitungsdienst für den höheren Archivdienst an der Bayerischen Archivschule teilnehmen zu lassen und ihn nach erfolgreichem Abschluss mit dem weiteren Aufbau des Universitätsarchivs zu beauftragen.

Im Laufe des Sommers 1997 wurde der Kandidat ausgewählt, der am 2. November 1997 die Ausbildung an der Bayerischen Archivschule aufnahm. Nach deren Abschluss trat er am 1. August 2000 seine Aufgabe als Universitätsarchivar der Universität Augsburg an – für einige Monate zunächst in provisorischen Räumen im Brückenbau zwischen dem Rektoratsgebäude und dem Staatsarchiv auf dem Campus, ab Januar 2001 in den eben fertiggestellten neuen Räumlichkeiten in der Eichleitnerstraße 30, wohin auch schon bald die bislang im Staatsarchiv deponierten Archivbestände und erste große Aktenabgaben verschiedener universitärer Registraturbildner verlagert werden konnten.

 

Sowohl das Statut als auch die Benützungsordnung erfuhren 2003 bzw. 2005 grundlegende Überarbeitungen, um sie an den aktuellen Ausbaustand des Archivs anzupassen. Hinzu kam 2003 eine an das Vorbild aus den staatlichen Archiven angelehnte Aussonderungsordnung. Zu den Schritten hin zur archivischen Normalität gehört auch die 2011 erfolgte Abschaffung des Amtes eines Akademischen Leiters für das Universitätsarchiv aus dem Kreis der Professorinnen und Professoren, das in der Nachfolge Beckers die Historiker Prof. Dr. Rolf Kießling und Prof. Dr. Andreas Wirsching innegehabt hatten. Schon 2003 erfolgte die Bestellung des Archivars zum Archivleiter.  Erfreulich ist schließlich auch die quantitative Entwicklung des im Universitätsarchiv tätigen Personals von einer einzigen Vollzeitstelle zu Beginn bis zu den 2,7 unbefristeten Stellen heute.

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