Pressemitteilung 87/23 - 23.11.2023

Unterbrechungen bei der Arbeit – nützlich oder vermeidbar?

Wie eine App bei Interaktionsarbeit helfen kann

Beschäftigte in Dienstleistungsberufen wie der Pflege oder dem Einzelhandel erfahren häufig Unterbrechungen bei ihren Arbeitsabläufen. Ein von der Forschungseinheit für Sozioökonomie der Arbeits- und Berufswelt der Universität Augsburg koordiniertes Verbundprojekt hat solche Unterbrechungen analysiert und Hilfestellungen für die Analyse der eigenen Situation sowie zur Anpassung der betrieblichen Rahmenbedingungen entwickelt.  
Die Forschungsergebnisse des Projekts „UMDIA – Unterbrechungsmanagement bei digital gerahmter Interaktionsarbeit“ sind für alle Interessierten über eine App und ein E-Book zugänglich und nutzbar. © Universität Augsburg

Wenn eine Pflegefachperson während eines Verbandwechsels bei einem Patienten zu einem Notfall gerufen wird, muss sie die Arbeit mit diesem Patienten unterbrechen und am Notfallort helfen. Wenn Einzelhändlerinnen und -händler beim Einräumen der Regale von Kunden angesprochen werden, müssen sie die Ware stehen lassen und den Kunden weiterhelfen.
Unterbrechungen bei der Arbeit an und mit Menschen sind zahlreich, unvorhersehbar und lassen sich nicht immer vermeiden. Im Rahmen des Forschungsprojekts UMDIA ist das Augsburger Forschungsteam davon ausgegangen, dass Unterbrechungen in bestimmten Berufsfeldern zum Arbeitsalltag dazugehören. Anstatt sich darauf zu fokussieren, dass solche Unterbrechungen vermieden werden, hat man darauf geschaut, wie am besten mit ihnen umgegangen werden kann.

Forschung fließt in App ein

Die Forschungsergebnisse des Projekts „UMDIA – Unterbrechungsmanagement bei digital gerahmter Interaktionsarbeit“ sind für alle Interessierten über eine App und ein E-Book zugänglich und nutzbar. Mit Hilfe dieser Instrumente können Betroffene ihre Unterbrechungssituation analysieren und individuelle Strategien für den Umgang mit Unterbrechungen kennenlernen. „Wir haben festgestellt, dass die Mitarbeitenden vielfältige Ansätze entwickelt haben, um mit Unterbrechungen besser umzugehen“, erklärt die Koordinatorin des Verbundprojekts, Dr. Margit Weihrich. Wenn im Krankenhaus eine Patientin zur Untersuchung erwartet wird, ruft das Pflegepersonal auf der Station der Patientin an, ob der Krankentransport bereits auf dem Weg ist, sodass die Untersuchung anschließend wie geplant stattfinden kann. „Das ist eigentlich nicht als Aufgabe des Personals festgehalten, aber um den Ablauf besser zu organisieren, wird eben vorher angerufen“.

Wie ein betriebliches Unterbrechungsmanagement aussehen kann

Margit Weihrich betont, dass die App nicht dazu da ist, um dem Personal die Verantwortung zu geben, Unterbrechungen allein zu managen. „Sie soll ein Anstoß an die Unternehmen sein, genau hinzuschauen, was die Beschäftigten bereits alles leisten“. Durch die Analyse sollen anschließend betriebliche Maßnahmen entwickelt werden, die einen differenzierten Umgang mit Unterbrechungen unterstützen, so dass vermeidbare Unterbrechungen reduziert und nützliche Unterbrechungen produktiv bearbeitet werden können.
Ein Beispiel für eine solche Maßnahme: Im Krankenhaus wird ein „Speeddating“ veranstaltet, bei dem sich Beschäftigte aus der IT, der Pflege und der Medizin miteinander austauschen können. „Die sind alle aufeinander angewiesen, aber an den Schnittstellen fehlt es oft an Kommunikation und Kooperation und diese soll durch das Speeddating eingeübt und verbessert werden“, erklärt Margit Weihrich.

Zum Projekt

Für das Projekt UMDIA wurden Beschäftigte und Führungskräfte aus unterschiedlichen Branchen, in denen Kunden- bzw. Patientenkontakt zum Arbeitsalltag gehört, zu ihren Erfahrungen befragt und bei ihrer Arbeit begleitet: im Einzelhandel, der stationären Krankenpflege, der Fabrikplanung und der Softwareentwicklung. Das Projektteam und die Befragten entwickelten anschließend gemeinsam Maßnahmen für ein betriebliches Unterbrechungsmanagement, das der Rolle von Unterbrechungen in der Interaktionsarbeit gerecht wird.

UMDIA war eines von 19 Projekten, die im Förderschwerpunkt „Arbeiten an und mit Menschen“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie vom Europäischen Sozialfonds gefördert worden sind.
Neben der Universität Augsburg waren an UMDIA das ISF München, die Hochschule Aalen, das Universitätsklinikum Augsburg, Reidl GmbH & Co. KG, Fahrion Engineering GmbH & Co. KG und die CAS Software AG beteiligt.

 

App und Publikation
Porschen-Hueck, Stephanie; Weihrich, Margit; Rieder, Kerstin; Jungtäubl, Marc; Valentin, Tanja; Jahromi, Faranak; Dunkel, Wolfgang (2023): UMDIA E-Book/App. Ein qualitatives Analyse-, Reflexions- und Interventionsinstrument für Unterbrechungen in der Dienstleistungsarbeit. ISF München/Universität Augsburg, München.

 

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