Ein Gesundheitslotse für Bad Hindelang
Die Zahl der Pollenallergiker nimmt beständig zu. Forscher des Lehrstuhls für Umweltmedizin der Universität Augsburg möchten nun gemeinsam mit den Einwohnern und Gästen für den Kurort Bad Hindelang eine maßgeschneiderte Gesundheits-App entwickeln, welche Allergikern ermöglichen soll, den Aufenthalt in Bad Hindelang so angenehm und symptomfrei wie möglich zu gestalten. Der App-User soll mit seinen Bedürfnissen im Alltag oder Urlaub abgeholt und begleitet werden.
Allergien beeinträchtigen die Lebensqualität. Doch sind Betroffene den Symptomen nicht hilflos ausgeliefert. Die Aufklärung der Patienten über ihre Allergien, über die Einnahme von Medikamenten und die Möglichkeit, Symptome zu vermeiden haben einen positiven Einfluss auf die Gesundheit und Lebensqualität. Um rechtzeitig auf eine höhere Pollenbelastung reagieren zu können, benötigen Pollenallergiker Antworten auf Fragen zu den Symptomen, Behandlungsmöglichkeiten, der Exposition und möglichen Verhaltensweisen:
Welche Symptome treten auf und wann treten die schwersten Symptome auf?
Welche Medikamente sollen eingenommen werden und wann?
Welche Art Pollen fliegt gerade und wieviel davon?
Welches Verhalten wirkt sich wann positiv auf das Symptomgeschehen aus?
Ein Teil der Fragen können webbasierte Polleninformationsdienste wie die landes- und bundesweiten Pollenflug-Apps wie zum Beispiel ePIN oder auch Klarify des dänischen Anbieters ALK e-com A/S bereits beantworten. Die Möglichkeiten zur Pollenmessung verbessern sich: automatische Pollenmessgeräte liefern Ergebnisse zeitnah, innerhalb von drei Stunden, im Vergleich zu der manuellen Pollenmessung, deren Ergebnisse nach etwa 10 Tagen vorliegen. Der Kurort Bad Hindelang und die Forschenden des Lehrstuhls für Umweltmedizin möchten im Rahmen ihrer Kooperation jedoch noch einen Schritt weiter gehen. Lokale Umweltdaten, wie z.B. der Pollenflug und die Wetterdaten werden mit den Angeboten und Strukturen vor Ort verknüpft. Betroffene sollen ihre Symptome besser einschätzen und den Alltag oder Kuraufenthalt mit Hilfe der App letztlich beschwerdefreier erleben können.
Das innovative Projekt wird im Rahmen des Förderprogramms zur Steigerung der medizinischen Qualität in Bayerischen Kurorten und Heilbädern (KuHeMo) des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) gefördert. Zum Startschuss am 2. Mai 2022 überreichte der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek der Projektgruppe anlässlich der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages symbolisch den Scheck über die 200. 000 Euro bewilligter Fördermittel. Der Kurort Bad Hindelang und sein Kompetenzzentrum für Allergien und Umwelterkrankungen haben national und international Vorbildcharakter. Die bewilligte Maßnahme bestätigt dies, greift das vorhandene Potential auf und macht die medizinische Qualität der Versorgung von Patient:innen in Bad Hindelang noch attraktiver.
Der Projektablauf
Der digitale Gesundheitslotse für den Kurort Bad Hindelang wird in drei Projektphasen entwickelt und klinisch bewertet. Am 02. Mai 2022 startete eine Studie zur Symptomerhebung in Bad Hindelang. Einwohner und Gäste des Ortes sind eingeladen, ein Online Symptomtagebuch zu führen. Die Forscher setzen diese Eingaben dann z.B. mit den Messdaten des Pollenflugs in Beziehung. Ziel ist die Klärung der Frage wie die Symptome im Zusammenhang mit der örtlichen Belastung an luftgetragenen Allergenen stehen. Weitere Informationen zur Studie bzw. Studienteilnahme können unter der Mailadresse studien.umweltmedizin@med.uni-augsburg.de erfragt werden.
In der Pollensaison 2023 folgen zwei weitere Studienphasen. Dabei wird die Pilotversion des digitalen Gesundheitslotsen erprobt. Zum einen wird die Pilot-App systematisch am Universitätsklinikum getestet (Start: Mai 2023, weiter Informationen finden Sie hier), um den Nutzen der Funktionen (wissenschaftlich) zu bewerten. Zeitgleich wird die Pilot-App in Bad Hindelang getestet. Beide Untersuchungen wollen herausfinden, wie sich die Anwendung der App auf den Alltag ihrer Nutzer auswirkt, auf ihre allergischen Symptome, ihre Medikamenteneinnahme und Lebensqualität.
Bis Februar 2025 werden die Ergebnisse der Studien 1 -3 vollständig in die Endversion der Umwelt- Allergie- App eingearbeitet und der ortsbezogene, digitale Gesundheitslotse im Ort Bad Hindelang vorgestellt und bekannt gemacht.
Die Projektgruppe
Renommierte Wissenschaftlerinnen und engagierte Bad Hindelanger, sowie lokale Mediziner arbeiten zusammen, um die Idee zur Verbesserung der medizinischen Versorgung in Bad Hindelang in die Tat umzusetzen. Die Projektleitung liegt bei Frau Prof. Dr. med. Traidl-Hoffmann, Professorin für Umweltmedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg, Direktorin der Hochschulambulanz für Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg. Die wissenschaftliche Leitung hält PD Dr. Stefanie Gilles, Fachbereichsleiterin Umwelt-Immunologie am Lehrstuhl für Umweltmedizin der Universität Augsburg. Verantwortlich für die Projektdurchführung ist die Doktorandin Caroline Böck, Lehrstuhl für Umweltmedizin, Universität Augsburg. Prof. Athanasios Damialis, Professor für Terrestrische Ökologie und Klimawandel an der Universität Thessaloniki wird die wissenschaftliche Entwicklung des Vorhersagemodells der Polleninformation betreuen.
Die Zusammenarbeit erfolgt eng mit der Bürgermeisterin Dr. Sabine Rödel sowie des Tourismusdirektors Max Hillmeier der Gemeinde Bad Hindelang. Eine wichtige Rolle spielt die Alpenklinik Santa Maria am Oberjoch sowie das dort angesiedelte Allergiekompetenzzentrum. Der ärztliche Leiter Dr. Markus Koch ist eng in die Projektarbeit involviert. Für seine Patienten ist eine erfolgreiche Entwicklung der App besonders wertvoll. Weiter unterstützt wird die Maßnahme durch die beiden Biologen Dr. Reinhard Wachter und Ulrike Kuhn. Sie analysieren (mit einer kurzen Unterbrechung) seit 1982 die Daten der Pollenfalle auf dem Gelände der Santa Maria Klinik. Diese Messstation ist die Einzige im bayerischen Allgäu. Die nächsten Pollen-Messstellen sind in Wangen, Garmisch-Partenkirchen und in München.
Eine besonders umsichtige Unterstützung erfährt die Projektgruppe außerdem durch den Bayerischen Heilbäderverband e.V.
Das Projekt in den Medien
Der Bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat innerhalb der Pressekonferenz in Bad Hindelang am 2. Mai 2022 einen Scheck in Höhe von 200.000.- Euro an Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann sowie die erste Bürgermeisterin von Bad Hindelang, Dr. Sabine Rödel, übergeben. Die finanzielle Zuwendung erfolgt im Rahmen des „Förderprogramms für hochprädikatisierte Kurorte und Heilbäder“, das eine zukunftsfähige und evidenzbasierte medizinische Weiterentwicklung der Kurorte und Heilbäder in Bayern unterstützt.
Das Projekt in den Medien:
Süddeutsche Zeitung, 2. Mai 2022
Augsburger Allgemeine, 2. Mai 2022
Bayerischer Rundfunk, 2. Mai 2022