DFG-Projekt zum frühneuzeitlichen Schreibkalender
Der buchförmige Schreibkalender, der Platz für Notizen des Nutzers anbot, erreichte seit 1540 große und unterschiedlich gebildete Rezipientenschichten, und war sowohl eine gedruckte Publikation als auch – im Fall seines genuinen Gebrauchs als zu beschreibendes Papier – ein Schriftmedium mit handschriftlichen Eintragungen. Als standardisiert gedrucktes und zugleich individualisiert handschriftlich beschriebenes Medium sind die Schreibkalender eine einzigartige Quelle für historische Forschungen, nicht nur weil die zweigegliederten Inhalte (Kalendarium: astronomische Angaben sowie astrologische Details; Prognostikum: Berichtsteil zu astronomischen, astrologischen, historischen, politischen und religiösen Themen) für lange Zeit für viele Menschen der einzige Zugang zu weltlichem Lesestoff waren. Es ist das Vorhandensein der handschriftlichen Notizen auf den Schreibseiten des Inhalts, der diese Medien für die historische Analyse so wertvoll macht. Nach heutigem Kenntnisstand enthalten etwa 7.000 Kalender weitgehend unentdeckte und unerforschte handschriftliche Notizen. In dem von Prof. Dr. Daniel Bellingradt, ehemals Juniorprofessor für Buchwissenschaft und aktuell Gastprofessor am Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg, geleiteten Projekt arbeitet Dr. Klaus-Dieter Herbst seit 2021 an der Erstellung des datenbankgestützten Repertoriums der handschriftlichen Einträge in Schreibkalendern des deutschen Sprachraums Europas von 1540 bis 1800. Die Datenbank, die an der FAU Erlangen-Nürnberg verankert ist und dort von der der
Competence Unit für Research Data Information der FAU betreut wird, ist bereits nutzbar: In der Datenbank sind frühneuzeitliche Schreibkalen¬der aller Formate erfaßt, die handschriftliche Einträge aufweisen. Das Projekt mit dem Titel „Erschließung der handschriftlichen Einträge in frühneuzeitlichen Schreibkalendern mittels eines Repertoriums (circa 1540 bis 1800)“ versteht sich als Beitrag zu einer Kommunikationsgeschichte der Epoche, und als eine Etappen-Leistung einer zukünftigen Erfassung und Ausweisung aller deutschen Jahreskalender der Frühen Neuzeit. Weitere mögliche Anschlussforschungen, die mit beschriebenen Schreibkalendern interdisziplinär angestellt werden können, diskutiert der 2025 erscheinende Tagungsband: Die Schreibkalender der Frühen Neuzeit und die Handschriften in ihnen (hg. von Daniel Bellingradt und Klaus-Dieter Herbst), Wiesbaden: Harrassowitz. Einen ersten Einstieg, was Schreibkalender sind und was sich damit für Forschungsmöglichkeiten eröffnen, bietet der folgende Blog-Beitrag:
E-Mail:
daniel.bellingradt@uni-auni-a.de ()
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