Workshop Politisches Scheitern in der Frühen Neuzeit. Erwartungen – Praktiken – Deutungen vom 26.–27. Juni 2025 an der Universität Osnabrück

Der Kategorie des Scheiterns wird neuerdings in der Geschichtsforschung vermehrt Aufmerksamkeit zuteil – in Tagungen ebenso wie in einer Reihe von Sammelbänden. Dahinter steht nicht zuletzt das Unbehagen einer primär auf Erfolg und Fortschritt ausgerichteten Geschichtserzählung, die die Verlustgeschichten, die Schattenseiten des (vermeintlichen) Fortschritts, aber auch die Misserfolge und das Scheitern vielfach ausblendet. Obwohl der Begriff „Scheitern“ in der Regel auf ein vollständiges Nichterreichen von Zielen verweist, bestehen durchaus Differenzierungsmöglichkeiten – etwa im Hinblick auf graduelles oder absolutes bzw. temporäres oder dauerhaftes Scheitern. Überdies herrscht Konsens darüber, dass sich das Scheitern ebenso wenig wie Fortschritt und Verlust einfach ahistorisch setzen lässt, sondern dass es sich dabei um komplexe Zuschreibungsprozesse handelt, die der Historisierung und Kontextualisierung bedürfen und folglich aus der Perspektive und der Zielsetzung der zeitgenössischen Akteure und Beobachter thematisiert werden müssen. Das setzt freilich auch voraus, dass die Intentionen hinter den Zuschreibungen, aber auch deren Umdeutungen angemessen berücksichtigt werden müssen und Scheitern somit als Konstrukt zu verstehen ist.

Bisher standen Selbst- und Fremdzuschreibungen, mediale Debatten, Schuldzuweisungen und Rechtfertigungsmuster im Zentrum der Forschung. Das Scheitern historischer Akteure wurde bewusst im Spiegel zeitgenössischer Deutungen analysiert. Aber nicht nur die Analyse rückschauender Konstruktionen des politischen Scheiterns bietet einen Zugang zur Thematik, sondern gerade antizipiertes Scheitern – so die These – scheint das Handeln politischer Akteure und die damit verbundenen medialen Debatten maßgeblich bestimmt zu haben. Vor dem Erwartungshorizont des Scheiterns werden Risiken abgewogen, Handlungsoptionen durchgespielt und politische Spielräume ausgelotet. Das Spektrum kann dabei von der Vermeidung des Scheiterns um jeden Preis bis hin zum Bewusst-Scheitern-Lassen reichen.

Auf dem Osnabrücker Workshop geht es darum, anhand konkreter Beispiele die Möglichkeiten der Thematik – auch mit Blick auf künftige vertiefende Vorhaben – auszuloten und intensiv zu diskutieren. Bewusst wird der Fokus dabei auf Beispiele aus dem politischen Bereich gerichtet. Dies kann beitragen, dem Workshop eine größere inhaltliche Geschlossenheit zu geben und eine bessere Vergleichbarkeit der gewählten Fallbeispiele zu ermöglichen. Ziel des Workshops ist nicht, bereits vorhandene, abgeschlossene Forschungsergebnisse zu präsentieren, sondern gerade auch mit noch unfertigen, vorläufigen Überlegungen zu experimentieren und darüber in ein Gespräch einzutreten.

Bei Fragen können Sie sich gerne unter torben.tschiedel@uni-osnabrueck.de melden.

Das Tagungsprogramm entnehmen Sie bitte dem Flyer

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