Lebensraum: Urbaner Wald

„Zu fällen einen schönen Baum, braucht's eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenkt es, ein Jahrhundert!“ - Eugen Roth, Lyriker

Neben vielerlei Wiesenfläche finden sich auf dem Campus immer wieder mal kleine Baum- oder Strauchgruppierungen. An dieser Stelle wird vorsätzlich nicht der Begriff „Wald“ genutzt, da es sich bei einem Wald laut Leser H. et al. (2011) um eine „quasi-natürliche oder natürliche Lebensgemeinschaft von Pflanzen und Tieren, mit Baumbeständen unterschiedlicher Dichte und Schichtung […] handelt.“ Da das ganze Pflanzenreich auf dem Campus der Universität Augsburg regelmäßig gepflegt wird und dadurch von Zeit zu Zeit in der Entwicklung gestört wird, sind die Baumvorkommen weit von einer natürlichen oder quasi-natürlichen Lebensgemeinschaft entfernt. Für solche vom Menschen überprägte Baumformationen wurde der recht moderne Begriff „urban forestry“ eingeführt. Die Naturferne der sich auf dem Campus befindlichen Baum- und Strauchformationen bedeutet jedoch nicht, dass die pflanzliche Vielfalt in unseren kleinen Waldgürteln niedrig ist. Ganz im Gegenteil, so gehören z.B. kleine Säume (Übergänge zwischen Wald und Wiese) zu den Lebensräumen mit hoher Biodiversität, da sie eine Durchmischungszone zweier unterschiedlicher Habitate darstellen. Durch die besonderen Standortfaktoren, wie dem Schattenwurf und dem damit erhöhten Feuchtigkeitsgehalt, wachsen in diesen Bereichen einige Pflanzenarten, welche andernorts eher selten zu finden sind. Die Gärtner des Campus achten darauf, dass die sich immer neu bildende Strauchschicht in einem Turnus von einigen Jahren entfernt wird, um die Vielfalt der Krautschicht zu fördern. Ansonsten würde den kleinen Pflanzen der starke Konkurrenzdruck der Büsche zum Verhängnis werden.

 

In diesem Bereich liegt der Fokus auf den pflanzlichen Vertretern der Krautschicht. Da der Großteil der Bäume auf dem Campus planmäßig angepflanzt wurde und folglich nicht immer an bestimmte Lebensräume gebunden ist, finden Sie diese in der Kategorie „Bäume“.

 

Ackerbrombeere (Rubus Caesius)

Rubus caesius

Fundort am Campus: Sträucher, Schotterfläche, Wegrand, Ruderalstandorte

Die Ackerbrombeere (Rubus caesius), auch als Kratzbeere bekannt, gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Es handelt sich um einen Halbstrauch, der eine Höhe von 30 bis 60 cm erreicht. Die Ackerbrombeere ist in Mitteleuropa weit verbreitet, kommt jedoch nur selten in Höhenlagen über 1000 Meter vor. Auch in Skandinavien, Russland und auf dem Balkan ist sie vereinzelt anzutreffen. Die Früchte der Ackerbrombeere sind reich an Vitaminen und Antioxidantien und werden häufig in der Küche verwendet, um Marmeladen, Säfte und Desserts herzustellen. Darüber hinaus besitzt die Pflanze medizinische Eigenschaften und wird traditionell zur Linderung von Entzündungen eingesetzt.

Buschwindröschen (Anemone nemorosa)

Anemone nemorosa

Fundort am Campus: Baumformation im Norden des Uni-Geländes

Das Buschwindröschen gehört zu den Frühblühern und kommt meistens sehr zahlreich in großen Gruppen vor (siehe Bild). Wie die meisten Frühblüher sind die Windröschen giftig. Sie enthalten eine giftige Substanz namens Protoanemonin, welche zu Schädigungen des Darmtrakts führt. Ebenfalls kann der Saft der Pflanze zu Reizungen auf der Haut führen. Da das Buschwindröschen bereits im frühen Frühling auftaucht, ist es kaum Konkurrenzdruck ausgesetzt, da die Belaubung der Bäume und Sträucher erst im späteren Verlauf des Frühlings voll entwickelt ist und die kleinen weiß blühenden Pflanzen somit den vollen Einstrahlungsertrag der Sonne genießen können. Eine Besonderheit der Pflanze ist die Ausbreitung mithilfe von Ameisen. Die kleinen Früchte haben kleine Anhängsel, welche Öle beinhalten, die Ameisen anlocken. Dadurch transportieren die kleinen Krabbeltiere die Früchte der Buschwindröschen, um sich daran zu nähren. Die Pflanze kann sich aus der übrig bleibenden Frucht an einem neuen Standort ausbreiten.

 

Gewöhnlicher Efeu (Hedera helix)

Hedera helix

Fundort am Campus: Gebäudebegrünung, Dächer, urbaner Wald

 

Der gewöhnliche Efeu (Hedera helix) ist eine immergrüne Kletterpflanze, die häufig zur Begrünung von Fassaden und als Zierpflanze in Gärten verwendet wird. Unter optimalen Bedingungen kann er eine Wuchsbreite von bis zu 10 Metern und eine Höhe von bis zu 20 Metern erreichen. Die Pflanze ist äußerst winterhart und übersteht selbst die kältesten Winter. Mit einem Alter von bis zu 400 Jahren kann der Efeu sehr alt werden. Eine Blüte tritt bei diesem Gewächs erst nach etwa 10 Jahren auf. Im Winter stellt der Efeu eine wichtige Nahrungsquelle für verschiedene Vogelarten dar.

 

Gewöhnliche Mahonie (Berberis aquifolium)

Berberis aquifolium

Fundort am Campus: Säume, Sträucher, Gebäudenähe

Die gewöhnliche Mahonie stammt ursprünglich aus dem westlichen Nordamerika und gilt in Europa als Neophyt. Sie wächst als aufrechter, immergrüner Strauch und erreicht eine Höhe von bis zu 2,5 Metern. Ihre Blütezeit reicht von März bis Juni, wobei sie kleine, gelbe und duftende Blüten mit neun Kelchblättern bildet. Ab August reifen die runden, bläulichen Beeren, die 1 bis 2 cm groß und stark sauer im Geschmack sind. Die Vermehrung erfolgt vegetativ durch unterirdische Ausläufer. Aufgrund ihrer frühen Blütezeit stellt die gewöhnliche Mahonie bereits im Frühjahr eine wichtige Pollen- und Nektarquelle für Bienen und Hummeln dar. Sie wird weltweit als Zierpflanze in Parks und Gärten kultiviert. In Oregon, einem US-Bundesstaat, ist sie als „Oregon grape“ die offizielle Staatsblume. Zudem wird der Extrakt aus ihrer Rinde und den Wurzeln traditionell gegen Hautausschläge und Schuppenflechte verwendet.

Gewöhnlicher Nelkenwurz (Geum urbanum)

Geum urbanum

Fundort am Campus: Baumformationen, Säume, schattige Standorte

Die Gewöhnliche Nelkenwurz ist sehr häufig und weit verbreitet. Neben den kleinen gelben Blüten sind die kugelförmigen Früchte, die an kleine Morgensterne erinnern ein auffälliges Erkennungsmerkmal der krautigen Pflanze. An den Spitzen dieser Früchte befinden sich kleine Widerhaken, die am Fell von Tieren hängen bleiben und dadurch verbreitet werden. Sowohl die Blätter und Blüten als auch die Wurzeln von Geum urbanum sind essbar. Erstere eignen sich z.B. als Beigabe zu Salaten, während letztere getrocknet bei der Tee-, Suppen- oder auch Gewürzzubereitung geschmacklich zu überzeugen wissen. Als Tee hat die Gewöhnliche Nelkenwurz laut Volksheilkunde auch positive Effekte bei Entzündungen des Zahnfleisches oder auch Verstimmungen im Magen-Darm-Bereich.

Hunds-Rose (Rosa canina)

Rosa canina

Fundort am Campus: Säume, urbaner Wald, Sträucher

Die Hundsrose ist eine in Europa, Asien und Nordafrika weit verbreitete Wildrosenart. Sie wächst bevorzugt an Waldrändern, in Hecken und an Böschungen. Ihre Blüten, die im Frühsommer erscheinen, sind meist hellrosa bis weiß. Die leuchtend roten Hagebutten, die Früchte der Hundsrose, sind reich an Vitamin C und werden häufig zur Herstellung von Tees und Marmeladen verwendet. Während des Zweiten Weltkriegs dienten die Hagebutten als wichtige Vitamin-C-Quelle, da Zitrusfrüchte knapp waren. Zudem ist die Hundsrose ein bedeutender Lebensraum für viele Insektenarten.

Kleiner Odermennig (Agrimonia eupatoria)

Agrimonia eupatoria

Fundort am Campus: Waldrand, Wegränder

Der Kleine Odermennig gehört zur Familie der Rosengewächse und ist in Mitteleuropa sowie in Teilen Asiens heimisch. Er gedeiht vor allem an eher trockenen Standorten wie Halbtrockenrasen, Magerwiesen oder Waldrändern. Die Pflanze besitzt tiefreichende Pfahlwurzeln. In der Blütezeit kann der Kleine Odermennig eine Höhe von bis zu 120 cm erreichen. Zunächst bildet er eine Blattrosette, aus der später ein langer, verzweigter Blütenstand wächst. Auffällig ist, dass sowohl Blätter als auch Stängel behaart sind, wobei die Haare unterschiedlich lang ausfallen. Die Früchte des Odermennigs sind gefurchte Sammelnussfrüchte.

 

Liguster (Ligustrum vulgare L.)

Ligustrum vulgare L.

Fundort am Campus: Säume, Hecken, urbaner Wald

Der Liguster, zur Familie der Ölbaumgewächse (Oleaceae) gehörend und selten auch Rainweide genannt, ist nicht nur ein beliebter Sichtschutz für uns Menschen, sondern auch bei Bienen und Schmetterlingen eine geschätzte Heckenpflanze. Abgesehen von den weißen, duftenden Blüten, die im Sommer erscheinen, trägt der Liguster im Herbst glänzend schwarze Beerenfrüchte. Diese sind für den Menschen schwach giftig, werden jedoch von Vögeln gerne gefressen. Der Liguster ist ein laubabwerfender oder immergrüner Strauch, je nach Lage und Klima. In milderen Regionen bleibt er im Winter grün, während er in kühleren Gegenden seine Blätter abwirft. Ursprünglich stammen die meisten Arten des Ligusters aus China und Japan, da er tendenziell wärmere Klimate bevorzugt.

Stinkstorchschnabel (Geranium robertianum)

Geranium robertianum

Fundort am Campus: Baumformationen, Säume, Schilder/Laternen, Schutt

Der Stinkstorchschnabel oder auch das Ruprechtskraut ist eine Art von vielen in der Gattung der Storchschnäbel. Die Namensgebung ist bei der Betrachtung der Früchte (siehe Bild) schnell eindeutig, da diese eine spitz zulaufende Form haben, welche an einen langen Schnabel erinnert. Der Namenszusatz des Stinkstorchschnabels bezieht sich auf den unangenehmen Geruch, der bei der Zerreibung der Pflanze entsteht. Die Verbreitung der Samen von Storchschnabel-Vertretern ist ziemlich ausgefallen. Durch ein Katapultsystem der Frucht, werden die Samen bei Reife bis zu 1,8m in die Luft geschleudert. Bevorzugt wächst Geranium robertianum in schattigen und nährstoffreichen Lebensräumen. Gleichzeitig breitet sich die Pflanze auch gerne in steinigen Lebensräumen aus. Hier kommt es häufig zu einer überlaufenden Rotfärbung der Stiele und Blätter.

 

 

Walderdbeere (Fragaria vesca)

Fragaria vesca

Fundort am Campus: Uni-Teich, urbane Wälder, Säume

Die Walderdbeere (Fragaria vesca) ist eine weit verbreitete Wildpflanze, die in Wäldern, an Waldrändern und auf Lichtungen in ganz Europa, Asien und Nordamerika wächst. Bekannt für ihre kleinen, aromatischen Früchte, die im Sommer reifen, erfreut sie sowohl Menschen als auch andere Tiere. Als Mitglied der Familie der Rosengewächse bildet die Walderdbeere niedrige, kriechende Pflanzen mit dreizähligen, gezähnten Blättern. Ihre weißen, fünfblättrigen Blüten erscheinen von Mai bis Juni und entwickeln sich zu den charakteristischen roten Früchten. Die Walderdbeere spielt zudem eine wichtige ökologische Rolle. Ihre Blüten bieten eine wertvolle Nahrungsquelle für Bestäuber wie Bienen und Schmetterlinge, und ihre Früchte dienen Vögeln und anderen Tieren als Nahrung, was zur Verbreitung der Samen beiträgt. Walderdbeeren bevorzugen leicht saure, humusreiche Böden und gedeihen sowohl in sonnigen als auch in halbschattigen Lagen. Die Pflanzen breiten sich durch Ausläufer aus und bilden so dichte Teppiche.

Weißes Waldvögelein (Cephalanthera damasonium)

Cephalantera damasonium

Fundort am Campus: Baumformationen, Wiesen im nördlichen Bereich des Campus

Das Weiße Waldvögelein oder auch Cephalanthera damasonium ist eine besondere Pflanze, da sie zu den wild wachsenden Orchideen Deutschlands gehört. Im Jahr 2017 wurde sie auch zur Orchidee des Jahres gekürt. Meistens wächst das Waldvögelein in Wäldern, die nicht zu dicht bewachsen sind. Hier ist die Orchideenart häufig an eine Pflanzengesellschaft in Buchenmischwäldern gebunden. Auch auf dem Campus lässt sich das Waldvögelein in der Krautschicht der kleinen Buchen-Baumgürtel finden (z.B. vor dem Gebäude des ZWW). Aber auch Wiesen mit vereinzeltem Baum- oder Gebäudeschatten stellen auf unserem Campus ein Habitat für diese attraktive Blume dar. Sieht man ein Weißes Waldvögelein blühen, dann kann man davon ausgehen, dass es mindestens 9-10 Jahre alt ist, da die Pflanze zuvor ausschließlich unterirdisch lebt. Während dieser Zeit erhält sie die notwendigen Nährstoffe durch eine Symbiose mit einem Pilz. Solch eine Lebensgemeinschaft zwischen Pilz und Pflanze wird Mykorrhiza genannt.

 

 

Wald-Geißbart (Aruncus dioicus)

Aruncus dioicus

Fundort am Campus: Säume

Der Wald-Geißbart gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae) und ist auf der gesamten Nordhalbkugel verbreitet. Er wächst oft im Halbschatten von Laubbäumen, entlang von Waldwegen, kleinen Bächen und Böschungen. Die Luft ist dort feuchter und der Boden eher basenreich. Die Pflanze ist gut erkennbar, da sie oft in großen Gruppen vorkommt und bis zu 2m hochwachsen kann. Im Juni und Juli sieht man die Blüten als weiß-beige farbige, längliche „Puscheln“. Sie sind ährenförmig und hängen aufgrund der Länge von 20-30cm über. Oft befinden sich über 10.000 Einzelblüten an einem Exemplar. Beliebt sind sie besonders bei Faltern, Honigbienen und Hummeln. Der Stängel ist gerade und nur am Grund verholzt. Die Blätter sind oval-förmig und spitz zulaufend. Der Rand ist scharf gezackt. Der Wald-Geißbart schmückt meist als Zierpflanze die heimischen Gärten, da er sehr pflegeleicht ist. Dennoch ist er auch als „Waldspargel“ bekannt und wurde früher bei Nahrungsmittelknappheit gegessen. Dabei sollte man ihn immer kochen, weil die Blätter Blausäure- und Saponin-haltig sind. Mit seinen Sprossen sind alle gängigen Spargelrezepte möglich.

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